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Ep. #2 | Was ist der Kapitalismus? (Gespräch)

October 24, 2021 linke theorie
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Ep. #2 | Was ist der Kapitalismus? (Gespräch)
Show Notes Transcript

Wir setzen uns nach der letzten Folge nochmal zusammen und reden ein wenig über Gedanken und Fragen, die uns bei der Recherche und der Aufnahme der letzten Folge in den Kopf gekommen sind. Dabei geht es um die Spannung zwischen wirtschaftlicher Analyse und Klassenkampf im Marxismus, um die individuelle Flucht vor dem Kapitalismus, um die kapitalistische Produktionsweise vor seiner Herrschaft. Außerdem kommen wir auf die Monopolbildung im Kapitalismus zu sprechen und bekommen so schon einen ersten Einblick in die Probleme der kapitalistischen Produktionsweise.

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Hier findet ihr unsere Transkripte zu den einzelnen Folgen.

Anmerkung: im Podcast unterhalten sich zwei Personen. Diese werden nachfolgend als (L) und (Y) bezeichnet.

- Musik wird eingespielt - 

(L) Herzlich Willkommen zur neuen Folge von linketheorie, dem Podcast, wo wir über den Kapitalismus reden, was an ihm schlecht ist und wie wir ihn überwinden können.

(Y) Nachdem wir in der letzten Folge die Theorie zum Kapitalismus besprochen haben, wollen wir dieses Mal etwas lockerer über das Thema sprechen. Wir unterhalten uns nochmal über das ganze Thema des letzten Podcasts und reden über unsere eigenen Gedanken und Meinungen dazu.

(L) Theoriefolgen können ja sehr trocken sein und mit unseren Gesprächsfolgen wollen wir das ganze ´n bisschen auflockern und die Themen dadurch zugänglicher machen.

(Y) Wir hatten ja letztes Mal darüber gesprochen, was so die Vorteile von der marxistischen Betrachtungsweise sind. Dass die marxistische Betrachtungsweise einerseits die politische Ökonomie als ´ne Sozialwissenschaft ansieht, wo tatsächlich Menschen auch miteinander handeln. Was die bürgerliche Ökonomie häufig mit ihren mathematischen Modellen so ´n bisschen überschminkt. Was wir aber gleichzeitig gesagt haben, ist dass die marxistische Betrachtungsweise auf ´ner gewissen Ebene abstrakt ist. Das heißt auch, die marxistische Betrachtungsweise nimmt teils so ´ne ökonomische Sicht ein. Also der Kapitalismus wird als ´n ökonomisches Gebilde gesehen, wo praktisch die Konkurrenz das Treiben des Kapitals antreibt, wo dieser Akkumulationsdrang drin steckt. Also auf ´ner hohen Abstraktionsebene, wo dann häufig Klassen und Menschen auch schon wieder fehlen. Und ich habe das Gefühl, dass das in der marxistischen Literatur ´n verbreitetes Phänomen ist, oder so ´ne Spannung, dass wir einerseits auch in der marxistischen – äh – Betrachtungsweise vom Kapitalismus eben diesen Blick auf die Ökonomie haben und der Kapitalismus, oder die kapitalistische Produktionsweise entwickelt sich ganz von alleine, oder entwickelt sich nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten. Andererseits haben wir aber auch, dass die kapitalistische Ökonomie eben von Menschen gebildet wird und dass die marxistische Ökonomie, oder die politische Ökonomie ´ne Sozialwissenschaft ist, die auf die Menschen schaut und auf die Klassen und auf unterschiedliche Interessen innerhalb der Ökonomie. Was mich jetzt mal bei dir interessieren würde, wie siehst du die kapitalistische Produktionsweise? Würdest du die kapitalistische Produktionsweise eher so sehen, dass die Entwicklung ökonomisch vorangetrieben wird, also durch die Konkurrenz innerhalb des kapitalistischen Systems, durch den Drang zur Akkumulation, auch durch ´ne Tendenz zum Imperialismus, was wir ja später im Podcast noch genauer besprechen werden. Oder siehst du die kapitalistische Produktionsweise eher vorangedrängt durch das Zusammenspiel der Klassen miteinander und gegeneinander?

(L) Spannende Frage. Ich würde sagen, dass irgendwie auch beides verschränkt ist, beides irgendwie auf der eigenen Ebene das Ganze voran treibt. Also, diese ökonomischen Logiken sind ja da und treiben das voran, aber trotzdem gibt´s dann irgendwie die politische Praxis, die Klassenkämpfe in verschiedenen Ländern, die dann einfach die Rahmenbedingungen ändern und an die sich dann wiederum das Ökonomische, also die Unternehmen werden darauf reagieren und sich neue Dynamiken dann irgendwie wieder anpassen und ich würde eben einfach sagen, dass es so ein Wechselspiel ist. Also, es gibt diesen kapitalistischen Drang, der im System verankert ist und trotzdem wird es Arbeitende geben, dies ich weigern werden, die dem Schraken setzen, wo dann wiederum die kapitalistische Klasse darauf reagiert und innerhalb dieser neuen Schranken wieder neue Wege findet und so weiter. Oder siehst du das anders?

(Y) Ne, da würde ich in ´ne ähnliche Richtung gehen. Was ich mir grad´ noch dachte: im historischen Materialismus gibt es ja die zwei Begriffe Notwendigkeit und Zufälligkeit, die ineinander übergehen. Und wenn wir praktisch den Klassenkampf als das ansehen, was die Zufälligkeit rein bringt, die praktisch zufällige und nicht vorhersehbarer Elemente in das ökonomische System reinbringen, die dann aber rückblickend ´ne gewisse Notwendigkeit mit reinbringen. Was Marx ja auch woanders gesagt hat, dass der Mensch der Schlüssel ist zum Verständnis von allen verschiedenen Entwicklungsstufen, die ihm voran gegangen sind und erst wenn wir das Endergebnis haben, können wir die Notwendigkeit entdecken, die sich durch die verschiedenen Zufälligkeiten hindurch durchgesetzt hat. Und das ja auch so ´n bisschen bei der Fabrikgesetzgebung, die Marx im „Kapital“ anspricht, wo die Kapitalisten ja eigentlich dazu gezwungen wurden, den absoluten Mehrwert, oder die absolute Mehrwertsteigerung aufzugeben – durch den Staat – und dadurch sind sie erst dazu übergegangen zum relativen Mehrwert. Aber der relative Mehrwert ist eben auch ´n Teil des logischen Systems des Kapitalismus und unterstützt ja so ´n bisschen das, was du gerade gesagt hast. Dass die beiden Teile sich eigentlich stark verschränken und dann die – wie ich das gesagt hab – Zufälligkeit in Notwendigkeit übergeht. 

(L) Ja und genau deswegen, weil eben die verschiedenen Sphären da irgendwie zusammen wirken, sollten wir auch aufpassen, dass wir keine Seite für absolut nehmen. Also, dass wir immer diese gegenseitige Rückwirkung und Anpassung auf beiden Seiten und Reaktionen mitdenken. Ich hab noch ´ne Frage, bisschen in ´ne andere Richtung geht. In der letzten Folge meintest du ja, dass man auch indem man zum Beispiel Gemüse im Garten anbaut, dem Kapitalismus nicht entkommen kann. Und was bedeutet das jetzt, wenn ich mich zum Beispiel komplett unabhängig von Lohnarbeit mache, zum Beispiel einen kleinen Bauernhof im Nirgendwo starte und stellen wir uns vor, es wäre irgendwie möglich, mich da vom System abzukapseln. Kann man so dem Kapitalismus entkommen?

(Y) Das ist ´ne voll interessante Frage, weil ich mich damit vor ´n paar Tagen erst in ´nem anderen Kontext auseinander gesetzt hab. Ich sehe an der „Lösung“ eigentlich zwei Probleme und mal schauen, ob du mir zustimmst. Die erste wäre – und das haben eigentlich Hegel, Marx und Engels schon ähnlich gesehen und die haben sich auch lustig gemacht über verschiedene Sozialist*innen, die Mitte des 19. Jahrhunderts in die Natur rausgegangen sind und auch verschiedene Romantiker – äh – Feuerbach war da übrigens auch dabei – ihre Kritik war, dass es eigentlich keine Natur außerhalb der Gesellschaft mehr gibt. Weil die gesamte Natur schon vom kapitalistischen System berührt wurde und das ist heute ja noch stärker, als es Mitte des 19. Jahrhunderts war. Die kapitalistische Produktionsweise hat sich den gesamten Globus schon unterworfen, das heißt, es gibt keine unberührte Natur mehr, auf die wir uns irgendwie zurück ziehen könnten vor der Gesellschaft und in der wir uns vor der kapitalistischen Produktionsweise schützen könnten. ´N anderer Punkt, der in der marxistischen Analyse auch noch zentral ist, ist der Unterschied zwischen individuellen Lösungen vom Elend, das im kapitalistischen System produziert wird und gesellschaftlichen Lösungen. Weil, wenn du jetzt rausgehen würdest auf ´nen Bauernhof, würdest du ja die Gesellschaft nicht ändern. Klar, du würdest das Leben für dich selber ändern und hättest dann vielleicht den Vorteil, einigermaßen selbständig und autark leben zu können und dich nicht mehr mit den kapitalistischen Zwängen herumschlagen zu müssen, weil das kapitalistische System dich nicht mehr so stark berührt, weil du alles zum Leben notwendige selber produzieren kannst. Aber es gibt ja den schönen Spruch „Niemand ist frei, solange wir nicht alle frei sind.“ und ich glaube, genau das sehen wir hier eigentlich. Dass einzelne sich mit ´nem gewissen Privileg auch – weil sich so ´n Bauernhof leisten zu können, dass kann jetzt auch nicht jede oder jeder – also mit diesem gewissen Privileg ziehen sich Leute aus der Gesellschaft raus und lassen eigentlich die, die am Meisten unter diesem System leide, die sich das eben nicht leisten können, hinter sich zurück. Oder wie siehst du das?

(L) Ja, das ist ´n super Argument, dass es überhaupt erst ´n Privileg ist, sich das leisten zu können, weil wir hatten ja letztes Mal auch so das mit der Privatisierung von Boden. Man muss sich diesen Boden erst kaufen, man muss erst diesen Bauernhof sich leisten können und wenn man sich das alles leisten kann, dann ist man vielleicht doch nicht so abgekapselt vom Kapitalismus. 

(Y) Ein anderer interessanter Aspekt wäre auch noch, dass die Staaten im imperialistischen Zentrum häufig die Schaffung von Land für einzelne benutzt haben, um die soziale Frage im eigenen Land zu lösen. Das heißt, wenn die soziale Frage aka die Klassenkämpfe im eigenen Land zu gefährlich geworden sind, wurde den Menschen, die sich beschwert haben, oder bei denen die Gefahr bestand, dass sie möglicherweise rebellieren, Land außerhalb des eigenen Lands angeboten, wo dann praktisch Kolonisierende ja eigenes Land hatten und nach außen geschickt wurden und dadurch nicht mehr Zuhause rebelliert haben. Das könnte man auch als wesentlichen Antriebsmotor hinter der Lebensraumphrase von Hitler zum Beispiel sehen. Und zwar war genau diese Forderung von Hitler ja, Lebensraum im Osten für die Deutschen zu schaffen, auch ´ne Möglichkeit, die soziale Frage im Inneren zu klären. Das heißt, Widersprüche die sich im Inneren durch die kapitalistische Produktionsweise ergeben haben, wurden einfach dadurch gelöst, dass einzelne Menschen jetzt Land außerhalb vom eigentlichen Gebiet bekommen und dadurch weniger gefährdet sind, dass sie gegen das System rebellieren. 

(L) Ja, generell gab´s ja zwischen Hitlers Expansionspolitik und Kolonialismus viele Parallelen. Wurde ja dann auch oft gesagt, dass Polen unsere Ersatzkolonien sind – also „unsere“ in Anführungszeichen – weil die Kolonien Deutschland ja weggenommen wurden im ersten Weltkrieg. Aber nochmal zurück zur Frage. Du würdest dann quasi auf den Schluss kommen, dass es keine Möglichkeit gibt, dem Kapitalismus innerhalb den Systems zu entkommen.

(Y) Ich würde sagen, dass jeder Versuch sich vom Kapitalismus innerhalb des Kapitalismus zu befreien, letztendlich darauf hinausläuft, dass man entweder sich nur als Individuum befreit, oder dass man sich als Individuum – das heißt als Einzelne, oder Einzelner – befreit, auf Kosten von anderen. Und deswegen können wir den Kapitalismus eigentlich nur als gesamte Gesellschaft überwinden. Denn nur wenn die kapitalistische Produktionsweise als gesamte überwunden ist, sind auch tatsächlich alle Individuen von dem Kapitalismus frei und erst dann werden auch die ganzen zerstörerischen Konsequenzen, auf die wir beim nächsten Mal eingehen, tatsächlich überwunden. Der Kapitalismus ist ja nicht nur ´n Faktor, der Schaden für die Einzelnen bringt und von der sich einzelne abkapseln sollten, sondern der Kapitalismus hat ja auch reale Folgen für Umwelt und für Tiere und produziert ja auch verschiedene Krisen und zerstört feministische, antirassistische Bewegungen, worauf wir dann beim nächsten Mal auch genauer eingehen können. 

(L) Ja, ich freu mich schon auf die nächste Folge. Das erinnert mich auch daran: wir hatten letztes Mal darüber gesprochen, dass der Kapitalismus ja auch nicht herrschende Produktionsweisen, die innerhalb von ihm existieren auch wieder zu seinem eigenen Vorteil nutzen kann. Also da hatten wir ja gerade eben dieses Gärtnern. Auf der anderen Seite haben wir angesprochen, dass die kapitalistische Produktionsweise aber auch als nicht herrschende Produktionsweise schon existiert hat, bevor es den Kapitalismus als System gab. Hast du da irgendwie ein Beispiel, oder wie kann man sich das vorstellen? Das ist jetzt ´n bisschen abstrakt.

(Y) Ist auch ´ne super spannende Frage und ich glaube, es kommt ´n bisschen darauf an, wie genau wir jetzt die kapitalistische Produktionsweise definieren, beziehungsweise was heißt es überhaupt zu sagen, dass die kapitalistische Produktionsweise in ´ner Gesellschaft herrscht? Fülberth würde zum Beispiel sagen, dass die kapitalistische Produktionsweise in einer Gesellschaft herrscht, wenn der Großteil der Menschen sich ihr Überlebensnotwendiges durch Warentausch holt. Das heißt durch kaufen, beziehungsweise verkaufen von Waren. Hier wird also darauf fokussiert, dass vor allem die Ware im Zentrum steht und dann wäre die Frage „wo wurden vielleicht schon mal Waren getauscht, früher?“. Und Waren wurden ja auch getauscht im Feudalismus, oder auch schon in der Antike, wenn gehandelt wurde. Das heißt, jemand hat gekauft woanders und – wie wir es letztes Mal schon gesagt haben – verkauft es dann an ´ner anderen Stelle nochmal teurer.

(L) Und wieso kann dann eine solche Gesellschaft noch nicht als kapitalistische Gesellschaft beschrieben werden, obwohl kapitalistische Elemente vorherrschen?

(Y) Das ist ja genau der Punkt, dass verschiedene Produktionsweisen eigentlich immer in ´ner Gesellschaft zusammen existieren. Denn es kam meines Wissens noch nie vor, dass sich ´ne Produktionsweise auf der gesamten Welt und in allen Bereichen irgendwie durchgesetzt hätte. Und wir haben ja auch letztes Mal darauf hingewiesen, das wäre zum Beispiel für die kapitalistische Produktionsweise ja auch schädlich, weil sie genau von denen teilweise auch lebt. Und genau dadurch gibt es dann zwar ´n paar Menschen, oder ´n paar Gesellschaftsgruppen, zum Beispiel das Bürgertum eben, das nach der kapitalistischen Logik schon handelt, das aber noch nicht die herrschende Klasse in der Gesellschaft ist und deswegen noch nicht die eigene Logik innerhalb des menschlichen Handelns durchsetzen kann. Die eigene Logik konnte das Bürgertum eigentlich erst durchsetzen, als es die Klasse, die im Feudalismus geherrscht hat, gestürzt hat und dadurch die eigene Produktionsweise komplett durchsetzen konnte. Vorher war der gesellschaftliche Rahmen eigentlich noch gar nicht darauf ausgelegt, die kapitalistische Produktionsweise im Ganzen durchzusetzen, in allen Bereichen der Gesellschaft. Apropos kapitalistische Produktionsweise: letztes Mal hatten wir ja auch darüber gesprochen, dass ´n wesentlicher Faktor in der Entwicklung des Kapitalismus der Drag zur Akkumulation ist. Und da steht ja – wie wir gesagt haben – die Konkurrenz dahinter. Das heißt, in ´ner kapitalistischen Produktionsweise sind verschiedene kapitalistische Akteur*innen und die haben verschieden Unternehmen und damit das eigene Unternehmen eben langfristig überleben kann, muss akkumuliert werden. Jetzt haben wir aber in der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise ´ne Entwicklung drin, die eigentlich weg von der Konkurrenz und hin zum Monopol geht. Ich weiß, dass du dich da ´n bisschen mehr eingelesen hast, als ich. Vielleicht magst du das kurz nochmal skizzieren? 

(L) Ja, also gehen wir jetzt mal – wie die bürgerliche Ökonomie immer – aus, von einem komplett freien Markt, freier, konkurrenztreibender Unternehmen und „das beste Produkt, zum besten Preis, gewinnt!“. – Ähm – diese Logik führt eben dazu, dass das „beste Produkt, zum günstigsten Preis“ sich tatsächlich durchsetzt. Aber in der Konsequenz führt das dazu, dass dieses Unternehmen größer werden wird und andere Unternehmen eingehen werden. Und was dann passiert, das bezieht die bürgerliche Ökonomie nicht mehr mit ein. Nämlich, dass es einen Markt gibt mit ungleich großen und ungleich gewichteten Teilnehmer*innen. Und jetzt haben die größeren Unternehmen mehr Macht. Zum einen kann mehr Produktion auch günstiger gestaltet werden und dadurch haben sie einen weiteren Preisvorteil. Zum anderen können sie aufgrund ihres größeren Kapitals auch ja zum Beispiel wagen, andere Unternehmen absichtlich auszustechen. Zum Beispiel kann ein Unternehmen für eine kürzere Zeit einen noch günstigeren Preis anbieten, als die Produktion überhaupt kostet. Weil sie zum Beispiel genug Kapitalrücklagen haben und damit planen, dass sie damit das Konkurrenzunternehmen ausstechen. Ein kleineres Unternehmen kann sich so etwas nicht leisten. Ja und dahinter liegt dieser Drang, immer mehr zu akkumulieren und immer größer zu werden und ständig die Konkurrenz auszuschalten, ständig größer zu werden, als die Konkurrenz und besser zu werden und damit der Gewinner auf dem Markt zu sein, quasi. Und das führt jetzt dazu, dass sich zum Beispiel ein Unternehmen in einer Branche zu einem Monopol entwickelt. Es ist quasi das einzige Unternehmen, das großflächig ein bestimmtes Produkt anbietet und das dieses Produkt auch – ja – breitflächlig in der Gesellschaft verfügbar macht und günstig und wo die Produktionsabläufe auch besser laufen, weil sie größer produzieren. Das sehen wir irgendwie in verschiedenen Branchen. Zum Beispiel gibt es Monopole im Bereich Social Media, es gibt Monopole im Bereich Technikproduktion, oder auch als Lieferanten. Und wenn diese Monopole dann marktbeherrschend sind, dann haben sie die Möglichkeit plötzlich selber die Preise zu setzen. Sie können dann ihre Produkte einfach weitaus teurer verkaufen, als sie eigentlich wert sind. Einfach weil es keinen Konkurrenten in Sicht gibt, der das Produkt annähernd so attraktiv anbieten kann. Und dann sind wir nicht mehr vor dieser Situation, von der die bürgerliche Ökonomie ausgeht und von der sie überhaupt nicht weiterdenkt. Bei der es gleiche Konkurrenten gibt, die gleich groß sind, die alle versuchen, das beste Produkt zu entwickeln und dem Kunden den besten Preis anzubieten. Sondern wir haben ein Monopol, das einfach irgendeinen Preis festsetzt und das vielleicht sogar die Qualität des Produktes verschlechtern kann, einfach weil es auch für die Kund*innen keine Alternative gibt. Zum Beispiel Facebook hat sich irgendwann als Monopol durchgesetzt und dann hat es einfach nur noch Werbung gemacht, weil´s dadurch mehr Geld bekommen kann. Und dann kamen Konkurrenten auf, die hat es einfach aufgekauft, weil es so unglaublich reich war und auch dort kam dann nach und nach immer mehr Werbung. Das macht das Produkt, also die Website oder die App nicht attraktiver für die Kund*innen, sondern viel unattraktiver, aber es gibt vielleicht keine bessere Alternative und deswegen bleibt man dort. Weil was will man auf einem sozialen Netzwerk, auf dem keine der eigenen Freund*innen ist?

(Y) Um das nochmal zusammenzufassen sind Monopole also keine Fehler der kapitalistischen Produktionsweise, sondern entstehen ganz natürlich aus den Dynamiken, die innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise existieren.

(L) Ja, also Monopole gehören eigentlich zu den zentralen Grundwidersprüchen des Kapitalismus, die in seiner eigenen Logik angelegt sind, aber eigentlich seine Grundprinzipien untergraben. Zu den Punkten werden wir dann auch in der nächsten Folge – ja – zu Widersprüchen vom Kapitalismus nochmal kommen. 

(Y) Ja und ich glaub daraus können wir nochmal was Interessantes für unseren Antikapitalismus ziehen. Weil mittlerweile wird der Antikapitalismus ja auch in den liberalen Bereichen schick. Das heißt, auch Liberale – also ich mein jetzt nicht Marktliberale, sondern eher Liberale im Sinne von links-links-liberal – auch diese Menschen tragen ja mittlerweile antikapitalistische Ideen in sich. Nur deren Kritik ist dann häufig ´ne Kritik am neoliberalen Kapitalismus, oder am Kapitalismus wie er jetzt grade existiert, der in ihren Augen ein perverser Kapitalismus ist. Also ein wildgewordener Kapitalismus, den man wieder zähmen müsste. Aber aus dem was du ja grad gesagt hast folgt, dass es ja eigentlich keinen Kapitalismus im Gleichgewicht geben kann. Natürlich kann´s den Kapitalismus für ´ne Zeit lang in dieses Konkurrenzsystem einzwängen und dann, selbst dann produziert er Widersprüche und Ausbeutung und so weiter. Aber über die Zeit hinweg wird er immer wieder zum Monopolkapitalismus sich wandeln und das ist eben ein Problem des Liberalismus, der die kapitalistische Produktionsweise als Ding und nicht als Prozess ansieht und als ´ne Entwicklung und ´n System, das sich über die Zeit ändert, durch die eigenen Widersprüche, die sie vorantreibt. 

(L) Genau ja, solche Menschen träumen sich dann oft irgendwie einen Kapitalismus, wo lauter einzelne Kleinunternehmer*innen freundlich, fröhlich ihr kleines Business führen und überhaupt nicht wachsen wollen, sondern einfach ihren kleinen einen Laden führen wollen, aber das widerspricht der Logik des Kapitalismus, dass eben dann aus ´nem kleinen Laden dann drei werden und irgendwann wird da ´ne große Kette draus und so weiter und dann sehen wir diese Monopolbildung. Also, diese Tendenz zum Ungleichgewicht ist einfach in dieser – ja – kapitalistischen Idee von Konkurrenzstreben angelegt, es führt zwangsläufig dazu und deswegen ist die Idee schlichtweg utopisch und könnte eigentlich nur total repressiv durchgeführt werden, indem dann wiederum der freie Markt verboten wird und das kritisieren ja Menschen auch am Sozialismus, deswegen haben sie´s vielleicht einfach nicht genug durchdacht.

(Y) Ja, der echte Kapitalismus ist ein repressiver Kapitalismus, ich glaub damit können wir für heute schließen. Gebt uns gern Rückmeldung, ob euch dieses Podcast-Format gefallen hat, oder falls ihr andere Anmerkungen habt. Unsere Mail findet ihr, wie letztes Mal schon, in den Shownotes.

(L) Ja, das nächste Mal kommt dann, wie schon angekündigt, die Folge zur Kritik am Kapitalismus. Wir freuen uns, wenn ihr uns wieder zuhört. Bis dann.

(Y) Wir grüßen heute unsere Freundin und Sponsorin Kollontai und gratulieren ihr natürlich zu ihrem Amt, als erste weibliche Ministerin. 

- Musik wird gespielt -