Studio-Lookout-Salon: Der Podcast für Architektur, Design, Kunst und Soziokultur

Adrian Berchtold führt die Teppichmanufaktur Ruckstuhl mit Tradition und Zukunftsblick in eine neue Ära

Roger Furrer & Maximilian Grieger

Die Fäden der Zeit verflechten sich in der Schweizer Teppichmanufaktur Ruckstuhl zu einem beeindruckenden Gewebe aus Handwerk, Circular Design und technologischer Innovation. Maximilian Grieger spricht mit CEO Adrian Berchtold, der das 140-jährige Unternehmen gemeinsam mit Valentin Baumann in eine neue Zukunft führt – mit Teppichdesign zwischen jahrzehntealten Webstühlen und digital gesteuerter Robotertechnologie.

Mit fast religiöser Hingabe pflegt das Team die bis zu 80 Jahre alten Webstühle, für die es längst keine Ersatzteile mehr gibt. Wenn etwas kaputtgeht, wird das Teil ausgebaut und von einem Kunstschmied nachgefertigt – ein zeitaufwändiger Prozess, der die Seele der Manufaktur bewahrt. Denn nur diese alten Maschinen können die besonderen Qualitäten herstellen, für die Ruckstuhl bekannt ist. Besonders faszinierend: Für die Kokosfaserteppiche werden jährlich etwa 120 Tonnen Fasern verarbeitet – das entspricht 1,6 Millionen Kokosnüssen aus Sri Lanka, ein Abfallprodukt der Lebensmittelindustrie, das hier zu hochwertigen Teppichen verarbeitet wird.

Der Höhepunkt der Verbindung zwischen Vergangenheit und Zukunft ist die neue Trix und Robert Hausmann Kollektion. Diese Teppiche, inspiriert von den ikonischen Designklassikern des bedeutenden Schweizer Designerpaares, bestehen zu 60% aus rezyklierter Wolle aus getragenen Kleidern – realisiert in Zusammenarbeit mit Circular Living, einem Pionier im Circular Design. Jeder Teppich trägt einen digitalen Produktepass, entwickelt mit World of Pi. In Form eines QR-Codes, enthält der nicht nur Informationen über Materialien, Herkunft und Pflege, sondern auch ein digitales «Tagebuch». Dieses ermöglicht einen emotionaler Mehrwert, der den Teppich über Generationen begleiten kann und am Ende seines Lebens die fachgerechte Wiederverwertung erleichtert. Mit diesem digitalen Zwilling wird Transparenz zur Norm und ein neues Kapitel in der digitalen Identität physischer Produkte aufgeschlagen.

Adrian Berchtold verkörpert selbst diese Brücke zwischen Tradition und Aufbruch. Als offen schwuler CEO in einer ländlichen Region setzt er sich für Diversity und Inklusion ein und zeigt, dass Werte wie Authentizität und Respekt genauso wichtig sind wie handwerkliche Exzellenz und innovative Technologie. 

Während der Zürich Design Weeks vom 4. bis 14. September 2025 präsentiert sich Ruckstuhl im Soeder Store am Hauptbahnhof Zürich – mit einer Installation von Bureau Hindermann, die Handwerk, Design und Innovation verbindet.

Maximilian Grieger:

Guten Tag zusammen. Willkommen zu einer neuen Folge von Studio Lookout Salon Podcast. Mein Name ist Maximilian Grieger, und ich bin heute in Langenthal im Kanton Bern bei der Schweizer Teppichmanufaktur Ruckstuhl und treffe hier den CEO und Präsident des Verwaltungsrats, Adrian Berchtold. Hallo, Adrian.

Adrian Berchtold:

Hallo Maximilian.

Maximilian Grieger:

Adrian, seit 2021 bist du gemeinsam mit deinem Geschäftspartner Valentin Baumann Inhaber von Ruckstuhl, einer echten internationalen Marke, die es seit über 140 Jahren gibt. Ihr habt das Unternehmen übernommen von der Familie Ruckstuhl, die es in vierter Generation geführt hat, und wie geht ihr beide mit dieser Verantwortung, um ein solches Traditionshaus weiterzuführen?

Adrian Berchtold:

Die Verantwortung oder die Tradition, die wir haben, sehen wir so wie ein Buch, das man halt nicht von Anfang an selber schreibt. Wir haben sehr viele Dinge, die wir aus der Vergangenheit mitnehmen können. Das ist unter anderem natürlich diese Marke, die sehr wertvoll für uns auch ist, die Produkte, die sehr viele heute noch eine sehr grosse Bedeutung auch für uns haben, und wir versuchen dann mit unseren Ideen und mit unserer Philosophie dazu neue Dinge dazu zu schreiben, dass es am Schluss eine Mischung ist aus Sachen, die aus der Vergangenheit herkommen, und aus Sachen, die wir dazu geben, aber halt immer als der DNA entsprechend.

Maximilian Grieger:

Der Ruckstuhl-DNA von damals.

Adrian Berchtold:

Genau, aber halt immer als der DNA entsprechend Der Ruckstuhl-DNA von damals, genau, oder einfach die DNA, die die Marke ausmachen oder die Produkte auch ausmachen.

Maximilian Grieger:

Ich habe von dir eine Führung bekommen, Adrian, durch die Produktionsstätte, und ich bin wirklich ehrfürchtig danach gewesen, oder auch schon währenddessen, weil ich festgestellt habe hey, das ist noch ein richtiges Handwerk. Ihr habt fast hundertjährige Webstühle dort. Es braucht wahnsinniges Know-how, diese zu bedienen. Wie findet ihr Mitarbeitende, um dieses hohe handwerkliche Niveau aufrechtzuerhalten, und wie pflegt ihr diese Webstühle?

Adrian Berchtold:

Also, es sind nicht ganz alle natürlich 100 Jahre alt - wir haben wirklich von fast über 80 bis - die neuesten Webmaschinen sind vielleicht so 40, 45 Jahre alt. Man muss dazu sehen als die Firma Ruckstuhl gegründet wurde 1881, da war die Textilindustrie in der Schweiz viel grösser, es gab viel mehr Firmen, es gab, so viel ich mich entsinnen kann, gab es, glaube ich, damals zehn Teppichmanufakturen in der Schweiz. Wir sind heute eine der letzten übrig gebliebenen Manufakturen in der Schweiz. Und natürlich können wir heute nicht mehr, wie man früher aus der Berufsschule Leute rekrutieren konnte, können wir das heute nicht mehr, und wir müssen heute unsere Leute selber anlernen, wir müssen ihnen die Dinge beibringen. Das heisst, wir stellen Leute an, die wir als geeignet empfinden oder die zu uns passen, die mit uns arbeiten wollen, die die Firma toll finden, und geben denen das Handwerk mit, und das dauert dann oft, kann mitunter ein Jahr dauern, bis jemand dann wirklich diese Arbeiten alle machen kann, die es benötigt. Aber wir können nicht mehr auf den Markt rekrutieren, weil diesen Stellenmarkt gibt es nicht mehr.

Maximilian Grieger:

Und diesen Ausbildungsberuf an sich gibt es auch nicht mehr.

Adrian Berchtold:

Die Textilausbildung früher. die Leute, die wir früher verwendet haben, das waren Weber, Und der Beruf des Webers war eine Ausbildung von drei Jahren. Heute ist dieser Weberberuf in einer Gesamtausbildung aufgegangen. wie in vielen Berufen, wie auch in der Holzindustrie und in anderen Industrien, ist das Weben noch ein Teil der ganzen Textilausbildung, Und für uns ist es aber ein sehr grosser Bestandteil. Das heisst, wir nehmen dann von uns Leute mit viel Erfahrung, die dann quasi Fahrstunden geben.

Maximilian Grieger:

Wie eigentlich eine Göttifunktion.

Adrian Berchtold:

Ja, genau, oder vor zwei Jahren haben wir Leute gehabt, drei Menschen gehabt, die in die Pensionierung gingen, in die Rente gingen, und da mussten wir natürlich vorher jemanden haben, der dann kommt und der das übernehmen kann. Und so kann man eigentlich sagen, das Wissen wird von Generation zu Generation weitergegeben.

Maximilian Grieger:

Noch mal auf die Webstühle zu sprechen zu kommen, Wenn es jetzt ein Ersatzteil benötigt. die gibt es wahrscheinlich nicht mehr am Markt. Wie geht ihr mit so einer Situation um?

Adrian Berchtold:

Teilweise - von den neuen Maschinen haben wir einen Hersteller, der uns die Teile auch liefern kann. Da wir aber oft auch die Maschinen auf unsere Bedürfnisse oder auf unsere Fasern umbauen oder selber weiterentwickeln, gibt es dann Maschinengruppen oder Teile, wo es keine Ersatzteile gibt, und da müssen wir dann natürlich eben schauen, dass wir die uns selber machen können. Bei der alten Maschine, die eben über 80 Jahre alt ist, da ist der Hersteller schon seit 50 Jahren im Konkurs, da gibt es die Teile nicht mehr, und da ist das Prozedere immer dasselbe wenn es irgendwo einen Schaden gibt oder eine Materialermüdung, ein Teil geht kaputt, dann baut man die Maschine auseinander, nimmt Teil, l ässt sich eine Kopie dieses Teils von einem Kunstschloss oder von einem metallverarbeitenden Betrieb machen.

Maximilian Grieger:

Diese 80 Jahre alten Webstühle - könnte man die nicht ersetzen durch neue?

Adrian Berchtold:

Nein, das geht nicht. Wir haben ein Produkt, das wir herstellen, das ist unser Türeingangsteppich, unsere Eingangsmatte. Das Produkt Porta, das ist aus Kokos, eine gewobene Bürste, wo man drüber läuft, wo man auch die Schuhe mit reinigt, wenn man drüber läuft. Und dieses Produkt zu weben, das braucht eine ganz spezielle Technologie mit einem Weberschiffchen, und solche Maschinen werden allgemein hin heute nicht mehr gebaut. Das heisst, eine neue Maschine würde es gar nicht geben jetzt, die für unsere Bedürfnisse funktionieren würde, und das ist eine Maschine, die sehr langsam arbeitet. also ist für uns auch da die neue Technologie gar nicht so wahnsinnig von Nutzen, und wir arbeiten mit der alten Maschine.

Maximilian Grieger:

Also eine neue könnte das in der Tat gar nicht abbilden, was ihr benötigt, auch um diese Qualität gewährleisten zu können.

Adrian Berchtold:

Genau, und wenn wir sie uns bauen möchten, dann wären wir bei Beträgen, wo man also noch lange die Alte in Schuss halten kann.

Maximilian Grieger:

Ihr habt eine lange Tradition mit der Verwendung von Naturmaterialien wie Sissal, Schurwolle, Haargarn, Leinen, Kokos. Was ist für euch leichter zu verarbeiten - eine pflanzliche Faser wie Kokos oder eine tierische Textilfaser wie Schurwolle?

Adrian Berchtold:

Ich würde jetzt sagen, es hat jede ihre Eigenheiten. Durch die 144-jährige Erfahrung können wir mit jeder Faser so umgehen, dass wir sie verarbeiten können und dass wir sie auch gut verarbeiten können. Da kann man eigentlich nicht von leichter oder so sprechen. Ganz klar ist natürlich, die Kokosfaser ist unsere älteste Faser, die wir seit Anfang an verwenden. Da haben wir natürlich, würde ich jetzt sagen, schon einen sehr grossen Erfahrungsschatz, dass uns das ziemlich gut läuft.

Maximilian Grieger:

Die Kokosfaser habe ich jetzt gesehen, und zwar im Theater Basel. Dort ist es als Kokosfliese, also eine Teppichfliese zusammengesetzt auf einer grossen Fläche. Kannst du unseren Zuhörern ein bisschen erklären, wie diese Kokosfaser gewonnen wird? Wie viele Kokosnüsse benötigt es pro Quadratmeter?

Adrian Berchtold:

Also, wir haben, wenn wir von der Kokosfaser reden, dann spricht man eigentlich von einem Abfallprodukt der Lebensmittelindustrie, weil die Kokosnuss, die wir kennen, wenn wir am Strand unseren Pina Colada trinken, die hat noch aussen eine Verpackungshülle, könnte man sagen, damit die Nuss auch gepolstert ist. Und diese Polsterung, das sind Fasern, die wir dann verwenden. Das wird in Sri Lanka gewonnen. Es braucht für eine Tonne Fasern etwa 13.000 Nüsse, und wir beziehen aufs Mal so 60 Tonnen, also pro Jahr sind es 120 Tonnen. Und die Faser wird gewonnen, wird dann verarbeitet zu einem Garn. Das kommt dann in Ballen gepresst in die Schweiz, und von da an findet jeder Schritt hier bei uns statt, also Färbung, Spulerei, Weberei - das ist dann komplett in der Schweiz. Anfang 70er Jahre, weil eben gerade die aufkommende damalige Architektur mit viel Beton einen Bedarf hatte an einem wohligen, warmen Boden, der aber auch gewisse den natürlichen Charakter hat, weil sie als Naturfaser umgefärbt ist. Das sind natürlich sehr viele Eigenschaften, die dieses Produkt sehr, sehr speziell machen.

Maximilian Grieger:

Und die Akustik. Bei einem Kokosteppich kann die auch dementsprechend reduziert werden.

Adrian Berchtold:

Grundsätzlich ist jeder Teppich gut für die Akustik, und jeder Teppich ist hilfreich für die Akustik. Ein Wollteppich hat unter Umständen eine bessere akustische Eigenschaft. Aber generell kann man sagen, jeder Teppich hat seine akustischen Messwerte, die man auch darlegen kann oder wo man auch sagen kann, so und so viel hilft. Aber der Teppichboden oder der Boden ist ja immer nur ein Teil der Gesamtakustik in einem Raum. Das Raumempfinden hängt immer auch noch zusammen. Wie ist die Architektur, gibt es Vorhänge, gibt es weitere Möbel? Und da ist ein grossflächig verlegter Teppichboden sicherlich hilfreich.

Maximilian Grieger:

Der Kokosteppich wird hergestellt mit der 80-jährigen Webmaschine. Wie viele von diesen Webmaschinen habt ihr in eurer Manufaktur?

Adrian Berchtold:

Von denen haben wir eine, die hat pro Tag eine Leistung von etwa 30 Quadratmetern. Also kann man sich ausrechnen wenn man wirklich Grossaufträge hat, dann läuft diese Maschine ziemlich im Akkord, und das ist eine langsame Produktion. Das ist eine Produktion, wo die Person, die webt, muss eigentlich während dem Weben dauernd sehen, was sie macht, wie das Produkt entsteht, Und sie muss alle 15 Zentimeter das Weberschichtchen rausnehmen und die Garnspulen wechseln, die auch ein Abfallprodukt der Sisal-Produktion bei uns sind. Also da nehmen wir Restgarne, und das ist zum Beispiel etwas. da muss man einfach sehr bei der Sache sein, muss immer dauernd schauen, wie weit ist der Fortschritt. Man muss die Ware ständig überwachen bei der Produktion.

Maximilian Grieger:

Das Thema Wissen hier im Unternehmen ist extrem wichtig. Ihr habt 2021 das Unternehmen übernommen. Du hast deine Ausbildung gemacht bei Ruckstuhl damals. Du kennst das Unternehmen eigentlich von der Pike auf, Aber nichtsdestotrotz ist hier jemand im Haus zuständig explizit für das Thema Wissen. Oder ist es ein Wissenstransfer, der durch Teammitglied zu Teammitglied übergibt?

Adrian Berchtold:

Wir sind ein Kollektiv, und das Wissen ist verteilt auf viele Personen. Ich habe die Ausbildung hier gemacht. Damals war die Firma noch größer und anders aufgestellt, und natürlich hat man als Lernender immer einen sehr detaillierten Einblick in sehr viele Abteilungen. Man wird im Rahmen - damals war das noch eine andere Ausbildung - die halt auch noch mit einem sehr grossen betrieblichen Teil war, wo man auch natürlich in den Betrieb eintauchen durfte. Das sehe ich heute als sehr grossen Vorteil, weil ich natürlich sehr viele Stationen durchgegangen bin. Dieses Wissen ist natürlich immer noch da. Dann kommt aber dazu, dass wir natürlich versuchen, die Mitarbeitenden alle gemeinsam das Wissen zu fördern und das Wissen zu verteilen, und natürlich auch bei einem Problem oder bei einer Herausforderung, die man hat, wo ein Produkt vielleicht oder ein Garn etwas ist, versuchen wir natürlich, mit mehreren Menschen zusammen zur Lösung zu kommen, und das führt dann wieder dazu, dass sich das Wissen auch verteilt. Von daher denke ich, es braucht das Wissen jedes Einzelnen, das dann am Schluss zu einem Gesamtergebnis führt.

Maximilian Grieger:

Ruckstuhl produziert ja nicht nur einfach nur und liefert aus, sondern ihr legt auch großen Wert drauf, wer den Teppich vor Ort verlegt.

Adrian Berchtold:

Also, wir begleiten die Architekten bei der Materialauswahl schon. Wir sind im Dialog mit dem Architekt, mit der Planerin und schauen. Wir sind im Dialog mit dem Architekt, mit der Planerin und schauen, was gibt es für ein Projekt, was ist es für eine Nutzung, was ist es für ein Gebäude? Und wir versuchen da natürlich schon, die Materialauswahl auf die richtigen Produkte zu lenken oder mit dem Architekten zusammen, mit der Planerin zusammen ein geeignetes Produkt zu finden, ein möglichst geeignetes Produkt oder eine Auswahl von möglichst geeigneten Produkten. Und danach ist natürlich auch das Thema des Verlegers oder der Person, die die Installation vornimmt. Wir schulen unsere Verleger auch auf unsere Produkte oder geben Extrakurse oder schauen mit ihnen gewisse Stellungen auch an oder gewisse Herausforderungen, die es zu lösen gibt, Gewisse materialspezifische Eigenheiten auch.

Maximilian Grieger:

Ihr möchtet einfach zu 100 Prozent gewährleisten, dass der Kunde zufrieden ist.

Adrian Berchtold:

Wir wollen einen zufriedenen Kunden, genau. und wir wollen ein Produkt, das seine Fähigkeiten voll entfalten kann. Und da gehören alle mit ins Boot. Da gehört der Planer am Anfang mit ins Boot, da gehört die Nutzung mit ins Boot, da gehört die Reinigung mit ins Boot, da gehören alle mit ins Boot, die einfach mit diesem Produkt zusammen unterwegs sind und dieses Produkt nutzen.

Maximilian Grieger:

Alle mit im Boot. Bei deiner Führung hast du mir erklärt, dass ihr auch eure Mitarbeiter teilweise mitnehmt, wenn ein Teppich verlegt wurde, also dass sie sich das Endprodukt ansehen. Was ist der Hintergedanke dabei?

Adrian Berchtold:

Also, es gibt spezielle, zum Beispiel Transportaufgaben, wo ein Produkt irgendwo in einem fünften Stock muss, an Kunstwerken vorbei, und dann sind wir oft behilflich bei dem Fachhändler oder dem Verleger, gehen mit, sind mit vor Ort, und das schärft natürlich auch bei unseren Menschen das Bewusstsein, wo kommen die Produkte hin, was ist das für eine Nutzung? Weil es kommt oft an Orte hin, an denen wir uns sonst nicht bewegen oder wo wir nicht hinkämen, einfach so, und das schärft natürlich dann auch wieder das Bewusstsein für die Qualität und für das Produkt an und für sich, dass man halt Einzelstücke verarbeitet, die an Orte hinkommen, die teilweise auch öffentlich sind. Und da finde ich sehr wichtig, dass auch die Menschen, die das Produkt verarbeiten, auch am Schluss sehen wo kommt das hin, also auch da gemeinsam voneinander wissen, was passiert oder was geschieht mit dem Produkt, oder wie wird es verkauft, oder wohin geht es, in welche Geschäfte geht es. Das ist uns sehr wichtig, dass unsere Menschen da einfach auch Bescheid wissen.

Maximilian Grieger:

Die sind danach auch wahrscheinlich richtig stolz, wenn sie das Endergebnis sehen.

Adrian Berchtold:

Genau, die sind sehr stolz, die haben grosse Freude. Das gibt ihnen natürlich auch teilweise die Gelegenheit, an Orte zu kommen oder in fremde Städte, andere Länder. Das ist natürlich für sie auch spannend.

Maximilian Grieger:

Ruckstuhl ist eben für den Einsatz von Naturmaterialien bekannt. Gibt es spezielle Zertifizierungsstandards beim Einkauf, an die ihr euch haltet? Es?

Adrian Berchtold:

Da gibt für uns da eigentlich nur den direkten Kontakt oder die langfristige Beziehung zum Produzenten, der die Fasern herstellt.

Maximilian Grieger:

Und ich weiss, du bist auch oft vor Ort.

Adrian Berchtold:

Für uns ist die Thematik mit den Fasern, die Textilindustrie. das ist ein sehr weit gefächertes und sehr umfangreiches Thema. Genauso umfangreich ist auch das Thema mit den Zertifizierungen. Wir sind da Überzeugungstäter, Das heisst, wir gehen dahin oder mit den Lieferanten Beziehungen ein, wo wir ein gutes Gefühl haben, wo wir die Produktion sehen können, wo wir auch wissen, was wird am Ende produziert.

Maximilian Grieger:

Und wie sind die Arbeitsbedingungen? Wie sind die Bedingungen genau?

Adrian Berchtold:

Und das ist für uns auch. Gerade in der heutigen Zeit ist für uns da oft der persönliche Eindruck, das persönliche Gefühl und die persönliche Beziehung sehr, sehr viel wichtiger als ein Zertifikat, das man uns dann irgendwo geben würde. Für uns ist zum Beispiel gerade in Sri Lanka bei der Kokosproduktion diese Beziehung, das ist mit dieser Familie, das ist eine Beziehung, die ist über 80 Jahre alt, Zum Unternehmen Ruckstuhl da war. Natürlich bei der Übernahme mussten wir als neue Eigner uns auch diese Beziehung ein Stück weit sichern oder schauen, dass es im gleichen Masse weitergeht. Und diese Beziehung ist für uns ein Garant, weil es ist ein gegenseitiges Vertrauen, Und dieses Vertrauen können wir dann auch mit unserer Überzeugung, mit unseren Werten, die wir vermitteln, unseren Architekten, unseren Kunden weitergeben.

Maximilian Grieger:

Du hast es gerade schon gesprochen von Sri Lanka. Ich weiß auch, dass ihr in Indien unterwegs seid und halt eben dort die Hersteller besucht. Gibt es denn Materialalternativen in der Schweiz?

Adrian Berchtold:

Wir sind ständig interessiert Alternativen zu finden, die näher dran sind an unserer Manufaktur, näher räumlich, auch aus dem Grund, weil es vieles vereinfacht, und natürlich auch aus dem Grund, weil sich die Transportsituation in den letzten Jahren auch verschärft hat. Für uns ist gerade bei der Viskoseproduktion also wir haben Produkte im Sortiment, die aus 70% Wolle, 30% Viskose bestehen oder aus 100% Viskose, und da ist für uns langfristig das Ziel, dass wir in der Schweiz oder im nahen Europa einen Ersatz finden würden, der dem Produkt ebenbürtig ist. Und da sind wir dran. Die Schweizer Seite ist eine Möglichkeit. Wir suchen laufend neue Materialien und neue Ideen und neue Produkte und neue Fasern. Das ist laufend für uns ein Thema, schon seit der Gründung.

Maximilian Grieger:

Weiterer Aspekt interessiert mich, Adrian - inwiefern spielt das Thema Kreislaufwirtschaft bei euch eine Rolle, sei es in der Materialwahl, in der Rückführung von Produkten oder in der Entwicklung neuer Kollektionen?

Adrian Berchtold:

Für uns ist seit Firmengründung der Kreislauf der Produkte ein Thema, da wir natürliche Fasern verwenden, die der Natur entnommen sind. Aber für uns ist der wichtigste Faktor die Nutzung des Produkts. Wir sind überzeugt, dass die langfristige Nutzung oder die lange Nutzung eines Produkts der Impact ist für ein nachhaltiges Produkt. Aber auch wir machen uns natürlich Gedanken was heisst das? Wie wird ein Produkt in der Architektur eingesetzt? Teppiche werden eingeklebt, Teppiche werden drumherum auch noch weiterverarbeitet, und dann sind sie halt auch mit Chemikalien versehen. Und wir haben da natürlich zum Beispiel mit den Kokosfliesen haben wir ein Produkt, das man fast schwimmend verlegen kann, was man laufend austauschen kann. Wenn eine kaputt ist, kann man eine neue reinlegen. Das ist zum Beispiel schon seit 50 Jahren ein sehr, sehr gutes Produkt für einen Boden, Und der im Kreislauf genutzt werden kann.

Adrian Berchtold:

Ja, natürlich. Aber man muss natürlich auch sagen, es entsteht immer ein Abfall, es entsteht immer etwas, und auch da müssen wir natürlich laufen und schauen, was gibt es für neue Möglichkeiten? Rückenbeschichtungen, Materialien, materialien ähneln, damit sie sich eben besser dann auch wieder verwenden lassen. Das sind natürlich sehr, sehr wichtige Themen. Ein sehr grosses Thema in diesem Zusammenhang ist jetzt gerade das neue Produkt, was von uns rauskommt, die neue Teppichserie, die aus 60% rezyklierter Schurwolle besteht. Das ist zum Beispiel etwas, was natürlich für den Kreislauf, dass man alte Textilien verwendet und daraus ein hochwertiges Garn macht.

Maximilian Grieger:

Da sprichst du direkt meinen nächsten Punkt an. Das ist nämlich die Trix und Robert Hausmann-Kollektion, die ihr vor kurzem lanciert habt. Was waren eure Überlegungen, mit so einem grossen Schweizer Design-Erbe umzugehen? Was war eure Vision dabei? Wie kam die Zusammenarbeit mit den Hausmanns?

Adrian Berchtold:

Die Zusammenarbeit kam durch einen Zufall zustande, dass wir mit Christoph Hindermann, der die Rechte und die Lizenzen verwaltet von Trix und Robert Hausmann, dass wir da kontaktiert wurden. Es ging um eine Ausschreibung für ein Projekt, und da war die Frage, ob wir ein altes Design neu auflegen möchten.

Maximilian Grieger:

Christoph Hindermann ist der Inhaber von dem Designstudio Büro Hindermann in Zürich.

Adrian Berchtold:

Genau. Er hat uns angefragt, und dann haben wir die Entwürfe natürlich einige schon gekannt und haben dann das gesehen, und dann haben wir gesagt, das würde uns eigentlich auch gerade interessieren, daraus eine Serie zu machen, und so ist es dann entstanden. Zeitgleich kamen gleich zwei Innovationen von uns, die marktreif wurden, und so haben wir dann diese schöne Kollektion auch verwendet, jetzt gleich mit sehr viel Innovation, um das auch im Markt einzuführen. Für uns ist das Erbe von Trix und Robert Hausmann sicherlich schweizerisch von sehr grosser Bedeutung. Es ist ein Stück Schweizer Geschichte, es ist ein Stück Architektur und Designgeschichte, und wir hatten einfach sehr, sehr grosse Lust, das zu machen.

Maximilian Grieger:

Ich glaube, vielleicht für unsere Zuhörer ist es wichtig, die Trix und Robert Hausmann nicht kennen, dass ich ein bisschen was darüber erzähle. Nämlich, sie gehören zu den bedeutendsten Gestaltern der Schweizer Architektur und Designszene. Robert Hausmann verstarb 2021 im Alter von 90 Jahren. Seine Frau Trix ist heute 92 Jahre alt, und mit ihr habt ihr gemeinsam die neue Trix und Robert Hausmann Kollektion gestaltet. Sie haben in den 60er Jahren die Allgemeine Entwurfsanstalt gegründet - diesen Begriff finde ich grandios. Und sie sind prägend für den Postmodernismus in der Schweiz. Ihre Entwürfe, die brechen Konventionen, spielen mit der Wahrnehmung und machen sichtbar, was sonst oft übersehen wird. Und das Werk der Hausmanns spielt kritisch mit dem Hinterfragen des Gewohnten, und das immer mit viel Ironie. Darüber hinaus gibt es ein gestalterisches Markenzeichen der Hausmanns, das ist nämlich dieses Streifenmuster, das eigentlich an eine Zebraoptik erinnert. Das ist eine visuelle Irritation, und ich glaube, ihr habt drei dieser ikonischen Werke, darunter diesen berühmten Faltenwurf, mit dem ihr die Kollektion für Ruckstuhl gestaltet habt. Ist das richtig?

Adrian Berchtold:

Das ist richtig. Wir haben den Faltenwurf der heisst Stripes Das ist ein Entwurf aus den 80er Jahren, aus den frühen 80er Jahren, der damals schon für ein paar Einzelstücke Teppiche verwendet wurde, den viele Zuhörerinnen vielleicht noch kennen vom Wogg-Sideboard, wo dieser Faltenwurf sich über das Sideboard drapiert.

Maximilian Grieger:

Den hast du hier bei dir im Büro, wenn ich das sagen darf, steht bei mir auch genau.

Adrian Berchtold:

Er freut mich jeden Tag, auch aufs Neue, weil es einfach ein sehr schönes ikonisches Möbel und ein sehr schönes ikonisches Design ist. Wer hätte gedacht, dass es dann daraus mal noch einen Rückstuhlteppich wieder gibt. Das ist natürlich für mich besonders schön, weil ich einfach jeden Tag das Muster schon vor Augen habe und liebe. Wir haben dann daraus eine Kollektion gemacht von zwei runden und drei quadratischen Teppichen, die dieses Faltenmuster aufnehmen, dass ein fotografierter Seidenschal ist, ein schwarz-weisser Seidenschal, der von oben fallen gelassen wurde und dann fotografiert wurde. Dann haben wir ein weiteres Design, das heisst Degradé. Das ist ein Farbverlauf auf zwei Seiten, technisch, sehr anspruchsvoll in der Herstellung, auch wieder schwarz-weiss, sehr grafisch. Und dann haben wir als drittes eine dreidimensionale Kollektion, die Atlantis heisst, die auch wieder mit diesen dreidimensionalen, mit den Fluchten, mit den Dimensionen spielt. Und das kennt man vielleicht noch vom Torre-Möbel von Trix und Robert Hausmann, von Röthlisberger. Da ist diese ähnliche Grafik auch zu sehen. Und so haben wir drei sehr unterschiedliche, sehr spezielle Entwürfe von Trix und Robert Hausmann, die aber auch sehr erkennbar Hausmann sind.

Maximilian Grieger:

Das Garn für diese diese Kollektion hat Circular Living aus Zürich entwickelt, ein junges Unternehmen, das als Pionier für zirkuläre Textilien in Architektur, Interior und Mode gilt. Die Teppichoberfläche besteht zu 60 Prozent aus recycelter Wolle. Wie lange hat die Entwicklung dieses Materials gedauert, und was waren die grössten Herausforderungen auf dem Weg dorthin?

Adrian Berchtold:

Wir haben Circular Living kennengelernt im Rahmen eines Forschungsprojekts der Hochschule Luzern, wo wir beteiligt waren, wo wir vor vier, fünf Jahren den ersten Teppich aus 50 Prozent rezyklierter Schurwolle gezeigt haben, entwickelt haben, auch da. Und wir haben dann uns in den folgenden Jahren auf die Entwicklung des digitalen Produktepasses konzentriert und auf die ganze Technologie der Transparenz und Bildbarmachung auch von Daten, von Inhalten. Und Circle Living hat das Garn entwickelt, dieses Textilgarn aus 60% getragenen Kleidern, aus Wollkleidern, die zu einer Fase verarbeitet werden, und wir sind jetzt quasi der erste Kunde von Circular Living. Die Entwicklung hat Circular Living gemacht. Der erste Teppichentwurf war, wie gesagt, vor vier Jahren auf dem Markt, und dann mussten Quellen gefunden werden.

Adrian Berchtold:

Wie kann man Materialien überhaupt finden, verarbeiten, sortieren? Da wurde sehr viel Arbeit auch geleistet in dem Zusammenhang. Und natürlich ist es auch so, dass ein rezykliertes Material gewisse Eigenschaften hat. Es ist nicht ganz so rein vielleicht wie eine Schurwolle aus neu gewonnener Wolle, und da muss man dann schauen, wie viel muss man dazu mischen, und wie muss man das Garn machen, damit das dann auch funktioniert. Und wir haben dann das Garn noch leicht abgewandelt, die Roboterproduktion. Es musste ein bisschen dicker werden als das Garn von Circle Living. Man kann eigentlich sagen, das ist ein Garn was für Circle Living Stoffproduktion für ihre Architekturstoffe, für ihre Wollstoffe verwendet wird, wurde angepasst auf unsere Teppichproduktion, und so kann man heute eigentlich sagen, man könnte sogar einen ganzen Raum mit Fasern oder mit Produkten aus rezyklierten Fasern einrichten.

Maximilian Grieger:

Du hast es soeben angesprochen die Roboterproduktion. Das unterscheidet die Hausmann-Kollektion von anderen Teppichen, die mit Naturfasern produziert werden. Die Naturmaterialien werden überwiegend mit den älteren Webmaschinen hergestellt Und die Trix und Robert Hausmann Kollektion mit Robotern.

Adrian Berchtold:

Also, es ist so, dass die Hartfasern wie Kokos und Sisal, die werden vorwiegend gewoben, Und bei der Schurwolle haben wir verschiedene Produktionsverfahren zur Verfügung. Wenn es Teppichböden sind oder breite Teppichbahnen, werden auch die gewoben, und wenn wir Teppiche machen wie eine Designkollektion, oder Einzelstücke oder spezielle abgepasste Teppiche für den Heimbereich, wie jetzt eben die Hausmannkollektion, dann findet der Roboter seinen Einsatz, weil man da natürlich mit Mustern, mit verschiedenen Farben, mit Strukturen spielen kann. Welche Größe hat noch mal einer dieser Hausmann-Teppiche? Die Runden gibt es mit 2,40 Meter und 3,15 Meter.

Maximilian Grieger:

Und wie lange braucht der Roboter dafür, einen herzustellen?

Adrian Berchtold:

Der hat so circa einen Tag, je nachdem Es kommt, aber dazu noch jetzt gerade bei der Hausmann-Kollektion. das ist ein sehr aufwendiges Design, weil das natürlich sehr viele Linien hat, die sich wieder treffen, und das ist dann für den Roboter ein Unterfangen, und da gibt es dann am Schluss aber auch noch natürlich ein bisschen Korrekturarbeit.

Maximilian Grieger:

Adrian, ihr habt mit der Trix und Robert Hausmann-Kollektion den digitalen Produktepass eingeführt. Ihr seid vor zwei Jahren schon mal auf dieses Thema aufgesprungen. Was hat Ruckstuhl bewogen, sich für den digitalen Produktepass bei euren Produkten einzusetzen?

Adrian Berchtold:

Wir haben vor zwei Jahren, wie du richtig gesagt hast, in Milano das Projekt Fellow Rugs vorgestellt. Es ging damals darum, die Lebensdauer eines Produktes anzuschauen, die Nutzung eines Produktes, Und da geht es halt immer wieder um Information. Es geht darum was ist im Produkt drin? Das interessiert Konsumenten und Konsumentinnen heute. Sie haben das Recht darauf zu erfahren, was in dem Produkt drinsteckt, welche Materialien, woher kommen die Materialien? wer hat an dem Produkt gearbeitet? Und jetzt in unserem Fall, dass das Produkt aus einer Schweizer Manufaktur stammt, und welche Schritte sind in Langenthal entstanden und welche sind in der Umgebung entstanden? Das sind alles Informationen, die nützlich sind und die natürlich auch für Kunden wichtig sind, um sich für das Produkt zu entscheiden.

Maximilian Grieger:

Das heisst, der Endkonsument hat ein Recht auf Transparenz und Rückverfolgbarkeit.

Adrian Berchtold:

Ja, auf jeden Fall, und das ist auch ein Wettbewerbsvorteil für Firmen, die in der Schweiz herstellen, finde ich. Also, ich finde, dass diese geforderte Transparenz, dass die auch für uns natürlich ein sehr grosses Plus ist. In diesem digitalen Produkte-Pass geht es aber auch darum, die Nutzung zu verlängern oder zu vereinfachen, weil diese Vereinfachung der Nutzung auch wieder das Leben des Produktes verlängert. Wenn ich weiss, wie ich das Produkt reinigen muss und mir ein Fleck passiert, bevor er dann eingetrocknet ist und zwei Wochen alt ist, ist das für die Lebensdauer des Produktes sicher förderlich.

Maximilian Grieger:

Das heisst also, bei diesem digitalen Produkte-Pass ist eine Pflegeanweisung mit integriert.

Adrian Berchtold:

Genau, Der digitale Produkte-Pass hat verschiedene Menüpunkte. Ein Menüpunkt ist zum Beispiel, dass ich über die Kollektion des Produktes etwas erfahre. Das ist der erste Menüpunkt. Da geht es aktuell auf die Webseite des Produktes mit allen Informationen. Dann gibt es einen weiteren Menüpunkt, der Informationen heisst, und in diesem Punkt Informationen sind alle Informationen des digitalen Produktespasses integriert Materialien, herkunft, personen und auch der Händler, der das Produkt verkauft hat.

Maximilian Grieger:

Also mit Personen meinst du diejenigen, die an diesem Teppich gearbeitet haben.

Adrian Berchtold:

Die bei uns in der Manufaktur gearbeitet haben, genau Dann gibt es einen weiteren Punkt, der heisst Care, und unter Care sind dann alle Menüpunkte wie Reinigung und auch Wiederauffrischen oder Wiederverkaufen sind da auch drin, dass man das Produkt eben auch einfacher weiterführen oder aufarbeiten kann.

Maximilian Grieger:

Jetzt im Falle der Trix und Robert Hausmann Kollektion ist es so, dass der Endkonsument auch die Designgeschichte der Hausmanns dort miterlebt. Wie ist das erlebbar?

Adrian Berchtold:

Der digitale Produktepass der Pi, in diesem Falle der digitale Zwilling des Teppichs. Da gibt es einen weiteren Menüpunkt, und der heisst Tagebuch. In diesem Tagebuch können wir als Hersteller alle Informationen, die in die Entstehungsgeschichte und das sind die emotionalen Daten, das sind eben nicht die harten Facts wie im Produkte-Pass, sondern das sind die Bilder, die Entstehungsgeschichte wo wurde das Produkt hergestellt, wie sieht die Fabrik aus, wo es hergestellt wurde, wie sieht die Maschine aus, wie sehen die Designer aus, wie sieht die Entwicklungsgeschichte des Entwurfs aus? Diese Informationen sind alle abrufbar im Tagebuch, und da können dann als weiterer Punkt natürlich auch Händler zum Beispiel Informationen zu sich dazuschreiben, und der Kunde, die Kundin, kann von ihr auch die Lebensgeschichte des Produktes dazuschreiben.

Adrian Berchtold:

Das ist zum Beispiel andenkbar, dass, wenn eine Familie ein Kind hat und das Kind hat immer an seinem Geburtstag, sieht es auf dem Teppich dann kann man das jedes Jahr auf das Produkt dazuschreiben. Wow, und das ist am Schluss wie der Stuhl von der Grossmutter, wo man weiss, sie hat das benutzt. Oder nehmen wir ein anderes Beispiel Ein Celebrity hat einen Teppich von dieser Hausmann-Kollektion. Wir wissen jetzt zum Beispiel, beyoncé hat so einen Teppich, und später irgendeinmal wird dieser Teppich dann eben auch als etwas besonders Wertvolles gehandelt, weil er bei dieser Person war.

Adrian Berchtold:

Und so ist es natürlich dann auch schon sicherlich, dass dieses Produkt nicht einfach weggeworfen wird, weil es hat eine emotionale Komponente auch auf dem Produkt. Der passt dabei.

Maximilian Grieger:

Man spricht hier auch von einem NFT-basierten Pi. Dieser Begriff kommt aus der Blockchain. Was kannst du uns dazu berichten?

Adrian Berchtold:

Die NFT-Technologie kennt man aus der digitalen Kunst, und man kennt sie aus dem digitalen Geld, und das ist ja dasselbe. Das digitale Geld steht ja auch einfach für einen Gegenwert, den ich nicht physisch in meinen Händen habe, sondern digital, ein Token. Und so ist jetzt dieser Pi ist der Token des Teppichs, und es ist wie ein digitaler Bruder, eine digitale Schwester des Teppichs, wo ich alle die Daten habe, die ich benötige, um das Produkt nutzen, zu verwenden, im Alltag zu haben. Genau, und jetzt kommt der weitere Punkt dazu. Wir verwenden ja in der Tricks und Robert Hausmann Kollektion rezyklierte Textilfasern, rezyklierte Wolle, und in der Beschaffung von Textilien oder von rezyklierten Textilien ist ein wichtiger Punkt die Information. Wenn wir bei unseren Kleidern das Etikett wegschneiden, weil es uns vielleicht kratzt, und wir die Kleider dann am Schluss in die Altkleidersammlung geben, muss ja irgendjemand dann erfahren, was in dem Textil drin ist. Was bekomme ich hier für ein Textil? Ist es ein Baumwollpulli, oder ist es ein Wollpulli, ist es ein Mischgewebe? Das weiss ja niemand, wenn das einfach so auf diesem Riesenstapel liegt. Wenn man sich jetzt aber in die Zukunft vorstellt, dass jedes Produkt so einen Pie hätte und man bei jedem Produkt wüsste, dass da Wolle drin ist oder eben ein Baumwollgewebe oder was weiss ich. Dann hätte man natürlich in der Aufarbeitung von solchen Textilien und im Ende des Lebens hätte man viel, viel mehr Informationen, und es wäre viel einfacher.

Adrian Berchtold:

Wir investieren mit dieser neuen Technologie auch in das Ende des Lebens des Produktes, weil, wenn das einfacher wiederverwendbar ist, dann bleiben diese Fasern im Zyklus drin, und jede Faser, die im Zyklus ist, muss nicht neu produziert werden. Und jetzt in diesem Fall vom Teppich kann am Ende des Lebens des Teppichs kann der Verwerter den Teppich abfotografieren, also das Etikett mit dem QR-Code abfotografieren und kann dann im Produkte-Pass sehen, dass die Oberschicht des Teppichs aus 100% Wolle besteht. Und dann muss man nur noch schwarz und weiss sortieren, und dann hat man schwarz und weisse Wollfasern, die man verfilzen oder verarbeiten kann. Und das ist in meinen Augen der grösste Benefit an dieser neuen Technologie, dass man die Zukunft schon heute eigentlich dokumentiert.

Maximilian Grieger:

Ich habe es vorhin jetzt gesehen an einem Teppich der Hausmann-Kollektion das Etikett von Ruckstuhl ist vorne drauf, Auf der Rückseite ist der QR-Code mit der Seriennummer. Das heißt, der Endkonsument kann diesen QR-Code abscannen und hat dann alle diese Informationen, nämlich Herkunft der Materialien, Produktdetails, Pflegehinweise, die Designgeschichte und damit eben auch das Echtheitszertifikat.

Adrian Berchtold:

Das ist der Vorteil für den Endkonsumenten, genau, und der Endkonsument hat einen geschützten Bereich, wo eben dann Fotos und Dinge hochgeladen werden können. Und wenn wir uns jetzt vorstellen, dass wir einen Händler haben, der mit gebrauchten Materialien arbeitet, dann hat natürlich diese Person dann auch gleich die Gewissheit, dass es ein echter Ruckstuhl ist, ein echter Hausmann, weil natürlich diese Daten auf diesem Pi sind, und das geht über jede Station des Produktes hinweg. Und auch wenn jetzt ein Teppich irgendwo in ein Möbelhaus oder in ein Vintage-Hander kommt, und keiner hat eine Ahnung in 30 Jahren, was das für ein Produkt ist, dann kann man mit diesem QR-Code die Informationen eben finden.

Maximilian Grieger:

An welches Klientel richtet sich die Hausmann-Kollektion?

Adrian Berchtold:

Die Hausmann-Kollektion richtet sich an Menschen, die sich ein Stück Schweizer Designgeschichte erstehen möchten, zusätzlich noch in einer Schweizer Manufaktur produziert. Es richtet sich an Menschen, die technologieoffen sind, es aber nicht unbedingt sein müssen. Das ist wie etwas, was noch dazukommt. Und was ich jetzt so bei ersten Präsentationen und auch Ausstellungen gesehen habe, ist natürlich auch, dass dieses Hausmann-Design auch sehr stark, dass sich sehr stark auch jüngere Personen dafür interessieren, was uns natürlich sehr besonders freut.

Maximilian Grieger:

Und die halt eben auch besonders designerfin sind.

Adrian Berchtold:

Und natürlich ist dieses Stück Schweizer Design, was man auch natürlich im Alltag eher so en passant wahrnimmt, wenn man im Bahnhof in Zürich ins Shopville geht oder wenn man in die Kronenhalle Bar geht. Ich glaube, das ist vielen Menschen ein Begriff, und viele nehmen diese Besonderheit auch von, gerade jetzt im Shopville mit diesem Schwarz-Weiss. Diese sehr starke Grafik nimmt man ja unbewusst mit und erinnert sich dann plötzlich, dass es eben doch etwas sehr Besonderes ist, was in den Schweizer Alltag gehört.

Maximilian Grieger:

Diese beiden Orte, die du jetzt angesprochen hast, wie die Kronenhalle Bar, die ist ja eben auch von den Hausmanns konzipiert worden. Und das ist noch für unsere Zuhörer wichtig ist.

Maximilian Grieger:

Design affines Publikum, das wird man auch treffen an den Zürich Design Weeks vom 4. bis 14. September 2025. Ihr habt hier eine Präsenz von Ruckstuhl am HB in Zürich mit einem Stand vom renommierten Designstudio Büro Hindermann konzipiert ist. Kannst du unsere Zuhörer ein bisschen abholen, was die dort erwarten wird?

Adrian Berchtold:

Zu allererst finden wir, dass es genau an den HB gehört, weil im HB haben Hausmanns eine sehr starke Handschrift hinterlassen, eben im Shopville und auch in der Da Capo Bar, und mit Söder sind wir schon sehr lange auch immer eng in Zusammenarbeit. Wir haben schon diverse Ausstellungen bei Söder machen dürfen. Die Seifenprodukte sind das ein Label, eine Schweizer Firma, die in Zürich Naturkosmetik oder Naturseifen auch produzieren, was natürlich auch wieder sehr stark zu uns mit unseren Naturfasern passt.

Maximilian Grieger:

Und überhaupt auch zu dem recycelten Wollmaterial der Hausmann.

Adrian Berchtold:

Generell ist es auch ein Produkt für Menschen, die sich interessieren oder die sich mit auseinandersetzen, was sie im Alltag benutzen. Und wir sind inmitten von Söders Shop, am HB, gleich beim Haupteingang, wenn man reinkommt, und haben da eine Installation, die auch das Thema von Hausmanns aufnehmen wird Spiegel, was immer ein sehr wichtiges Thema schon bei Hausmanns war Spiegel, Perspektiven, Effekte wird es aufnehmen, und Besuchende werden da sehen, natürlich Teppiche inszeniert, und es wird auch ein ganz spezielles Exponat da sein, und dazu dann aber erst am 4. September.

Maximilian Grieger:

Das heisst, du wirst erstmal alle überraschen.

Adrian Berchtold:

Von uns wird man ganz bestimmt jetzt einiges hören im Zusammenhang mit unserer neuen Kollektion und den Innovationen, und da wird es auch mit den rezyklierten Fasern. Im Thema der Bodenbelege werden wir da auch noch etwas präsentieren, und wir werden am Rahmen der Zürich Design Weeks übrigens auch bei Circle Living mit einer Ausstellung zu Gast sein. Also, wir sind an zwei Orten zu Gast. Die auch eine Präsenz haben, die auch eine Präsenz haben genau, Und da werden wir auch etwas zeigen, was in den Bereich der Bodenbeläge geht, auch mit rezyklierter Schurwolle.

Maximilian Grieger:

Zum Ende des Jahres ist auch nochmal der Designpreis Schweiz hier vertreten in eurer Manufaktur.

Adrian Berchtold:

Der wird hier ganz in der Nähe von uns abgehalten, und da wird es einige Aktivitäten auch bei uns geben oder in unserer unmittelbaren Nähe, und das wird ganz bestimmt auch sehr spannend -freuen wir uns sehr darauf.

Maximilian Grieger:

Adrian, wir waren vorhin und zwar bei der digitalen Identität. Ich möchte kurz auf deine persönliche Identität eingehen. Du hast dich nämlich im Jahr 2021 während der Corona-Pandemie öffentlich geoutet als schwul. Du bist Unternehmer, den man hier kennt, in der Region, auch in der Schweiz. Wie bist du damit umgegangen? Was hat dich bewogen, diesen Schritt zu gehen?

Adrian Berchtold:

Für mich ist auch dieses Thema ein Thema der persönlichen Überzeugung. Ich leite die Firma, wie ich versuche zu leben, aus Überzeugung, indem ich an Dinge glaube, die für mich in dem Moment das Richtige sind. Darum entstand jetzt die Hausmann-Kollektion, weil ich mit meinem Geschäftspartner sofort gefunden habe, es ist genau das Richtige. Darum investieren wir in Technologien, die es heute eigentlich noch nicht gibt, weil wir finden, es ist genau das Richtige. Und das persönliche Outing hat sehr viel auch mit der Auseinandersetzung mit meiner Vergangenheit zu tun, mit der Firmenübernahme, aber auch, weil ich da das erste Mal das Gefühl hatte, ich bin jetzt in Sicherheit, sitzen könnte und mich aus irgendwelchen Gründen dann auch sich vielleicht von mir trennen könnte, weil das vielleicht nicht in den Kram passt. Das sind alles Dinge, die man sich überlegt.

Adrian Berchtold:

Mir hat diese Firmenübernahme, obwohl es ein Schritt ins Ungewisse war, sehr viel Sicherheit gegeben, sehr viel persönliche Sicherheit, das Gefühl zu haben, jetzt kann dir in der Hinsicht nicht mehr viel passieren. Und bei mir hat sich die Identität auch mit meiner Sexualität hat immer sehr viel mit Unsicherheit oder mit dem Gefühl dazu zu tun gehabt, wenn das jemandem nicht passt, dann wirst du deswegen vielleicht mal Nachteile erleben oder geschnitten oder was weiss ich, und die Übernahme hat mich da sicherlich frei gemacht, und dann, das Outing hat sicherlich dazu geführt, dass ich nochmal freier wurde. Generell einfach auch für mich selber habe ich das gemacht. Aber natürlich auch habe ich es gemacht, weil wir leben hier in Langenthal, wir arbeiten hier alle in Langenthal, in einer Kleinstadt auf dem Land, sehr auch geprägt von traditionellen Strukturen, von konservativen Strukturen.

Adrian Berchtold:

Langenthal war auch teilweise in den Medien als Designstadt, aber eben auch in den Medien als sehr konservative politische Parteien, die sich hier angesiedelt haben. Und das alles macht dich im Heranwachsen natürlich unsicher, wenn plötzlich Parteien im Vordergrund stehen, die völlig rückwärtsgewandt unterwegs sind. Könnte man heute die Brücke schlagen in die Weltpolitik, wo das ja auch wieder passiert? Das macht unsicher, wenn man als junger Mensch seine Identität sucht und seinen Weg sucht. Und diese Unsicherheit hat mir die Firmenübernahme genommen, weil ich wusste, erst kann ich hier im Kleinen etwas gestalten, ich kann sein, wie ich bin, und es kann mir niemand aus diesem Grund etwas anhaben.

Adrian Berchtold:

Dann kam dazu, dass ich auch das Gefühl habe, dass man gerade als Unternehmer, der dann ja auch ein gewisser Privilegien besitzt oder gewisse Privilegien hat, dann muss man dann einfach auch anderen Menschen, die diese Sicherheit nicht haben, sie versuchen zu geben, finde ich, und das war bei mir dann sehr stark der Grund, dass ich gesagt habe, ich habe es jetzt irgendwie geschafft. Ich bin jetzt da, wo ich sein möchte, und jetzt kann ich ja anderen Menschen zeigen. Du kannst das auch, und du bist in Ordnung, wie du bist. Es ist gut so, wie es ist. Es gibt für viele Lebensformen einen Weg. Der ist nicht immer geradeaus, der ist manchmal auch schwieriger, aber am Ende des Tages, wenn man an sich glaubt und am richtigen Ort sich befindet, dann kann man ein schönes Leben führen, und ich habe das hier. Bei Ruckstuhl habe ich meinen Ort gefunden, wo ich ich sein kann, wo ich sehr vieles von mir in diese Firma reingeben kann. Die Firma hat mir sehr vieles gegeben in der Vergangenheit, und ich kann hier im Kleinen eigentlich so leben, wie ich die Welt gerne hätte.

Maximilian Grieger:

Auch nochmal für unsere Zuhörer verständlich zu machen. Das war jetzt nicht einfach ein Outing hier innerhalb des Unternehmens, sondern das war wirklich schweizweit in der Presse.

Adrian Berchtold:

Das war medial, das ist durch einen kleinen Zufall entstanden. Also es ist dann auch schneller gegangen, als ich es mir eigentlich gewünscht hätte. Aber es hat einen Zusammenhang gehabt mit einem Brief, den ich bekommen habe - von einer Sekte, kann man sagen, Ich habe auf den Brief geantwortet und habe das dann geteilt - auch in den Social Medias. Und dann habe ich auch noch zur Kenntnisnahme das an ein paar Magazine geschickt, einfach auch um zu sagen schaut mal, was hier überhaupt rumgeschickt wird. Und das hat dann ein bisschen Kreise gezogen, und dann kamen auch die Lokalmedien auf mich zu, und ich bin heute sehr froh, dass das alles so gelaufen ist, weil es hat mir auch einfach wirklich den Rücken freigemacht. Ich musste mich nicht mehr überall erklären.

Maximilian Grieger:

Wie haben die Mitarbeiter darauf reagiert?

Adrian Berchtold:

Durchwegs positiv. Und das war natürlich für mich auch eine anfängliche Angst bin ich auch ganz ehrlich. Wir haben Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen, aus unterschiedlichen Ländern, unterschiedlichen Generationen. Das war für mich am Anfang ein Spiessrutenlauf. Ich habe dann gemerkt, dass ich am Schluss die Person bin, die ich bin. Ich habe mir meinen Respekt über das geholt, wie ich die Firma führe, wie ich mit den Leuten umgehe, wie ich mit meinen Mitmenschen umgehe und wie wir als Kollektiv agieren, wurde sehr gut aufgenommen, auch natürlich für Menschen, die vielleicht mit dem Thema noch gar nie in Berührung waren oder die das in ihrer Kultur nicht kennen. Das muss man dann auch sehen, und von daher kann ich mich sehr glücklich schätzen.

Maximilian Grieger:

Und jetzt ist es auch wahrscheinlich gar kein Thema mehr.

Adrian Berchtold:

Es ist ein Thema und es ist keins. Es ist halt ein Thema, wenn es ein Thema ist, aber es ist jetzt nicht so, dass das für mich das vorherrschende Thema war. Das ist es aber in meinem Leben generell nicht. Ich finde, das ist eine Facette meines Lebens, das ist eine Spielart meiner Art, oder das ist ein Teil, und es gibt ganz viele andere Teile, die mich dann zu einem Ganzen machen, und ich sehe es halt gerade im Moment. Wenn wir die Situation auf der Welt allgemein nehmen, finde ich, dass man in Firmen auch wieder diese Kultur pflegen muss, von es ist okay, so zu sein, wie man ist, und das kann man nicht genug kommunizieren.

Maximilian Grieger:

Du möchtest einfach diesem aktuellen Backlash entgegensteuern und als queere Leadership-Person mit gutem Beispiel vorangehen, wenn ich so sagen darf.

Adrian Berchtold:

Ja, also ich denke, dass gerade im Moment, wenn plötzlich Schweizer Firmen die jahrelang Diversity gepflegt haben und auch uns queere Menschen als Zielgruppe verwendet haben, als Werbemaskottchen, waren wir gut genug.

Adrian Berchtold:

Und sich jetzt aber zurückziehen, und jetzt plötzlich, nur weil ein bisschen Gegenwind von anderen Ländern kommt, den man nicht nachvollziehen kann, ist man dann plötzlich leise, Und das ist für mich schon sehr, sehr besorgniserregend. Das frage ich mich dann so wo bleibt unsere Schweizer Politik, die dann unsere Werte auch im internationalen Parkett verteidigt, und wo bleiben die Firmen, die dann Paroli bieten und sagen unsere Werte sind unsere Werte und die Produkte sind die Produkte, die wir verkaufen? Aber wieso vermischt man plötzlich Werte und Inhalte mit Produkten und versucht dann zu sagen ja, wir müssen jetzt vorsichtig sein, weil also da habe ich sehr wenig Verständnis, und da finde ich, dann kann ich im Kleinen, kann ich hier etwas bewirken, und vielleicht kann ich im Grösseren etwas bewirken, wenn andere das dann vielleicht gleich machen. Aber da finde ich schon, im Moment muss man da lieber einmal mehr erzählen als einmal zu wenig.

Maximilian Grieger:

Ja, da hast du vollkommen recht. und gegensteuern, gegensteuern. ja, du hast an der Berner Uni ein CAS unterrichtet, Leadership und Inclusion. Hast du dann dort dieses Thema auch integriert?

Adrian Berchtold:

Ja, für mich geht das mit der Inklusion. das geht für mich in alle Bereiche des Lebens hinein. Das ist jetzt die Queerness, und mein Schwulsein ist ein Teil dessen. Ich habe das Glück, dass ich als weisser, schwuler Mann in der Schweiz aufgewachsen, in der Queer Community auch privilegiert bin. Ich muss mir dessen auch bewusst sein, und ich denke, dass man auch als Führungsperson andere Führungspersonen darauf sensibilisieren muss, weil wenn ich mit dem Thema keine Berührung habe, dann sehe ich es nicht mal als Notwendigkeit an. Ich gehe dann einfach davon aus, das ist ja okay, uns hat ja keiner ein Problem damit, uns ist ja alles gut.

Adrian Berchtold:

Nur, wenn ich zurückdenke, wenn mir damals jemand gesagt hätte schau, egal was ist, aber es ist alles okay, du kannst jederzeit kommen, wenn etwas ist. Du bist völlig okay, wie du bist. Das hätte mir viel erspart. Und dieses Ungesagte oder dieses eben nicht sagen, dass es okay ist, sagt ja, dir, wenn du Zweifel hast, zu sagen seid einfach sensibel für das Thema, fragt oder zeigt Interesse und seid einfach als Unternehmer präsent, zeigt eure sensible Seite auch. Und ich kann mich an Zeiten erinnern, wo auch in meiner Vergangenheit zum Beispiel mein Schwulsein, hat das jemand herausgefunden bei einem Arbeitgeber, und es wurde dann bei einer Referenzauskunft beim nächsten Arbeitgeber mitgeteilt, ohne dass ich es wusste, und solche Themen kommen dann halt schon hinterher merkt man, dass das einem auch etwas mit einem macht, und ich versuche da einfach, menschen mitzugeben, einfach sensibel mit dem Thema umzugehen auch einfach, sensibel mit dem Thema umzugehen.

Maximilian Grieger:

A drian, wenn ich mir die grandiose Hausmann-Kollektion ansehe und gleichzeitig einen Blick auf dich und deinen Geschäftspartner Valentin Baumann werfe, habt ihr eine Gabe, Tradition zu bewahren und gleichzeitig in neue Zeit zu übertragen. Ihr seid Brückenbauer zwischen Schweizer Designgeschichte und innovativer Materialentwicklung, und für diesen mutigen Weg, auch den persönlichen Weg, wünsche ich euch von Herzen alles Gute. Weiterhin viel Erfolg, und ich danke dir für dieses Gespräch heute. Merci vielmals.

Adrian Berchtold:

Vielen Dank auch für das Gespräch.

Maximilian Grieger:

Wenn ihr weitere Informationen zum Unternehmen Ruckstuhl und zur Kollektion Trix und Robert Hausmann haben möchtet, findet ihr diese auf der Webseite von Ruckstuhl auf www. ruckstuhl. com und allen gängigen Social Medias von Ruckstuhl wie Instagram, Facebook oder LinkedIn.