Kapierfehler - Neurodivergenz und Schule

74 - Konstruktiver Aktivismus - Raúl Krauthausen

Corina Elfe Season 2 Episode 24

Hast du dich jemals gefragt, wie wir in unseren Schulen echte Inklusion leben können? Gemeinsam mit Raúl Krauthausen haben wir uns genau damit beschäftigt und die zahlreichen Herausforderungen, denen Lehrkräfte begegnen, beleuchtet. Wir haben festgestellt, dass sowohl Schüler*innen mit ADHS oder Autismus, als auch hochbegabte Kinder oft an unsichtbaren Barrieren scheitern.
So richtig unsichtbar sind die Probleme ja nicht, wenn wir daran denken, wie negativ die jungen Menschen mit ihrem Verhalten oft wahrgenommen werden.

Die Realität der Lehrkräfte im inklusiven Unterricht trifft auf die steigende gesellschaftliche Akzeptanz für offene Gespräche über Überforderung. Wir haben uns mit der Frage auseinandergesetzt, wie die Diagnosemöglichkeiten für neurodivergente Kinder zwar verbessert wurden, aber die systemische Unterstützung für die Lehrkräfte fehlt. Es wird klar, dass kleinere Klassen und mehr pädagogisches Personal unabdingbar sind, um die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen. Dabei sind das Teilen von Wissen und Teamarbeit unter Lehrkräften entscheidend, um ein unterstützendes Lernumfeld zu schaffen, in dem jedes Kind das Recht hat, diskriminierungsfrei zu lernen.

Auch das Thema Vielfalt und die mangelnde Repräsentation marginalisierter Gruppen im Bildungssystem war ein Schwerpunkt unserer Diskussion. Wir haben uns gefragt, wie Menschen mit internationaler Erfahrung Vertrauen in Schulen gewinnen können und warum oft behinderte Menschen in Debatten über Vielfalt übersehen werden.

Ich bitte euch darum, Raúls Projekte zu unterstützen, denn ich bin sehr dankbar, dass er sich diesem Thema gestellt hat und sich die Zeit genommen hat, mit mir über Inklusion neurodivergenter Kinder/Jugendlicher zu sprechen:

Raúls Webseite

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Ich komme auch an deine Schule und bilde das gesamte Kollegium zu den Themen ADHS, Autismus & herausforderndem Verhalten in der Schule weiter!

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Liebe Grüße,
deine Corina

Speaker 1:

Bitte nehmen Sie das Übungsbuch auf Seite 38, Unit 4. Lass uns etwas Spaßiges machen.

Speaker 3:

Was hat er jetzt gerade gesagt? Heute werden wir die nächste. Aufgabe anschauen. Was sind sie da ein? Ich muss die Fragen beantworten und jeder von euch wird sich mit schreiben. Let's start Questions with short answers. Ein kleines bisschen Angst, dass ich jetzt gleich dran bin. Was soll ich denn sagen? Do you like water slides? Guck mal den Himmel an, der sieht geil aus.

Speaker 1:

Nummer zwei. Wer will diesen Antworten? Hey du, bitte antworten Sie die nächste Frage. Hallo, hey du, wach auf Oh fuck.

Speaker 3:

Wenn ich an Inklusion denke, dann denke ich an meinen Schulalltag als Lehrerin, denn ich muss jeden Tag Inklusion betreiben. Es ist aber nicht so, dass ich viele körperlich behinderte Kinder in meinem Unterricht sitzen habe. Und es ist auch nicht so, dass ich an einem Gymnasium mit geistig behinderten Kindern zu tun habe. Das bedeutet, dass ich mit ganz anderen Kindern zu tun habe, die Inklusion brauchen und für die ich Inklusion machen muss. Was auch immer Inklusion bedeutet, was ich da machen muss. Für mich bedeutet das, ich muss individuelle Lösungen finden, damit diese Kinder in der Lage sind, ihren Begabungen nach in der Schule mitmachen zu können, ihrer Begabung nach beschult zu werden, unterricht zu bekommen, dass jedes Kind das Recht hat, diskriminierungsfrei in der Schule sein zu dürfen, und dass jedes Kind das Recht hat, von Lehrkräften unterrichtet zu werden, die sich auskennen. Und das bedeutet für mich dadurch, dass wir eben in jeder Klasse mindestens ein, zwei, drei Kinder und Jugendliche mit ADHS sitzen haben, dass wir in jeder Klasse mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mindestens ein autistisches Kind sitzen haben, das eventuell an eine ADHS gekoppelt autistisch ist. Adhs gekoppelt autistisch ist also nicht diesem klassischen Bild in Anführungsstrichen des Autismus entspricht, wobei ich auch hier wieder sagen möchte das klassische Bild Autismus, das gibt es so nicht, denn jedes einzelne autistische Wesen zeigt ein unterschiedliches Bild. Das ist etwas, worin sich alle, wirklich alle ExpertInnen einig sind. Und trotzdem ist die Kombination mit ADHS vielleicht doch nochmal ein individuelleres Bild, das uns nicht so ganz geläufig ist und das dazu führt, dass es vielleicht auch nicht sichtbar ist, dass da jetzt ein autistischer Mensch sitzt. Diese Kinder und Jugendlichen, die haben das Recht darauf, dass sich Lehrkräfte gut damit auskennen, und dassstbegabte Kinder denken zum Beispiel. Dann wird uns sehr deutlich, dass unsere Schulen und vor allem auch zum Beispiel im Gymnasium nicht unbedingt sehen, dass ein Kind oder ein jugendlicher Mensch, der intelligent und klug ist, der einen hohen IQ hat, teil dieser Schule sein darf, sondern dass es viel mehr darum geht, ob dieses Kind oder diese jugendliche Person in der Lage ist, intelligent zu sein und sich gleichzeitig so zu verhalten, dass diese Intelligenz nicht stört. Ich weiß, dass das sehr krass klingt, was ich da sage, aber das ist tatsächlich Alltag für diese Kinder und Jugendlichen. Eine sehr hohe Intelligenz bringt eben Schwierigkeiten mit sich, und vor allem Schwierigkeiten, wenn es um das Thema Schule geht. Es sind da sehr viele Barrieren da, die nicht ganz so deutlich erkennbar sind, wenn wir uns denn nicht mit dieser Person unterhalten. Das heißt, es ist vielleicht sichtbar anhand des Verhaltens, heißt, es ist vielleicht sichtbar anhand des Verhaltens, dass da irgendetwas nicht gut läuft. Es ist vielleicht sichtbar, dass dieses Kind, diese jugendliche Person nicht in der Lage ist, sich gut zu integrieren in Anführungsstrichen. Aber was nicht so ganz sichtbar ist, ist der Grund dafür. Es ist nicht sichtbar, wo genau die Barriere ist. Das gilt für alle neurodivergenten Kinder. Wir können nur erahnen, wenn wir uns denn gut weiterbilden, wo diese Barrieren sein könnten, und dann können wir versuchen, in Absprache mit den Eltern und den Kindern herauszufinden, ob diese Barrieren da sind oder nicht und ob es vielleicht noch andere Barrieren gibt, die uns überhaupt nicht klar sind. Warum ist das so wichtig, das zu benennen? Wenn ich in der Presse oder auch sonst über Inklusion lese, dann habe ich das Gefühl, dass sehr viel über behinderte Kinder gesprochen wird. Zu Recht. Behinderte Kinder brauchen mehr Sichtbarkeit. Behinderte Kinder brauchen viel mehr Zugang zu Regelschulen, zeit.

Speaker 3:

Als Lehrerin denke ich bin jetzt seit 17 Jahren im Schuldienst dann hatte ich bisher sehr wenige in Anführungsstrichen offensichtlich behinderte Kinder. Ich hatte kein körperlich behindertes Kind bisher in meiner Klasse sitzen, und ich hatte auch kein. Also ich hatte einfach bisher kein Kind in der Klasse sitzen, über das gesprochen wird, wenn über Inklusion gesprochen wird. Aber eben halt sehr, sehr viele von den anderen Kindern Und die gehören ja aber auch dazu, wenn über Inklusion gesprochen wird sehr deutlich, denn es wird sehr deutlich gemacht, auch in den Schulgesetzen, dass die UNBRK, der Artikel 24, ich erwähne ihn nochmal, das kann bitte jeder nachlesen, das ist recht übersichtlich und einfach nachzulesen.

Speaker 3:

Die finden sich auch in den Schulgesetzen wieder. Es wird aber auch sehr deutlich von Einschränkungen der Aufmerksamkeit zum Beispiel gesprochen oder von psychischen Problemen. Es wird auch von einer Lese oder Rechenschwierigkeit gesprochen, und das alles im selben Kontext, nämlich zum Beispiel, wenn es um den Nachteilsausgleich oder eben um den Bereich Förderung geht. Also sprechen wir, wenn wir von Inklusion sprechen, von einer großen Gruppe. Die ist viel größer, als wir es uns vorstellen.

Speaker 3:

Wir sprechen von einer Gruppe, die besteht aus jungen Menschen, die Barrieren zu kennen und diese Barrieren zu sehen und zu versuchen, diese Barrieren abzubauen in Anführungsstrichen beziehungsweise zumindest Lösungen zu finden, sodass diese Barrieren, die da sind, die nicht abgebaut werden können Stichpunkt 30 Kinder in der Klasse, das ist eine Barriere für sehr viele, für manche aber halt eine größere als für die anderen Diese Barrieren zumindest anzuerkennen, zu sehen und zu sehen, dass das Schwierigkeiten erzeugt und dass das Schwierigkeiten erzeugt, die für Inklusion kämpfen und für die Sichtbarkeit von Inklusion kämpfen. Ich habe eine solcher Person eingeladen, und ich bin unfassbar aufgeregt gewesen. Das werdet ihr merken, ich bin gar nicht so spontan und auch nicht so frech in Anführungsstrichen wie sonst. Das war jetzt einfach. Es war einfach für mich ein ganz besonderes Gespräch. Es waren ganz besondere Situationen, die ich mich da selbst gebracht habe, dadurch, dass ich angefragt habe.

Speaker 3:

Und ich habe aber in diesem Gespräch sehr deutlich gemerkt, eben nicht nur, dass ich im Gegensatz zu sonst wahnsinnig gut vorbereitet gewesen bin und mir das vielleicht auch im Wege stand, das habe ich ja schon öfter festgestellt mit meinem ADHS-Gehirn, dass es für mich manchmal eher hinderlich ist, wenn ich gut vorbereitet bin, weil ich dann weniger spontan bin.

Speaker 3:

Und die guten Sachen, also die Sachen, die mir sonst einfallen, die sind mir nicht eingefallen. Leider Aber war ich ein bisschen überrascht davon, dass sich meine Vermutung bestätigt hat, dass Inklusion auch von Fachkräften muss und auch dann stattfinden muss, wenn eben kein körperlich behindertes Kind in der Klasse ist, und dass eben Lehrkräfte dadurch, dass sie jeden Tag in Kontakt kommen mit neurodivergenten Kindern, dass sie jeden Tag Inklusion machen müssen Und dass sie sich da eben auch auskennen müssen, damit sie das gut machen können, ja, also, es ist eben nicht so, dass wir warten können, bis dann mal ein Kind in der Klasse ist, das eben eine bestimmte Behinderung mit sich bringt, um uns dann eben darauf einzustellen. Das gehört auf jeden Fall dazu.

Speaker 3:

Also ich stelle mir jetzt gerade vor, ich bekomme zum ersten Mal ein blindes Kind in meine Klasse gesetzt. Für mich wäre das kein Hindernis, dieses Kind zu unterrichten und mich bestmöglich einzulesen und mich bestmöglich darauf vorzubereiten und mein Bestes zu tun, dass das funktioniert, dass ich würde meiner Pflicht hier nachkommen und würde mich hier sehr dafür einsetzen. Aber natürlich ist es so, ich kann mich jetzt nicht darauf vorbereiten, dass ich vielleicht mal irgendwann ein blindes Kind in meiner Klasse sitzen haben werde. Das wäre jetzt im Moment vergeudete Arbeitszeit. Also da stimme ich voll und ganz zu, dass eben bei besonderen, besonders in Anführungsstrichen also dass bei Behinderungen, die in den Regelschulen nicht so häufig vorkommen, dass wir da uns dann vorbereiten, wenn es soweit ist, dass das unsere Verpflichtung ist, das sollte klar sein.

Speaker 3:

Also, wie gesagt, die UN-BRK, die steht ja auch über allen Schulgesetzen und ist allgemein gültig und umfasst sogar extra noch den Bereich Bildung und Schule. Aber wenn wir denn schon tagtäglich mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt sind, die eben auch Inklusion brauchen, die das auch brauchen, dass wir das leben, was uns aber vielleicht gar nicht bewusst ist, dass das mit Inklusion zu tun hat, dann sind wir an einem Punkt angekommen, wo ich sagen muss doch wir müssen hier tatsächlich dafür sorgen, dass die Lehrkräfte gut fortgebildet sind im Umgang mit jetzt zum Beispiel neurodivergenten Kindern und Jugendlichen, und da für mich gehören da auch die dazu, die psychisch erkrankt sind, kinder und Jugendliche, die traumatisiert sind. Denn wir sehen, wenn wir uns hier gut vorbereiten, dass diese Kinder und Jugendlichen unterschiedlich reagieren, ganz anders reagieren zum Beispiel als Kinder und Jugendliche, die nicht traumatisiert sind. Genauso reagiert ein Kind, das ADHS hat, ganz anders auf bestimmte Situationen, als es eins tut, das keine ADHS hat. Und manchmal gibt es Überschneidungen oder sehr ähnliche Verhaltensweisen zwischen Kindern, die traumatisiert sind, und Kindern, die eine ADHS haben.

Speaker 3:

Und wir können gar nicht auseinanderhalten, ist es das eine oder das andere. Das Ding ist. Wir müssen das auch gar nicht auseinanderhalten. Wir müssen nur wissen, dass dieses Verhalten, das wir beobachten, unter Umständen einen Grund haben könnte Und dass da vielleicht Barrieren da sind, dass da vielleicht irgendetwas sein könnte, was ich nicht sehe Oder was ich durchaus sehe Eigentlich sehe ich es ja. Sehe oder was ich durchaus sehe.

Speaker 3:

Eigentlich sehe ich es ja, ich sehe ja das Verhalten, ich sehe, dass da was ist, aber mir ist noch nicht klar, was genau das Problem ist, und dass ich dann eben auf die Suche nach dem Problem gehe, gemeinsam mit den Eltern, die mir vielleicht auch sogar schon alle Hinweise geben können. Die können mir vielleicht schon alle Barrieren nennen meistens, tatsächlich können sie mir schon sehr, sehr viele Barrieren nennen, ich muss nur gut zuhören Oder im Kontakt mit dem Kind selbst, falls es denn in der Lage ist, die Barrieren zu benennen. Aber dieser Schritt, der ist notwendig, diesen Schritt braucht es, wenn wir Inklusion wirklich leben wollen, und eigentlich fragt uns niemand, ob wir wollen, wir müssen. Und ich möchte wirklich betonen jetzt kommt gleich dieses Gespräch. Halt euch jetzt nicht mehr länger davon ab, dieses Gespräch anzuhören. Ich möchte wirklich darauf hinweisen, dass mir vollkommen klar ist, dass es keinen Unterschied gibt und dass Inklusion Haltungssache ist, und ich weiß genau, was damit gemeint ist. Ich habe nur das Gefühl, in dem Gespräch, das ihr jetzt gleich hören werdet, wurde das nicht so richtig klar, und ich war nicht in der Lage, das nochmal klarer zu differenzieren.

Speaker 3:

Auf der einen Seite, weil ich eben, wie gesagt, ein bisschen starstruck war, und auf der anderen Seite, weil ich vielleicht zu viel vorbereitet gewesen bin, zu wenig spontan reagieren konnte. Und drittens, weil ich wirklich ein bisschen überrascht gewesen bin, wie wenig klar dann doch diese Problematik im Schulalltag gewesen ist. Bei Raul Jetzt habe ich den Namen zum ersten Mal gesagt. Ich spreche heute mit Raul Krauthausen, und ich bin so dankbar, dass er sich die Zeit nimmt, um in so einen Podcast zu kommen wie meinen Podcast, in dem ja betroffene Menschen sprechen und in dem es um Schule geht. Und dass er sich diese Zeit nimmt, um das zu machen, das finde ich unglaublich toll.

Speaker 3:

Ich möchte darauf hinweisen, dass ich unten in den Shownotes Rauls Projekte verlinkt habe und dass ich auch die Seite verlinkt habe, wo ihr hinspenden könnt, denn das, was Raul tut tagtäglich, das ist wirklich unterstützenswert, und ich würde euch bitten, hier mal raufzuschauen und, wenn ihr könnt, auch etwas zu spenden. Ich wünsche euch jetzt ganz viel Spaß beim Hören. Hier ist Raul Krauthausen. Raul, ich habe vor ein, zwei Monaten eher zwei Monate diese Podcast-Folge von dir gehört, im Aufzug mit Aladin El Mafalani.

Speaker 4:

Oh ja.

Speaker 3:

Und ich wollte die ganze Zeit mitreden. das ist genau mein Thema. Also, es ging ja um Inklusion, es ging ganz viel um Schule, und was darf Schule, was darf Schule nicht, und das hat mich einfach so angeregt, dich anzuschreiben. Also da bin ich wirklich über meine Grenze gegangen und habe gesagt, ich probiere das jetzt, ich schreibe dich an. Ich möchte unbedingt mit dir über Schule und Inklusion sprechen, und deswegen freue ich mich total, dass du da bist. Herzlich willkommen, vielen.

Speaker 4:

Dank für die Einladung. Ja, an die Folge mit Aladin El Mafalani erinnere ich mich auch sehr gerne zurück, und ich rede auch sehr gerne über das Thema.

Speaker 3:

Deswegen bin ich auch gerne hier in dieser Podcast-Folge, dass du selbst auf eine der ersten inklusiven Schulen gegangen bist, in der eben behinderte nicht behinderte Kinder miteinander unterrichtet wurden.

Speaker 4:

Und inwiefern hat dich jetzt diese Schulzeit geprägt? genau das zu tun was du jetzt tust.

Speaker 4:

Also ich würde jetzt nicht sagen, dass es so eine direkte Prägung war, sondern ich wollte eigentlich nie der Berufsbehinderte werden. Ich wollte mit dem Thema Behinderung auch nichts zu tun haben, auch nicht in meiner Schulter. Mensch, obvious Ja. Und ich hatte halt auch noch andere Interessen und Hobbys und habe sie auch immer noch Und habe die erstmal versucht zu schärfen und zu entwickeln und auch auszuleben, habe dann Werbung studiert und so weiter. Und ich habe mich dann aber irgendwann Mitte 20 oder so immer mehr mit dem Thema Inklusion bei Regelfreiheit und Teilhabe auseinandergesetzt, und dann fiel mir immer wieder auf, dass irgendwie gesagt wurde ja, inklusion in der Schule ist so wichtig. Und ich habe diese Aussage nicht verstanden. Ich bin ja inklusiv beschult worden, und ich weiß nicht, warum die Leute 20 Jahre später immer noch so reden, als wäre es ein bürgerliches Dorf, und habe es einfach nicht begriffen und bin dann immer weiter in diese Materie eingetraut. Ich bin ja auch kein Pädagoge, kann ja nur aus meiner subjektiven Erfahrung als Schüler berichten, und die Pädagoginnen sagen mir ja also ganz ehrlich seit der Fleming-Grundschule das war meine Grundschule, auf der ich war Also seit der Fleming-Grundschule, das war meine Grundschule, auf der ich war, die ja auch eine der maßgebenden Schulen ist, was Inklusion angeht oder zumindest lange war, hat sich gar nicht so viel getan seitdem, und das hat mich ganz schön entsetzt.

Speaker 4:

Und dann habe ich gedacht okay, bildung ist Ländersache, du kannst mit Bildungspolitik als Politiker in keinen Blumentopf gewinnen. Das heißt, da passiert auch wenig. Es gibt Leute, die sagen, die Schule ist langsamer reformiert als die katholische Kirche. Und dann stellt man fest, dieses mehrgliedrige Schulsystem, was ja eigentlich vielgliedrig ist, wenn wir ehrlich sind, also Sonderschule, hauptschule, realschule, gymnasialschule bzw Gesamtschule, das ist Teil des Problems, dass Kinder viel zu früh aussortiert werden oder überhaupt sortiert werden. Und dann habe ich Parallelen entdeckt zu meiner eigenen Arbeit, wenn es um den allgemeinen Arbeitsmarkt geht und Behinderung und Inklusion, mediale Repräsentation behinderter Menschen, dass das alles eben noch sehr einseitig betrachtet wird, und zwar immer aus der Perspektive der Nichtbehinderten und nie aus der Perspektive der Betroffenen.

Speaker 3:

Es wird tatsächlich sehr, sehr viel über behinderte Menschen gesprochen und wenig mit behinderten Menschen, habe ich so das Gefühl. Also, auch wenn ich an die vielleicht ganz ehrlich sind, vielleicht zehn Minuten in meiner Ausbildung zur Lehrerin gewesen, in denen mal vielleicht über Behinderung gesprochen wurde, summa summa rum, es ist jetzt nicht so, als hätte ich da viel darüber gelernt, aber wir haben nichts, gar nichts von Behinderten über ihre eigene Wahrnehmung in Schule oder was sie bräuchten, gelernt.

Speaker 4:

Nichts. Ja, ich bin auch ein bisschen zwiegespalten, wenn ich ehrlich bin, weil es ist eigentlich auch in den letzten Jahren immer häufiger. Ich warne so ein bisschen davor, dass wir erwarten, dass man eine Ausbildung bekommt, wenn es um das Thema Inklusion geht, weil Eltern von behinderten Kindern waren vorher auch nicht ausgebildet, behinderte Menschen waren vorher auch nicht ausgebildet. Das heißt, darauf zu warten, bis wir alle die Spezialausbildung habenare, ist aber auch eine andere. Das lernt man aber wahrscheinlich beim Machen und nicht in der Theorie aus dem Buch, und deswegen finde ich es eher wichtig, dass man LehrerInnen dazu verpflichtet, auch Kinder mit Behinderungen zu unterrichten, und wenn sie nicht wissen wie, dann sollen sie es halt lernen, aber im Moment am Kind in der Klasse, und nicht warten, bis alle LehrerInnen ausgebildet sind.

Speaker 4:

Ja, da hast du recht Es gibt auch keine SonderpädagogInnen, die alle Behinderungsformen gelernt haben. Das gibt es nicht. Auch an gehörlosen Schulen wird nicht Gebärdensprache gesprochen. Das gehört zur Wahrheit dazu. Das heißt, manchmal wird es auch so ein bisschen als Schutzargument gebraucht. Darum wollen wir uns jetzt mit dem Thema Inklusion noch nicht auseinandersetzen.

Speaker 3:

Ja, du hast total recht, das ist so ein Verschieben. Es gibt sowieso ganz viele Möglichkeiten, sich innerhalb des Schulsystems hinter nicht fertig gebauten Zimmern zu verstecken, also zu sagen, hier, ach ja, das ist ja noch nicht gemacht, und hier ist noch nicht gemacht, und das ist noch nicht vorbereitet, also kann ich ja nicht, das ist schon so ein ganz klassisches Argument.

Speaker 4:

Wir haben ja definitiv ein Hardware-Problem Also die.

Speaker 4:

Schulen sind ja kaputt, Die Gebäude sind kaputt und marode, werden nicht schnell genug saniert und renoviert. Aber irgendwann da geht ja die Reise hin wird jede Schule einen Aufzug haben, Und irgendwann wird jede Schule irgendwie für Kinder mit Behinderung theoretisch zugänglich sein. Aber wenn wir, sagen wir mal, mit dem Lehrpersonal nicht nachziehen und einfach das vielleicht damit verbinden zu sagen, sobald eine Schule einen Aufzug hat, muss der Sportlehrer auch heute fahrende Kinder unterrichten, auch wenn er nicht weiß, wie, Aber dann muss er es halt lernen in dem Moment. Es gibt dazu zahlreiche YouTube-Videos, Literaturorganisationen, Vereine, die das alles schon mal gemacht haben. Und ein blindes Kind hat andere Bedürfnisse als ein gehörloses, als ein körperbehindertes oder neurodivergentes Kind.

Speaker 3:

Das kann man sowieso nicht alles in einer.

Speaker 4:

Ausbildung lernen.

Speaker 3:

Absolut, und ich würde aber trotzdem behaupten, ganz viele Lehrkräfte unterrichten jetzt schon Kinder mit Behinderungen im Unterricht, ohne dass ihnen bewusst ist, dass sie das tun, und sie sind damit heillos überfordert. Ich spreche jetzt gerade tatsächlich mal das Thema Neurodiversität an beziehungsweise Neurodivergenz und neurodivergente Kinder, die ja im Sinne der UN-BRK eben genauso inklusiv beschult werden sollen wie auch Menschen mit einer Behinderung, die vielleicht offensichtlicher ist oder wo man sich vielleicht unter dem Begriff Behinderung direkt das vorstellt, was es ist, ja etwas, was wir offensichtlich vielleicht wahrnehmen können, und daran gerade gehen wirklich viele Lehrkräfte etwas zugrunde, würde ich sagen.

Speaker 4:

Ja, ich bin ehrlich gesagt, da werden wahrscheinlich viele Leute geredet für diese Aussage, aber ich bin ehrlich gesagt auch skeptisch in Zwiebel Spalten, weil also das Thema Neurodivergenz ist ja ein relativ neues Thema. Das gibt es noch nicht so lange, wird noch nicht so lange diskutiert, und wir können auch die Frage stellen, warum auf einmal Und ich glaube, das hat viel auch damit zu tun dass einfach die Diagnostik besser wurde. Man könnte auch sagen, der Zappelphilipp oder die Stille Lisa, die bei uns in der Grundschule dabei war, die hatte einfach früher keine Diagnose, die war aber trotzdem da Und jetzt zu sagen, die LehrerInnen zerbrechen an Schülern, ist grundsätzlich ein falscher Blick auf das Thema.

Speaker 4:

Wir alle zerbrechen am System, und vielleicht ist früher der Zappel, vielleicht wurde die Stille dieser in der Klasse zerbrochen, weil sie nicht gesehen wurde. Und jetzt auf einmal gibt es eine Aufmerksamkeit für ein Thema, aber nicht mehr Unterstützung für die LehrerInnen. Und ich bin sehr vorsichtig, wenn man sagt, die Kinder zerbrechen an Schülern, dann ist man sehr schnell am System sprengen, und das ist einfach die falsche Perspektive. Und ehrlich gesagt, in meiner Klasse gab es bestimmt auch eine Stimme dieser und Zappelphilipp. Aber es gab auch Kinder, deren Eltern Alkoholiker sind. Es gab auch Kinder, deren Eltern gestorben sind oder sich gerade getrennt haben, und die können auch die Klasse herausfordern. Und ich glaube, wir müssen insgesamt einen pathischeren Unterricht hinbekommen. Und den kriegen wir nur hin und das sagt auch Aladin El-Mafralani, das sagt Jutta Schüller, das sagen all die ganzen Experten, die sich ein bisschen länger als wir beide wahrscheinlich damit auseinandergesetzt haben. Die Antwort ist 90 Prozent aller Probleme kriegen wir gelöst mit kleinen Klassen und mehr Pädagogen.

Speaker 3:

Klar ja.

Speaker 4:

Aber nicht mit mehr Ausbildung. Ja, Eine. Lehrkraft kann nicht mehr als 25 Kinder machen. Das geht einfach nicht, Egal wie gut die Ausbildung ist.

Speaker 3:

Du hattest tatsächlich. Also danke für diese Ausführung. Ich sehe das genauso wie du. Du hattest tatsächlich. Also danke für diese Ausführung. Ich sehe das genauso wie du. Du hattest auch in dieser Folge mit Aladin gesagt seit wann ist das überhaupt sagbar geworden? Also, seit wann darf eine Lehrkraft sagen, dass sie sich zum Beispiel einem bestimmten Kind nicht annehmen möchte, oder dass es ihr zu viel ist, dieses Kind noch mit aufzunehmen in die Klasse und so weiter? Und ich kann mir vorstellen, dass diese Sichtbarkeit der vielen neurodivergenten Kinder viele von denen haben einen Grad der Behinderung, viele von denen haben einen Pflegegrad, also es ist ja tatsächlich ein aktives Umdenken da auch, was die Beeinträchtigung im Alltag angeht dieser Menschen, umdenken da auch, was die Beeinträchtigung im Alltag angeht dieser Menschen.

Speaker 4:

Aber die Sichtbarkeit des Problems führt vielleicht auch dazu dass sie sagen, das kann ich jetzt nicht mehr, aber diese Erzählung gab es ja schon immer.

Speaker 4:

Dass LehrerInnen sagen was sollen wir denn noch alles machen? Das haben die auch in den 80ern gesagt. Ich weiß nicht, inwieweit das einfach so zum Beruf des Lehrers gehört, wie sie pervertete Stöhne und überfordern, und wie viel es wirklich an war. Ich kann mich halt erinnern, da ist die Mauer gefallen in den 90ern, da wurde in der Schule gesagt jetzt sollen wir auch noch die Kinder aus der DDR unterrichten. Dann gab es 1993 den Jugoslawien-Konflikt. Oh, jetzt sollen wir auch noch die Kinder aus Jugoslawien aufnehmen, und die können ja kein Deutsch. Also, die Themen haben sich irgendwie wiederholt, Und ja, es wird Dinge geben, die wir nicht vorhersehen können.

Speaker 4:

Dann gerade in Pisa ist natürlich auch ein großes Problem, dass dann LehrerInnen in der gleichen Arbeitszeit immer mehr machen sollen Und dass vielleicht auch zu Hause nicht mehr das unterrichtet wird, was vielleicht vor 30 Jahren unterrichtet wurde, weil LehrerInnen, eltern auch arbeiten gehen müssen, jetzt erwartet wird, dass die Mutter auch arbeiten geht und so. Das bedeutet, kinder verbringen einfach wahrscheinlich auch mehr Zeit und lernen mehr in der Schule, als sie vielleicht zu Hause lernen, auch durch diese gesellschaftliche Entwicklung, sodass da einfach nicht nachgebaut wurde, nachjustiert wurde, dass es dann eben mehr Lehrkräfte gibt. Aber ich bin wirklich vorsichtig, das an einzelnen Marginalisierungsgruppen festzumachen. Also, es gab auch 1920 die Erzählung. Sobald Mädchen in der Klasse sind, lernen die Jungs langsamer, weil die Jungs abgelenkt sein könnten wegen der Schönheit der Mädchen. Und das ist nichts anderes, als zu sagen, die nichtbehinderten Kinder lernen langsamer, sobald behinderte Kinder in der Klasse sind, weil die ja den Rundweg aufhalten. Und das ist einfach eine Unterstellung. Das stimmt einfach nicht.

Speaker 3:

Ja, so ist es. Es gibt übrigens also ich muss da jetzt gerade echt ein bisschen schmunzeln aber es gibt immer noch Schulen, die sagen, die Mädchen müssen sich noch bedecken, weil die Jungs sonst nicht lernen können. Also sind wir nicht viel weiter gekommen.

Speaker 4:

Ja, wir müssen einfach Jungs erziehen.

Speaker 3:

Ja, unglaublich, ja super interessant, was du sagst, auf jeden Fall. Also, ich kann dir sagen, ich bin jetzt seit 17 Jahren Lehrerin.

Speaker 4:

Ich mache den Beruf übrigens unfassbar gerne. Welche Klassestufe?

Speaker 3:

Ich unterrichte am Gymnasium, also an der schlimmen Schule, was Inklusion angeht, an der ganz schlimmen Schule. Am Gymi. Am Gymi. genau Insofern unterrichte ich tatsächlich ganz viele verschiedene Klassen.

Speaker 4:

Welche Fächer.

Speaker 3:

Oberstufe Bio und Mathe.

Speaker 4:

Wow.

Speaker 3:

Ja also auch noch Lieblingsfächer.

Speaker 4:

Mathe LK.

Speaker 3:

Mathe LK habe ich schon oft gehabt, dieses Jahr nicht. Dieses Jahr habe ich ein Bio LK, aber kein Mathe LK. Wow.

Speaker 4:

Also, ich hatte Mathe LK, und das war echt hart. Ja, Da habe ich wirklich gelitten, oh nein, aber es war okay, ich habe es überlebt.

Speaker 3:

Ja, das hast du offensichtlich. Ja, also in diesen 17 Jahren, in denen ich jetzt Lehrerin bin, hat sich die Schullandschaft ganz, ganz gravierend geändert, und ich würde gar nicht sagen, nur zum Schlechten. Aber es hat sich natürlich insofern was geändert, als dass ein verbindlicher Ganztag irgendwie da mal reingerutscht ist ohne Personal. Das ist natürlich ein Riesenthema. Also zu sagen, okay, wir machen jetzt verbindlichen Ganztag, aber wer macht das denn? Na klar, dann halt erstmal die Lehrkräfte. Dann wurden die Klassen tatsächlich immer ein bisschen größer, dann werden die Fulen Sonderschulen schaffen wir ab, beziehungsweise reduzieren wir deutlich, und die ganzen Kinder kommen jetzt in die Regelschulen rein.

Speaker 3:

Und dadurch ist schon so einfach. Ich vergleiche das immer so ein bisschen mit so einem Dampfdrucktopf, in dem sich so immer mehr anstaut, und irgendwann muss das Ding doch mal platzen. Also so, irgendwann hält das das ganze System nicht mehr aus. Und ich meine damit nicht die Lehrkräfte, sondern die Kinder und Jugendlichen, wenn man da genau hinschaut. Denen geht es überhaupt nicht gut in den letzten Jahren, und auch Eltern und Elternhäusern geht es überhaupt nicht gut. Die können das auch nicht auffangen, was jetzt zum Beispiel in der Schule nicht geschafft wird usw.

Speaker 4:

Das ist schon echt deutlich mehr geworden. Aber auch da ist die Erzählung mir zu einfach zu sagen, es liegt an der UN-BRK, weil es lag vielleicht auch am Ganztagssystem, es lag auch an der gesellschaftlichen Gesamtsituation des Eltern zu Hause an, weil ich mir die Aufmerksamkeit bringen kann, wie es früher mal der Fall war. Ich finde, es wirkt so ein bisschen wie Gefahr und das sehen wir ja auch gesamtgesellschaftlich in Deutschland wie dann diskutiert wird, dass plötzlich die Ausländer schuld sind für die Klimakrise, und dann denkst du so nee, das ist irgendwie ein falscher Schluss, der dann aufgezogen wird.

Speaker 3:

Nee, ganz wichtig, dass du das trennst. danke, Ich wollte überhaupt nicht den Eindruck erwecken, dass diese Kinder Sonderpädagogen gelandet sind, wenn man die Sonderschulen abschafft, und wenn da nicht nachjustiert wurde, quasi.

Speaker 4:

Es spricht aber auch und das wird mir manchmal zu wenig diskutiert in dieser ganzen Inklusionswelt wenn wir uns wirklich sorgen um die Kinder, dann müssen wir uns gleichermaßen sorgen um die Kinder mit Behinderung an Sonderschulen. Aber die Mehrheitsgesellschaft ist eher froh, sich mit diesem Thema nicht auseinandersetzen zu müssen, und redet dann von den Sorgen der Kinder, meint aber eigentlich nur die eigenen Kinder im Gymnasium und redet aber nicht allgemein von Kindern, kinder in Sommerschulen. also nehmen wir doch mal so ein angebliches System-Sprenger-Kind, das aus dem Gymnasium rausflog, weil es das System sprengte. Wo wird es denn dann sein?

Speaker 3:

Das wird in einer Sonderschule sein. Ganz genau das geht in einer Förderschule Mit anderen.

Speaker 4:

Kindern, die Systemsprengerkinder sind, und dann werfen die nur noch Stühle durch den Raum. Und wie soll denn da ein Unterricht gelingen? Und ist es wirklich gesünder, wenn alle Stühle werfen, oder ist es nicht? und so ehrlich, finde ich, muss man auch sein. Es wird ja immer damit argumentiert, dass ein zweitens auffälliges Kind ja einen Stuhl durch die Klasse werfen könnte. Ja, das kann passieren, das passiert aber auch in Klassen ohne Kinder mit Behinderung. Also, in meiner Klasse flogen Stühle Mehrfach, und obwohl ich Glas machen habe, flogen da Stühle. Und ja, das Leben ist gefährlich. Ja, klasse, schule ist immer eine Schicksalsgemeinschaft. Wir können uns die Kinder nicht aussuchen. Aber es ist garantiert nicht klug, stühle werfen, die Kinder in einen Raum zu stecken.

Speaker 3:

Nee, ganz bestimmt nicht. Gesellschaft ist ja auch eine Schicksalsgemeinschaft.

Speaker 3:

Wir können uns ja nicht aussuchen, mit wem wir unsere Zeit verbringen. Ich finde sowieso dieses Aussortieren, das finde ich schrecklich. Bei mir war das zum Beispiel so in meiner Grundschule. Ich erinnere mich da sehr, sehr gut dran, als ich Schülerin war. Da hatte ich einen Jungen neben mir sitzen. Der war im Nachhinein würde ich sagen, auf jeden Fall mal ADHSler. Und dann stellt sich die Frage was vielleicht noch? Der konnte überhaupt nicht still sitzen. Den hat man dann vorne zu mir gesetzt, was ganz lustig ist, weil ich konnte auch nicht still sitzen. Aber das hat halt niemanden interessiert damals, weil ich ein Mädchen war. Und der hat irgendwann, der war so wütend auf mich. Dann hat der seinen Bleistift genommen und hat mir diesen Bleistift so bam seitlich reingerammt. Ich hatte dann hier drin.

Speaker 3:

In meinem Gesicht hatte ich dann diesen Bleistift stecken. Jetzt kommt eine kleine Anmerkung aus dem Off. Nicht erschrecken Ich also. Schon direkt nach dem Gespräch habe ich mir gedacht was erzähle ich da? Das war eine Schere. Tatsächlich steckte in meinem Gesicht eine Schere, ungefähr zwei Zentimeter unter dem Auge, und der Bleistift steckte in meiner Hand. Nur so viel dazu. Ich wollte das nur klarstellen, weil nicht, dass jemand das hört und sagt die kenne ich doch. Das war doch gar kein Bleistift im Gesicht. Nein, nein, das war eine Schere, und dieser Junge war von diesem Tag an nie wieder in der Schule, Nie wieder.

Speaker 3:

Ja, Ich habe den nicht mehr wiedergesehen, und für mich jetzt als Betroffene ich war da erschrocken, aber ich habe mir tatsächlich meine ganze restliche Schulzeit lang habe ich mir Gedanken um diesen Jungen gemacht. Ich habe mich immer gefragt wo ist denn der jetzt gelandet? Was ist mit dem? Das wurde uns auch nicht erklärt.

Speaker 4:

Hättest du das gewollt?

Speaker 3:

Dass er geht. Ja, Nee, hätte ich nicht gewollt. Genau, nee, das war eine. Konsequenz das haben die Lehrkräfte entschieden, klar. also das war nicht in Ordnung, was er da gemacht hat Und es ging auch tatsächlich nahezu also es.

Speaker 4:

Das Auge hätte es auch gehen können.

Speaker 3:

Ihr könnt es jetzt draußen nicht sehen, aber das waren drei Zentimeter unter meinem Auge. Das hätte da auch reingehen können, und dann hätte ich ein anderes. Problem gehabt, aber es wurde da nicht drüber gesprochen? der war einfach weg, fertig aus. Und an den denke ich auch heute viel, wenn ich über Kinder spreche und darüber, dass sie schnell aussortiert werden und dass eben auch nicht adäquat reagiert wird, denn die Intention dieses Jungen war es garantiert nicht mein Auge auszustechen.

Speaker 4:

Genau, das spricht ja ein bisschen von einer Überforderung des Systems, Absolut Genau. Und kleine Klassen und mehr Pädagogen könnten da zumindest, sagen wir mal, den Druck aus der Klasse rausnehmen. Und natürlich gibt es auch und das sagen auch alle Bildungsexperten, es gibt Schlüssel, die auch gut sind für Vielfalt. Mit Behinderung in einem Raum ist auch für diesen Vielfaltsaspekt genauso, kann genauso schädlich sein wie zu viele nichtbehinderte Kinder in einem Raum. Also, wenn du das einzige behinderte Kind bist in der Klasse, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass du gemobbt wirst oder sagen wir mal Außenseiter bist, natürlich auch größer, als wenn du zu viert seid.

Speaker 3:

Ja, das ist richtig. Und wie du vorhin schon sagtest, zu viele Kinder auch nicht gut. Und dann gucken wir mal in die Förderschulen rein. Wie sieht es denn da aus? Also, Förderschullehrkräfte berichten, dass sie zum Teil alleine zuständig sind für neun oder zehn autistische Kinder. Das ist natürlich nicht machbar, das wissen wir doch. Also ja, Ich wollte tatsächlich ganz kurz fragen, wie denn in deiner Schule reagiert wurde. Du hast vorher gesagt, da haben die auch Stühle geworfen. Wie wurde darauf reagiert, dass da jemand Stühle geworfen hat?

Speaker 4:

Also dann war klar, dass das nicht in Ordnung ist. Das wurde dann auch schon sanktioniert. Dann wurde der Jürgen mal kurz vor die Klasse gesetzt oder neben den Zeitstärksten gesetzt, damit das irgendwie nicht so schnell eskaliert, und es wurde halt, glaube ich, für den Tag dann immer dafür gesagt, dass er nicht alleine ist, dass immer ein anderes Kind dann auch dabei ist, um ihn zu beruhigen oder abzudenken oder so. Also, ich glaube, die Kinder haben sehr viel übernommen, was so auch die Konflikte, die Eskalation angeht in der Klasse, weil die LehrerInnen das auch nicht immer alles mitbekamen. Der Stuhl flog dann halt in der Pause, und dann wurde es halt erst danach der Lehrerin erzählt. Aber ich hatte den Eindruck, dass da muss man ja die Kinder fragen, die die Stühle werfen, oder so dass die trotzdem nicht, dass es keine Angst vor denen gab. Ja, das wollte ich fragen, genau Dass, die das dann irgendwie eher verstanden haben. Ja, der hat halt einen Ausriss da. Morgen ist wieder gut, oder eigentlich ist er ganz nett, oder so Man muss halt da aufpassen.

Speaker 3:

Ich beobachte das nämlich in Regelschulen, dass das dann sehr stark kriminalisiert wird. Das, was ich eben von dem Jungen berichtet hatte, der da den Bleistift in mein Gesicht gehauen hat, wird dann so kriminalisiert, und es wird überhaupt nicht geschaut. Jemand, der sich so verhält, der muss weg. Das finde ich super gefährlich, finde das einen ganz, ganz gefährlichen Gedanken, den man so einem anderen Kind mitgeben kann, weil es gibt einfach viele Menschen, sehr viele Menschen, die mal ausrasten, weil ihnen irgendwas zu viel ist.

Speaker 3:

Und das ist nicht immer gleich kriminell, sondern da steckt vielleicht auch was anderes dahinter. Also, sehr wahrscheinlich sogar steckt da was anderes dahinter. Genau, du beschäftigst dich ja jetzt schon sehr viel mit Inklusion. Du beschäftigst dich ja jetzt schon sehr viel mit Inklusion. Ihr seid da sicher auch in sehr vielen verschiedenen Gruppen zusammen und besprecht Themen, die relevant sind. Was für ein Gefühl hast du denn im Hinblick auf Neurodivergenz und die Sichtbarkeit von Neurodivergenz bei diesen ganzen Themen, wenn es um Thema Inklusion geht?

Speaker 4:

Also Neurodivergenz ist ja auch ein sehr breites Spektrum, dass ich da jetzt auch wahrscheinlich mich gar nicht genug auskenne und wahrscheinlich jetzt eher den.

Speaker 4:

Fehler machen würde, irgendeine Gruppe zu vergessen, und ich auch so ein bisschen Sorge habe, dass, wenn wir über Inklusion reden und für inklusive Schulen, für über inklusive Schulen reden, wir dann dazu neigen, einfach nur die Trennlinie zu verschieben, also dass dann gesagt wird ja okay, kinder im Räblut ist ja kein Problem, aber verhaltensauffällige Kinder oder Kinder mit Down-Syndrom oder Kinder, die neurodivergent sind, die sind schon ein Problem, und deswegen machen wir da die Linie. Aber Inklusion meint ja eigentlich, dass es gar keine Linie mehr gibt.

Speaker 3:

Richtig genau.

Speaker 4:

Es wäre schön, wir bräuchten keine Genau und dass wir dann quasi gucken müssten, was braucht jedes einzelne Kind, und das kann halt keine Ahnung wenig reizend sein. Das kann sogar sein, dass sich das ballst mit der Klassikgemeinschaft. Aber Inklusion meint auch nicht, dass man immer alles zusammen macht, sondern Inklusion meint, dass wir das meiste zusammen machen, und wenn es zum Beispiel ein Sportunterricht bei mir jetzt macht es keinen Sinn, dass ich Medizinbälle werfe mit meiner Behinderung. Und dann mache ich halt in der Zeit was anderes.

Speaker 3:

Und genauso kann man das bei Neurodivergent sehr aufbetrachten, dass man sagt, wenn dieses oder jenes überfordert, oder auch unterfordert, dann macht er oder sie eben in dem Moment was anderes, dass du jetzt keinen Medizinball wirfst und dass du jetzt im Sportunterricht nicht mitspielst beim Basketball, wobei das könntest du vielleicht. Das ist recht offensichtlich. Beziehungsweise würde man zumindest in einen Diskurs gehen mit den Eltern und abfragen was geht, was geht nicht, was ist sinnvoll, was ist nicht sinnvoll, wo müssen wir uns Alternativen aussuchen? Und das ist ja etwas, was zum Beispiel bei einem autistischen Kind in einem Musikunterricht häufig sogar eher abgelehnt wird, auch wenn da ein therapeutisches Schreiben vorliegt, dass dieses Kind Schwierigkeiten hat damit.

Speaker 4:

Genau das ist ja die Frage. Wer ist dann verantwortlich? Genau das ist ja die Frage. Wer ist dann verantwortlich? Und ich glaube, wir müssen anfangen zu lernen, als SchülerInnen, als Elternschaften, als LehrerInnen nach oben zu treten, also eben das System zu kritisieren und nicht die Kinder oder nicht die Familien oder die Merkmale. Und da, glaube ich, ist wirklich das große Problem, dass LehrerInnen gar keine Zeit mehr haben, sich fortzubilden während ihrer Arbeitszeit, dass sie immer mehr arbeiten müssen, dass die Klassen immer größer werden und dass natürlich auch die ich glaube, aladin El-Mafailani nennt es die Superdiversität.

Speaker 4:

Also, dass das Bildungssystem diese Superdiversität gar nicht mehr beherrschen kann. Also es gibt jetzt Kinder mit Migrationserfahrungen in der vierten Generation. Wir haben andere Themen als sie in der ersten Generation hier sind.

Speaker 4:

Es gibt Kinder mit Behinderung auch unterschiedlichster Art angebogen, erworben, diagnostiziert. Das kann man auch nicht über einen Kamm scheren, da muss man wirklich ganz genau gucken, was braucht das Kind? Ich habe eine Klassenlehrerin eine Freundin von mir ist Klassenlehrerin einer Gesamtschule Und die hat erzählt, sie guckt sich, bevor sie die Klasse annimmt, das Klassenbuch nicht an, weil sie will nicht im Vorfeld wissen, welches Kind das E-Kind ist.

Speaker 4:

Oder welches Kind Migrationsuntergrund hat. Sie möchte die Kinder selber kennenlernen, und dann fällt ihr vielleicht erst später auf, nach drei Monate, dass das Kind neurodivergent ist. Oder es fängt ihr nicht auf, aber es hat die Diagnose, oder es fängt ihr auf, aber es hat keine Diagnose.

Speaker 3:

All das gibt es, da hast du absolut recht Ich mache das übrigens auch so.

Speaker 3:

Ich möchte auch bei einer Übergabe gar nicht hören ist das jetzt eine schlimme Klasse oder eine nicht schlimme Klasse? Das sind ja so Dinge, die dann so gesprochen werden über Klassen, über einzelne Kinder. Das möchte ich alles gar nicht wissen. Ich möchte mir da mein eigenes Bild machen. Das ist auch bisher sehr sinnvoll gewesen, Außer, es gibt jetzt natürlich Dinge, die ich unbedingt wissen muss, damit mir keine Fehler passieren, die gravierend sein könnten. Aber ich glaube, das ist klar, dass wir das im Allgemeinen so nicht sagen können.

Speaker 4:

Oder worauf wolltest du dich hinaus? Ich hatte das Gefühl, du wolltest irgendwas Bestimmtes von mir hören, als du mich gefragt hast, was ich zum Thema Neurodivertien denke oder sage.

Speaker 3:

Ja, ich wollte ganz gerne. Also schau mal, ich war zum Beispiel auf einer Fortbildung jetzt Anfang diesen Jahres, und zwar war das eine Fortbildung in Baden-Württemberg. Da gibt es eine Leitperspektive, und es gibt insgesamt mehrere Leitperspektiven, aber es gibt eine im Bildungsplan verankert, und das ist etwas, das steht über den Unterrichtsinhalten in allen Fächern, und eine dieser Leitperspektiven heißt Akzeptanz und Toleranz von Vielfalt, und wir sollen also die Bildung von Akzeptanz und Toleranz von Vielfalt, wir Lehrkräfte sollten also dafür sorgen, dass wir innerhalb unseres Unterrichts, egal an welchen Stellen, egal bei welchen Themen, immer mal wieder versuchen, diese Leitperspektive so durchleuchten zu lassen ernst genommen werden und nicht nur als Bösewichte hingestellt werden, sondern dass deren Belange gesehen werden. Bin ich dort hingegangen, und es ging sehr viel um Queerness und wie man eben queere Menschen besser repräsentieren kann. Da bin ich ja sofort dabei.

Speaker 3:

Das finde ich wahnsinnig wichtig und gut. Und dann wurde eben diese Leitperspektive noch aufgezeigt, und da stand dann auch behinderte Menschen, und da waren aber sehr deutlich nicht die neurodivergenten Menschen mit gemeint, sondern es ging hier wirklich um geistige Behinderung, körperliche Behinderung, und das war auch nur ein kleines Randthema. Viel mehr auf dem Schirm hatten sie eben Queerness und Migration, also die großen Themen von Vielfalt, und da ist mir wieder bewusst geworden, dass, obwohl es doch so viele Menschen gibt, die wirklich leiden in diesem Schulsystem, weil sie falsch verstanden werden, weil sie immer wieder so, also weil auch Eltern vorgeworfen wird, sie erziehen ihre Kinder nicht richtig, sie machen hier was falsch. Das ist alles nicht real, obwohl doch die Diagnosen real sind und die Menschen wirklich berichten, was sie für Schwierigkeiten haben. Es wird nicht ernst genommen, und das hat mir eben wieder gezeigt stimmt, es wird nicht ernst genommen, es wird nicht repräsentiert, Es wird nicht gesehen.

Speaker 4:

Wir sind nicht Teil von Vielfalt dann ist die Dimension Behinderung die letzte genannte oder die erste vergessen Ja, Und Diversität meint oft dann auch nur noch Geschlecht oder eben Queerness. Aber auch Schwarze werden wahrscheinlich kaum repräsentiert, oder Kinder mit Migrationserfahrung schon, aber dann vielleicht auch nur bestimmte Kinder mit Migrationserfahrung. Aber ein italienisch sprechendes Kind oder ein schwedisch sprechendes Kind fällt dann plötzlich nicht mehr unter diese Kategorie. Vielleicht ist diese Kategorisierung insgesamt auch ein bisschen problematisch, weil man sich immer irgendwie eine Gruppe findet, in der sie vergessen wird, Und ich bin so ein bisschen vorsichtig geworden.

Speaker 4:

Ich frage mich gerade, ob ich mich damit selber widerspreche bin ein bisschen vorsichtig geworden, dieses 100 Prozent Ziel immer erwarten zu können, weil dann wäre das auch kein Eintagesworkshop gewesen oder Fortbildung, dann wäre es wahrscheinlich eine Jahresfortbildung gewesen, und selbst dann hätte man noch nicht alle ausreichend abgebildet. Da kann man auch die Frage stellen wer macht diesen Workshop? ist die Person selber beteiligt, als merkt man ja oder nein? redet die schwarze Person über Behinderung? redet die behinderte Person kann schwarz sein, dass das natürlich dann auch ganz schnell ausufern kann im Sinne von Komplexität.

Speaker 4:

Vielleicht gibt es einfach ganz viele einzelne Fortbildungen, die man machen kann, um dann ja so diesen Aspekt des lebenslangen Lernens aufzumachen und zu überlegen, wo habe ich denn gerade die größte Unsicherheit und wofür ich dann dazu Unterstützung. Aber das ist auch alles leichter gesagt als getan. Das gebe ich natürlich ganz offen zu.

Speaker 3:

Du würdest ja aber trotzdem dich immer dafür einsetzen, dass, wenn wir über marginalisierte Gruppen sprechen und deren Schwierigkeiten, dass wir eben auch an behinderte Menschen denken. Und du sagtest ja schon, behinderte Menschen ist ein Riesenbegriff, da gibt es unfassbar viele verschiedene Menschen, die damit gemeint sind. Das ist klar. Ja, Ja, Aber du würdest dich ja immer dafür einsetzen, dass die eben genannt werden, dass behinderte Menschen eben nicht vergessen werden, sondern mitgedacht werden und nicht ganz hinten, sondern vielleicht auch weiter vorne.

Speaker 4:

Also das ist zumindest das, was man in der Öffentlichkeit sieht, wenn man dich sieht und was du tust immer wieder darauf hinzuweisen, dass das einfach fehlt, diese Perspektive, und dass behinderte Menschen vielleicht auch eine relativ schlechte Lobby haben in dieser Welt im Vergleich zu queeren Menschen oder Menschen mit Migrationsgeschichte. Wobei man da auch gucken muss, kann man die über einen Kamm scheren, wahrscheinlich nicht.

Speaker 3:

Wahrscheinlich nicht nee.

Speaker 4:

Ich glaube, Schwarze haben auch andere Herausforderungen als Kinder aus Schweden.

Speaker 3:

Ja, ganz genau. Ja, das ist schon interessant, auch das in der Schule zu beobachten, wie da unterschiedlich umgegangen wird mit Migration, mit, wo die herkommen.

Speaker 4:

Ich finde den Sonderschulkontext total interessant zu schauen, wie hoch der Anteil von Kindern mit Migrationsgeschichte in Sonderschulen ist, und wenn, dann was für Nationalitäten das sind. Und es ist selten das schwedische Kind, das Zweitsprachendeutsch hat, aber es ist sehr häufig das arabisch sprechende Kind, das Zweitsprache Deutsch hat, aber es ist sehr häufig das arabisch sprechende Kind, das Zweitsprache Deutsch hat. Und da wird dann schneller attestiert, dass das Kind eine Lernbehinderung hat oder hatte, als es beim schwedischen Kind gesagt worden wäre. Also, der Rassismus im Bildungssystem ist wirklich eine Stelle, wo wir zu wenig hingeschaut haben und aktuell auch hinschauen. Es will auch niemand rassistisch sein, das steht schon. Aber trotzdem haben wir da eine Stelle, die offensichtlich Dynamiken hat, die rassistisch ist.

Speaker 3:

Ja, wir sind alle rassistisch, also alle Deutschen wachsen. Zunächst mal mit einem Grund.

Speaker 4:

Rassismus auf, genau weil niemand will es sein, oder die wenigsten wollen es sein.

Speaker 3:

Und sich dessen bewusst zu machen, dass wir erstmal so groß werden in einer Gesellschaft, die uns so prägt, und dann aktiv dagegen zu steuern. Das ist einfach das, was wir tun können, genau. Also, ich wollte viel.

Speaker 4:

Rassistisches sein. das sehen wir auch in den Umfragen, nicht dass ich da falsch verstanden werde. aber ich denke jetzt mal, als man das Bildungssystem gebaut hat, konzipiert hat und jetzt verweitet Und hier bin ich jetzt einmal wohlwollend zu sagen, dass das jetzt nicht alles AfD-BilderInnen sind- total schwierig, da dieses Thema Neurodivergenz.

Speaker 3:

Ich weiß, es ist ein neues Thema, aber die Menschen gab es ja schon immer, und sie hatten schon immer die. Schwierigkeiten, ernst genommen zu werden mit ihren Themen, weil diese Themen eben nicht so offensichtlich sofort erkennbar sind dass wir als Community der Menschen mit Behinderung vielleicht auch aufpassen müssen, dass wir uns nicht gegenseitig gegeneinander ausspielen oder uns vereinzelt lassen.

Speaker 4:

Natürlich ist das Thema Neurodivergenz unterrepräsentiert. Wenn von Inklusion die Rede ist, dann reden die meisten von dem Kind im Rollstuhl, weil das vielleicht auch das Bild ist, das man dann hat im Kopf. Das ist nicht richtig, das ist völlig klar. Aber dafür können die Kinder im Rollstuhl nichts. Unser gemeinsamer Nenner ist wahrscheinlich kleine Klassen mehr Pädagogen nicht richtig, das ist völlig klar.

Speaker 4:

Aber dafür können die Kinder im Rollstuhl nichts. Und der gemeinsame Nenner ist wahrscheinlich kleine Klassen, mehr Pädagogen. Und ich bin sofort dabei, wenn es darum geht, auch neurodivergente Kinder mit zu bedecken und zu berücksichtigen. Aber es geht nicht darum. wir haben lautes Licht, und die Schreit bekommt die Master-Aufmerksamkeit, und da habe ich gleich das Gefühl, da, die war es da auch mal zum Teil, und da habe ich gleich mal das Gefühl, da fallen. jetzt entgegnen diese Falle rein.

Speaker 3:

Ja, nee, das wollte ich so auch überhaupt nicht vermitteln. Ich weiß ja ja, ganz im Gegenteil. Ich finde das ja dann auch wieder umgedreht, finde ich es dann wieder interessant, weil also ich stelle jetzt mal eine leicht provokative Frage, aber ich glaube, sie ist wichtig Was glaubst du denn, was die meisten menschen dir für attribute zu schreiben, wenn sie dich?

Speaker 4:

zum ersten mal sehen. Das ist eine gute frage. Ich war von zwei tagen bei einem podcast beziehungsweise bei der auszeichnung von der bg6. Da gehe ich Selbsthilfe, glaube ich, als Lied. Das war so ein Twitch-Videostream mit Sayoa Alvarez Ruiz.

Speaker 4:

Die Sendung heißt Pop and Pasta, und da haben wir am Ende auch darüber gesprochen, dass ich schon gerne wissen würde, was andere über mich denken, wenn sie mich zum ersten Mal sehen, und dass, wenn ich sie aber frage, ich die Wahrheit nicht erfahre Oder mir nicht sicher bin, ob es die Wahrheit ist, sagt so ein Eher, wenn ich frage warst du dir unsicher, als du mich zum ersten Mal sahst? Dann sagen die ja, garantiert nein, auch wenn sie es vielleicht waren. Oder sie sagen nein, weil sie es nicht waren. Aber wir erfahren jetzt, was stimmt. Natürlich ist mich zu umarmen was anderes als dich zu umarmen, und ist es eher interessant oder eher irritierend oder verängstigend oder Unsicherheit auslösen, oder es ist egal. Diese nuancen würde ich mir gerne manchmal bei meinem gegenüber kennen oder wissen, weil das auswirkungen auf meine arbeit hätte. Also müssen wir umarmungsseminare machen, um die ängste abzubauen, oder es ist vielleicht einfach egal. Ich verstehe, was du meinst.

Speaker 3:

Ich verstehe sofort, was du meinst. Ich habe super oft diese.

Speaker 4:

Frage was trinkt jetzt eigentlich mein Gegenüber? Aber ich weiß halt auch und vielleicht willst du darauf hinaus dass ich halt immer erstmal der Rollstuhlfahrer bin. egal, wo ich bin, ich bin der Typ im Rollstuhl. Ich bin nicht der Typ mit der Mütze, der Typ mit der Brille, sondern ich bin immer der Typ im Rollstuhl. Und das heißt, ich betrete einen Bus, und ich bin der Typ im Rollstuhl. Ich betrete einen Supermarkt, ich bin der Typ im Rollstuhl. Ich werde dann auch der Rollstuhl genannt. daran kann man das ja ablesen. Und ich kenne Menschen mit unsichtbaren Behinderungen oder chronischen Erkrankungen, die halt dann ja meistens das irgendwie kaschieren oder verstecken und sich versuchen, so normal wie möglich zu behalten, und sobald dann aber irgendwas auffällig ist, dann sind die die Komischen.

Speaker 3:

Ja, und bei mir bin ich halt.

Speaker 4:

ich bin nicht der Komische, Ich bin halt der im Rollstuhl. Das ist relativ klar beschreibbar.

Speaker 3:

Aber man ist schon immer erstmal vielleicht ein bisschen skeptisch, oder man wartet so ein bisschen ab. Was für ein Typ ist das denn? Also auch hast du das Gefühl, du musst dich beweisen Als Mensch, Weil du im Rollstuhl sitzt.

Speaker 4:

Ja, da kommt mir jetzt ein bisschen dieser Pomi-Faktor in die Quere, weil ich dann auch nicht so genau weiß, ob ich mich als Mädchen immer so verunsichert, weil ich irgendwie keine Ahnung. 100.000 Follower habe oder ein Buch geschrieben habe, oder weil ich behindert bin, oder weil ich wirklich schwarz bin. Das werde ich, glaube ich, nie los. Als Schüler wollte ich immer normal sein, aber nicht im Sinne von nicht behindert. Ich wollte einfach nicht auffallen.

Speaker 4:

Ich wollte in der Klasse schwänzen können, ohne dass ein Rollstuhl fehlt. Ich wollte meine Hausaufgaben nicht gemacht haben, ohne dass das gleich wieder eine große Implikation hatte. Ich kitzel gerade nicht. Gut, du musst mich, oder aber genau das Gegenteil. Aber du bist doch so schlau, so, und ich konnte halt nie so unterm Radar sein.

Speaker 3:

Das kann ich super gut nachvollziehen. Das vereint uns dann doch, ne.

Speaker 4:

Ja oder auch so, keine Ahnung. Du bist auf Party, und du willst daten und klirten. Da kannst du auch nicht in der Masse verschwinden, wenn es unangenehm war, sondern du bist dann halt dieser ewige, bis du den Raum verlassen hast. Also, den wird für dich nicht immer so als dann markiert.

Speaker 3:

Ja, es ist einfach so offensichtlich, dass man vielleicht auch ganz wenig anderes noch sieht, außer eben, wie du schon so schön gesagt hast man sieht eine Person, die im Rollstuhl sitzt, aber man sieht ja eigentlich nicht die Person, sondern man sieht ja nur den Rollstuhl und was dann da für Einschränkungen vielleicht daran geknüpft sind. Und auf was ich tatsächlich hinaus wollte falls ich auf was hinaus wollte war eher, dass ich das so erstaunlich finde, dass in einer Regelschule und ich habe auch schon an Regelschulen gearbeitet, wo es Aufzüge gegeben hat, und trotzdem hatte ich bisher noch kein Kind im Rollstuhl in meiner Schule Dabei ist ja jetzt einzig und allein der Fakt, dass du im Rollstuhl sitzt, kein Ausschlusskriterium für eine Schule, in der man ja sogar still sitzen können soll. Das kannst du ja still sitzen und zuhören und mitdenken und mitschreiben. Also, es gibt ja, was das angeht, zunächst mal keine, kein Ausschlusskriterium für dich.

Speaker 4:

Ja, also, ich weiß nicht, wie das in Baden-Württemberg jetzt konkret gelöst ist. Es ist ja dann oft auch ein lokales, regionales Unterscheidung. Aber so viele Kinder im Rollstuhl gibt es wahrscheinlich auch nicht. Das sind ja plötzlich die. Es wird ja auch manchmal in der ganzen Erzählung so getan, als ob demnächst alle behinderten Kinder kommen und unsere Schulen kaputt machen.

Speaker 3:

So viel gibt es nicht, das stimmt.

Speaker 4:

Wenn man sie gerecht verteilen würde, dann wäre das ein behindertes Kind pro Klasse, und es wäre nicht 100.000 pro Klasse, also ein Kind pro Klasse. Da ist die Wahrscheinlichkeit, dass du das Kind mit Vollstuhl bekommst, natürlich auch nicht so hoch. Aber dann gibt es noch zusätzlich die Dynamik, dass es dann sogenannte Spezialschulen sind Oder Schwerpunktschulen, wie man das denn, glaube ich, nennt, dass dann gesagt wird okay, kinder mit Behinderung, die kommen dann inklusiv beschult mit nicht behinderten Kindern eher an diese Schule als an deine, und Gymnasien nehmen sich in der Sache auch oft raus, wenn man ehrlich ist. Also alleine als Kind mit Behinderung, wenn du an einer Sonderschule warst, überhaupt den Gymnasialstatus zu bekommen, ist gar nicht so einfach. Es gibt nicht so viele Schulen, körperbehinderte Schulen, mit gymnasialer Oberstufe. Das heißt, du machst dann halt ein NSA und müsstest danach dann aufs Gymnasium wechseln. Das ist wahrscheinlich auch für viele eine Hürde.

Speaker 4:

Wenn sie eine freie Wohnung finden, keine Ahnung, eine ganz im Zauber, ja dann schon auch die Mobilität von behinderten Kindern eine andere ist als die von nicht behinderten Kindern, Und eigentlich ist ja unser Schulsystem auch so gebaut, und das verstehe ich eigentlich, warum das bei behinderten Kindern nicht gemacht wird dass die beste Schule die in der Nähe sein sollte. Das ist so. Ist so ein Bildungssystem gebaut, immer hoher Ordnung geschult werden. Aber sobald du ein behindertes Kind hast, soll dein Kind quer durch die Stadt gefahren werden Und nicht in die Schule in der Nähe.

Speaker 3:

Das ist aber auch genau einer der Inhalte aus dieser UN-BRK, die sagt wohnortnahe Beschulung in einer Regelschule. Aber das ist halt, das ist ein Recht, das du hast. aber wie kannst du dieses Recht einfordern, wenn es dann halt wiederum keine Schule gibt, die das gewährleisten?

Speaker 4:

kann. Das ist halt das Problem, genau. Du kannst ja im Bundesland auch nicht ins Gefängnis stecken oder bestrafen. Das heißt, solche Papiere sind genauso wie die Kinderrechte oder die Frauenrechte, die unterschrieben wurden, auch von Deutschland Kinderrechte jetzt nicht, aber Frauenrechte. Dass dann das Papier erstmal geduldig ist, belege, dass Frauen in Deutschland diskriminiert werden. Und da ist das Gesetz dann auch erstmal zahnlos. Wenn nichts sanktioniert wird, wenn nichts geklagt wird, wenn es nicht Präzedenzwelle gibt, dann bleibt das auch alles erstmal so, solange zumindest Männer solche Dinge entscheiden. Und genauso ist es auch beim Thema Inklusion. Solange Nichtbehinderte, solange Deutsche alleine die Entscheidungsgewalt haben, wie weit wir denn hier Platz machen, solange bleibt es auch in so einem gönnerhaften Charity-Gedanken. Und dann sollen die Behinderten, die Schwarzen, die Frauen doch froh sein, dass wir schon alles erreicht haben, anstatt mal über Gleichberechtigung zu denken.

Speaker 3:

Also mir macht es jetzt gerade sehr zu schaffen, was du gerade gesagt hast, dass es tatsächlich wenig Schulen gibt für körperlich behinderte Menschen mit einer gymnasialen Oberstufe.

Speaker 4:

Also es gibt, soweit ich weiß, die Stephen-Harkin-Schule. Die bietet das an, das Gymnasium, also das Abitur. Aber ich kenne tatsächlich sehr viele Sonderschulen, wo man kein Abitur machen kann, Und die Kinder dann auch. Es wird dann nicht gesagt, das System ist ein bisschen perfider, es geht nicht darum, das kannst du nicht, oder so, sondern hier wird dann eher gesagt, das ist zu kompliziert, das.

Speaker 4:

Gymnasium hat aber leider keinen Aufzug. da können wir jetzt auch nichts machen. Vielleicht hast du Glück, und dann gibt es einen Aufzug, Und dann wartest du halt als Kind das nicht zu machen.

Speaker 4:

Du kannst ja nichts entscheiden, nichts ändern. Oder dann wird dir halt gesagt, gerade wenn man als Werkstätten behinderten Menschen in Werkstätten. Dann wird dir gesagt, du bist doch nicht so weit, Vielleicht nächstes Jahr schaffst du es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Und dann bist du im nächsten Jahr. Und dann wird dir wieder gesagt, du bist doch nicht so weit, Es entscheiden immer die anderen. Und es wird dir nicht gesagt, was du noch erreichen musst, um das und das hinzubekommen. Es wird dir auch wenig Lust darauf gemacht, dich zu entwickeln. Dir wird sogar in Sonderschulen teilweise Angst vor der Welt da draußen gemacht. Da wird dir gesagt sei doch froh, dass du hier bist, An der Regelschule könntest du gemobbt werden.

Speaker 4:

Und das mag sein, aber in meiner Klasse wurden die VeganerInnen gemobbt. Es gibt keine Sonderschule für VeganerInnen, soweit ich weiß zumindest, nee glaube ich auch nicht, und Mobbing ist immer ein Thema und immer ein Problem.

Speaker 3:

Ja, Absolut ja. Ja, das ist auf jeden Fall etwas, was mich sehr, sehr beschäftigt hat, denn ich habe tatsächlich darüber nachgedacht, wie also für wie voll eine Person genommen wird, intellektuell gesehen und auch von der Ermächtigung her, das Leben selbstständig führen zu können und eigene Entscheidungen treffen zu können und für sich selbst sprechen zu dürfen und so weiter, wenn die Person behindert ist wenn die Person behindert ist.

Speaker 3:

Das, was irgendwie so rüberkommt, ist, es muss immer jemand anders für sie sprechen, Es sind immer die lieben süßen, Dazi-Dazi. Also als wären alle behinderten Menschen Kinder, für die man Entscheidungen treffen muss weil sie das alleine nicht können.

Speaker 4:

Genau bei uns, glaube ich. Man idealisiert ja auch seine Vergangenheit immer so ein bisschen, aber bei uns in der Klasse war das wirklich so. Da wir vom Kindergartenalter an gemeinsam aufwuchsen also seit ich zwei bin, hatte ich nicht behinderte Spielkameradinnen, und seit die zwei waren, hatten sie behinderte Spielkameradinnen sind wir halt gemeinsam bis zum Abitur mehr oder weniger im Verbund geblieben. Das heißt, es gab dann auch dieses Wir und Die wahrscheinlich erst in der Pubertät, aber bis dahin waren wir eine Gemeinschaft mehr oder weniger. Und Es gab dann auch so Situationen, an die ich mich erinnere, wo wir hatten so einen super langsamen Treppenlift, und der dauert so lange, wie diese Schulpause war.

Speaker 4:

Das heißt es macht überhaupt keinen Sinn, als Kind in dieses Ding zum Hof zu gehen, weil das so lange dauert. Und dann meine Klassenkameradinneninnen ab dem Alter von sieben oder so zu viert mich mit dem Rollstuhl zwei Stockwerke runtergetragen, und da würde wahrscheinlich jetzt jeder Pädagoge sagen oh mein Gott, was machen wir, wenn das passiert? Aber das war halt die Lösung. Und es ist nie, was passiert. Es ist immer, was passiert, wenn die nicht behinderten Eltern oder Erwachsene mich trugen, aber nicht die Kinder.

Speaker 4:

Und das mag Glück sein, aber auch hier, das Leben ist gefährlich. Und ja, treppenlüft war zu langsam, das wusste man von Anfang an. Dass der zu langsam ist, wusste man von Anfang an, dass der zu langsam ist. Da baust du halt den richtigen Aufzug ein, den es jetzt übrigens gibt, aber so, dass die Dinge eigentlich auch nicht zu.

Speaker 3:

Ende gedacht wurden. Ja, ich erinnere mich.

Speaker 4:

Sie haben sich teilweise darum gestritten, mich runterzutragen zu dürfen. Es gab diese Dynamik gar nicht. Jetzt müssen wir den Roll runtertragen, es war eher andersrum. Dann gab es die Pragedienste, die dann plötzlich eingeführt wurden. Jeder wollte, es hat ganz wie ein Fallen gespielt. Bei mir war halt Clipo, bei mir darf man nicht toben, das war die Regel in der Klasse wegen meinen Glasknochen, und das heißt, ich war im Zentrum des Spiels, ich war nicht Außenseiter. Sie haben sich dann teilweise zur Erhobung neblig gesetzt und gesagt ja, bei mir ist klippo.

Speaker 4:

Ich bin ja nicht in der Selbstsumme. Das funktioniert bis zu bestimmten Punkten. Beim Sportunterricht war das wieder anders. Dann sitzt du dann da auf der Ersatzbank mit den verletzten Kindern oder erschöpften Kindern oder Kindern mit PMS, und das war für mich jetzt auch keine sportliche Ertüchtigung.

Speaker 3:

Nee, also, da gab es dann vielleicht nicht immer die Alternative, die du dann in dem Fall gebraucht hättest, aber das hört sich für mich nach Inklusion an, was du da berichtest. Tatsächlich, du bist einfach dabei.

Speaker 4:

Inklusion dürfen wir auch nicht verklären als dieses Regenbogeneinhornland, in dem wir uns nur alle lieb haben. Inklusion ist auch, die Freiheit zu haben, als Lehrkraft zu sagen, der Raul ist faul. Oder als Klassenkamerad zu sagen, der Raul ist doof. Oder eben zu sagen euch werde ich auch mal runtertragen.

Speaker 3:

Es ist alles. Genau das meine ich Also, dass man spürt, von dem, wie du das jetzt berichtest, dass diese Berührungsängste, dass das so abgebaut wurde, zumindest in der Gruppe, in der du gewesen bist, und dass du einfach ein ganz normales Teil dieser Gruppe gewesen bist.

Speaker 4:

Genau.

Speaker 3:

Und wenn diese Barriere weg ist, dass man eben dich dann anpackt, zuführt und die Treppe runterträgt, und dass man dich ins Zentrum des Spiels stellt, dann ist vielleicht auch die Barriere abgebaut, zu sagen oh, beim Raul, da müssen wir aufpassen, was wir sagen, weil der Arme sitzt ja im Rollstuhl.

Speaker 4:

Also, ich glaube, dieses Problem hatten die LehrerInnen nicht, weil ich war auch nicht das erste Kind mit Behinderung, das sie in der Klasse hatten. Da gab es schon zwei, drei Klassen ja gegen Phobien.

Speaker 2:

Aber ja, diese Menschen gibt es natürlich viel zu häufig noch im Alltag.

Speaker 4:

Ja, das stelle ich mir schwierig vor. Ich habe ja auch gemobbt, also machen wir uns nichts vor. Wie gesagt, bei uns wurden die VeganerInnen gemobbt, später waren sie aus dem Osten, die gemobbt wurden. Das ist nicht cool, bereue ich auch. Es tut mir auch wirklich leid. Denn da sind halt ja die machen ganz viel. Mist auch.

Speaker 2:

Ja, es ist immer leicht, nach unten zu treten, aber das ist der perfekte Übergang zu dem, was ich mit dir noch ganz gerne kurz besprechen möchte, weil ich habe gesehen, dass du ein Buch geschrieben hast 2021,.

Speaker 4:

Wie kann ich was bewegen? Und da geht es dir um den konstruktiven Aktivismus. Und das ist ja genau das, was wir tatsächlich tun können. Da gehst du mit bestem Beispiel voran. Und jetzt versuchen wir doch mal, kurz in die Schule zu gehen und uns zu überlegen, was wäre denn konstruktiver Aktivismus bei zum Beispiel einer Lehrkraft? Was kann die wirklich tun? jetzt Also ein großer Schritt, den ich von Jutta Schüller gelernt habe, ist, die Kinder mit einbeziehen. Also die Kinder lernen von Kindern, und selbst das leistungsstärkste Kind lernt noch dazu, wenn es einem nicht so leistungsstarken Kind etwas erklärt, wenn es einem nicht so leistungsstarken Kind etwas erklärt. Und das als Ressource zu sehen, die SchülerInnen als Team zu begreifen, die gemeinsam versuchen, den Park zu bewältigen, und dass auch nicht die Lehrkraft alles alleine lösen muss. Manchmal reicht es, jemanden nebeneinander zu setzen, manchmal reicht es, jemandem was erklären zu lassen, und das, glaube ich, ist das Erste, was man machen kann und wahrscheinlich auch am Anfang noch so ein bisschen Überwindung kostet, aber erfahrungsgemäß gelingt das ganz gut.

Speaker 4:

Dann haben wir leider auch in unserem Bildungssystem, glaube ich, als LehrerInnen nicht gelernt, im Team zu arbeiten, also mit Kolleginnen sich auszutauschen oder vielleicht gemeinsam auch einen Unterricht zu planen und zu gestalten, und dann eben dazu gehört dann eben auch festzustellen, wo brauche ich denn noch Wissen? Und dann eben zu gucken okay, es gibt wie gesagt, literatur zum Sportunterricht mit vollzufahrenden Kindern, es gibt Literatur zum Matheunterricht mit blinden Kindern, und dann einfach Try and Error zu machen, den Mut zu haben, fehler zu machen. Und als Allereinfachstes das sagt Jutta Schüle auch jedes Mal fragt als erstes die Kinder, was sie brauchen. Also, wenn du das Buch nicht lesen kannst, weil dann was brauchst du?

Speaker 3:

Wie kann ich dir dabei helfen? Und wenn wir da jetzt wieder an die neurodivergenten Kinder denken, wie kann ich ihr dabei helfen? Nein, das gilt, hattest du ja gerade auch schon gesagt aber mutig zu sein, neues auszuprobieren und eben nicht die ganzen alten Methoden zu ziehen, bei denen wir wissen, sie funktionieren nicht. Wenn wir jetzt gerade an diese ganzen Strafmethoden denken und so weiter. Du hast vorher gesprochen von dem Kind, das Alkoholiker-Eltern hat und das eben auch schwierig werden kann in der Klasse Und auch da wieder, statt zu Strafmaßnahmen zu ziehen und zu Beschämungen zu greifen und auszuschließen, wegzuschicken, allen zu signalisieren, das ist ein schlimmes Kind, da müssen wir gucken, wie wir das loswerden, stattdessen mutig zu sein und eben zu schauen, was kann ich für dieses Kind tun, damit es ein Teil der Klasse wird?

Speaker 4:

Genau, und es wird vielleicht nicht immer sofort gelingen, bestimmt nicht ja. Und das kann man aber lernen. Ich habe dann auch eine gewisse Gelassenheit zu entwickeln mit der Zeit, wenn man es dann ein paar Mal gemacht hat, dass Dinge entweder auch Zeit brauchen oder dass man eben was anderes probieren muss, und ich sehe schon auch gerade junge LehrerInnen oder neu hinzugekommene LehrerInnen, die noch voll motiviert sind, sag ich jetzt mal die dann oft auch kreative Lösungen haben, Die sich vielleicht auch so ein bisschen ausschleichen wenn man hier länger an diesem Beruf macht.

Speaker 3:

Ja, und ich glaube, wenn wir selbst gestresst sind, wenn wir das nicht schaffen, uns zu regulieren als Lehrkräfte, dann sind wir in einem Zustand, in dem wir eben nicht in der Lage sind, die Bedürfnisse anderer Menschen vor unsere eigenen zu stellen, und das ist natürlich als Lehrkraft, aber der Job Und das, was ich bei Meitemitt wir müssen nach oben treten.

Speaker 4:

Also eine kleine Klasse von mehr Pädagogen, das ist vor allem für nichtbehinderte Kinder gut, weil sie die Mehrheit sind, und das heißt, wir kämpfen nicht für die Kinder mit Migrationshintergrund, für die Kinder mit Behinderung oder für die Mädchen, sondern wir kämpfen für alle. Und das müssen wir, glaube ich, auch den Elternschaften klar machen, das müssen wir auch den LehrerInnen klar machen und natürlich den Leuten über der Schule klar machen, also Verwaltung, schulbehörden, bildungsministerien und so weiter. Dass Kleinklasse und Mehrpädagogen wirklich die Antwort auf fast alle Fragen, die wir gesellschaftlich gerade stellen, von KI bis Klimawandel, ist mit einer kleinen Klasse und mehr Pädagogen viel, viel besser beherrschbar als mit einem Werkhaft mit 31 Kindern.

Speaker 3:

Nur fehlen die Pädagogen. Jetzt haben wir jetzt schon Lehrermangel, und wir wissen, das geht weiter.

Speaker 4:

Genau. aber wenn wir keine Zuwanderung wollen als Gesellschaft, dann wird es richtig schlimm. Das wird doch also alle, die in Elmert allein sind, sagen die nächsten zehn Jahre werden richtig finster. Und wenn wir Migration nicht wollen, naja, anders gesagt, er meint es so, dass Zuwanderung ist die Antwort, und das bedeutet auch Zuwanderung in Kitas und Schulen von Lehrkräften. Die werden dann vielleicht nicht gut Deutsch können, aber es ist immer noch besser als kein Unterricht.

Speaker 3:

Das ist sowieso faszinierend. Ich hatte ein Gespräch mit einem jungen Mädchen 17 war sie, Und sie hat berichtet, dass ihre Mutter aus Russland gekommen ist. Die ist Lehrerin und die potzt in mehreren Jobs, weil sie diesen Beruf als Lehrerin nicht ausführen darf in Deutschland.

Speaker 4:

Und wir reden über QuereinsteigerInnen und so, aber auch das ist Rassismus.

Speaker 3:

Ja, das ist definitiv Rassismus, vor allem, wenn wir uns überlegen, dass es dann jetzt ja noch die Klassen gibt, wo ukrainische Kinder vorbereitet werden für Unterricht. Da denke ich mir so, da wäre doch diese Lehrerin, die wäre doch prädestiniert, die könnte man doch da jetzt reinsetzen.

Speaker 4:

Die spricht.

Speaker 3:

Deutsch, die spricht Russisch, die ist Lehrerin, die könnte da jetzt richtig gut arbeiten, aber das wird nicht honoriert, und das wird nicht gewollt, und das ist sicherlich ein Riesenproblem ja, und wie wäre es, wenn die Mutter Schweden gewösen wäre? Gute Frage.

Speaker 4:

Dann wäre das wahrscheinlich alles kein Problem gewesen.

Speaker 3:

Gute Frage, ja. Also ja, ich sehe das wie du. wir brauchen Personal, und wir müssen zulassen, dass das Personal eben nicht der klassische ich sage es jetzt wirklich ganz eklig gute deutsche Beamte ist, sondern, dass wir eben anderen Menschen mindestens genauso gut zutrauen, gut mit Kindern umzugehen und in Schulen gute Arbeit zu leisten. Und ich glaube, das ist sogar cool?

Speaker 4:

Ja, ich glaube auch, vielleicht ist das sogar cool. Also Aladin Matalani, der sagt ja immer, er redet auch nicht von Menschen mit Migrationshintergrund, sondern er sagt, von Menschen mit internationaler Erfahrung. Also, es ist ja das Gleiche, aber es ändert halt die Perspektive auf das Thema, und wir alle also ich als Bio-Kartoffel würde da natürlich auch ein Neidgefühl entwickeln, weil ich keine internationale Erfahrung habe.

Speaker 3:

Ja, stimmt Ja, danke dir, ich danke dir sehr für das Gespräch und wünsche dir tatsächlich viel Kraft, da oben weiterzumachen, mit dem, was du da machst.

Speaker 4:

Ja, danke gleichfalls für den. Unterricht und für deinen aktiven Zug auf Instagram und Facebook.

Speaker 3:

Dankeschön, tschüss, raoul.

Speaker 4:

Bis bald. Untertitelung des ZDF 2020.