
Kapierfehler - Neurodivergenz und Schule
Schule sollte bunt und vielfältig sein – ein Ort, an dem sich alle Menschen wohlfühlen können!
Ich bin Corina, Lehrerin und stolz darauf, anders zu sein. Mit 40 Jahren habe ich herausgefunden, dass ich neurodivergent bin, und seitdem hat sich mein Blick auf Schule und Lernen grundlegend verändert. In meinem Podcast setze ich mich für ein inklusives Bildungssystem ein, das neurodivergente Schüler*innen und alle mit besonderen Bedürfnissen besser unterstützt und wertschätzt.
Schüler*innen mit ADHS, im Autismusspektrum, Hochbegabung, Legasthenie (LRS) oder Dyskalkulie haben oft ein feines Gespür für die Schwächen unseres veralteten Schulsystems. Sie zeigen uns deutlich, wo Handlungsbedarf besteht. Statt sie als „Problemkinder“ zu sehen und ihre Herausforderungen zu pathologisieren, sollten wir ihnen mit Verständnis und Unterstützung begegnen.
Ob queer, autistisch, hochbegabt, neurodivergent, psychisch erkrankt, behindert oder mit spezifischen Lernbedürfnissen wie ADHS, Legasthenie, LRS, Dyskalkulie oder FASD – diese vielfältigen Menschen gehören in unsere diverse Gesellschaft und verdienen es, gehört und verstanden zu werden.
Hör rein und entdecke, wie wir Bildung bunter und gerechter gestalten können!
Kapierfehler - Neurodivergenz und Schule
26 - Neurodivergenz lässt sich nicht weglieben! - FASD- Institut Julia
TRIGGERWARNUNG: Es geht in dieser Folge um ein Phänomen, um eine Schädigung, die infolge von Alkoholkonsum während der Schwangerschaft entsteht.
Wenn dich dieses Thema zu sehr belastet, dann solltest du dir die Folge lieber nicht anhören.
FASD: Fetale Alkoholspektrum- Störung
"Kennst du ein Kind mit ADHS, dann kennst du auch nur genau dieses eine Kind mit ADHS!"
Obwohl es natürlich Gemeinsamkeiten in der Symptomatik von z.B. ADHSler:innen gibt, so gibt es auch Unterschiede und diese Überwiegen. Es ist mir ein großes Anliegen, mit all meiner Arbeit ebendies zu vermitteln, da die Vorgehensweise bzw. die Mittel, die im Umgang mit einem Kind helfen kann/können, sich stark unterscheiden.
Zudem wissen sehr viele neurodivergente Menschen nicht, dass sie neurodivergent sind und das erschwert die Überlegungen über den Umgang mit neurodivergenten Schüler:innen sehr.
Was also tun?
Ich denke, es geht darum, einen Umgang mit ALLEN Kindern zu finden, der zulässt, dass dieses Kind vielleicht einer Diagnose mitbringt, von der wir nichts wissen und somit keinen Schaden durch Falschbehandlung zu erzeugen.
Ich habe als Lehrkraft tatsächlich nur durch einen Zufall schon einmal von FASD gehört, ansonsten war mir das vollkommen unbekannt.
Nachdem jedoch jährlich in Deutschland ca. 10.000 Menschen aus diesem Spektrum geboren werden, und das Spektrum jeglichen IQ zulässt, habe ich mit Sicherheit schon häufiger mit Personen zu tun gehabt, die dem FASD-Spektrum angehörig sind.
Ich danke Juklia Kilp vom Institut für FASD sehr, dass sie mich angeschrieben hat und über FASD berichtet, da dies zunächst einmal für alle Eltern von neurodivergenten Kindern aber auch für Lehrkräfte eine sehr wichtige Information ist, die sie uns da gibt.
Ihr findet Julia bei ihrer Homepage, in der sie auch von ihrer Arbeit berichtet oder über Instagram, über das sie Aufklärung betreibt.
Schick mir eine kleine Textnachricht ❤️
Hol dir mein Dokument für neuroinklusiven Schulunterricht!
Ich komme auch an deine Schule und bilde das gesamte Kollegium zu den Themen ADHS, Autismus & herausforderndem Verhalten in der Schule weiter!
➡️ Du findest mich auf Instagram unter @kapierfehler und auf meiner Website.
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Liebe Grüße,
deine Corina
Bitte nehmen Sie das Übungsbuch auf Seite 38, Unit 4. Lass uns etwas Spaßiges machen.
Speaker 2:Was hat er jetzt gerade gesagt? Heute werden wir die nächste Aufgabe anschauen. Was sind die Fragen? Und jeder von Ihnen wird einfach die Frage schreiben. Ich möchte die Frage schreiben Mit der Nachtformel. Wir beginnen mit Fragen, mit kurzen Antworten.
Speaker 2:Ein kleines bisschen Angst, dass ich jetzt vielleicht Trommelmusik in den Händen habe. Guck mal den Himmel an, der sieht geil aus. Hallo Julia, hallo Corinna, es ist richtig schön, dass du da bist. Du kommst vom Institut für FASD, genau, und ich fände es richtig schön, du würdest kurz was zu dir sagen und vor allem auch dazu sagen, was das überhaupt ist.
Speaker 3:Alles klar. Sehr gerne. Erstmal schön, dass ich da sein darf. Ich freue mich total. Genau, julia Kilp ist mein Name.
Speaker 3:Ich bin Erziehungswissenschaftlerin originär von meinem Ausbildungshintergrund, habe 2003 an der Uni in Münster studiert, und genau habe dann 2015 tatsächlich ausgehend von einem Betroffenen, den wir in stationärer Jugendhilfe hatten also ich habe insgesamt 18 Jahre in stationären Jugendhilfesettings gearbeitet Und wir haben immer gemerkt ja, das erklärt schon einiges. Aber so, da gab es so einen Missing Link, einfach noch so ein Puzzleteil, was gefehlt hat. Und drei Tage vor seinem 18. Geburtstag haben wir dann ja mehr oder weniger durch Zufall die Diagnose FASD erhalten. Und das hat vor allem so im Rückblick ganz retrospektiv echt super vieles erklärt. Und ja, ausgehend von diesem jungen Mann, für den wir eine Folgeeinrichtung finden sollten, aber keine finden konnten, haben wir dann gesagt okay, wenn es kein System gibt, was für ihn passend sein kann, dann werden wir das passende System.
Speaker 3:Und wir waren damals eine neuner Regelwohngruppe in stationären Hilfen zur Erziehung. Und dann habe ich mich eben auf den Weg gemacht 2015 war das und habe damals die FASD-Fachkraft-Fachberater-Ausbildung gemacht in Bremen, genau, und dann sind wir von der 9er-Regelwohngruppe, ja ausgehend für diesen jungen Menschen tatsächlich zu einer 6er-FASD-Intensivwohngruppe geworden, und genau da durfte ich ganz viel lernen und erfahren und ja vor allem auch von den Betroffenen selbst tatsächlich Genau. Und 2018 habe ich dann mit meiner Kollegin das Institut für FASD gegründet, weil wir gemerkt haben okay, man kommt, egal wo man arbeitet, sei es jetzt in Schule oder in Jugendhilfe, im Jugendamt, also in allen psychosozialen Bereichen, kommt man an FASD einfach nicht vorbei. Es kennt kaum jemand, und noch viel weniger gibt es einen Bekanntheitsgrad darüber, wenn es die Diagnose gibt, wie man mit den Betroffenen dann gut umgehen kann.
Speaker 3:Und das ist so eine Bedarfslücke, die wir gesehen haben, die wir mit unserem Angebot einfach füllen wollten, also aus der Praxis für die Praxis, ausgehend von dem Wissen, wie es sich anfühlt, mit den Betroffenen zu leben, einfach Strategien weiterzugeben, denn es gibt ja total viel, was man machen kann. Nur, wenn wir versuchen, unsere gehirngesunde Welt auf die FASD-Betroffenen überzustülpen, dann kommen halt alle schnell an die Grenzen. Das kommt mir sehr bekannt vor.
Speaker 2:Ja genau, Was mich jetzt gerade total interessiert. Du sagtest, ihr hattet total viele Diagnosen. Jetzt ist es ja so, dass nicht also ein diagnostizierter ADHSler entspricht ja 0,0 einem anderen diagnostizierten ADHSler. Es gibt quasi Gemeinsamkeiten. Es gibt Dinge natürlich, an denen man das festmachen kann, Und trotz allem zeigen sich die Dinge ja sehr unterschiedlich. Was genau war dieser Missing Link? Was genau war das, was sich nicht erklären ließ über eine ADHS-Diagnose jetzt zum Beispiel?
Speaker 3:Das war vor allem so ein Gefühl erstmal. Ich könnte dir jetzt gar nicht so einen Katalog aufzählen und sagen, also es war ABCD, also er hatte auch ein ADHS und FASD zu haben. Das schließt ja eben leider auch nicht aus, auch noch andere Begleiterscheinungen, begleiterkrankungen zu haben. Es gibt ganz viele Komorbiditäten, und ADHS oder ADS ist eine ganz, ganz häufige, die ganz häufig eben auch mit FASD in Kombination auftritt, genauso wie Autismus-Spektrum-Störungen, die eben auch noch on top draufkommen, und man merkt dann aber tatsächlich ja, es ist ein ADHS, und das ist zum Beispiel ja auch das, was man medikamentös dann behandelt. Also, wenn du FASD hast und ein ADHS, dann werden deine ADHS-Symptomatiken behandelt, weil es für FASD ja erstmal keine Medikation oder keine Medikamente gibt für die Grunderkrankung selber.
Speaker 3:Aber dieser Hirnschaden, der vorgeburtlich entstanden ist, der liegt doch nochmal allem anderen zugrunde. Dann hast du schon auch ADHS-suspektes Verhalten, ja, und du reagierst drauf und merkst, aber so richtig greift es trotzdem nicht. Und warum ist es denn so? Warum kriegen wir also zum Beispiel der war unfassbar chaotisch. Chaotisch ist jetzt eine sehr neurotypische Bewertung, aber das war das, was wir beobachtet haben, und wir hatten ja einfach auch noch so gar keine Ahnung und haben gemerkt okay, der versinkt in seinem Chaos, der trägt irgendwie fünf Boxershorts übereinander, weil er dann am eine anhatte oder vergessen hat, dass man zuerst die eine auszieht, bevor man die andere anzieht. So macht man das ja in der Regel. Und dann haben wir immer gedacht, das ist so mehr, als wir von den anderen ADHS-Betroffenen in unserer Einrichtung hatten.
Speaker 3:Und ich sagte gerade, 18 Jahre stationäre Jugendhilfe, da hat man natürlich ganz viele Kinder und Jugendlichen mit ganz unterschiedlichen Zuweisungskontexten, und irgendwie griff das alles nicht so richtig. Und dann war es eben so, dass er ab dem 15. Lebensjahr ungefähr auch so häufig delinquent geworden ist. Also, er hat ganz viel geklaut, und wir waren ständig irgendwie mit Sozialstunden beschäftigt, und ich sage bewusst wir, weil es tatsächlich mehr unsere Sozialstunden waren als seine, und ich sage bewusst wir, weil es tatsächlich mehr unsere Sozialstunden waren als seine. Und dann gab es eben auch nochmal eine gutachterliche Untersuchung im Rahmen von Schuldfähigkeit, weil der Richter gesagt hat du, wir treffen uns hier immer wieder, was ist denn los?
Speaker 3:Warum passiert das denn? Und auch da ist FASD nicht erkannt worden. Da kam dann so die Idee der Persönlichkeitsstörung auf, und ja, das hätte sicherlich auch sein können, und vielleicht ist da auch eine Akzentuierung da. Und trotzdem hatte man immer so das Gefühl, irgendwas fehlt, das reicht doch nicht, das ist es doch nicht, und andere Kinder haben es doch auch, und da greifen die Strategien und da eben nicht. Das war mehr so ein wirklichen Tappen im Dunkeln, und dass er mal Dinge abrufen konnte und dann wiederum nicht, und ja einfach so sehr große Schwierigkeiten hatte, äußere Strukturen aufrechtzuerhalten. Aber mehr, als wir das von anderen eben kannten no-transcript.
Speaker 2:Ja, sollte sich schon was verändern.
Speaker 3:Genau, und eine Veränderung hat es sicherlich auch gegeben. Also es war jetzt nicht, dass es gar nichts gebracht hätte, aber eben nicht ausreichend. Also, irgendwas war da immer noch. Ja, genau, dann sind wir wirklich durch Zufall. Wir waren damals in Herbern, das ist relativ nebenan von der FASD-Ambulanz in Wallstädte, das ist so eine große Nummer im FASD-Diagnostikbereich in Wallstädte, das ist so eine große Nummer im FASD-Diagnostikbereich, ja. Und da haben wir dann eben tatsächlich kurz vor seinem 18. Geburtstag dann die FASD-Diagnose erhalten und haben dann gedacht Mensch, was haben wir hier auch die letzten zwölf Jahre also der war sechs, als er zu uns kam was haben wir auch die letzten zwölf Jahre aus Unwissenheit mit diesem jungen Mann auch fabriziert, auch wir Fachkräfte, und selbst als wir es dann wussten, was es ist, wussten wir ja immer noch nicht, was genau ist es eigentlich? Weil im Studium war es kein Thema, ich weiß nicht wie es bei dir war.
Speaker 2:Nein, also über mein Studium hätte ich nie was davon gehört. Das war tatsächlich aus einem privaten Grund, dass ich mal damit in Kontakt gekommen bin. Und als du mich dann angeschrieben hast und gesagt hast, ja, hier bei FASD und ist das übrigens noch häufiger und noch faszinierender eigentlich, dass niemand Bescheid weiß, da habe ich mich dann zurückerinnert und habe gedacht, man stimmt, da habe ich ja mal was gelesen.
Speaker 3:Das war aber weil ich Lehrerin war.
Speaker 2:Ja, ich glaube, wir müssen jetzt mal ganz kurz erklären. Also zum einen, bevor du jetzt erklärst, was FASD ist und wie es dazu kommt, wie viele Menschen sind davon betroffen? schätzungsweise, schätzungsweise.
Speaker 3:Ja, also die Zahlenangaben sind immer echt eine große Herausforderung, weil es überhaupt keine belastbaren Studien wirklich zu den Betroffenheitszahlen, zu der Häufigkeit gibt. Es gibt immer so grobe Schätzungen, die aus ganz kleinen Stichproben sich ergeben. Von daher gehen wir von einer ganz, ganz großen Dunkelziffer aus. Man sagt aber, dass ungefähr 12.650 Kinder und Jugendliche mit FASD im Jahr zur Welt kommen und dass tatsächlich ein Prozent der Gesamtbevölkerung von FASD betroffen ist. Das sind für Deutschland ungefähr 1,5 Millionen betroffene Menschen mit FASD bei einer sehr viel höheren Dunkelziffer tatsächlich auch Ja klar.
Speaker 2:wenn man halt auch nicht weiß, was es ist, und wenn man es auch nicht erkennt, dann ist die Dunkelziffer natürlich sehr hoch.
Speaker 3:Ja, genau, und die Zahlen sind auch von 2019, also die sind tatsächlich auch sehr alt. Jetzt war ja Corona auch nochmal, und es gibt Studien dazu, dass in der Corona-Epidemie tatsächlich auch viel Alkohol oder mehr Alkohol getrunken worden ist. Ja, nach die Geier gehört, ihr trapsen, da kriegt man auch Ideen, was das vielleicht auch nochmal mit einer Betroffenheit irgendwie ausmachen könnte. Hat das mit Alkohol zu tun? Es hat mit Alkohol zu tun, genau. Ja, vorgeburtlicher Konsum von Alkohol, und tatsächlich liegt dem aber keine Suchtstruktur zugrunde. Also, du musst nicht alkoholabhängig sein, du musst nicht viel Alkohol trinken. Okay, corinna. Also bis dahin und dahin ist der Konsum safe. Das kannst du wohl machen. Und doch, heute wird ja auch von Hebammen, von ÄrztInnen immer noch mal so empfohlen trink dir doch mal ein Säckchen für den Kreislauf oder einen Wein, oder das ist doch nicht schlimm, und wenn es nur ab und zu ist und so. Und tatsächlich gibt es da aber keine Mindestmenge, wo man sagt, da kommt man noch gut aus der Sache raus. Genau, der FASD ist eben die lebenslange Beeinträchtigung, die entsteht, wenn die Mutter vorgeburtlich Alkohol trinkt.
Speaker 2:Und das würde auch schon ausreichen, wenn sie zum Beispiel einmal Alkohol getrunken hat, oder ist das dann doch durchaus etwas Regelmäßigeres?
Speaker 3:Nein, da würde auch ein einmaliger Konsum ausreichen. Da gibt es natürlich auch keine Studien zu. Das ist ja ethisch nicht vertretbar. Man könnte das ja gar nicht.
Speaker 2:Man könnte natürlich über das hat natürlich auch was mit Vertrauen und so weiter zu tun aber betroffene Kinder und deren Eltern befragen, dass man natürlich dann eben über den Konsum von Alkohol der Eltern oder der Mutter etwas erfährt, nachträglich.
Speaker 3:Das geht natürlich. Das ist man immer sehr, auch bei der Diagnostik selber auf die Antworten und auf das Antwortverhalten der befragten Person davon sehr abhängig. Das macht auch so eine Diagnose häufig schwierig. Nicht für alle Ausprägungsformen brauchst du eine gesicherte Bestätigung des Alkoholkonsums. Für das Vollbild zum Beispiel reicht es auch, wenn die anderen diagnostischen Kriterien gegeben sind. Aber für die anderen Ausprägungsformen brauchst du halt die Aussage der Mutter, am besten schriftlich Drogen, und dann ist Alweise auch dabei getrunken. Aber wenn man dich dann fragen würde, würdest du das als Noxe nicht angeben, weil das nicht im Vordergrund stand, weil es nicht so relevant war.
Speaker 2:Genau, ja, ja, Ja, aber jetzt sind ja total viele Frauen schwanger, wissen das eine relativ lange Zeit nicht, Also vielleicht die ersten 10, 12 Wochen ist das nicht bekannt, weil keine Ahnung. Man hat den Zyklus nicht im Blick oder weiß nicht. Dann trinkt man da noch Alkohol, und ist das dann auch schon schwierig. Also ist es tatsächlich so, dass dieser Konsum zur ganz frühen Schwangerschaft ich frage aus einem.
Speaker 2:Grund meine Frauenärztin damals. Die hat nämlich zu mir gesagt nee, also wenn so früh Alkohol konsumiert wird, dann würde das Kind abgehen, falls es geschädigt hat, oder wenn es bleibt, ist alles in Ordnung. Jetzt möchte ich da ganz gerne mal zu fragen, ob das stimmt oder nicht.
Speaker 3:Ja spannende Frage. Genau darüber rankt sich auch ganz, ganz viel, ganz viele Mythen, die sich darum irgendwie ranken. Das, was du beschreibst, was deine Frauenärztin meint, ist das Alles-oder-Nichts-Prinzip, das, was besagt, wenn eine Schädigung des ungeborenen Lebens eintreten würde, würde der Körper das Kind eben abstoßen, es würde abgehen, es würde einen frühen Abort geben. Und wenn es das nicht gibt, also wenn die Schwangerschaft bleibt, dann geht man davon aus-nichts-Prinzip überhaupt gibt. Die allerwenigsten Frauen wissen zu so einer frühen Phase ihrer Schwangerschaft, dass sie schwanger sind.
Speaker 3:Viele erfahren das erst in Woche 6, 7, 8, teilweise noch später. Nicht immer sind Schwangerschaften ja auch geplant. Es gibt viele Frauen, die auch denken, ich kann gar nicht schwanger werden, und dann klappt es eben doch. Dann wird häufig das berichtet ach Mensch, ne, und da habe ich aber doch nochmal weiß ich nicht Karneval gefeiert, oder da war ich doch irgendwie nochmal auf einem Geburtstag, oder, oder, oder. Und häufig ist es so, dass gerade Frauenärztinnen dann sagen ist ja gar nicht schlimm, sie wussten das ja noch nicht, und das war doch so früh irgendwie.
Speaker 3:Und das ist natürlich inhaltlich Quatsch, denn nur weil mein Kopf noch nicht weiß, dass ich schwanger bin, weiß mein Uterus das ja sehr wohl, Und das Kind ist schon da, und es kann eben schon geschädigt werden. Und dieses Alles-oder-nichts-Prinzip in den ersten zwei Wochen, das rankt sich relativ hartnäckig. Aus neuesten Erkenntnissen kann man ableiten, dass das auch mit Vorsicht zu betrachten ist. Für die ersten zwei Wochen kann ich es dir nicht genau beantworten, aber man weiß eben, dass man eigentlich schon mit der Planung der Schwangerschaft im Idealfall auf Alkohol verzichten sollte, um eben dieses Risiko gar nicht einzugehen.
Speaker 2:Ich kann mir vorstellen, dass wir jetzt hier vielen Angst gemacht haben, no-transcript. Und jetzt machen sich vielleicht viele Sorgen und sagen okay, vielleicht muss ich da jetzt nochmal mich einlesen. Ist es denn so, dass man das seinem Kind anmerkt, oder ist das so wie bei vielen anderen Neurodivergenzen, dass das auch so klein sein kann, dass man es vielleicht gar nicht richtig merkt?
Speaker 3:Beides. Also ich würde gerne nochmal zurück auf den Punkt, dass du sagst oh je, jetzt haben wir bestimmt vielen Angst gemacht, und das ist sicherlich so. Ich mache mich nicht ganz so beliebt, wenn ich darüber spreche, weil natürlich viel Angst damit verknüpft ist. Ganz klar, es gibt eine kanadische Studie, die sagt von 13 trinkenden Frauen schädigt eine ihr Kind, zwölf eben erstmal nicht. Man kennt keine Schutzfaktoren, man kennt keine Resilienzfaktoren, genauso wie man keine schädigungsfreie Trinkmenge kennt. Aktuell weiß man eben auch nicht, was protektive Faktoren sind, aber die scheint es zu geben. Also nicht jede Frau, die trinkt, schädigt unbedingt sofort und immer ihr Kind. Das soll jetzt nicht dazu aufrufen, ach Mensch, dann trinkt, schädigt unbedingt sofort und immer ihr Kind. Das soll jetzt nicht dazu aufrufen, ach Mensch, dann trink eben doch. So Ist ja eine ganz gute Quote, weil wenn man dann die eine von diesen 13 ist, ist es eben so tragweit. Aber es muss nicht bedeuten, dass unbedingt jede Schwangerschaft, in der getrunken worden ist, auch tatsächlich einen Alkoholschaden produziert. Das vielleicht erstmal zur Beruhigung, und ansonsten ja also die Krux. Bei FASD ist es so, wie du sag, das Vollbild reden, was häufig so mit der schlimmsten Form der Betroffenheit assoziiert wird. Das ist es im Übrigen auch nicht. Ist es so assoziiert mit zu klein, vor oder nachgeburtlich, zu leicht vor oder nachgeburtlich? Aber auch das betrifft eben nur einen ganz kleinen Prozentteil aller FASD-Betroffenen, und bei den anderen ist es eben komplett unauffällig. Also, du und ich könnten FASD haben, und das wird man einfach gar nicht sehen. Dann ist es häufig so, dass die Betroffenen auch sehr sprachgewandt. Dann ist es häufig so, dass die Betroffenen auch sehr sprachgewandt sind.
Speaker 3:Also Party-Talking nennt man das Phänomen. Die können Sprache super gut reproduzieren. Das ist mehr so ein Erlernen von Sprachmustern und eine Wiedergabe dessen. Das Sprachverständnis hinkt dem total hinterher. Aber wenn du aussiehst wie du und ich, also erstmal ganz normal und dich dann auch noch irgendwie super gut ausdrücken kannst, dann vermutet man da ja erstmal nichts hinter und merkt dann nur so was ist denn da?
Speaker 3:Dann kommen wir wieder mit unseren neurotypischen Bewertungen Er oder sie will mich doch verarschen. Das hat er doch gestern gekonnt, und warum denn heute nicht? Und er will nicht, und vielleicht ist er zu faul. Also das läuft erstmal eine ganze Weile unter dem Radar, und es ist tatsächlich aber so, dass die Entwicklungsschere zu gesund geborenen Kindern dann spätestens ab Einschulung deutlich auseinanderklafft, ab vier, fünf. Dann deutet es sich aus dem Verhalten so ein bisschen an, und dann wird es halt immer klarer, was einfach daran liegt, dass die funktioniert, und da können die Betroffenen mit ihrem Rollstuhl im Gehirn sich nicht so gut zurechtfinden, und dann entsteht daraus eben Fehlverhalten, also beobachtbares Fehlverhalten, was in Wirklichkeit aber Stressverhalten ist. Und dann merkst du so okay, irgendwas ist da Fehlverhalten ist, glaube ich, allein die Deutung eines.
Speaker 2:Fehlverhalten ist, glaube ich, nicht Allein die Deutung eines Fehlverhaltens ist ein bisschen schwierig. Aber ich glaube, fehlverhalten ist Stressverhalten. Das ist eigentlich auch zu allen anderen Themen, und dann wird man ja noch gestresster, wenn man ständig im Fokus der Aufmerksamkeit ist. Das hört ja nicht mehr auf, das wird ja immer nur noch schlimmer.
Speaker 3:Ja genau. Und dann geraten wir natürlich auch noch so in andere Sachen, also Labeling, approach, etikettierungsansatz. Es fällt leichter, einem Etikett zu entsprechen, als ihm zu widersprechen. Das geht uns ja allen so, dafür muss man nicht Neurotivergent sein. Widersprechen, das geht uns ja allen so, dafür muss man nicht Neurotivergent sein. Wenn du immer wieder rückgemeldet bekommst, du bist so und so, und das kannst du nicht, und du musst dich nur mehr anstrengen und sei nicht so albern, dann übernimmst du das, und das ist die Katze, die sich echt in den Schwanz beißt. Also, du bist eigentlich permanent in deinem roten Gehirn, du bist gar nicht in deinem grünen Gehirn, weil das außen viel zu viel ist, viel zu herausfordernd ist. Dann reagierst du wie jeder mit einem Stressgehirn, mit Stressverhalten. Dann kommen wir aber mit unserem gehirngesunden Blick auf die Dinge und sagen Mensch, das ist irgendwie Faulheit, das ist Widerspenstigkeit, was wir alles noch so für Erziehungskonzepte haben. Provokation, ja, provokation, Genau, provokation kommt ganz oft auch.
Speaker 3:Ja genau.
Speaker 2:Und da möchte irgendetwas mitteilen Ja, genau, der will mich doch ärgern.
Speaker 3:Ja genau, Ich kann mir doch nicht auf der Nase rumtanzen lassen. Da sind wir ja auch an vielen Stellen noch so sehr im ja vielleicht eigenen Erziehungsgedanken, wie wir selber erzogen worden sind. Das darf sich für alle Kinder verändern, glaube ich. Nicht nur für unsere neurodivergenten Kinder, aber eben gerade für die. Da ist ein Machtkampf an der falschen Stelle, Da muss man wirklich begreifen, das ist Stressverhalten. Was aussieht wie ein Verhaltensproblem, ist in Wirklichkeit ein Gehirnproblem.
Speaker 2:Die würden sich Und alle Kinder würden sich so verhalten, wie sie es müssten, um Akzeptanz und Liebe zu erfahren, denn das ist quasi deren Bestreben. Genau Das Problem startet ja nicht mit den Kindern, sondern damit, dass sie nicht mehr klarkommen und dass dann aber niemand da ist, der das irgendwie auffängt, und das ja klar. Mich wundert es nicht, dass das Thema Schule dann da auch eben so diese Problematik erzeugt, wie das jetzt auch bei den anderen Themen der Fall ist.
Speaker 3:Ja, genau, genau. Also das ist wirklich Eintritt in Schule ist eine ganz kritische Lebensphase.
Speaker 2:Wobei das ja bei vielen autistischen Kindern und ADHS-Kindern schon deutlich früher der Fall ist also schon auch im Kindergarten schwierig werden kann, weil das Sozialverhalten ja noch mit eine Rolle spielt. Das wäre jetzt bei FASD nicht so, oder?
Speaker 3:Auch. Also, es ist so. du sagtest ja auch kennst du einen ADHSler, kennst du einen ADHSler? Und genauso ist es bei FASD eben auch. Es ist eine Spektrumstörung, eine so unfassbar symptomvielfältige Spektrumstörung, wie ich sonst keine Beeinträchtigung kenne, Also auch noch mal symptomvielfältige Spektrumstörungen, wie ich sonst keine Beeinträchtigung kenne, Also auch nochmal symptomvielfältiger als zum Beispiel ADHS, weshalb es so schwierig ist, das zu erkennen.
Speaker 3:Und es gibt, man sagt, es gibt zwei Phänotypen bei FASD, Einmal den, der nach außen geht, also den FIGHT-Phänotyp. Da sind wir wieder bei Stress. Wie reagiere ich? Ich gehe in den Kampfmodus, ich bin im Fight, oder ich bin im Fliehmodus, also ich fliehe. Und dann gibt es die ganz zurückgenommenen FASD-Kids irgendwie, die erstmal im Kinder ist eine ganz große Herausforderung, schwer bis unmöglich würde ich sogar sagen. Da merkst du schon, ja, es ist viel länger nebeneinander herspielen, als das bei gehirngesunden Kindern zum Beispiel der Fall ist. Oder Änderungen in den Tagesabläufen fallen den Kindern schwieriger, das merkt man schon. Aber dann gibt es diese zurückgenommenen Kinder mit FASD, die das erstmal noch ganz gut kompensieren. Das fällt dann nicht so auf Bis in Kita. Das ist ja auch ein schwieriges System, weil eben viel zu hey, hier stimmt was für mich gravierend nicht, Leute, ihr müsst es verändern. Aber das ist natürlich anstrengender, und da fällt es dann auf, dass es häufig auch schon in der Kita Impulsdurchbrüche gibt, dass Regeln nicht verstanden werden, sich daran auch nicht gehalten wird.
Speaker 2:Genau, ja, ich finde das total interessant. Also, das kann schon auch wechseln von dem einen in den anderen Zustand. Da gibt es ja noch diesen dritten Zustand. Also, wir sprechen jetzt im Prinzip von dieser Stressreaktion des. Nervensystems, also vom autonomen Nervensystem, das in den Sympathikus geht, also in Stressmodus, und da gibt es ja quasi Fight Flight, dann Flee oder eben dieses Fawn, ja, ja, dieses Fawn-Response, dieses in so eine Totstellreaktion.
Speaker 2:Also ich stelle mich tot, ich lasse einfach alles über mich ergehen und spiele vielleicht nebenher noch, dass alles in Ordnung ist, damit ich keine schlimmeren Konsequenzen zu erwarten habe. Und ich habe den Eindruck jetzt gerade, wenn ich so mein Kind beobachte da sprechen wir jetzt aber halt von ADHS dass er extrem lang in diesem Fawn-Response war sehr, sehr lange das alles hat über sich ergehen lassen und nur zu Hause dann gesagt hat, wie schlecht es ihm in der Schule geht, aber auch nur auf Rückfrage.
Speaker 2:Und je weniger Verständnis ihm entgegengebracht wurde in diesem Bereich und je mehr wir ihm aber auch den Rücken gestärkt haben zu sagen hey, du darfst dich auch wehren, wenn du merkst, da geht jemand nicht gut mit dir um, desto mehr kommt jetzt auch dieser Fight-Modus durch. Jetzt geht's los. Es ist auch Pubertät und so weiter da. Aber da habe ich auch das Gefühl, das kann schon wechseln von diesen Zuständen.
Speaker 3:Ja, das kann schon wechseln. Und das, was du beschreibst, ist auch nochmal ganz wichtig, denn ich arbeite ja vor allem mit den Eltern und mit dem Betreuendensystem. Also, ich arbeite nicht so sehr mit den Betroffenen. Wenn ich so ein Coaching anbiete, dann ist häufig die Idee auch der Betreuenden, und jetzt müssen sie sich bestimmt auch mal das Kind angucken, und ich sage dann nee, das muss ich nicht, und das mache ich auch gar nicht, weil ihr Kind ist wunderbar, richtig, so wie es ist. Wir müssen gucken, dass wir das verändern, was wir verändern können, nämlich die externen Gehirne, so uns Den Hirnschaden, den können wir nicht wegtherapieren, den können wir nicht weglieben, und das ist vielleicht auch nochmal ein Unterschied zum Beispiel zu anderen Neurodivergenzen, dass weglieben, und das ist vielleicht auch nochmal ein Unterschied zum Beispiel zu anderen Neurodivergenzen, dass eben auch Therapien du sprachst vorhin Verhaltenstherapie an gar nicht greifen kann, weil es eben so sehr sprachbasiert ist, und Sprache ist bei FASD nicht das Medium. Also da gibt es so eine große Diskrepanz zwischen Sprachverständnis und Sprachreproduktion. Also quatschen super, aber das Verstehen ist ein Problem.
Speaker 3:Und durch diesen Hirnschaden vor Geburt sind so die höheren kognitiven, geistigen Fähigkeiten exekutive Funktionen nennt man das ohne jetzt zu sehr, dass wir jetzt nicht so in den Fachtalk gehen irgendwie, die sind eben irreversibel gestört. Und wenn du dann nicht begreifen kannst, wenn du keine Kausalitäten nachvollziehen kannst, wenn es für dich keine logische Verknüpfung in Abläufen gibt, also wenn du nicht verstehen kannst, aha, immer wenn ich das mache, passiert das dann bist du auch super schnell an den Grenzen von Verstärkerkonzepten, verhaltenstherapeutischen Ansätzen, und generell sind ja unsere Therapien alle so sehr sprachbasiert. Ja, genau Das ist, glaube ich, da wirklich nochmal ein Unterschied.
Speaker 2:Das wären dann also auch Kinder, die nicht aus ihren Fehlern lernen. Genau ja, und dafür hat ja eine neurotypische Person keinerlei Verständnis, ja, gar keine. Ich weiß noch, was beim ersten Elternabend der alten Lehrerin meines Sohnes, die wir jetzt zum Glück nicht mehr haben, weil das war eine Katastrophe.
Speaker 2:Also kaum was Diskriminierenderes erlebt als diese Frau, die davon ausgegangen ist, dass sie total offen ist. Und all das, was sie so wirklich getan hat, was so zwischen den Zeilen durchgekommen ist, war ganz schlimm. Und sie sagt jetzt zum Beispiel immer es ist nicht schlimm, fehler zu machen, aber es ist schlimm, nicht aus den Fehlern zu lernen.
Speaker 2:Und damit schließt sie ja quasi all die Kinder aus, die aufgrund ihrer Andersartigkeit nicht in der Lage sind, aus Fehlern zu lernen. Genau, das ist ganz schlimm. Ja, tatsächlich, auf der AHS ist das Lernen aus Fehlern schwierig, aber da ja in dem Fall noch viel mehr, wenn sie diese Kausalitäten gar nicht nachvollziehen können.
Speaker 3:Ja, genau, es ist nahezu unmöglich. Lernen und Entwicklung sind Begrifflichkeiten, die man da sehr vorsichtig verwenden muss sollte. Durch ganz, ganz, ganz viele Wiederholungen und durch die immer gleichen Abläufe kannst du irgendwann so eine Routine entwickeln. Aber es ist eben schwierig. Du sagst deinem Kind, renne nicht über die Straße, dann ist dieser Satz ohnehin schon schwierig, weil es nicht drin ist. Aber wenn du dann sagst über diese Straße gehen wir langsam, das wäre ja vielleicht nochmal eine gehenfreundlichere Ausdrucksweise, dann kann das sein, wenn du das ganz gut übst und immer wieder an dieser Straße langsam gehst, dass dein Kind es dann auch tut.
Speaker 3:Und eine Straße weiter rennt er oder sie über die Straße, und du denkst, das gibt es doch gar nicht, wir haben es doch an dieser Straße bezogen, auf diese Straße. Die können ja nicht generalisieren, die wissen nicht, dass du damit meinst, dass das für alle Arten von Straßen gilt. Und genau das ist superschwierig. Wenn dann Lehrkräfte da sitzen und sagen ja, kenne ich, kann, ich, habe ich verstanden, und dann eben genau sowas sagen Man darf Fehler machen, aber man muss daraus lernen. Ja, aber die können es ja nicht.
Speaker 2:Nein die können das wirklich nicht. Und gerade wie du sagst, so dieses Trainieren über Routinen. Trainieren über Wiederholung. das ist wiederum auch was, gegen was sich dann ADHS-Kinder ja sehr wehren.
Speaker 2:Sie brauchen zwar ihre Struktur, ihre Wiederholung, aber sie wehren sich auch dagegen Vor allem wenn es jetzt um Üben geht, von Aufgaben, heißt sie dieses fehlende Dopamin, weil jetzt ADHS-Kinder das betrifft ja auch die ADHS-Kinder, wenn es dann eben Komorbiditäten gibt aber es eigentlich sich immer wieder sagen, dadurch, dass sie sich gegen die Struktur wehren und gegen die Übung wehren, weil das Dopamin fehlt, das sie dafür bräuchten, sind sie nicht in der Lage, diese Bahnen dick genug, diese Nervenbahnen dick genug auszubilden, um aus Fehlern zu werden. Deswegen machen die auch in der Schule immer wieder dieselben Fehler, fachlich machen die auch immer wieder dieselben Fehler.
Speaker 3:Ja, ich weiß nicht genau, wie es bei ADHS ist. Bei FHC ist es so, dass es auch relativ demenznah ist oder demenzähnlich. Also, das Gehirn oder das Erinnern ist so ein bisschen wie so ein Aktenschrank, und der kippt dann in regelmäßigen Umständen, äh, abständen mal um, so, und dann sammelst du das auf und sortierst es wieder neu in diesen Aktenschrank rein, ganz hektisch, mal eben schnell, und dann ist da vielleicht auch alles drin, aber gar nicht an dem Ort, und ne, und manchmal hast du aber auch eine Akte vergessen, und die ist dann plötzlich irgendwie weg, und so sich irgendwie weg, und so. Das heißt, es ist auch so sehr tagsformabhängig. und dann geht es auch darum, dass man sagt naja, gut, an einem Tag können die das Erlernte auch abrufen, dann klappt das ganz wunderbar. und dann wiederum, nächsten Tag ist das Blatt dann einfach leer, weil der Kopf leer ist, weil es nicht abrufbar ist, was da erlernt worden ist.
Speaker 3:Und wir durften damals für FASD Deutschland, und wir durften damals für FASD Deutschland das ist auch so eine ganz große Organisation im Bereich FASD Entlastungswochenenden für die Betroffenen gestalten. Das haben wir zweimal gemacht in der Jugendherberge in Fulda eine ganz große Spannbreite. Mit denen durften wir dann ein Wochenende arbeiten, und die hatten sich das Thema Arbeit gewünscht, und von diesen 25 Betroffenen sagen, wir hatten 24 einen Schulabschluss, einen Regelschulabschluss und eine Ausbildung auf dem ersten Arbeitsmarkt. Und von diesen 25 Betroffenen war eine Person in Arbeit, und ich mache das mal kurz, das war keiner mit Regelschulabschluss oder Ausbildung auf dem ersten Arbeitsmarkt, und deshalb auch dieses Lernen.
Speaker 3:und aber wenn wir das noch zehnmal üben, und dann kann er oder sie das, wo man sich dann fragen muss. man sagt, fasd begreift man nur aus dem Erwachsenenalter heraus. Und wenn ich mir die Erwachsenen da angucke, dann haben die so viel mehr darunter gelitten, dass sie einen Regelschulabschluss hatten, dass sie eine Ausbildung gemacht hatten, und die auch bestanden hatten und trotzdem nicht in der Lage waren, dauerhaft acht Stunden an einem Ort Tätigkeiten nachzugehen, weil das einfach viel zu anstrengend war. Und deshalb glaube ich, müssten wir generell auch in Schule gucken. worum geht es denn eigentlich wirklich? Wissen ist wichtig, ja schon, aber es geht doch auch irgendwie so ein bisschen um persönliches Glück und Zufriedenheit als Handlungsmaxime und nicht einprügeln von Wissen um jeden Preis, um mühsam irgendwelche gesellschaftlichen Ansprüche zu erreichen, wie zum Beispiel ein Regelschulabschluss. Und das ist auch so eine Haltung, die häufig schwer ist, auch für Eltern von Betroffenen, die dann sagen, ja, aber er muss doch oder sie muss doch, und so.
Speaker 2:In so einer kapitalistischen, leistungsgeprägten Gesellschaft, in der wir halt nun mal leben, sind wir nichts anderes als Ware, und wir sind dafür da, geld zu verdienen und Deutschland reich zu machen.
Speaker 3:Vor allem die Reichen in Deutschland reich zu machen.
Speaker 2:Und leider haben wir relativ wenig Lobby im Bereich Pädagogik, im Bereich Kinder überhaupt, als dass wir da in der Lage wären, tatsächlich in diesem Bereich, in dem es ja so wichtig ist, weil die Menschen einfach geprägt werden, in der ganzen Kindheit und Jugend, irgendwo einen anderen Weg zu gehen. Der, Weg, der ist klar. Wir brauchen funktionsfähige, arbeitende Menschen, um eben Geld zu bekommen als Gesellschaft. Und es geht nicht darum, ob die Leute gesund sind, es geht nicht darum, ob sie danach irgendwie klarkommen. Und klar, wir haben.
Speaker 2:Ausschussware, und die Ausschussware, die sitzt dann da und kriegt dann irgendwelches Arbeitslosengeld oder was ja bei Behinderten. das finde ich richtig krass, was ja bei Behinderten auch ganz oft passiert, ist, dass die ja weit unter Mindestlohn dann irgendwo den ganzen Tag arbeiten.
Speaker 3:Ja genau.
Speaker 2:Unter der Bezeichnung Inklusion Richtig. Ja, Das ist richtig böse, was da passiert. Ja, ja, ja. Also ja, mich wundert das nicht, dass da nicht dran gedacht wird und dass da nicht irgendwie eine Ausnahme gemacht wird oder sonst was. Ja, das geht halt auf Kosten derer Gesundheit. Ja, genau gedacht wird und dass da nicht irgendwie eine Ausnahme gemacht wird, oder sonst was sondern? das geht halt auf Kosten derer Gesundheit.
Speaker 3:Ja, genau Ja.
Speaker 2:Aber alles, was ich jetzt so raushöre von dem was du sagst, heißt ja schon, dass da eine Intelligenzminderung dabei ist durch diese Schädigung, die da stattgefunden hat, im Gehirn.
Speaker 3:Jein. Also ja, es ist die häufigste nicht-genetische Ursache für Intelligenzminderung. Das ist schon so. Aber der IQ ist auch wie alle anderen Syndromausprägungen total variabel. Wir haben eine ganz breite Range. Wir denken IQ ja, also wir gehirngesunde Leistungsgesellschaft denken IQ ja in gewissen Abschnitten. Dann sind wir irgendwie ab 60, gerade der Geistige Behinderung, dann sind wir bei 75, dann ist es irgendwie eine Lernbehinderung. Ab 100 ist dann nochmal. Also wir brauchen ja immer so diese Normierungsskalen, und es gibt Menschen mit FASD, die eben einen reinen IQ von zum Beispiel 65 haben. Die wären dann den Menschen mit geistiger Behinderung zugeordnet. Aber wir haben auch Menschen mit FASD, die einen ganz normalen IQ bis sogar einen sehr hohen IQ haben. Also wir hatten in der Wohngruppe eben ein Mädchen, die hatte einen IQ von 140. Also wir hatten in der Wohngruppe eben ein Mädchen, die hatte ein IQ von 140, die ist aufs Gymnasium gegangen und hat da als eine der Jahrgangsbesten ihr Abitur erworben. Ob das jetzt gut war für die ganzen sekundären Beeinträchtigungen, die sich aus der Überforderung entwickelt haben, das könnte man gerne nochmal an anderer Stelle diskutieren, aber erstmal hat sie das formal geschafft.
Speaker 3:No-transcript. Ich glaube, das ist nochmal eine Besonderheit bei FASD. Es ist völlig egal, welchen normierten IQ-Wert du hast, ob du jetzt einen IQ von 100 hast oder einen IQ von 80 oder vielleicht auch 65. Das ist erstmal egal, weil dieser Hirnschaden allem zugrunde liegt und die exekutiven Dysfunktionen deinem tatsächlichen IQ relativieren. Du kannst den nicht abrufen, der hilft dir sicherlich an manchen Stellen. Also, dieses Mädchen mit 140, das ist ja auch das, was wir unter High Functioning diskutieren.
Speaker 3:High Functioning ist ja auch keine medizinische Diagnose, gibt es eigentlich bei FASD auch gar nicht. Das sind alles so Anleihen aus dem Autismusbereich. Aber das meint eben Menschen, die viel kompensieren können. Wir waren einen ganz langen Zeitraum, die gut maskieren können, also wo das FASD erstmal nicht so anstrengend für uns ist, weil es nicht so auffällt, wo das FASD erstmal nicht so anstrengend für uns ist, weil es nicht so auffällt, aber es ist ja trotzdem da.
Speaker 3:Natürlich können die nochmal auf andere Ressourcen zurückgreifen, aber letztlich ist ein Mensch mit FASD ungeachtet des IQs immer einem Menschen mit einer geistigen Behinderung gleichzusetzen, auch mit einem IQ von 140, 100 oder wie auch immer. Und das ist die große Herausforderung, weil unsere Gesellschaft sich natürlich um diese normierten Werte rankt. Also, nur mit einem IQ im GB-Bereich kannst du dann diese Schulen besuchen oder kriegst du diese Hilfen? Und wenn du dir jetzt vorstellst, da ist ein Mädchen mit einem IQ von 140, klassenbeste auf einem Gymnasium ist natürlich von Klasse 1 bis Klasse 13 immer nur mit Naivkraft zur Schule gegangen, weil sie es ansonsten gar nicht geschafft hätte. Also, auch sie braucht dieses externe Gehirn. Aber wenn du dann ein Mädchen hast, was formal solche Leistungen erbringt ich glaube, die Schule hat an ganz vielen Stellen gedacht. Ich bin die mit dem Problem, wenn ich dann da ständig saß und gesagt habe Leute, wir müssen den Hirnschaden mitdenken der ist da Und wo der Hirnschaden ist, ist auch relativ unterschiedlich wahrscheinlich.
Speaker 3:Also, es ist vor allem im präfrontalen Kortex Verhaltenssteuerung, emotionssteuerung, die exekutiven Funktionen als Kernproblem, und man sagt, es gibt gar nicht viel oder wenig FISD. Das ist genauso wie zum Beispiel bei Autismus, dieses Spektrumsrat. Es gibt gewisse Kompetenzen, da geht es um Wahrnehmung, um sensorische Integration, um Sprache, solche Dinge. Sensorische Integration, um Sprache und solche Dinge, und da ist bei jedem Betroffenen diese Ausprägung ganz individuell. Deswegen ist es da auch nochmal so wichtig, nicht nur eine FASD-Diagnostik zu haben, sondern auch nochmal eine differenzierte Entwicklungsdiagnostik vornehmen zu lassen, um zu schauen ich muss ja nicht an Bereichen rumfördern, die du vielleicht ganz gut kannst, dann arbeite ich mich da ab sondern zu schauen okay, wo sind denn deine Ressourcen und wo sind deine besonderen Herausforderungen?
Speaker 2:Und dann da eben nochmal zu schauen. Also, es ist unfassbar schwer zu greifen.
Speaker 2:Total Weil exekutive Dysfunktion ist ja auch wiederum etwas, was jemand, der eine ADHS hat oder im Autismus-Spektrum unterwegs ist, was uns ja auch betrifft Ja, wenn ich jetzt an meinen großen Sohn denke, der ist unfassbar überhaupt nicht in der Lage, irgendwas alleine zu planen, und auch, je nachdem, wie es ihm geht, nicht in der Lage zu überschauen, wie lange er für irgendwas braucht und was da jetzt eigentlich alles notwendig ist, um eine bestimmte Aufgabe zu erledigen. Genau ja, wie genau findet denn die Diagnostik statt? Also an was für Kriterien wird das dann nochmal festgemacht?
Speaker 3:Also, leider ist es bislang immer tatsächlich nur eine Verhaltensdiagnose. Es ist noch keine Körperdiagnose oder medizinische Diagnose, obwohl man weiß, dass es da eben auch ganz viele spezifische Herausforderungen gibt, auch auf körperlicher Ebene. Es gibt einmal die Dimension der Wachstumsauffälligkeiten, also zu klein, zu leicht, vor oder nachgeburtlich, was ja aber nicht bei allen Sachen so sein muss. Dann geht es tatsächlich nochmal um Verhaltensbesonderheiten, also primäre Beeinträchtigungen. Das können dann Funktionsstörungen sein, zu kleiner Kopf, mikrocephalie zum Beispiel. Also, wenn sich das Gehirn nicht entwickeln konnte, ist der Kopf eben kleiner, weil das Gehirn kleiner ist. Das sind so Dimensionen, und dann machst du es tatsächlich mit so standardisierten Fragebögen, die du dann als Eltern ausfüllst und die dann noch Kita oder Schule ausfüllt. Das wird noch dazugenommen Und als wichtigen Punkt natürlich auch nochmal die Alkoholanamnese, sodass nochmal geguckt wird ist die bestätigt?
Speaker 3:also hat die Mutter das zugegeben, oder ist es zumindest eine Wahrscheinlichkeit da? die braucht man zum Beispiel beim partiellen FAS. Eine Wahrscheinlichkeit könnte auch sein, dass ein Jugendamt zum Beispiel sagt ja, wir haben hier Berichte, aus denen das hervorgeht, zum Beispiel Hausbesuch in der Schwangerschaft, mutter ist alkoholisiert angetroffen worden. Dann würde das für die Diagnose von so einem partiellen FAS auch ausreichen. Aber es ist eben so schwierig, das zu diagnostizieren, weil es sich vor allem an diesen Verhaltensbesonderheiten orientiert, und die sind, so, wie du sagst, bei ADHS sehr ähnlich, die sind bei Autismus sehr ähnlich. Also, es gibt da ganz viele Ähnlichkeiten, und deshalb ist FASD häufig auch echt eine Aufbau-Diagnose, sodass du dann erst zum Beispiel ein ADHS hast, und damit läufst du dann so Jahre durchs System, und das ist sicherlich auch da, und irgendwann merkst du aber, das kann doch irgendwie noch nicht alles sein. Ja, da müsste dringend auch nochmal irgendwie nachjustiert werden, dass man nochmal andere diagnostische Kriterien und Möglichkeiten hat. Wahnsinn.
Speaker 2:Also, ich finde das ja auch mit der ADHS, weshalb ja auch zum Beispiel eine ADHS-Diagnostik nicht in einer akuten depressiven Phase gemacht werden sollte, weil auch dann diese Verhaltensauffälligkeiten.
Speaker 2:Das wissen wir ja alle, wenn das Nervensystem eben außer Rand und Band ist, dann bekommen wir bestimmte Verhaltensauffälligkeiten, dann sind wir in einer exekutiven Dysfunktion, und dann kann es sein, wir haben diese ganzen Symptome einer ADHS, aber haben eigentlich gar keine ADHS, aber haben eigentlich gar keine ADHS. Ich kann mir echt vorstellen, dass total viele Menschen sagen würden gut, ich habe jetzt hier ein ADHS-Kind, und ich habe am Anfang der Schwangerschaft, weil ich nicht wusste, ob ich schwanger bin oder nicht, ich habe die ersten Wochen noch Alkohol getrunken, und dann jetzt irgendwie denken okay, was ist mit meinem Kind?
Speaker 3:Ja genau. Und ich würde behaupten, natürlich ist es die Herausforderung nochmal bei FASD, dass die Diagnose immer so einen schuldhaften Teil hat. Den kriegst du da nicht ganz rausgerechnet, und deswegen finde ich Haltung dazu auch nochmal so wichtig. Man denkt ja häufig ah ja, aber ich trinke doch nicht viel, oder das sind die anderen, die so trinken. Und natürlich, also, ich arbeite im Jugendamt, wo ja in stationären Hilfen die Kinder, die bei mir aufploppen, die kommen natürlich aus Familien, die eher sozial schwach sind, wo die Eltern, also weiß ich nicht Teenie-Mütter man hat so Ideen vielleicht dazu, was so Kinder sind, die in stationären Hilfen auftauchen. Das sind selten deine Kinder, meine Kinder, weil wir andere kompensatorische Möglichkeiten haben bei Herausforderungen, weil wir andere kompensatorische Möglichkeiten haben bei Herausforderungen. Das sind aber gar nicht die Mütter, die so viel mehr trinken. Tatsächlich weiß man, dass Trinken und Schwangerschaft vor allem assoziiert ist mit einem höheren sozioökonomischen Status, mit einem Lebensalter über 30. Ich weiß jetzt nicht, wie alt du bist, aber vielleicht wir beide, die Akademikerinnen irgendwie. Das sind tatsächlich die Frauen, die Mütter, die ohne Schädigungsabsicht jetzt auch ich unterstelle da keine Schädigungsabsicht die häufiger Alkohol trinken. Die anderen ploppen bei uns natürlich nur mehr auf, sodass wir denken ah ja, es betrifft uns nicht, es sind die anderen, stimmt aber gar nicht. Und deswegen ist es auch so wichtig, sich da selber auch mit reinzunehmen und zu sagen, nee, es sind gar nicht die anderen. Und so eine Haltung dazu zu entwickeln, zu sagen, ja, it could happen to any of us. Da gibt es so eine Aufklärungskampagne aus Kanada, also es könnte jedem von uns passieren.
Speaker 3:Um dieses Stigma zu nehmen Und auch diese hundertprozentige Vermeidbarkeit Ja, natürlich, wenn du in der Schwangerschaft keinen Alkohol, und je größer das wird, desto schwieriger ist es auch zu sagen, oh, ich lasse da nochmal drauf gucken. Aber genau, ich würde gerne wirklich dieses Stigma total rausnehmen, die Schuldhaftigkeit total rausnehmen. Und ich glaube, jeder und jede, die das vielleicht hört und denkt, mensch, vielleicht gibt es bei uns ja auch nochmal einen Missing Link, kann ich nur Mut machen, zu sagen, lasst nochmal drauf gucken, und im Zweifelsfall ist es eine Ausschlussdiagnose. Und dann weiß man okay, das ist es eben nicht.
Speaker 2:Ja Gibt es da. Also ich meine, du sagtest jetzt, exekutive Dysfunktion sei schon somit das Größte, an dem man das festmacht. Also dieses zwar sprachlich gewandt sein, aber dann eben nicht verstehen, was hinter dem steht, was man da so sagt oder was man da so hört, beziehungsweise nicht planen können, nicht generalisieren können. Das sind ja schon. Also da hängt ja dieses Wort können dran. Ja, ja, mein Kind hat echt große Schwierigkeiten mit dieser Sache, und egal, in welchem Zustand es jetzt gerade ist, ob es in einem guten Zustand ist oder nicht, aber dieses Problem besteht ja immer. Das wäre ja schon so ein Anhaltspunkt zu sagen also, mein Kind kann wunderbar generalisieren oder was auch immer. Damit wäre das ja dann eher jetzt nicht ein Anzeichen dafür, dass wir in die FASD gehen, oder.
Speaker 3:Ja, das stimmt, Das kann man schon so sagen. Es gibt tatsächlich auch ein FASQ von Dr Feldmann. Der ist eine Koryphäe im Bereich FASD. Das ist so eine Checkliste, so ein Fragebogen. Ich glaube, da gibt es ungefähr 30 Items Gefährliches Halbwissen müsste ich jetzt nochmal nachschauen, aber der ist sehr valide tatsächlich. Also, der ersetzt keine FASD-Diagnostik. Aber wenn man den mal durchspielt den kann man unter anderem auch im Internet finden und merkt, okay, mein Kind hat einen relativ hohen Punktwert in diesem FASQ, dann macht es total Sinn, da auch nochmal eine FASD-Diagnose anzuregen. Ein hoher Punktwert im FASQ heißt nicht, du hast FASD, aber es wäre sinnvoll, da nochmal drauf schauen zu lassen.
Speaker 2:Mal drauf schauen zu lassen, und gibt es da genügend ExpertInnen, die dann in der Lage sind, eine Diagnostik anzubieten? Oder ist das jetzt auch so, dass man dann halt 180 Jahre lang in der Rotteschlange steht?
Speaker 3:Ja, so ist es genau. Also, wichtig ist halt bei einer Diagnostik, dass man es wirklich an spezialisierten Fachzentren machen lässt, also an SBZs, nicht beim Hausarzt irgendwie. Also, ÄrztInnen, ja, sind ja auch besondere Menschen manchmal. Ich mache einfach mal die Schublade auf und denke ja, naja, ich habe das studiert, ich weiß das, ich kann das. Und häufig hören dann Eltern nee, nee, FASD ist es nicht, das sehe ich schon. Und dann gehen viele auch gar nicht los Bitte, trotzdem, der Kinderarzt, die Kinderärztin kann das nicht diagnostizieren. Es braucht ein multiprofessionelles Fachteam, und eine gute Diagnostik setzt sich eben auch aus multiprofessionellen Untersuchungen zusammen. Da guckt ein Logopäde drauf, da guckt ein Ergotherapeut drauf, da guckt ein Psychotherapeut drauf, Also die Fachrichtung, die wir so haben im psychosozialen Bereich, und dann führt man die Ergebnisse zusammen und schaut also, das kann eben kein Kinderarzt machen, und da gibt es leider nur sehr wenige spezialisierte Fachzentren, und auch da ist vielleicht nicht unbedingt jedes so ganz zu empfehlen. Also, da habe ich mich mit manchen auch schon heiß gestritten. Da hatten wir zum Beispiel eine gesicherte Alkoholanamnese. Also eine Mama hat es geschafft das war jetzt im Kontext Jugendamt und Bereitschaftspflege Und die Mama hat dann wirklich auch geschafft, sogar eine E-Mail ans SBZ zu schreiben Das fand ich großartig Und zu schreiben hallo, ich bin die Mama von. Die E-Mail ans SBZ zu schreiben, das fand ich großartig. Und zu schreiben hallo, ich bin die Mama von.
Speaker 3:Die ersten acht Wochen in der Schwangerschaft wusste ich nicht, dass ich schwanger bin, und ich habe getrunken, Und dann ist ja ein Diagnose-Kriterium eben die Alkohol-Anamnese. Und da hat der diagnostizierende Pädiatra das auf Nein gesetzt, Und ich sage aber Moment mal, Frau sowieso. Also ich habe ja die E-Mail. Dann sagt er naja, die ersten acht Wochen ist ja nicht so schlimm, Und das jetzt mit Rückgriff auf das, was wir vorhin gesprochen haben.
Speaker 3:Also da stellen sich mir die Nackenhaare zu Berges. Diagnostiziert wird nach der S3-Leitlinie in Deutschland. Die gibt es seit 2012,. Und wir haben auch darüber gesprochen, dass sie sicherlich nochmal ausbaufähig ist, dass es nochmal andere Kriterien geben muss. Aber wenn wir doch welche haben, dann ist es doch keine Freestyle-Nummer, wo du als behandelnder oder diagnostizierender Arzt sagen kannst ach nö, acht Wochen, das reicht mir noch nicht. Also da gibt es noch viel zu tun.
Speaker 2:Ja, du also Alkohol und unsere Gesellschaft? das ist einfach Wahnsinn.
Speaker 2:Ja, das ist so, das ist so krass. Also erstens Die Schuldfrage. Die bringt ja niemandem was. Wir können uns natürlich hinsetzen, auch als Lehrkräfte. Jetzt gehen wir mal kurz ins Thema Schule rein. Wir können uns hinsetzen und können uns jetzt natürlich überlegen wer trägt denn jetzt Schuld daran, dass sich ein Kind nicht so benimmt, wie wir das gerne haben wollen? Ist das Kind schuld? Sind die Eltern schuld? Ist die Lehrkraft schuld? Bringt uns ja aber nichts.
Speaker 2:Am Ende des Tages ist das Kind so, wie es ist, und wir müssen irgendwie schauen, und das ist wirklich unsere Aufgabe, dass das in diesem Setting klarkommt. Und es ist ja tatsächlich die Aufgabe der Schule, zu schauen, dass das Kind im Setting Schule klarkommt, und zwar gesund, und die Aufgabe der Eltern, zu schauen, dass sie im Setting zu Hause gut klarkommen und gesund. Und dann ist es die Aufgabe der Eltern so ein, dass sie im Setting zu Hause gut klarkommen und gesund. Und dann ist es die Aufgabe der Eltern, so ein bisschen zu gucken, was macht die Schule? Und es ist die Aufgabe der Schule, mal so ein bisschen zu gucken, was machen eigentlich die Eltern? Weil eigentlich sollten ja die jeweils anderen sicherstellen, dass beide es gut meinen mit dem Kind, genau. Also, ich finde, diese Voraussetzung, die existiert schon mal so gar nicht, und dann ist es halt nun mal so, dass Deutschland ein Riesenalkoholproblem hat.
Speaker 3:Ja, total.
Speaker 2:Also, ich kenne wirklich diese Situationen. Ich trinke inzwischen gar kein Alkohol mehr. Ganz ganz selten mal lasse ich mich darüber reden, dass ich einen Schluck Sex irgendwo mittrinke. Aber ich merke richtig, ich habe keinen Bock mehr auf Alkohol, weil es mir einfach schlecht geht. Ich schlafe nicht gut, und ich habe aber schon echt ordentlich Alkohol getrunken. Ich komme halt einfach aus einer Familie und aus einer Zeit, wenn man halt einfach ständig Alkohol getrunken hat, geht man überall. Ich kannte das als Kind und Jugendliche gar nicht anders.
Speaker 3:Das gehört so dazu. Ich kann mich da auch mit identifizieren. Ich komme aus einer Arbeiterfamilie. Mein Vater hat auf dem Bau gelernt, also der hat mit 13 seine Ausbildung gemacht. Da brauchen wir gar nicht drüber zu sprechen. Wir reden nicht über Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit oder so, aber das gehörte dazu, das Feierabendbier oder auch das Glas Wein und der Sekt zum Anstoßen. Man muss sich ja viel mehr dafür rechtfertigen, dass man nicht trinkt, als dass man trinkt.
Speaker 2:Und das ist es nämlich Ja total.
Speaker 3:Das ist auch so, dass ich in den Fortbildungen häufig auch sage, um Alkohol noch mal so als Problem generell darzustellen, dass ich verurteile Alkohol nicht. Es geht nicht darum zu sagen, man darf nicht trinken, das darf jeder für sich entscheiden. Aber Alkohol zum Beispiel ist global für 108 Millionen verlorene Lebensjahre durch Krankheit und Behinderung weltweit verantwortlich. 108 Millionen Lebensjahre. Und die Noxa-Alkohol rangiert unter 84 Risikofaktoren in 195 Ländern an sechster Stelle. Also genau Alkohol ist nicht. die sozial akzeptierte ist nicht so schlimm, droge Nee.
Speaker 2:Das ist ja, Und es ist ja auch tatsächlich immer so, sobald Alkohol im Spiel ist, wird es ja erst gefährlich. Also ich habe jetzt gerade erst einen Podcast gehört, da wurde über Drogenkonsum gesprochen.
Speaker 2:Die haben einfach mal super offen über alle verschiedenen Drogen gesprochen und haben darüber gesprochen, dass es halt auch wichtig ist, darüber aufzuklären, was bestimmte Drogen tun und wie man sie auch konsumieren sollte, damit man eben nicht Blödsinn macht. Ja, weil dieses Nicht-Darüber-Sprechen, was Drogen tun, und Nicht-Darüber-Sprechen, was passieren kann, und gar nichts Wissen, uns dann nehmen, ist ja viel gefährlicher, und das ist einfach auch wahr. Ja, genau, und man muss halt schon wissen, dass gerade dieser Mischkonsum mit Alkohol die größten Probleme erzeugt beim Thema Drogen. Ja, aber das ist ja also. Ich würde mal behaupten, dass es gang und gäbe. Ich war jetzt nie in einem Freundeskreis, in dem viel Drogen konsumiert wurden, aber wenn ich es mitbekommen habe, dass Drogen konsumiert wurden, dann wurde da immer Alkohol dazu getrunken.
Speaker 3:Genau, da haben wir vorhin ja drüber gesprochen, über diesen Beinkonsum irgendwie. Was auch nochmal wichtig ist wenn du halt zum Beispiel jetzt im Pflegekinderwesen, wo ich ja jetzt herkomme, dann in der Anamnese weiß, okay, eltern waren drogenabhängig, also dieser Beikonsum denkt, den mit Der ist. Ich kann keine Zahlen dazu ansetzen, aber vom Gefühl her ist der in 90% oder vielleicht sogar noch mehr aller Fälle definitiv mit dabei. Ja genau, es ist nicht die Droge alleine, und das ist ja auch spannend, dass man so genau schon eine Idee davon hat, dass man keine Drogen in der Schwangerschaft nimmt. Du würdest dich jetzt nicht ohne schlechtes Gewissen Heroin konsumieren, wenn du schwanger bist, oder so, und man weiß, aber natürlich kommen diese Kinder auch mit großen Entzugserscheinungen auf die Welt. Ich will es nicht bagatellisieren, das ist ganz, ganz schlimm.
Speaker 3:Aber man hat eben herausgefunden, dass die Entwicklungsschere der sogenannten Drogenbabys sich über die Entwicklungsspanne den gesundgeborenen Kindern angleicht. Und bei Alkohol ist das eben nicht so. Da geht die Schere immer weiter auseinander, und das ist auch so verrückt. Jeder weiß, alkohol in der Schwangerschaft ist sicherlich keine gute Idee, aber warum denn eigentlich nicht? Und da hört das Wissen ja schon auf.
Speaker 3:Es gab eben mal eine Studie von 2019, so eine repräsentative Befragung, wo herausgefunden wurde, dass 44% aller Frauen, die schwanger sind, noch Alkohol trinken, und dass viel mehr Menschen wissen, dass Alkohol und Autofahren nicht gut zusammenpassen. Und bei Alkohol und Schwangerschaft war das Wissen darüber sehr viel kleiner, und das ist einfach abgefahren. Behinderungen, erkrankungen, kleinreden. Aber ich möchte Werbung für FASD machen. Und wenn ich mir überlege, dass 1% aller Gesamtbevölkerung voraussichtlich FASD betroffen ist, wenn nicht sogar noch viel mehr. Und geh mal auf die Straße und frag mal, was ist FASD? Kennst du das? Wie viele werden dir sagen ne, weiß gerade nicht, muss auch weiter. Und dann geh mal und frag, wer denn das Down-Syndrom kennt. Und es ist wichtig, dass das Down-Syndrom bekannt ist. Also bitte nicht falsch verstehen, aber wenn ich mir da die Häufigkeit angucke, dann sind es 0,2%. Also FASD ist so viel häufiger, und wie kann es denn sein, dass das nicht bekannt ist in unserem System?
Speaker 2:Weil das eine an eine Schuldfrage geknüpft ist, während hingegen das andere das nicht ist. Also, ich glaube, ich tue jetzt auch den Eltern den Unrecht, wenn ich jetzt sage, da ist gar keine Schuldfrage dran geknüpft. Weil das ist es durchaus.
Speaker 3:Es gibt ja sehr viele.
Speaker 2:Menschen, die sagen ja, hättest du halt mal eine Untersuchung, und in deinem Alter?
Speaker 3:Das meine ich jetzt nicht. Es gibt ja sehr viele.
Speaker 2:Menschen, die sagen ja, hättest du halt mal eine Untersuchung und in deinem Alter und blablabla. Das meine ich jetzt nicht. aber das genetisch, was passiert, das hat sehr viel mit Zufall zu tun, hat sehr viel mit etwas zu tun, was wir nicht beeinflussen können, und das verzeihen wir eher, als wenn wir sagen okay, wir haben über unser Verhalten etwas erzeugt.
Speaker 2:Ja, genau, und ich also ja, wie gesagt, ich kenne tatsächlich sehr wenige Menschen, die vor der Schwangerschaft aufgehört haben zu trinken, sehr viele Menschen, die noch in die Schwangerschaft reingetrunken haben. Das heißt, wenn wir jetzt wirklich jeder dieser Personen die Schuld geben würden an der Ausprägung einer FASD, dann wäre das gravierend, das wäre schlimm, und dann wälzen wir aber wiederum die Schuld nur auf diese Mütter ab in Anführungsstrichen die die ganze Schwangerschaft übergetrunken haben und sagen ja, aber das weißt du, dass man das nicht machen darf. Genau, ja, genau. Aber das sind ja dann so, wie ich das jetzt verstanden habe. Das sind nicht die, sondern das kann im Prinzip jeder Frau passieren, die während der Schwangerschaft, und zwar egal zu welchem Zeitpunkt, alkohol getrunken hat.
Speaker 3:Ich würde es gerne nochmal, wenn du magst, an einem kleinen Beispiel machen. Ich habe immer so.
Speaker 3:Das Beispiel Frau Mustermann beim Griechen. Also Frau Mustermann ist ungefähr 36, wiegt vielleicht 63 Kilo eher vor Corona als danach und ist so 1,70, irgendwie, also so eine durchschnittliche Frau. Die Stoffwechselung von Alkohol ist ja nochmal total individuell und geknüpft an ganz unterschiedliche Parameter, aber das ist eben so unsere Standard, frau Mustermann, und die geht irgendwie einen Abend zum Riechen mit ihrem Partner, mit ihrer Partnerin oder mit Freund, freundinnen, wie man das vielleicht so macht. Dann ist die da so ungefähr anderthalb Stunden, so ein ganz normaler Abend, eben wenn man essen geht, und dann trinkt die in der Zeit zwei Gläser Wein, das wären so 0,2 CL, und dann kennt man das vielleicht beim Griechen, da kriegt man ja relativ ungefragt so diesen Absacker hingestellt mit Taxa oder Uso oder was das dann ist, und dann trinkt die das eben auch noch, und dann trinkt die das eben auch noch, Und dann ist die da so anderthalb Stunden, und dann hätte unsere Frau Mustermann über diese anderthalb Stunden mit zwei kleinen Gläsern Wein und einem Absacker eine Blutalkoholkonzentration von 1,01 Promille.
Speaker 3:Da würde ja jetzt keiner sagen, hör mal, die hat sich ja voll einreingetan. Sondern, das ist ja erstmal so ein ganz moderater, sehr sozial akzeptierter Konsum das Glas Wein zum Essen irgendwie, und dann den Absacker, und so Diese standardisierte Frau bräuchte jetzt, um wieder diesen Blutalkohol abzubauen und auf 0,0 Promille zu kommen, ganz standardisiert 8,44 Stunden, so. Soweit so gut. So, soweit so gut.
Speaker 3:Und jetzt ist unsere Frau Mustermann aber schwanger und weiß das entweder noch gar nicht, weil es noch sehr früh ist, weil es ungeplant war, oder weiß das vielleicht auch und denkt ja, aber Mensch, mein Mann, meine Frau ist doch irgendwie befördert worden. Das ist doch jetzt echt nur eine Ausnahme, das mache ich doch sonst nicht. Also, es gab irgendeinen besonderen Anlass, und man sagt ja, mensch, aber sonst trinke ich doch wirklich nie keine Ahnung was. Und diesen Griechen, den kannst du ja ersetzen mit allem möglichen, es könnte auch ein Silvesterabend oder sonst was sein. Jetzt gibt es jedenfalls ein Kind in dem Bauch, ob wissentlich oder unwissentlich, und dadurch, dass eben die Leberenzyme fehlen, die Leber ja noch gar nicht so entwickelt ist und das Alkohol eben auch eine Noxe ist, die ungehindert die Plazentaschranke passiert. Es gibt ja gewisse schädliche Stoffe, die werden von der Plazenta gefiltert. Bei Alkohol ist es eben nicht so.
Speaker 3:Das heißt, das Kind bekommt es über die Plazenta, über die Nabelschnur und schwimmt auch noch in dem Alkoholverseuchten das klingt jetzt so wertend, da fällt jetzt gerade kein anderer Begriff ein Fruchtwasser und trinkt das, das nimmt halt auch noch oral auf, hat aber ganz andere biologische Voraussetzungen, ist sehr viel kleiner, hat die Leberenzyme noch nicht. Das heißt, unser Kind, was eben schon da ist, braucht zehnmal länger als die Mama, unsere Frau Mustermann, um diese Blutalkoholkonzentration wieder abzubauen. Zehnmal länger als 8,44 Stunden heißt 84,4 Stunden. Das heißt, dieses ungeborene Kind von Frau Mustermann, die über anderthalb bis zwei Stunden sich ausnahmsweise einen netten Abend gemacht hat, ist 3,5 Tage unter Alkoholeinfluss. Und dass das nicht schädigungsfrei an einem Kind vorbeigehen kann, das kann sich jeder vorstellen. Und das nochmal so als kleiner Impuls zu diesem da kann schon ein Abend reichen. Und das genau muss nicht die Alkoholikerin sein, ganz im Gegenteil. Das kann eben tatsächlich auch dieser eine Anlass gewesen sein.
Speaker 2:Ja, und ich gehe davon aus, der unwissentliche Anlass. Genau ja, es raten einem ja auch die Frauenärzte regelrecht dazu, gerade wenn eine Schwangerschaft ausbleibt über einen längeren Zeitraum.
Speaker 2:dann sagen die bitte hört doch auf mit dieser Planerei und hört doch auf, euch die ganze Zeit darauf einzustellen, dass das mit dieser Schwangerschaft was wird, und lebt ganz normal weiter und habt Spaß und macht Ausflüge und geht auf eine Party und hofft drauf, dass es so einfach irgendwie funktioniert Und dass das bei uns in unserer Gesellschaft automatisch bedeutet trink Alkohol, triff dich mit Freunden, trink da einen Wein, mach normal. Das ist bei uns so. Alles andere würde als komisch angesehen werden. Wenn ich als Frau sage, ich trinke keinen Alkohol und nein, ich habe keine Pläne schwanger zu werden mit Ende 20 bis Ende 40.
Speaker 2:Ja, das ist ein Thema. Ja, das ist ein Thema.
Speaker 3:Ja, definitiv.
Speaker 2:Was verändert sich jetzt für eine Familie, wenn dann eine Diagnose da ist? Also sagen wir mal, bisher gab es immer nur, nur muss ich gerade echt in große Anführungsstrichen setzen, weil das auch echt eine ganz schön große Belastung ist. Bisher gibt es eine ADHS-Autismus, vielleicht eine kombinierte ADHS-Autismus-Diagnostik, und jetzt kommt dann doch noch eine FASD-Diagnostik dazu, und die bestätigt sich.
Speaker 3:Was verändert sich für die Familie ab diesem Moment Im besten Falle alles. Ganz häufig erlebe ich, dass das so abgewehrt wird, dass das nicht sein kann, was nicht sein darf. Es ist eben so, dass eine Diagnostik und darüber sprechen wir auch ganz viel ist die überhaupt wichtig? Du hast ja schon mal angesprochen ja, aber vielleicht hat man schon ein ADHS oder ein ASS und so, und dann denkt man mein Gott, das ist doch wirklich genug. Braucht das Kind dann echt noch irgendwie noch eine? und wir wollen doch hier nicht Diagnosen sammeln. Ja, braucht es, weil der Hirnschaden eben so wie so ein Plateau unter allem liegt. Da hatten wir ja schon drüber gesprochen. Wenn ich jetzt weiß, dass es ein FASD ist, dann kann ich langfristig angemessene Unterstützung und soziale Absicherung sichern. Das kann ich ohne Diagnose nicht. Ich kann also. Es gibt primäre Beeinträchtigungen, die ursächlich auf Alkoholkonsum zurückzuführen sind, und es gibt sekundäre Beeinträchtigungen, die entstehen aus chronischem Stress, fehlbehandlung, fehlbetreuung.
Speaker 3:Unser System macht die also man-made disaster, wenn man so will. Die werden spannenderweise so mit FASD verknüpft, also Delinquenz oder Obdachlosigkeit oder eigene Suchtentstehung und so. Da denkt man immer ja, das ist FASD, die sind so, weil das das ist, was wir erleben. Das ist aber tatsächlich gar nicht so. Das sind die Folgen auf das nicht gut passende System.
Speaker 3:Und wenn ich jetzt sehr frühzeitig vielleicht sogar also man empfiehlt möglichst ab dem fünften, sechsten Lebensjahr so eine Diagnose erstellen zu lassen, wenn ich jetzt weiß, okay, es ist kein Nicht-Wollen, sondern es ist ein Nicht-Können, und es liegt am Hirnschaden, am FASD, dann kann ich ja meine Betreuung auf FASD umstellen, und was dann passiert, ist, dass diese sekundären Beeinträchtigungen ich weiß nicht, ob man sagen kann, dass die dann gar nicht entstehen, das wäre vielleicht ein bisschen vermessen, weil egal, wie gut wir uns aufstellen, die Welt ist nicht die Käseglocke, die Welt ist einfach so, wie sie ist.
Speaker 3:Aber wir können diese sekundären Beeinträchtigungen zumindest deutlich minimieren. Das wäre auch nochmal ganz wichtig. Also, fasd ist ein Hirnschaden, der bleibt lebenslang, der lässt sich nicht weglieben und wegtherapieren. Das ist ganz, ganz tragisch, das ist ganz, ganz tragisch. Aber wenn wir die Betreuung umstellen und die Behandlung umstellen und den Hirnschaden, den Rollstuhl im Gehirn mitdenken, dann muss FASD gar nicht so ist und dass ganz vieles von dem, was wir uns gewünscht hätten, für unser Kind so nicht möglich ist. Weil ich glaube, nur wenn ich das betrauert habe, authentisch betrauert habe, kann ich mich öffnen, für was denn alles möglich ist. Und das ist auch noch ganz viel.
Speaker 2:Was heißt Betreuung umstellen.
Speaker 3:Also den Hirnschaden mitzudenken, reize zu reduzieren, zu minimieren, eine ganz klare Umgebungsstruktur zu schaffen, das externe Gehirn zu sein, also Hilfen bereitzustellen bei all den Funktionsstörungen. Mit Piktogrammen zu arbeiten, mit Visualisierung zu arbeiten, dem Kind, dem Jugendlichen zu helfen, die für ihn sehr unvorhersehbare Umgebung vorhersehbar, verstehbar und händelbar zu machen.
Speaker 2:Und das kann eine sehr wichtige Rolle spielen, eine posttraumatische Belastung, also so all das. Und was bedeutet das für die Schule? Also ich meine, das ist ja schon so ein Raum für so einen jungen Menschen, wo du wahrscheinlich jetzt auf einer Regelschule nie in so einen grünen Bereich kommen wirst, Genau.
Speaker 3:Das ist eben das Thema. Ja, das ist ja, wenn du mich fragst, ja, Das ist tatsächlich meine Empfehlung. Das ist schwer, das Eltern oder auch Betreuenden irgendwie zu vermitteln, weil ja, wenn du Betreuende hast, dann sind wir meistens Pädagogen. Hilfe zu selbst Hilfe, Förderoptimismus, bla bla bla, dafür stehen wir. Das greift da aber nicht, und Eltern wünschen sich natürlich das Beste. Und was das Beste ist, das gibt uns ja die Gesellschaft vor. Und genau ich glaube, dass Kinder in Förderschulen besser aufgehoben sind, weil GU, also gemeinsamer Unterricht, die Inklusion, das nicht leisten kann. Leider, so wie die Bedingungen sind, brauchen kleine Gruppen vorhersehbare Raumumgebungsstruktur, Minimierung von Reizen visuelle Reize, akustische Reize und tatsächlich auch von dem Leistungsanspruch runterzugehen. Also nochmal an das Beispiel von dem Entlastungswochenende aus Fulda zu denken und zu sagen, es geht um persönliches Glück und Zufriedenheit, es geht um mentale Gesundheit.
Speaker 3:Dieser Schulabschluss ist nicht so wichtig. Ziel wäre, Kompetenzrollen zu finden für die Kinder und Jugendlichen, dass, die sich mal als Könner fühlen können, dass die nicht immer nur die sind, die es nicht hinkriegen, die es wieder nicht schaffen, die es schon wieder gescheitert sind, sondern irgendwie emotional bedeutsame Kontexte zu schaffen. Das ist natürlich eine mega große Vision für Schule. Die wünsche ich übrigens nicht nur neurodivergenten Kindern, sondern allen Kindern. Ach, bei uns steht nächstes Jahr Einschulung an, Und ich finde, das System tatsächlich auch für gehirngesunde Kinder echt eine Herausforderung.
Speaker 3:Aber das wäre das, was die Kinder brauchen Und zu begreifen, dass der tatsächliche IQ nice to know ist, aber dass der durch den Hirnschaden einfach relativiert wird. Und zu merken okay, die können sehr wahrscheinlich sowieso einen Acht-Stunden-Arbeitstag nicht schaffen, und selbst wenn sie es eine Weile könnten, sollten wir die Bremser sein und sagen aber du musst es gar nicht schaffen.
Speaker 2:Können. Denn mir fällt jetzt gerade ein, weil du sagst Acht-Stunden-Arbeitstag. Bei ADHS und auch beim Autismus-Spektrum gibt es ja diesen Hyperfokus. Ist das was, was dort auch bekannt ist, oder?
Speaker 3:tatsächlich nicht. Kennst du einen? kennst du einen?
Speaker 2:Also, es gibt tatsächlich Also weil es die Kombination oft gibt, gibt es dann schon auch den Hyperfokus.
Speaker 3:Ja, genau Oder auch dieses Mario-Kart-Phänomen, dass dann die Kids sich besonders gut irgendwie beim Fernsehen runterregulieren können, wo vielleicht andere Kinder aufgepeitscht sind. Das gilt auch nicht für alle FAST-Betroffenen, das kann man gar keine Aussage für alle treffen. Aber es gibt eben Kinder, da ist manchmal eine Spielekonsole oder ein Fernseher die einzige Möglichkeit, sich wirklich runter zu regulieren, und dann sind die auch in so einem Hyperfokus, in einem Tunnel, und das kann für den wiederum anderen schon wieder Gift sein.
Speaker 2:Ja, das ist aber was. was, glaube ich, sich Menschen, die so ein Kind haben, die dadurch auftreten, gar nicht vorstellen können? Dass ein. Kind nur mit Medien überhaupt runterfahren kann.
Speaker 3:Ja, genau Weil die eine gewisse Sicherheit geben. Ja genau, und dann kommt ja auch gleichzeitig immer wieder der Druck unserer Gesellschaft. Medienzeiten, ich glaube, ab vier, wie ist es? 30 Minuten oder so, und auf gar keinen Fall länger, und eigentlich bist du dann ja schon eine Rabenmutter. Also ja, da muss man sich wirklich frei machen und sagen wir erziehen anders Oder nicht erziehen ich mag das Wort Erziehung nicht, aber wir begleiten anders. Dafür muss man, glaube ich, wirklich erstmal die Trauerarbeit leisten und die nicht nur abwehren und wirklich eine Haltung finden, inklusiv pädagogische Haltung.
Speaker 2:Ich finde das eigentlich eine sehr schöne Sache, die du da sagst, weil es mich gerade mich macht es selber gerade sehr betroffen wie du das sagst.
Speaker 2:Wir Eltern von neurodivergenten Kindern. Die Schuldfrage steht immer im Raum, auch bei all den anderen Spektren, obwohl überall gesagt wird nein, es hat nichts mit Schuld zu tun, und es bringt nichts und so weiter, irgendwie das hinzukriegen, dass wir gar keine Zeit haben zu betrauern, was das eigentlich tatsächlich bedeutet für unseren Alltag. Also wenn ich mir überlege, was mein Alltag so mit sich bringt mit diesen zwei Kindern, und wie oft ich dastehe und mir denke Mensch, das können sich andere gar nicht vorstellen, was das für eine Leistung ist, die man da ständig erbringen muss, zusätzlich zu dem, dass man ja selber versucht, in dieser Leistungsgesellschaft klarzukommen, Und dann aber zusätzlich auch noch immer stigmatisiert werden, immer sich anhören, dass man noch mehr geben muss, dass man noch mehr sich kümmern muss, Und dann aus der Schule noch kriegen Sie Ihr Kind endlich gebacken, damit es da hier irgendwie zurechtkommt. Und eigentlich bräuchte es mal Zeit, sich selbst und diese ganze Situation zu betrauern.
Speaker 2:Ja, das ist ein richtig schönes Wort, auch wenn es so schmerzt, weil man wird als Eltern nicht diesen Moment erreichen, in dem man sagen kann jetzt kann ich es gehen lassen. Ja, genau, und das ist so wichtig, was man sich irgendwann mal auch selber zugestehen muss.
Speaker 3:Ja, Es geht nicht weg. Es geht nicht weg, genau. Und das kann man kognitiv greifen, aber das muss man vor allem fühlen, das muss man einfach durch fühlen. Und ja, das ist in so einem vollgetakteten Tagesablauf ein großes Ziel. Aber ich glaube, dass es perspektivisch ein lohnenswertes Ziel ist, weil man ja immer wieder doch an die Themen kommt und es dann wegschiebt, weil es gerade nicht passt. Und für das, was du ja auch beschreibst, diese Anstrengung, wie anstrengend dieser Tag ist, ich glaube, das kennen erstmal noch alle Kleinkindeltern. Deswegen ist es auch du fragst es vorhin kann man das schon auch vor Schule und so bemerken. Aber da ist es ja häufig noch so, dass dann ganz viele schlaue Menschen da ja auch sind. Also, erziehungsratgebende sind ja genauso häufig verteilt wie Fußballtrainer. Also, das kann ja auch jeder. Und dann heißt es ja, unser Kind hat das auch. Ja, unser Kind hat das auch. Und so Toddler-Eltern, also Kleinkind-Eltern, die kennen das, immer da zu sein, präsent zu sein, vordenken zu müssen. Das Ding ist bei neurodiveren Kindern und Jugendlichen, das hört nicht auf, das wächst sich nicht aus, weil es bei FASD auch so ist.
Speaker 3:Das Gehirn reift nicht nach mit 5 oder 6. Da haben ja dann gehirngesunde Kinder, da entwickelt sich der präfrontale Cortex, da ist plötzlich Empathie möglich. Solche Geschichten ist bei FASD halt nicht. Und die Belastung, die du hast als Kleinkindmama, mit der Autonomiephase, mit der Wut, mit all dem, was dazu gehört, das haben wir, glaube ich, alle wir Eltern so mit zwei, drei, vier, fünf, und dann wird es einfacher.
Speaker 3:Und bei Beeinträchtigungen im Spektrum wird es nicht einfacher, und ich weiß nicht, ob du den Begriff Hypervigilanz kennst. Also, als Kleinkindmama denkt man ja manchmal meine Güte. Oder auch Papa ich möchte die Männer mitdenken, entschuldigung. Also es sind alle Lebensformen mit gemeint Als Kleinkind, elternteil, elternteil genau Denkst du ja, meine Güte, warum bin ich so fertig? Ich habe doch nichts gemacht. Doch du warst externes Gehirn für ein kleines Nervensystem, was sich selber nicht regulieren kann, und das ist messbar, dass das anstrengend ist. Unser eigener Cortisol-Spiegel ist wahnsinnig hoch, und bei der Begleitung von neurodivergenten Kindern, menschen bleibt das so, und das darf man auch auch, das darf man fühlen, und auch das ist da, das ist genau ja, Ja, und ich finde, je komplexer deren Alltag wird, desto größer wird diese Belastung weil du ja immer das alles noch mitbedenken musst, genau.
Speaker 2:Also, die denken einfach alleine nicht an ihre Sachen. und das kannst du noch so oft irgendwo aufschreiben und am Ende musst du halt dann noch dran erinnern, zumindest das nachzulesen, was da steht, und dann aber auch noch gucken, ob das dann tatsächlich funktioniert, dass das dann umgesetzt wird, was dann da steht.
Speaker 3:Ja eine ganz, ganz große, große Aufgabe, genau. Und deswegen auch Ja, eine ganz, ganz große Aufgabe. Und deswegen auch das, was ich eingangs sagte ich arbeite nicht mit den Kindern, weil es erstmal darum geht, diese Haltung zu entwickeln, das überhaupt anzunehmen, das zu begreifen, das zu betrauern und dann zu gucken, wie man damit umgeht. Und das wirklich Anstrengende finde ich bei FASD ja gar nicht nur den Alltag mit den Kindern, sondern vor allem der Kampf gegen die Windmühlen, gegen das System, gegen alle, die sagen, ja, fasd können wir und kennen wir, und du denkst, oh Mann, nichts habt ihr verstanden. Und das ist das Anstrengende, dass man eben, egal, wie ideal du zu Hause lebst mit deinen Kindern, diese Käseglocke kannst du nicht auf Kindergarten, schule, was auch immer transferieren, das Leben ist da Und auch das auszuhalten und sich davon freizumachen, dass andere Ideen zu dir haben und alles wissen und vor allem am besten wissen und zu sagen wisst ihr, was? das, was ich sagte, wir begleiten eben anders Schönen Tag, das ist ja auch eine wahnsinnig kräftzehrende Herausforderung, finde ich.
Speaker 2:Ja. Und dann kommt der Moment, in dem du merkst okay, meinem Kind geht es in diesem Setting so schlecht, aber jetzt haben wir das Setting halt schon fünfmal gewechselt, und das tut meinem Kind auch nicht gut, die ganze Zeit rausgenommen zu werden, wieder irgendwo anders reingesetzt zu werden, und dann haben wir doch wieder ein neues Setting, das auch wieder nicht gut ist. Und zu sehen, wie sich dieser Mensch immer mehr verändert, immer stärker verunsichert wird, immer mehr sich zurückzieht, mehr verliert an Freude und an Leichtigkeit, das muss man auch erst mal ertragen. Mehr sich zurückzieht, mehr verliert an Freude und an Leichtigkeit, ja, das muss man auch erst mal ertragen.
Speaker 2:Ja, Das ist so der Moment, an dem wirklich anfangen die Eltern zu verzweifeln, Wenn sie wirklich merken, meinem Kind geht es nicht mehr gut. Ja, Und es gibt aber auch niemanden, den das interessiert. Und dann fängt es nämlich an mit der Schuldfrage. Das ist dann der Moment, wo die Eltern dastehen, verzweifelt und sagen wir wissen nicht mehr, was wir tun sollen. Und dann heißt es unser Problem kann das jetzt wohl nicht sein, Das ist wohl ihr Problem, Genau, Erziehungsproblem.
Speaker 2:Ja, genau, Und dann ich glaube, das ist so der Moment, in dem es richtig schlimm wird. Ja, der Moment in dem es richtig schlimm wird. Ja, ja, ja, puh, genau. Also für diese Folge muss ich definitiv vorher eine kleine Triggerwarnung aussprechen.
Speaker 3:Ja, ja, genau, das ist eben das sagte ich auch. Ich mache mich nicht immer beliebt, und trotzdem finde ich es wichtig, das so zu benennen und so klar zu sein, und ich bin da sehr klar in meiner Haltung und glaube, dass die auch richtig und wichtig ist. Aber ja, das löst häufig auch Abwehr aus, weil es einfach so viel mit einem selber macht, ja und schwere Kost.
Speaker 2:Jetzt habe ich das hier als Lehrkraft gehört. Ach, jetzt muss ich auch noch auf FASD achten, und jetzt muss ich auch noch Ja schwere.
Speaker 3:Kost.
Speaker 2:Ich kann diese Schwierigkeiten ansprechen.
Speaker 2:Ich kann versuchen, eltern zu sensibilisieren, die sich da total gegen wehren, aber am Ende kann ich sonst, glaube ich, als Lehrkraft nichts tun, außer eine grundlegende Haltung in mir zu tragen, die da sagt wenn Kinder nicht funktionieren, dann bringt es nichts, mir selber eine Schuld zuzuschreiben, den Eltern oder dem Kind, sondern es bringt lediglich die Haltung. dann braucht das Kind ein anderes Setting, und ich kann versuchen, das Setting innerhalb des Klassenzimmers und innerhalb meiner Unterrichtszeit zu ändern, für alle Kinder am besten, und ansonsten ja, es wird sich eine andere Lösung finden. Genau Das ist, glaube ich, auch immer noch mal wichtig, das dazu zu sagen, weil das ist ja schon für die Eltern eine große Überlastung. Aber da müssen jetzt nicht die Lehrkräfte auch noch anfangen.
Speaker 3:Nein nee, nee, sondern das, was du sagst Also, neurodiversitätssensibel unterwegs zu sein, das ist ja schon mal ein ganz großer Schritt. Und dann eben das mitzudenken, was du angesagt hast Genau, und nicht, die nicht versuchen, die Fähigkeiten an die Anforderungen anzupassen, sondern die Anforderungen an die Fähigkeiten. Also vom Nichtkönnen, vom Nichtwollen zum Nichtkönnen, und damit ist, glaube ich, schon viel getan. Ja, genau.
Speaker 2:Ja, wenn ich statt jedes Mal der will jetzt was denken? der kann jetzt. Dann ändert sich total was in meiner Haltung dem Kind gegenüber, und das ist wirklich so.
Speaker 3:Ja, das ist wirklich so genau.
Speaker 2:Der kann nicht still sitzen, der kann nicht entscheiden, ob er sich jetzt unterhält, der kann jetzt gerade sich nicht konzentrieren, ob er sich jetzt unterhält. Der kann jetzt gerade sich nicht konzentrieren, der kann nicht anfangen. Das sind ja wirklich Sätze, die kann ich austauschen.
Speaker 3:Und dann passiert was in meiner Haltung, diesem Kind gegen mich Total. Und das ist auch so, unser Ansatz Sprache schafft Realität, schafft Haltung. Das ist dann auch in Fortbildung so, dass die Menschen häufig dann denken, die Fachkräfte, jetzt kommt sie mit dem Thema. aber es ist so wichtig, du kommst nicht dran vorbei. Und diese brain-smarte Sprache, wie ich die gerne irgendwie nenne, also auch die Wörter auszutauschen, unsere ganzen gehirngesunden Zuschreibungen. Zum Beispiel er oder sie lügt. Nein, der Mensch mit FASD lügt nicht, weil dafür fehlen ihm die exekutiven Funktionen, er konfabuliert, ganz häufiges Symptom bei Hirnschädigungen. Und das macht einen wahnsinnigen Unterschied, ob ich von Konfabulation rede, weil dann rede ich über ein Symptom im Rahmen einer zugrunde liegenden Hirnschädigung, einer Behinderung, oder ob ich sage, er lügt, damit bewerte ich ihn und bewerte das Verhalten durch meine neurotypische Brille, und das ist nicht fair.
Speaker 2:Lügende Kinder werden ebenso stigmatisiert.
Speaker 3:Ja genau.
Speaker 2:Dabei ist Lügen für ein Kind also da stülpen wir ja auch wieder diesen Adultismus-Befügel Also eine erwachsene Person, die lügt also selbst. da würde ich mich noch fragen, was für einen Grund hat die Person, das zu tun? Dann wird es irgendeinen Grund geben.
Speaker 2:Da hängt oft auch Scham dahinter, hinter einer Intention zu lügen, weil die Wahrheit irgendwie offensichtlich schambesetzt ist oder was auch immer. Und das ist bei ADHS ganz oft so bei Kindern, dass sie sich sehr dafür schämen, was da passiert ist, und dass diese Scham so groß ist, dass sie dann lieber lügen. Und das tun sie aber nicht, weil sie das toll finden. Ja, lügen, und das tun sie aber nicht, weil sie das toll finden. Und auch da würde ich sagen warum? sagen, der hat jetzt gelogen, und ich lasse mich nicht anlügen, sondern der konnte mir jetzt nicht die Wahrheit sagen. Warum eigentlich nicht? Dass man mal dahinter schaut, was hat das Kind jetzt dazu angetrieben, gerade nicht die Wahrheit zu sagen?
Speaker 3:Ja, genau Schöner Punkt, den du ansprichst, dieser Adultismus. Also ich glaube, wir haben noch so viel zu tun in der Gesellschaft in Bezug auf Begleitung von Kindern, von Menschen irgendwie auch Und eigentlich jetzt auch für alle Menschen, auch für gehirngesunde Kinder. Eben Lügen ist ja ein eigentlich erfreulicher Entwicklungsschritt, weil die plötzlich Kompetenzen können. Lügen muss man erstmal können. Kleine Kinder können noch nicht lügen, aber wir sind da sehr starr in unserem, das geht so nicht, das darf man so nicht, und ich lasse mich nicht belügen, weil so viel mit uns macht, und ja, das ist hochgradig adultistisch, kinder dafür zu beschämen und zu bestrafen.
Speaker 2:Vor allem zeigt es ja auch eine Intelligenz auf, den Bestand der Art und Weise. Es zeigt nämlich, dass sie verstanden haben, dass die Wahrheit eine Konsequenz mit sich bringt, die wiederum vermieden werden will. Also, da denkt das Kind ja um zwei Ecken rum.
Speaker 3:Das ist ja eigentlich ja Genau, und da beschreibst du ja jetzt was. Und wenn man sich dann nochmal den Hirnschaden ins Gedächtnis ruft, das können Kinder mit FASD ja einfach nicht. Deswegen die lügen, nicht, die konfabulieren, und das war ja so. Unser großer Themenbereich Sprache also, es ist einfach so wichtig, und das kann man lernen wie Vokabeln, diese gehirngerechte Sprache, und ich glaube auch, das würde schon viel verändern, wenn Lehrkräfte oder pädagogische Fachkräfte das einfach erlernen und als Haltung aufnehmen. Ja genau.
Speaker 2:Ja, ich würde gerne das verbieten, dass man sagt nicht wollen. Ja, also, weil ich glaube, das Einzige, was Kinder nicht wollen, tatsächlich ist, in diesem Setting in der Schule zu sitzen, jeden Tag. Das wollen sie tatsächlich nicht, und das ist vollkommen egal, ob neurotypisch oder neurodivergent.
Speaker 2:Das ist das, was kein Kind will, und das aber wird so wegignoriert, weil ich glaube, auch wenn die Argumentation kommt ja, aber die anderen 15, die wollen doch gerne. Nee, da lügst du mich jetzt nämlich gerade an. Dir ist es nämlich eigentlich bewusst, dass diese 15 das nicht wollen, Genau die können nur besser. Aber die können und die anderen können. Und das ist das Problem in der ganzen Sache.
Speaker 3:Ja, richtig Ja.
Speaker 2:Hi, hi, hi. Julia, ich finde es extrem wichtig und so cool, dass du das jetzt gemacht hast, dass du da drüber gesprochen hast. Mir war das jetzt ein persönliches Anliegen, auch weil ich tatsächlich eine ganze Zeit lang während meines Studiums konfrontiert war mit einer Freundin, die schon ein bisschen älter war und die während der Schwangerschaft regelmäßig Alkohol getrunken hat, immer wieder mit der Aussage ja, früher hat das ja auch nicht geschadet, und man hat das ja gemacht, und was soll das? und so ein bisschen. Und mich hat das damals ich wusste damals noch nicht, dass ich neurodivergent bin- aber mich hat das so wütend gemacht.
Speaker 2:Ich bin quasi morgens schon wütend aufgestanden, weil ich wusste, diese Frau trinkt Alkohol in der Schwangerschaft, wohl wissend, dass es schädlich sein kann. Ich habe das immer wieder versucht zu sagen. Ich habe gesagt ja, aber es kann ja sein, dass es schadet. Willst du dann danach die Verantwortung haben? Es war egal, was ich gesagt habe. Ich wurde immer als die Verrückte hingestellt. Ich konnte keinen Kontakt mehr halten. Das ging nicht, vor allem, als ich dann eben gesehen habe, mehr halten, das ging nicht, Vor allem, als ich dann eben gesehen habe, dass das Kind nicht so meiner Meinung nach nicht so gesund ausgesehen hat.
Speaker 2:Dann sehr viel geweint wurde, sehr viel dann durch die Gegend geschleppt hatte, eben diese krasse Reizoffenheit und dann fing ich an zu recherchieren, was das für eine Auswirkung hat auf Kinder, und dann bin ich eben damals auf das FASD gestoßen. Halb kannte ich das schon.
Speaker 2:Ja, Und ich finde das wichtig, dass wir über das Thema Alkohol sprechen, ebenso wie wir über einfach all die Themen, die so normalisiert sind in unserer Gesellschaft, die aber einfach großen Schaden anrichten können. Alkohol, das ist Sexismus, das sind so Feminismus, das sind alles so. Themen wo immer achten, alle Themen, wo wir so achten machen, das sind, glaube ich, die Themen, die tatsächlich die großen Probleme in unserer Gesellschaft sind. Ja, glaube ich auch, und da geht Alkohol auf jeden Fall dazu Definitiv.
Speaker 3:Und deswegen bin ich so dankbar, dass du hier die Plattform geschaffen hast und einfach das Thema mit reinnimmst. Und das ist mir eben auch so wichtig, dass es mit reingenommen wird, Dass es eben verstanden wird als Neurodiversität, und dass es mit unter diesen Regenschirm gehört, und dass es einfach bekannter ist. Also man kennt ja diese Schaubilder, und da steht alles Mögliche drunter, und manchmal entdeckt man FASD auch drunter. aber es darf gerne noch viel bekannter und viel flächendeckender werden, und es ist so so wichtig, dass wir darüber sprechen, weil es so viel häufiger ist als ganz viele andere Sachen, und es muss in die Köpfe der Menschen, und ja, genau dafür stehen wir. Das ist so mein Herzensthema, und deswegen bin ich sehr, sehr dankbar, dass du hier diesen Raum geöffnet hast, dafür.
Speaker 2:Ja, sehr gerne. Wir müssen alle lernen. Ich bin auch eine Lernende, und ja, das ist total interessant, was man jeweils unter diesen Neurodiversität findet, und da, ich glaube, da sind wir alle noch am Lernen, was da jetzt genau alles reingehört, wie wir uns das definieren, wie wir uns das nicht definieren. Aber es braucht definitiv und hundertprozentig diese Sichtbarkeit. All diese Themen brauchen mehr Sichtbarkeit und mehr ja, eben wie gesagt, so eine neutrale Sichtbarkeit, so eine Schuldfrage bringt uns hier in diesen Bereichen nicht weiter. Ja, genau So. Ja, weil nur so können sich die Menschen trauen, auch zu zeigen, was so ihre Schwierigkeiten sind und wo sie Unterstützung brauchen. Genau.
Speaker 3:Das muss definitiv aus dem Schattendasein geholt werden.
Speaker 2:Ja, Genau das muss definitiv aus dem Schattendasein geholt werden. Darf man sich an dich wenden, wenn man jetzt irgendwie Unterstützung braucht? Ich meine, du bist auf Instagram unterwegs das heißt, man kann sicherlich Informationen finden halt hier auf deinem Kanal.
Speaker 3:Ja genau, wir haben eine Homepage, da kann man sich gerne umschauen. Diese Pflegeeltern-Coachings, über die ich gesprochen habe, also das passiert im Rahmen unserer Freiberuflichkeit, Davon leben wir, davon zahle ich mein Essen, meine Miete. Das, was wir auf Instagram machen, das ist so unser kostenloser Content, weil es für uns eben nicht nur ein Job ist, sondern eben ein Herzensprojekt auch. Und hättest du mich vor zehn Jahren gefragt, julia, was möchtest du auf gar keinen Fall machen, dann hätte ich dir gesagt, auch mit behinderten Menschen arbeiten. Und ja, heute sitzen wir hier, und ich liebe das Thema, und ich lebe dafür, und ich möchte mich da gerne mit meinen Kompetenzen einbringen, und deswegen auch eben Instagram, wo wir alles Mögliche auch eben kostenlos zur Verfügung stellen. Wir haben eine Broschüre entwickelt meine unsichtbare Behinderung und ich leben mit FASD, das ist so eine 16-seitige Broschüre, die kann man über uns bestellen.
Speaker 3:Das kostet ein bisschen, was das ist aber tatsächlich einfach nur da, um auch die Druckkosten zu refinanzieren, weil wir das alles selber machen, und wir würden es gerne auch kostenfrei weitergeben. Es ist jetzt nicht, dass wir uns daran bereichern wollen, davon werden wir nicht reich, aber wir sind eben kein Verein oder sowas und müssen dann immer gucken, dass wir zumindest kostendeckend arbeiten. Und diese Pflegeelterncoachings zum Beispiel, die wir auch für Fachkräfte anbieten, die werden zum Beispiel auch von Jugendämtern refinanziert. Also wenn man jetzt sagt, ach Mensch, das wäre was, und ich kann das Geld aber nicht in die Hand nehmen, dann arbeiten wir da auch schon ganz lange mit Jugendämtern zusammen. Dann arbeiten wir da auch schon ganz lange mit Jugendämtern zusammen, die das als Einzelfallhilfe im Rahmen von Hilfeplanung auch bewilligen können. Das nur nochmal so als Hinweis.
Speaker 2:Und deine Internetseite die findet, oder euren?
Speaker 3:ihr seid ja ein Team, ja, genau, wir sind ein Team von zwei Frauen. Die findet man unter wwwinstitut-fasdde.
Speaker 2:Gut, ich verlinke das Super gerne, dass man sich da auch einfach informieren kann. Ja, genau, sehr gerne, gut, super.
Speaker 2:Also sowohl die Insta-Seite verlinke ich in den Shownotes unten als auch die Internetseite oder eure Internetseite, damit man einfach da nachgucken kann. Ja, perfekt, gut, julia, ich danke dir sehr. Ich danke dir, und ja, ich wünsche dir, dass ihr echt noch mehr Leute erreicht. Ich glaube, dieses Sichtbarmachen dieses Themas ist sehr, sehr wichtig, und ich bin dir wirklich dankbar, dass du dich bei mir gemeldet hast, weil ich bin sofort darauf angesprungen. Du hast ja gemerkt, ich finde es einfach sehr, sehr wichtig. Das unterstreicht einfach all das, was ich sonst so sage, weil wir wissen es halt nicht, was dahinter steht, und ich glaube, das ist eigentlich das viel größere Wissen, das wir aus diesem ganzen Thema rausziehen. Wir wissen nicht, was dahinter steht, und deswegen können wir auch nichts behaupten.
Speaker 3:Ja, ja, Ja, Corinna, Gut danke für dein Sein und für dein Tun.
Speaker 2:Ja, danke, hab einen wunderschönen Tag Du auch. Danke dir, schönes Wochenende, dankeschön, bis bald. Untertitelung des ZDF 2020.