
Tim Guldimann - Debatte zu Dritt
Tim Guldimann - Debatte zu Dritt
«Eine Atombombe für Deutschland ? – Kann sich Europa auch ohne die USA verteidigen?» – mit Stefanie Babst und Roderich Kiesewetter
Die neue Bedrohungslage in Europa liegt zum einen im russischen Angriffskrieg und zum anderen im schwindenden Vertrauen in die amerikanische Bündnisverpflichtung unter Trump und damit in den amerikanischen Nuklearschirm.
Auf die Frage, wie real ist die Gefahr, dass Europa den amerikanischen Schutz verlieren könnte, antwortet die frühere Strategie-Beauftragten der NATO Stefanie Babst: «Ich kann gegenwärtig nicht erkennen, dass es auf der amerikanischen Seite verbale oder gar konkrete Anzeichen dafür gibt, den Nuklearschirm (..) reduzieren oder aufgeben zu wollen. Wir haben natürlich sehr, sehr viele berechtigte Zweifel ob der grundsätzlichen Bündnisverpflichtung der USA.» - Und der Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter ergänzt: «Die Frage wurde ja nicht vom Westen gestellt, sondern im Dezember 2021 von Putin (.. Aus Moskau hiess es) man erwarte, dass alle früheren Warschauer-Pakt-Staaten aus der NATO austreten (..) und die Amerikaner ihre Nuklearwaffen aus Europa abziehen. (..) Trump hat bereits im Jahr 2017 (..) gesagt, dass die NATO obsolet sei. (..) Sein Markenzeichen ist ja Unvorhersehbarkeit, (..) und das können wir uns bei Abschreckung nicht leisten».
Wie sollen wir damit mit der Frage der europäischen Sicherheit umgehen? - Babst: «Der geeignete Ort, um über eine europäisierte Nuklearpolitik weiter zu diskutieren, ist natürlich die NATO, ist der europäische Pfeiler in der NATO.» - Kiesewetter: «Die bisher öffentlich geführte Diskussion durch das Angebot von Frankreich und auch die polnischen Reaktionen zeigt ja, dass es sehr stark auf die Amerikaner ankommt und auf das Grundvertrauen, dass diese Abschreckung auch wirksam ist. Und umso öffentlicher diese Debatten geführt werden, umso stärker greifen auch die Zweifel und um so stärker kann auch russische (..) Desinformation wirken. (..) Insofern ist für uns Europäer von allergrösstem Interesse, nicht öffentlich den Amerikanern deutlich zu machen, wir haben euch schon aufgegeben, wir arbeiten jetzt an was Eigenem. Die Unvorhersehbarkeit von Trump kann auch dazu führen, dass er sagt, ich ziehe zurück und ich erfülle Putins Wunsch, dass wir uns von Europa zumindest nuklear zurückziehen.»
Und zur Frage, ob sich Deutschland selbst nuklear bewaffnen soll, sagt Babst: «Das ist natürlich kompletter Unsinn». Hingegen fordert sie: «Wir brauchen eine glasklare Strategiefähigkeit in Deutschland. (..) Diese besteht vor allen Dingen darin, dass man in die jeweiligen Apparate, sprich NATO, EU aber natürlich auch auf bilateraler Ebene konkrete Vorschläge einfüttert (..) Und sie besteht darin, ein strategisches Ziel zu formulieren, was letztendlich auch verständlich ist mit Blick auf das, was wir beispielsweise in der Ukraine tun. Wir haben aber keine strategische Zielsetzung. Die Vertreter der Bundesregierung bleiben da relativ wischi-waschi. Und das fehlt auch in der strategischen Zielsetzung gegenüber Russland. Für meinen Geschmack schwingt da immer noch sehr viel Provokationsangst und Appeasement mit (..): Oh, wir dürfen ja nicht Herrn Putin provozieren, aber niemand sagt, ich fühle mich selbst von diesem Terrorregime provoziert.»