
Kapierfehler - Neurodivergenz und Schule
Schule sollte bunt und vielfältig sein – ein Ort, an dem sich alle Menschen wohlfühlen können!
Ich bin Corina, Lehrerin und stolz darauf, anders zu sein. Mit 40 Jahren habe ich herausgefunden, dass ich neurodivergent bin, und seitdem hat sich mein Blick auf Schule und Lernen grundlegend verändert. In meinem Podcast setze ich mich für ein inklusives Bildungssystem ein, das neurodivergente Schüler*innen und alle mit besonderen Bedürfnissen besser unterstützt und wertschätzt.
Schüler*innen mit ADHS, im Autismusspektrum, Hochbegabung, Legasthenie (LRS) oder Dyskalkulie haben oft ein feines Gespür für die Schwächen unseres veralteten Schulsystems. Sie zeigen uns deutlich, wo Handlungsbedarf besteht. Statt sie als „Problemkinder“ zu sehen und ihre Herausforderungen zu pathologisieren, sollten wir ihnen mit Verständnis und Unterstützung begegnen.
Ob queer, autistisch, hochbegabt, neurodivergent, psychisch erkrankt, behindert oder mit spezifischen Lernbedürfnissen wie ADHS, Legasthenie, LRS, Dyskalkulie oder FASD – diese vielfältigen Menschen gehören in unsere diverse Gesellschaft und verdienen es, gehört und verstanden zu werden.
Hör rein und entdecke, wie wir Bildung bunter und gerechter gestalten können!
Kapierfehler - Neurodivergenz und Schule
82 - Trauer im Spektrum - Katrin Zinkel
In dieser Episode beleuchten wir das oft übersehene Thema der Trauer aus der Perspektive autistischer Menschen.
Katrin Zinkel, eine erfahrene Trauerbegleiterin und selbst Autistin, gibt uns tiefgründige Einsichten über die Erfahrungen, die autistische Menschen beim Trauern machen. Gekennzeichnet durch ihre einzigartige Sichtweise auf Emotionen, stellen wir fest, dass autistische Trauer nicht auch "normal" abläuft – und das ist völlig in Ordnung!
Mit Erfahrungen und Erlebnissen teilt Katrin, wie wichtig Empathie und Verständnis in der Trauerbegleitung sind – insbesondere für autistische Menschen, die oft missverstanden oder als weniger emotional angesehen werden. Unser Ziel ist es, ein Bewusstsein für die Herausforderungen zu schaffen, mit denen autistische Menschen bei der Verarbeitung von Verlust konfrontiert sind. Wir diskutieren auch die schwerwiegenden Themen Suizid und depressive Gedanken, die häufig im Zusammenhang mit neurodivergenten Personen auftreten, und erörtern Möglichkeiten, wie wir offener über diese Themen sprechen können.
Wichtige Links zur Suizidprävention:
* https://die-arche.de/
* https://www.telefonseelsorge.de/
Katrin findet ihr auf Instagram und außerhalb von sozialen Medien auf ihrer Website.
Lass uns gemeinsam an einem besseren Verständnis von Trauer arbeiten, um so zu gestalten, dass auch die, die anders trauern, gehört und gesehen werden. Hört rein und lasst uns wissen, was ihr darüber denkt!
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Ich komme auch an deine Schule und bilde das gesamte Kollegium zu den Themen ADHS, Autismus & herausforderndem Verhalten in der Schule weiter!
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Liebe Grüße,
deine Corina
Musik.
Speaker 3:So, so. also, einen wunderschönen guten Morgen wünsche ich euch allen. Guten Morgen, Frau Elfe.
Speaker 3:Heute sprechen wir über ein Thema, über das sonst sehr wenig gesprochen wird. Ich habe Katrin Zinkel zu Besuch, und ich bin sehr, sehr dankbar, dass sie sich die Zeit genommen hat, um mit mir über dieses wichtige Thema zu sprechen. Ja, autistische Trauer ein super wichtiges Thema, weil auch dort, so wie in vielen anderen Bereichen, werden autistische Menschen missverstanden, und nachdem sie anders trauern, nachdem das anders aussieht, nachdem sie das anders verarbeiten, wird ihnen häufig unterstellt, dass sie es nicht richtig machen oder dass sie zu wenig geliebt haben, zuhören, dass wir ihre Seite der Geschichte hören, und ja, das kann natürlich eine Person, die Menschen bei der Trauer begleitet, am allerbesten begreifen und wiedergeben. Und dann ist es auch noch eine autistische Person. Wir werden ein bisschen was über die Schulzeit auch erfahren von Katrin und eben auch über ihre eigene Biografie, in der die Trauer eine sehr große Rolle spielt.
Speaker 3:Das Thema, über das wir auch gesprochen haben, das ich meine, wenn ich sage, wir sprechen zu wenig darüber, ist Suizid. Ich möchte gerne, dass dir klar ist, dass wir in dieser Folge heute nicht nur über autistische Trauer sprechen, sondern auch über Suizid, und zwar ungefähr im letzten Drittel der Folge. Wir sprechen über Resilienz, ich stelle dann eine Frage apropos Resilienz, und dann gehen wir über in das Thema Suizid. Wenn du dich über autistische Trauer informieren möchtest, aber nichts über Suizid hören möchtest, dann wäre das genau der Moment, an dem du bitte die Folge abbrichst, Und ansonsten kannst du ganz normal weiterhören, vielleicht auch nur so weit, bis es nicht mehr geht, falls du Unterstützung brauchst.
Speaker 3:Das Thema Suizid ist eines, bei dem wir Unterstützung brauchen. Ich nehme nochmal den Begriff Suizid ein, und das Erste, was aufkommt, die erste Seite, die dort auftaucht, ist die Seite, auf der du Unterstützung findest. Hier findest du unterschiedliche Ringelassen fühlst mit diesem Thema und mit irgendjemandem darüber sprechen möchtest. Ja, neurodivergente Menschen sind einem höheren Suizidrisiko ausgesetzt als nicht neurodivergente Menschen, als nicht-neurodivergente Menschen, und das hat Gründe natürlich Dieses Nicht-Gesehen-Werden, dieses Nicht-Ernst-Genommen-Werden, dieses Kein-Platz-Finden in der Gesellschaft, das ja schon sehr früh beginnt Meistens.
Speaker 3:Wenn dann diese gezwungenen Gruppen entstehen, wie im Kindergarten, allerspätestens in der Schule, wenn das nicht gut begleitet wird, mit viel Verständnis und Liebe und Zugehörigkeit, dann macht das einsam und das entfremdet. Und wenn dann auch noch das Problem da ist, dass die Person gar nicht weiß, was eigentlich das Problem ist, dann scheint es keinen anderen Ausweg mehr zu geben. Ich selbst habe mehrere Menschen in meinem sehr nahen familiären und freundschaftlichen Umfeld durch Suizid verloren. Ich bin eine Person, die Hinterbliebene ist, wie man das so schön sagt, eine, die Menschen verloren hat, ohne eine wirkliche Begründung dafür zu haben.
Speaker 3:Und was mir in diesem Gespräch sehr deutlich geworden ist, ist, dass wir, die wir trauern, über Suizid gesprochen wird, eben auch Hinterbliebene alleine gelassen werden, thema sprechen musste wollte. Und ja, ich bin dankbar, dass sich jemand gefunden hat, der das gerne tut und auch wertvolle Informationen mitgeben kann. Ich wünsche euch heute wirklich sehr viele neue Erkenntnisse. Ich bin mir sicher, da sind einige Dinge dabei, wo ihr euch vielleicht selbst wiedererkennt und vorher gar nicht gewusst habt, warum ihr da so anders seid, oder wo ihr andere vielleicht plötzlich anders versteht, viel über andere Menschen lernen können. Und ja, ich schicke euch ganz liebe Grüße und freue mich sehr über Feedback zu dieser Folge. Gut, also, hier sitzt Katrin, hallo, katrin, hallo Hi, du bist Autistin. Ne, ja, seit wann weißt du denn, dass du autistisch bist?
Speaker 2:no-transcript, weil der dann eine Autismusdiagnose bekommen hat, und hab da dann einfach weitergewühlt, war mir dann relativ naja, so züge ich auch nicht. das stimmt nicht. Also, ich hab schon ein bisschen gehadert und gemacht und getan, bis ich mich wirklich total gesehen hab, und habe dann da noch meine anderen beiden Kinder auch noch mit reingerissen.
Speaker 3:Wahnsinn. Es ist so oft so. So oft geht es über die Kinder, und ich darf verraten, du bist schon eine ganze Zeit aus der Schule raus. Das heißt, du hast deine gesamte Schulzeit in dem Fall mit einer hochbegabten Diagnostik gemacht. Da wusste man, dass du hochbegabt bist, richtig, ja, das wusste man seit der vierten Klasse. Wurde das dann diagnostiziert in der vierten?
Speaker 2:Ja, ich dachte, du fragst, jetzt wurde das berücksichtigt, weil deswegen musste ich schon lachen.
Speaker 3:Das hätte ich jetzt eigentlich gerne als Nächstes gefragt. Ja, klar, also wurde es natürlich nicht.
Speaker 2:Echt nicht Getestet wurde ich, weil meine schulischen Leistungen massiv hinter dem hinterherhinkten, was meine Eltern und auch die Lehrer und Lehrerinnen oder Lehrerinnen in der Grundschule erwartet haben, und eben auch eine große Diskrepanz war in dem, was ich erzählen konnte, und was ich dann da zu Papier gebracht habe. Und dann haben die das getestet, und ich meine, das war ja schon mal recht fortschrittlich. Das war ja 1978, ende der 70er, keine Ahnung. Nee, ein bisschen später, anfang der 80er, ich war ja dann schon zehn. Nee, ein bisschen später, anfang der 80er, ich war ja dann schon zehn. Und das hat aber dann auch jetzt keinerlei Folgen gehabt, und ich bin dann nochmal getestet worden, ich glaube schlecht geblieben, mein Umfeld sozusagen den Schwarz auf Weiß Beweis hatte, dass ich faul bin.
Speaker 2:Ah oh Mann, wer so schlau ist, kann ja nicht so schlecht in der Schule sein. Gut war ich auch. Also ich war auch faul. Also das muss man schon auch dazu sagen Ich kann nicht lernen, ich habe noch nie gelernt. Ja, gut, achtung das Wort faul sein. Also vielleicht sind wir dann auch tatsächlich alle faul, vielleicht stimmt es ja auch.
Speaker 2:Nur das Wort faul sein außen ist natürlich eine miese Bewertung, wie auch immer man das nennen möchte. Vielleicht war ich auch einfach brutal gelangweilt und habe keinen Sinn drin gesehen, was ich da tun soll und lernen kann.
Speaker 3:Ich auch nicht. Also, ich weißbracht, wie du jetzt für dich lernen kannst. Und dann kommt ja noch das ganze Thema exekutive Dysfunktion dazu. Vielleicht möchtest du das irgendwie können, aber es klappt nicht, und kommst nicht rein, und dein Gehirn versperrt sich oder was auch immer. Und dann ist natürlich die logische Konsequenz, irgendwann zu sagen ich mache jetzt einfach nichts.
Speaker 2:Ja, und es hat dir gereicht. Ja, und es hat ja gereicht. Ich habe jetzt festgestellt, 2024 mit 52 Jahren, dass ich eine Dyskalkulie habe. Oh wow, und ich habe in Mathe Abi gemacht. Das war mal ein Moment, da habe ich mir gedacht ach, eigentlich kann ich schon mal stolz sein auf mich, dass ich das irgendwie hinter mich gebracht habe Ja absolut Ja lernen keine Ahnung. Also nee, ging nicht.
Speaker 3:Ja, das ist einfach auch so gut, dass du das jetzt einfach auch nochmal so sagst von dir aus. Ich habe jetzt gar nicht gefragt, aber du bist eine hochbegabte Person. Du bist zweimal getestet worden, und zweimal wurde das bestätigt, und das, obwohl deine schulischen Leistungen nicht gut waren. Das heißt, niemand hat jetzt gesagt boah, die macht jetzt hier uns den Unterricht kaputt, weil die immer alles weiß, und ich weiß gar nicht, wie ich die beschäftigen soll, sondern du warst ja Underachieverin, hast nicht das gebracht, was du hättest bringen können, gebracht, was du hättest bringen können. Und ja, wie ist dann damit umgegangen worden? Hat da trotzdem niemand beigebracht, wie man mit diesem Gehirn jetzt arbeitet?
Speaker 2:Nee, und ich glaube, dass das auch ganz viel daran liegt, dass meine Familie ja irgendwie auch nicht anders war.
Speaker 2:Also, ich hatte zwei Brüder, jetzt habe ich noch einen, die das genauso vorgemacht haben oder auch mitgemacht haben. Mein Vater ist definitiv also das ist ihm mittlerweile auch selbst klar, der ist auch einfach schon Anfang 80 im Spektrum. Meine Mutter weiß ich nicht, bei der war sehr viel kompliziert, aber es war auch vom Umfeld einfach kein. Also entweder wirklich mit Gewalt, also wie man halt früher schon gelernt hat zu lernen, also wirklich mit Bestrafung für Fehler. Das habe ich dann relativ schnell boykottiert, Kein Bock drauf und habe ich dann auch nicht mehr gemacht. Und das Lustige war, dass mir Noten auch immer total egal waren. Ja, Es war mir vollkommen egal.
Speaker 2:Also ich habe mich niemals damit identifiziert. Für mich war Schule da. Also da bin ich auch wirklich. Also ich bin gerne in die Schule gegangen, Das war ein Ablauf, das war ein Gerüst. Ferien waren eher schwieriger, weil dann halt was mache ich denn jetzt? Und Ferien waren eher schwieriger, weil dann halt, was mache ich denn jetzt? Und dann war das, glaube ich, habe ich im Nachhinein eigentlich eher festgestellt für mich schon immer eine Spielwiese des Entdeckens, weil für mich der Mensch nach wie vor nicht verständlich ist, also vieles daran nicht, Und ich habe das damals schon gemacht, natürlich um mitzukommen und Dinge auch nachzumachen und mehr abzuschauen, Auf der anderen Seite auch aus dem mich jetzt noch oft überkommenden völligen Unglauben, warum Menschen sich so verhalten.
Speaker 2:Das ist schon immer spannend. Ich dachte, das ist vollkommen unlogisch. Aber bitte, ich schaue es mir mal an.
Speaker 3:Du hast das quasi beobachtet, du hast eine Fallstudie nach der nächsten durchgeführt in deinem Kopf Ja, boah, ich kenne das aber auch gut. Also, tatsächlich kann ich da sagen, das kenne ich extrem gut, dieses einfach mal beobachten. Ach interessant, wie die jetzt mit dem Thema umgeht. Ach interessant, was der da jetzt gerade draus macht.
Speaker 2:Das finde, ich jetzt gerade super spannend, also sehr viel, dass wir das Übel sozusagen zur Passion gemacht haben und einfach sagen ja, gut, dann finde ich halt raus, wie das geht. Das war nie, aber egal, Ja Wahnsinn.
Speaker 3:Also mich würde wirklich interessieren, was jetzt zum Beispiel also du bist, wie ich das verstanden habe, jetzt ganz normal ins Abi gelaufen, Du bist trotzdem nach der vierten Klasse in ein Gymnasium gekommen no-transcript gemacht.
Speaker 2:Ich habe da noch studiert.
Speaker 3:Und trotzdem, also in der vierten, gab es dann die Hochbegabten-Diagnostik. Wie hat denn die Schule darauf reagiert?
Speaker 2:Gar nicht. Ich kann mich auch später an nichts erinnern, dass das irgendwann mal Thema war, Und es wurde. Also das Spätere auch wurde in der Schule gemacht, Also mit 16, da war ich bei der Schule der Psychologen, ich weiß gar nicht, ob es Mann oder Frau war, Das wurde in der Schule gemacht. Aber das hat überhaupt keinen Einfluss auf irgendwas gehabt. Auch nicht, Ich glaube, weil Hochbegabung immer noch, also da noch viel krasser, als es jetzt ja immer noch ist mit guten Noten einhergeht. Und dann testest du da ein Mädchen, und dann ist die plötzlich ins Fern unterwegs, dass die sich keine Ahnung denken, das ist doch ein Mädchen, Und außerdem ist die in der Schule so schlecht.
Speaker 3:Da können wir nichts mit anfangen. Also lassen wir es ignorieren. Was mal lieber weg.
Speaker 2:Ich glaube, dass es sowieso ignoriert wurde. Also mal grundsätzlich zu der Zeit Und meine Eltern haben das schon gesehen Ich habe halt Abitur gemacht, ohne in meinem Leben jemals irgendwas zu lernen. Also es hat halt gereicht. Ich saß halt da in der Schule und habe irgendwas gemacht, und das, was ich mit halbem Ohr irgendwie an mir habe vorbeiziehen lassen, hat immer noch gereicht, um mehr schlecht als recht, aber halt versetzt zu werden bis auf einmal und ein Abitur zu machen. Also das heißt, die haben auch schon beobachtet, und das haben meine Eltern schon begriffen. Also ich weiß nicht, wie viel sie da von sich selber gesehen haben oder mein Vater. Also ich weiß nicht, wie viel sie da von sich selber gesehen haben oder mein Vater, aber das haben die schon begriffen, dass ich einfach den schmalsten Vater gehe und einfach keinen Bock habe, aber es trotzdem schaffe.
Speaker 3:Ja, kenne ich von mir auch. Also, ich habe in der Oberstufe dann mal angefangen, ein bisschen was zu machen, und es hat sich auch sofort in meinen Noten niedergeschlagen. Wenn ich das nicht gemacht hätte, dann hätte ich halt ein schlechtes Abitur gemacht, aber ich hätte es auf jeden Fall bestanden. Und das ist schon erstaunlich, wenn man so sieht, wie manche sich abrackern, und dass das dann doch offensichtlich geht mit so einer hohen Begabung, dass auch irgendwie, wenn auch schlecht, aber durchzuziehen, ohne was zu tun, dafür, ja, das ist auch nicht immer.
Speaker 2:Ich glaube, es ist dann ein Problem, wenn Menschen gut und schlecht an Noten binden, also wenn diese Bewertung sozusagen beim Menschen ankommt, was ja leider wahnsinnig oft passiert, wenn diese Bewertung sozusagen beim Menschen ankommt, was ja leider wahnsinnig oft passiert. Also kenne ich von meiner Tochter, der ich erst mal lernen musste, dass, wenn man eine 5 in Mathe schreibt, nicht per se eine schlechte Person ist, sondern dass man nur eine 5 in Mathe geschrieben hat, und das war für die. Die hat sich damit identifiziert. Wenn man das nicht tut, ist es wurscht. Zu viele tun es natürlich und kriegen es ja auch eingebläut. Also von allen seiten. Das ist ja unser problem.
Speaker 3:Ja, da ist ein ganz wichtiger punkt angesprochen. Danke, ja, das ist ein riesenproblem. Du sagtest, du hast dann studiert, was Germanistik studiert, ah, okay.
Speaker 2:Keine Mathe. Ja, Ich bin mir nicht erst mal im Leben verwandt so schnell wie es geht.
Speaker 3:Und jetzt machst du beruflich Trauerbegleitung. Ne.
Speaker 2:Unter anderem Genau, also, ich bin Sterbe und Trauerbegleiterin, und beides ist eigentlich jetzt sag ich schon mal eigentlich ein Ehrenamt. Also, sterbebegleitung ist ein Ehrenamt, und Trauerbegleitung ist in den Grundzügen auch ein Ehrenamt. Trauer gerne ja mal das ganze Leben dann ein Thema bleibt. Und auch, weil einfach jeder Verlust, egal ob das ein Auto ist oder ein Job oder die Gesundheit oder was auch immer, er löst in uns Trauer aus, und da kann es dann schon irgendwie mal reinwischen, dass man sagt okay, es gibt auch Coachings oder Trauerbegleitung sozusagen im professionellen Stil, hat seine Berechtigung. Ich mache es nicht, aber hat absolut seine Berechtigung. Also dann auch ich meine, diese Ausbildungen kosten auch was. Also, die Trauerbegleitungsausbildung, da gibt es so eine, das heißt große Basisausbildung, die geht über ein Dreivierteljahr, und die ist unterschiedlich bestückt, wer es halt macht, also mit welchen Modulen da gearbeitet wird. Aber da zahlt man schon was dafür Also, und zwar so, dass es jetzt nicht einfach mal so lockerflockig sich jeder da leisten könnte. Also insofern, ich finde es schon gerechtfertigt, irgendwann auch Geld damit zu verdienen.
Speaker 3:Boah, absolut. Also ich finde, selbst wenn man das wirklich gut macht und für die Menschen eine gute Person ist, die eine emotionale Begleitung während dieser wirklich harten Phase schafft darum geht es ja auch, das zu schaffen, dass Menschen sich begleitet fühlen, aufgefangen fühlen, gesehen fühlen, auch in ihrer Art zu trauern, dann ist doch egal, wie viel Ausbildung man davor gemacht hat und wie viel man davor bezahlt hat. Dann ist das eine wertvolle Arbeit, die eben auch entlohnt werden darf.
Speaker 2:Ja finde ich auch, es ist ein bisschen schade, dass die Trauerbegleitung also das ist immer so ein zweischneidiges Schwert. Die Trauerbegleitung, also das ist immer so ein zweischneidiges Schwert. Was ich absolut ablehne, ist Akuttrauer über professionelle. Also das sind ja professionelle Stellen, aber das kostet nichts. Das sind eben Vereine, die das anbieten, und das finde ich vollkommen in Ordnung, da den Menschen auf jeden Fall kein Geld aus der Tasche zu ziehen, ob diese TrauerbegleiterInnen, die das dann alles stemmen.
Speaker 2:Ich finde, die kann man dann schon mal wenigstens mit so ein bisschen was entlohnen, weil es ist einfach auch Zeit, und es ist also ich meine, es ist auch ein Ehrenamt, aber es gibt sowieso viel zu wenige. also, man darf schon auch Anreize schaffen, finde ich Also, dass Menschen dafür bezahlen, dass sie in der Trauer begleitet werden, ist wieder was anderes. Da würde ich sagen, irgendwann, wenn sie anfangen zu begreifen, ich habe da jetzt ein größeres Problem, ich muss da noch mal rein, ich muss das noch mal aufwickeln. Was war da früher alles? was gibt es überhaupt alles für Verluste? Und da gibt es auch wirklich sehr gut passendes Coaching von Menschen, die sich einfach sowohl im Coaching als auch in der Trauer haben ausbilden lassen und das gut verknüpfen können glaube ich schon.
Speaker 3:Ich glaube schon, dass ein Sterbefall, ob der plötzlich ist oder nicht plötzlich oder was auch immer, der kann ja dazu führen, dass plötzlich Themen aufgehen, die viele Jahre gar nicht bewusst da waren.
Speaker 2:Und umgedreht auch. Also, es kann auch sein also das gibt es immer wieder, dass Menschen kommen und sagen, ich habe gerade irgendwie ein Problem, oder ich habe einen Job verloren und möchte mich umorientieren, und im Zuge dieser Arbeit plötzlich die Trauer von was weiß ich was allem hochkommt, weil man an dem Verlust arbeitet und Menschen dann erstmal bewusst wird Ach du, meine Güte, was habe ich denn an Verlusten schon mitgenommen, oder welche Verluste habe ich überhaupt nicht wahrgenommen genommen, oder welche Verluste habe ich überhaupt nicht wahrgenommen. Und dann sind wir in der Trauerarbeit, und dann ist es auch wurscht. Ehrlich gesagt, worum diese Menschen jetzt trauern, das ist ja eben sehr individuell, und der eine ist halt keine Ahnung am Boden zerstört, wenn er seinen Job verliert, und die andere trauert ewig um die Großmutter oder was auch immer. Also, das ist ja vollkommen individuell.
Speaker 3:Ich habe im Zuge, um da noch kurz eine Ergänzung zu machen ich habe im Zuge meines Klinikaufenthalts auch einen Trauerfall mitbekommen, wo durch den Tod des Vaters plötzlich getrauert werden konnte, endlich über das, was man mit dem Vater alles erlebt hat. Das wurde quasi das ganze Leben lang wie weggesperrt, um das zu ertragen, dass diese Person da ist, und um diese Person auch irgendwie sehen zu können. Und als die Person gestorben ist, kam all das hoch. Es war wie eine Trauer um das eigene Leben, das man nicht so leben konnte, weil diese Person da war. Und jetzt ist die Person weg, und plötzlich kommt diese Trauer hoch.
Speaker 2:Also das Gehirn und das ganze Thema Trauer ist wahnsinnig paradox finde ich Ja, es ist paradox, und ich habe nämlich irgendwie es ist lustig, dass du das sagst nämlich mir ist vor kurzem mal dieser Begriff gekommen also es gibt eigentlich ein Trauerparadoxon bei uns also in Deutschland.
Speaker 2:Wir werden alle. Also entweder trauern wir schon, oder wir werden trauern Alle. Aber in der Gesellschaft und bei den Einzelnen ist null Wissen, verständnis, beschäftigung damit überhaupt da. Also das ist wie mit dem Sterben, also dass die Menschen versuchen, das Sterben aus ihrem Leben zu halten. Aber es ist halt einfach das Einzige, worauf man sich verlassen kann. Dass das passieren, wird Man ja oft das Gefühl hat, keine Ahnung. Die Menschen glauben, sie sind unsterblich.
Speaker 3:Stimmt, es gibt Kulturen in denen ganz anders mit dem Thema Tod umgegangen wird, zum Beispiel, wo man die Toten feiert einmal im Jahr wo man auch anders Kontakt hält, und wir Deutschen, wir haben da schon sehr stark so einen Vorhang davor vor dem ganzen Thema. Das stimmt, da hast du absolut recht. Ja, das ist unsere Geschichte, wie so vieles. Kannst du uns erzählen, wie es denn dazu gekommen ist, dass du mit deinem Germanistik-Philosophie-Studium jetzt in der Trauerbegleitung tätig bist? und Sterbebegleitung?
Speaker 2:Ich glaube, das passt wahnsinnig gut zusammen, weil mich auch in der Philosophie einfach schon immer der Mensch interessiert hat und das Nachdenken. Und die Germanistik ist eher dieser Faible für die deutsche Sprache. Die hat da nicht so viel damit zu tun, eher das, was ich dann da gelesen habe, eigentlich auch. Es ist jetzt so, dass ich auf ganz viele Dinge wieder zurückgreifen kann, die ich im Studium oder die damals einfach mehr eine Rolle gespielt haben. Ich habe ja dann zwischen Studium und, und ich bin in die Sterbe und Trauerbegleitung gegangen, nachdem mein Bruder gestorben ist. Das war 2018. Also meine Mutter ist schon sehr früh gestorben Da habe ich gerade Abitur gemacht Und mein Bruder ist auch mit 50, wie meine Mutter auch an der gleichen Erkrankung 2018 gestorben, und ich habe ihn damals begleitet, also beim Sterben Drei Wochen lang mit meiner Schwägerin zusammen und habe da gemerkt, dass ich das kann, also dass mich das natürlich anstrengt, und die Kinder waren da ja noch nicht so groß, und das war schon eher so ein heißer Ritt, diese drei Wochen.
Speaker 2:Aber diese Begleitung an sich war nicht mein Problem, und ich konnte, habe eher festgestellt, dass ich meiner Schwägerin eigentlich unter die Arme greifen konnte und sie stützen konnte. Gut, ich habe damals natürlich gedacht, das liegt irgendwie daran, dass ich mit meinem Bruder kein so großes Verhältnis hatte oder kein so tiefes. Mittlerweile weiß ich, dass das einfach die Vorteile der nicht ganz ausgeprägten Theory of Mind sind, schlicht und ergreifend, dass ich einfach einen Abstand haben kann zu Menschen, und habe mich da so wohlgefühlt in dieser Begleitung, dass ich daraufhin eine Ausbildung zur Sterbebegleiterin gemacht habe Und dann als Sterbebegleiterin auch angefangen habe zu arbeiten, also auf einer Palliativstation in einer großen Klinik. Und erstaunlicherweise ist dann das Thema Trauer auch irgendwie relativ schnell präsent, klar, und bin da halt weiter reingegangen und habe dann diese ganze Trauer, alles auch um meine Mutter und sowas, alles nochmal aufgewühlt und gemacht und getan und bin dann so sozusagen dann auch in die Trauerbegleitung gekommen.
Speaker 3:Du warst gerade zu Gast im Podcast von Britta Sperling. Sensibel sein heißt dieser Podcast für die, die es gerne nachhören wollen Und da sagtest du, dass du bis zu deiner Autismus Diagnose und bis du dich mit dem Thema Autismus beschäftigt hast, davon ausgegangen bist, dass du eine schlechte Tochter bist.
Speaker 2:Also, wo fange ich? denn jetzt, das ist. Grundsätzlich war das so. Ich fange vielleicht daran. Also als meine mutter gestorben ist es war 1993 war das schlimm. Also das leben haut star gewaltig durcheinander, und ich habe auch was spannend ist fast ein Jahr lang Amnesie. Also ich habe keine Ahnung, was da irgendwie passiert ist, ich weiß es nur sozusagen von Erzählungen oder sowas, aber ich habe keine Erinnerung daran, was ja dann doch eher für ein großes Stressempfinden spricht.
Speaker 2:Ja, absolut, und ich habe relativ zügig das Gefühl gehabt, bei mir stimmt was nicht. Ich kann mich an eine Szene erinnern, das war sehr, sehr nah daran. Ich weiß nicht, ob das als sie gerade gestorben war, oder ob das mit der Beerdigung oder sowas zusammenhängt, das weiß ich nicht, aber das war wirklich in dieser ich nenne es jetzt mal heißen aktiv aktuellen Phase. Da hat meine Großmutter gesagt komm jetzt, geh mal raus und mach mal irgendwas. Also die war da eigentlich sehr pragmatisch auch. Und dann war ich bei uns in Würzburg auf so einem Weinfest gesessen und habe mich halt mit irgendjemandem unterhalten und Spaß gehabt und gelacht, und dann hat sich jemand umgedreht, den ich auch kannte.
Speaker 2:Spaß gehabt und gelacht, und dann hat sich jemand umgedreht, den ich auch kannte, also hat sich die Mühe gemacht, sich wirklich umzudrehen und zu mir auf den Tisch zu stützen und zu mir zu sagen wie krass, bistignis. Sondern das hat sich weiter gesponnen, und zwar nicht so krass wie der Typ, sondern in Untertönen. Einfach, ich hatte das Gefühl, irgendwie erwarten die was anderes von mir, und das andere kann ich aber nicht, und es ist nicht da, und ich bin nicht, keine Ahnung. Also die Worte haben nicht gestimmt. Also ich war weder total am Boden zerstört, noch war ich, dass ich es nicht akzeptieren konnte. Noch habe ich eine Frage nach dem Warum gestellt, also nach diesem metaphysischen Warum passiert mir das jetzt? und bin dann halt relativ schnell, weil die Trauer einfach damals schon und schon immer immer als Paar mit der Liebe genannt wird.
Speaker 2:Also ganz oft zählt dieser Satz die tiefe Trauer ist die Beschreibung der Tiefe deiner Liebe. Das habe ich da bei der Britta auch gesagt. Das ist genau dieser Satz, und der macht halt was mit einem, wenn die Trauer nicht als tief gespiegelt wird. Es heißt nicht, dass diese Trauer nicht tief war oder auch ist, sondern ich habe von außen gespiegelt bekommen, dass ich nicht tief trauere. Und dann war natürlich auch schnell die Folge, dass ich mir dachte ja gut, wenn ich das nicht habe, dann kann ich ja auch meine Mutter nicht geliebt haben, und das Verhältnis zu meiner Mutter war jetzt nicht besonders innig oder so. Also keine Ahnung, wir haben gestritten, die anderen Mütter und Töchter auch, und ja, und das hatte ich dann sozusagen auch noch als Beweis. Also man findet ja dann für alles auch noch Beweise und kann es hinlegen. Und die einzige Wendung in der ganzen Sache war nochmal, als ich mal wieder irgendeine Therapie gemacht habe, dass ich wahlweise war, ich eine schlechte Tochter oder meine Mutter eine schlechte Mutter. Also, das waren so die Dinge, zwischen denen ich so hin und her beruscht bin.
Speaker 3:Das eine bringt dich, schützt dich selbst. die eine Variante, nämlich, dass deine Mutter eine schlechte Mutter ist. Damit bist du raus aus der Verantwortung für diese, für dieses Fehlverhalten in Anführungsstrichen das dir dazu geschrieben wurde, und beim anderen bist du eben die Person, die verantwortlich dafür ist, dass du dich nicht so verhältst, wie die Welt es gerne gesehen hätte, bis bei dem Tod von meinem Bruder wieder.
Speaker 2:Da habe ich das währenddessen schon gemerkt, dass ich mir gedacht habe, irgendwie sieht es jetzt wieder nicht so aus. Und dann habe ich das vor allem bei anderen einfach gemerkt, wenn ich das erzählt habe und mir dachte krass, wie die reagieren, also so wirklich schockiert, und dieses, oh Gott, wenn mir das passieren würde, wenn meine Schwester sterben würde, und ich wüsste gar nicht, wie ich das machen soll, und ich habe mir gedacht, wie kalt bin ich eigentlich. Also, natürlich habe ich das immer mit mir in Relation gesetzt, und mein Bruder und ich hatten kein besonders enges Verhältnis, was auch mit dem Tod meiner Mutter zusammenhing. Und ja, dann war das meine Erklärung, dass wir ja gar nicht so nah waren, und irgendeine Erklärung brauche ich ja, weil ich glaube, auch ich hatte auch oft die zweite Erklärung Ich bin nicht nur eine scheiß Tochter, ich bin auch noch eine scheiß Schwester. Die habe ich mir nicht mehr angezogen. Also, ich habe nur gemerkt, da ist was anders.
Speaker 3:War das denn dann auch innerhalb der Familie, so dass du als besonders Nee wir sind alle so.
Speaker 2:Ihr wart alle so Das ist zum.
Speaker 2:Beispiel auch super spannend, und das ist ganz wichtig ich bleibe gleich dran ganz wichtig für neurodivergente Familien, vor allem autistische Familien. Also das hat schon sehr viel natürlich mit dieser anderen Art der Kommunikation auch zu tun, und nachdem wir ja mittlerweile wissen, dass sowas selten einfach nur mal so vom Himmel fällt, im ich nenne es jetzt mal Normalfall sozusagen, hört man ja immer wieder davon, und es wird ganz viel gelebt, dass Familien zusammenwachsen, wenn ein Mensch stirbt, das Familienzusammenhalt gibt, das neue Bänder gewoben werden und so weiter. In autistischen Familien und sicherlich in vielen anderen Bereichen überhaupt in neurodivergenten Familien passiert gerne genau das Gegenteil. Diese Familien zersprengt es, weil es eine andere Art ist, miteinander umzugehen, und das Zersprengen sieht man ja eigentlich auch wieder eher so von außen. Und wenn einem niemand sagt, es ist vollkommen in Ordnung, wenn jeder von euch und jede alleine trauert, da seid ihr keine schlechte Familie, sondern ihr seid halt so. Solange man das nicht gesagt bekommt, sieht man nur okay, alle halten zusammen, wir brechen auseinander.
Speaker 2:Die Wertung, die dann dahinter steht, relativ zügig, die dürfte klar sein, und das ist auch nochmal ein ganz wichtiger Punkt, und deswegen bin ich bei uns überhaupt nicht aufgefallen, weil mein kleiner Bruder hat sich, nachdem meine Mutter gestorben ist, drei Monate im Zimmer eingeschlossen, und mein Vater hat gesagt das ist ja blöd, ich bräuchte Hilfe. Also das waren wirklich sehr kognitiv ablaufende Dinge. Ich habe relativ zügig meine Sachen gepackt und bin dann schnell weg.
Speaker 3:Du sagtest, das war während der Abi-Phase. Das heißt, du hast dann auch noch dein Abi.
Speaker 2:Mal noch kurz geschrieben meine Mutter da im Sterben sich schon mal hinbewegt hat, war Abitur. Nach dem Abi hat es also. sie ist gestorben Mitte Oktober und am 4. November, oder was hat mein das Semester angefangen?
Speaker 3:Das heißt, du hast quasi auch eine Umbruchphase gehabt, sowieso schon in deinem Leben, durch das Ja total.
Speaker 2:Also das war, und das ist schon ein ganz spannender Punkt, weil eigentlich ist das war und das ist schon ein ganz spannender Punkt, weil eigentlich ist das ja so ein Punkt. Jetzt fängt das Leben an.
Speaker 2:Ja, Und gleichzeitig haut dir aber einer drüber und sagt aber ein Teil von deinem Leben ist jetzt tot, und ich glaube, dass das eine unglaubliche Stresssituation ist. Also, wenn ich das jetzt im Nachhinein sehe oder jemanden sehen würde, der das erlebt hat ich kann mich eben, wie gesagt, an mich nicht mehr erinnern Das muss eine unglaublich beidseitige Zerrbelastung gewesen sein, in zwei verschiedene Richtungen. Das war schon sicherlich gewaltig.
Speaker 3:Das, glaube ich, dir vor allem, weil das Außen ja dir gespiegelt hat, dass du irgendwas verkehrt machst. Das ist ja nochmal so ein Stressfaktor, der da dazukommt, auch dazu geführt haben könnte, dass es für dich verhältnismäßig leicht war, das auch zu vergessen, was da gerade zu Hause passiert ist, weil du das ja nicht immer um dich rum hattest, im Vergleich zu, wenn du zu Hause gewohnt hättest.
Speaker 2:Du hättest quasi immer das Zuhause vor deinen Augen gehabt wo die Person ja gerade noch gewesen ist, die dir weggestorben ist. Ja, das weiß ich gar nicht. Weißt du nicht, weiß ich nicht, muss ich darüber nachdenken. Was für mich ganz wichtig war, ist, dass dieser Umbruch, der eigentlich nicht so ganz mal naturell entspringt, also so Veränderungen sind jetzt nicht so ganz meine Lieblingsbeschäftigung, allerdings war das die erste Veränderung, auf die ich hingearbeitet habe. Ich habe so lange drauf, also dieses kann, diese Scheißschule und da hat sie mich natürlich schon genervt, weil es so unglaublich langweilig war endlich vorbei sein, damit ich endlich mich mit den Sachen beschäftigen darf, mit denen ich mich beschäftigen möchte. Und insofern war das natürlich zeitlich dann wieder total gut, weil ich sozusagen meine Spezialinteressen und dieses Studieren hatte, um mich überhaupt zu regulieren und überhaupt zu leben, weil das war ja sozusagen meine, ja, mein Regulativ waren natürlich meine Themen, natürlich meine Themen?
Speaker 3:Ja, und das meine ich damit. Also, damit war die Welt so neu, und da war so viel sicherlich auch überforderndes, weil ja neu und neue Umgebungen und neue Strukturen, genau das war der Stress und auf der anderen.
Speaker 2:Seite war. halt eben diese Beschäftigung mit den Themen ist das, was mich ja beruhigt, und deswegen hat es mich wahrscheinlich da auch dann so gewaltig dann da reingezogen. Also das habe ich halt gemerkt, dass mir das gut tut wird ja gerne interpretiert, ohne zu fragen.
Speaker 3:Das ist ja so ein Riesenproblem finde ich, dass wir zu wenig miteinander kommunizieren, und zwar transparent kommunizieren. Ich finde, wir kommunizieren sehr viel intransparent, und das checkt dann wieder keiner, was eigentlich gerade gemeint ist. Nee, wirklich darauf ansprechen und sagen sag mal, ich beobachte dich jetzt so, und wie geht es dir eigentlich innen drin, oder was sind deine Gedanken oder was auch immer.
Speaker 2:Naja, kind, du brauchst halt jetzt Ablenkung, da kann man jetzt auch mal verdrängen, und das passt dann schon, oder mach doch mal lieber Pause. Also, es hat niemand gefragt, was mir dieses Studieren eigentlich gebracht hat und dass mir das. Im Nachgang hat mir dieses Studium, das da angefangen hat, sicherlich in vielen Bereichen einfach das Leben gerettet, weil ich damit was hatte, womit ich mein Problem abbauen konnte.
Speaker 3:Wow, Wahnsinn, dass euch das auch wieder so eingeholt hat. Genau, ich hatte tatsächlich eine Rückfrage, Und zwar du sagtest es ist schon häufiger, vielleicht auch möglich, dass sich so Familien zersprengen durch einen Todesfall in der Familie. Durch was passiert das? Also was ist der Grund dafür, dass es diese Familien so zersprengen kann?
Speaker 2:Also, wenn ich jetzt da mal ins autistische Spektrum blicke und da darf sich jetzt jeder aus allen anderen Spektren natürlich mit abgeholt fühlen ist es viel, dieses Dinge alleine lösen. Also es ist kein. Auf der anderen Seite findet ja weniger statt, sich gegenseitig in den Arm zu nehmen, zum Beispiel Sich wirklich ernsthaft für das Gefühl des anderen zu interessieren Also das tun wir ja schon. Aber es hat eine andere Qualität, sondern wirklich sehr auf sich geworfen zu sein und damit aber auch gut umgehen zu können. Und es passiert halt. Es passiert in allen Familien natürlich auch, aber es passiert sehr viel Rückzug und sehr viel ins Regulativ wie jeder Mensch. Also, wenn ein Mensch trauert es trauern gar nicht alle Menschen, aber wenn ein Mensch trauert und überflutet ist mit diesem ganzen Schmerz, versucht er ja, sich so zu regulieren und alle und sich so wieder besser zu fühlen mit dem, was er gelernt hat und was er kann.
Speaker 2:Ja, und ich glaube, dass ganz viele Das sieht im autistischen Spektrum oft anders aus als im nicht-autistischen Spektrum.
Speaker 3:Genau weil bei ganz vielen allistischen Personen und vielleicht können wir auch neurotypischen Personen sagen, weil ich glaube, dass da einige andere Neurodivergenzen auch ähnlich funktionieren eben das Thema Regulation oft über Körperkontakt, über Soziales stattfindet. Und bei einer autistischen Person, die sowieso schon viel zu viel fühlt, dann auch die eigene Trauer viel zu stark fühlt, unter Umständen dann ja total überfordert ist auch mit den Gefühlen aller anderen Personen, die wir ja auch nicht so gut abschotten können.
Speaker 3:Also, wenn eine Person stark trauert und du bist nur dabei, dann spürst du ja diese starke Trauer, und wenn es dir gut geht und du gut reguliert bist, kannst du das auch gut ertragen. Da sind wir vielleicht sogar tatsächlich noch mal ein bisschen besser, wie du vorher gesagt hast. Wir haben ja die Möglichkeit, uns da auch noch mal stärker zu distanzieren, wenn wir da sehr rational rangehen. Aber wenn wir sowieso schon überladen sind, dann überlädt uns das Gefühl der anderen Person ja erst recht. Also ist so ein Rückzug ja total nachvollziehbar.
Speaker 2:Das ist ein ganz wichtiger Punkt, und das kann eben in Familien genauso stattfinden, auch wenn das Familienangehörige sehr verletzt. Das Blöde ist auch, dass wir ja trotzdem so sozialisiert sind. Also, ich kann gleichzeitig sagen, ich brauche meine Ruhe, und gleichzeitig denken, warum kümmert sich denn jetzt niemand um mich? Weil das muss man doch machen, wenn jemand trauert. Also, das Blöde ist ja, dass wir dieses sozialisierte Ich ja auch noch immer mit dabei haben. Und dieses mit dem, was du sagst, mit den Gefühlen der anderen zu übernehmen, ist zum Beispiel auch ein wichtiger Punkt, wenn man trauernden Menschen, wenn man die begleitet und ihnen Dinge empfiehlt. Also es wäre schon immer sinnvoll zu wissen oder zu kommunizieren oder es dann eben zu erfragen.
Speaker 2:Wie ist denn das so mit der Emotionsübernahme? weil dann so eine Trauergruppe ganz schön ätzend sein kann, überfordern, und das Dumme ist halt, wenn jemand das nicht weiß, also unentdeckt autistisch oder ADHS oder was auch immer ist das ist ja da das Gleiche und in einer Trauergruppe einen Zusammenbruch erleidet oder nach einer Trauergruppe, dann ist das ja total normal. Und was machen die dann meistens in gutem willen sich noch mehr kümmern, und da wird das schön ist schon, wenn ich überhaupt darüber rede.
Speaker 2:also wenn ich mir dann das gefühl, ich breche zusammen und ich kann nicht mehr, weil ich einfach im overload hänge oder schon ein stück weiter bin, und dann kommen noch mehr mens, menschen und noch mehr dieses Gefühl, oh Gott, der geht so schlecht, und dann ist es so schwer zu kommunizieren, dass es mir aus einem anderen Grund schlecht geht. Also das ist ein wichtiger Punkt, diese Gefühlsübernahme, die einfach in der neurodivergenten Welt sozusagen stärker stattfindet als in der realistischen.
Speaker 3:Ja, auf jeden Fall, und das hat auch schon dazu geführt, dass ich zum Beispiel sehr stark getrauert habe, obwohl ich die Person gar nicht kannte. Ja, wollte ich auch mal noch sagen. Bei mir passiert das immer dann, wenn noch Musik dran geknüpft ist. Mein Gehirn ist sehr stark auf Musik programmiert, und da kommen sehr stark die Emotionen hoch. Also, da schaffe ich das dann auch nicht mehr, professionell zu bleiben, wie ich das gerade vorher gesagt habe.
Speaker 3:So dieses mich distanzieren, dieses Professionelle, sobald Musik im Spiel ist, kann ich das nicht mehr. Da werde ich ganz wie aufgeweicht. Und das war jetzt schon häufiger so, dass ich zum Beispiel früher mit der Musikkapelle oder mit einem Chor oder was auch immer an einem Trauergottesdienst gesungen habe oder gespielt habe, und ich kannte die Person überhaupt nicht. Aber diese ganzen Emotionen in der Kirche und dann in Kombination mit der Musik, das hat mich dann so überwältigt, dass ich zum Teil wirklich von außen betrachtet müssen die Leute gedacht haben sag mal, was ist denn mit der los? die hat ja einen Vollschaden. Aber das hat mit dieser Gefühlsansteckung zu tun, und das musste ich aber für mich erst mal begreifen.
Speaker 2:Ja, und also nicht nur diese Gefühlsansteckung, sondern auch dieses, ich bade in diesem Gefühl, das so tief gehen kann. Ich musste die ganze Zeit so schmunzeln, weil das war ich weiß nicht, unser Alter kennt das noch Dr Ross Emergency Room, oh ja, Ist dann an Krebs verstorben. Das war für mich. Ich saß völlig aufgelöst vor dem Fernseher, und wir hatten damals also mein Mann, der war sehr viel weg, und der wusste, viertel nach acht, am Mittwoch darf er nicht anrufen, und das hat er dann vergessen und hat da angerufen. Ich konnte gar nicht reden, und er hat immer gedacht, es ist irgendwas passiert, und ich sagte was ist denn, was ist denn? Und er hat gesagt, dr Ross ist gestorben. Ja, genau.
Speaker 2:Ich muss ja immer so lachen. Ich kannte den jetzt natürlich wahnsinnig gut über einen sehr langen Zeitraum. Aber das funktioniert halt auch, dass dann plötzlich da also das war dann schon nackte Verzweiflung und sehr, sehr tiefe Trauer.
Speaker 3:Ja, kenne ich auch gut. Ich habe auch bei Herr der Ringe geheult, als sie sich wieder vertragen haben, meine Güte, und aber nicht ein bisschen, sondern so richtig Schleusen auf, und geheult eine halbe Stunde. Also, es geht, natürlich geht es.
Speaker 2:Also, es geht halt immer Also bei meiner Mutter habe auf und geheult Eine halbe Stunde. Also, es geht, natürlich, geht es. Also bei meiner Mutter habe ich nicht geheult.
Speaker 3:Siehste, und das ist genau der Unterschied, weil da sind wir in zwei ganz verschiedenen Zuständen.
Speaker 2:Ja, und wenn es bei meiner Mutter noch Musik gegeben hätte, hätte ich auch geheult, und ich meine, das passiert vielen Menschen überhaupt grundsätzlich, dass Musik natürlich auch triggert.
Speaker 3:Also, autistische Trauer ist auf jeden Fall ein Thema, das wenig verstanden wird und wo es viele Missverständnisse gibt. Also, ich habe heute extra eine Studie rausgesucht, um auch nochmal deutlich zu machen, was so mit eines der Probleme ist im Umgang mit Emotat. Die Studie, falls man die sucht, und es geht um die Unterschiede der emotionalen Kommunikation. Also wie wird kommuniziert, was gerade in einem passiert oder los ist? Dabei haben sie autistische Kinder und eben allistische Kinder mit Sensoren ausgestattet und haben sie in unterschiedliche Situationen gebracht, in Situationen, die Trauer auslösen, in Situationen, die lustig sind, in Situationen, die Angst machen, alles natürlich leichtere Emotionen, nicht ganz starke Emotionen, die da ausgelöst wurden, und haben gemessen, wie zum Beispiel die Herzfrequenz sich verändert, wie der Blutdruck sich verändert, wie sich die ganzen Vitalparameter verändern. Und da konnte man eben feststellen, dass es überhaupt keinen Unterschied gibt, gar keinen.
Speaker 3:Dass das Einzige, was anders ist, das ist, was von außen beobachtet werden kann, dass nämlich autistische Kinder nach außen hin nicht zeigen, dass sie diese Emotionen verspüren. Und das bedeutet ja aber auch, dass Trauer, das verbinden wir ja mit sehr starken Emotionen, wenn wir so Filme anschauen oder andere beobachten, dabei, das ist eine wahnsinnig starke Emotion, die zeigt sich über Tränen, die zeigt sich über ein zusammengefallenes Gesicht, über eine ganz andere Körpersprache. Das ist natürlich auch etwas, wo das sehr stark auffällt, wenn jemand das nicht zeigt. Es ist eines der größten.
Speaker 2:Orungen, Also dieses ja das Gesicht, das nicht zeigt, was innen los ist. und dann die Bewertung von außen. Also ich meine, dieses Problem kennen wir sowieso, aber normalerweise oder in vielen Situationen wird es aber nicht so krass gewertet. Da wird es gewertet, und das ist eines der größten Probleme.
Speaker 3:Ja, bei Trauer und bei Wut habe ich gelernt bei Wut wird es sogar eher überbewertet.
Speaker 2:Autistische Wut. Genau, und das ist ja. Also. Ich habe jetzt lustigerweise, als du das gesagt hast, eben gerade an dieses Problem Zusammenbruch und Wut gedacht, also dass ja autistische Zusammenbrüche nach außen sehr viel Kraft und Wut zeigen und nach innen genau das Gegenteil, eine absolute Schwäche und Zusammenbruch sind. Und es ist genau das Gleiche. Also nicht das Gleiche, aber es ist sehr ähnlich. Das geht auch in zwei ganz unterschiedliche Richtungen, dass von außen was ganz anderes wahrgenommen wird als von innen, und wir haben ja das Problem, dass Menschen auf Gesichtsausdrücke konditioniert sind. Also, wir reagieren ja auf den Gesichtsausdruck des anderen, und ein monotoner Unfall und eine unausgeprägte Mimik bringt halt nichts. Also, wenn man das kenne ich von mir wahnsinnig viel wenn ich im Privaten auch einfach Sachen sage wie ich kann nicht mehr oder ich brauche Hilfe, passiert halt nichts. Und das habe ich mal mit meiner Therapeutin damals besprochen haben gesagt, lebe ich eigentlich nur mit Ignoranten zusammen, und dann sagt sie wie machen Sie denn das?
Speaker 2:Und ich sage ich sage halt, dass ich nicht mehr kann. Und was passiert dann? Ich sage, irgendwann wäre ich mal sauer. Und dann sage ich halt lauter, dass ich nicht mehr kann. Und dann hat sie gesagt genau, und Menschen sehen Stärke. Die sehen nicht, was sie machen. Und dann hat sie gesagt weinen, weinen Sie doch mal. Und dann habe ich das. also ich weiß gar nicht, wie das funktioniert hat, also auf jeden Fall habe ich das dann ausprobiert also oder vielleicht kam ich da besser dran.
Speaker 2:Keine Ahnung, und es war krass, was dann passiert, wenn ich genau das Gleiche sage und dazu weine. Dann denke ich mir Mann hört halt, was ich sage, und das ist wirklich krass. Also dass Menschen da nicht mitgehen können, weil sie es nicht verstehen, und das Blöde ist ja, wir autistischen Menschen können auch nicht mitgehen. Also ich glaube dem anderen natürlich viel schneller, wenn der sagt, ich kann nicht mehr oder ich trauere so stark, aber ich würde auch gerne sehen, dass der heult, dann tue ich mir nämlich leichter, dann verstehst du es auch besser. Genau, wir haben ja nach innen und nach außen das stimmt ja nicht so ganz.
Speaker 3:Also keine Ahnung, ob das auch so eine Sozialisierungssache ist weiß ich jetzt gar nicht, oder wir haben es halt rational komplett verstanden.
Speaker 3:Also, wenn wir die Situation komplett nachvollziehen können dann ist es wieder was anderes, dann sind wir eher so naja, ich kann das total gut nachvollziehen, dass du jetzt gerade eine Pause brauchst, weil du hast das und das und hier und da und dort. Das ist genau dasselbe wie mit dem Thema Opfer sein. Wenn du möchtest, dass dir jemand abnimmt, dass du ein Opfer bist, weil dir irgendein Unrecht angetan wurde, dann musst du weinen, anderweitig wird dir das nicht abgenommen.
Speaker 2:Das ist tatsächlich ein Problem. Er hat zu ihm gesagt ich bin sehr depressiv, mir geht es sehr, sehr schlecht. Und dann hat er gesagt, es hat auch gepasst. Also da ist irgendwie die Partnerin gestorben, der Hund ist gestorben. Also es war wirklich sehr viel, sehr Schlimmes. Und dann hat er aber dann berichtet, dass er sagt ja, aber nee, da ist ja nichts. Also ich sitze ja dieser Frau gegenüber, bis ihm irgendwann aufgefallen ist. Ich gehe nur noch aus. Also ich sehe nur diese Frau, und da sitzt eine starke Frau sozusagen, die da mit ihrer Mimik nichts rüberbringt. Und er sagt, er musste dann auch erstmal drüber nachdenken, sagen, ich muss der zuhören. Und wenn die sagt, ich bin total depressiv, und sie kann mir dann auch noch so Dinge liefern, was ist alles passiert, muss ich den Schritt zurückgehen und sagen, ich muss der glauben, obwohl meine ganzen Antennen was anderes sagen. Und das finde ich schon sehr spannend. Also was heißt spannend? Das beschreibt das Problem einfach massiv.
Speaker 3:Ja, genau das ist es. Das beschreibt das Problem, und ich fühle mich so sehr gesehen darin, also auch in dem Thema Trauer. Die kann bei mir, wenn ich Menschen verloren habe, die ich gut kenne, dann kann die bei mir heftig sein, die Trauer In der Regel aber kurz, und dann ist so abgeschlossen, und dann holt mich das vielleicht immer mal wieder ein, aber dann ist das nicht mehr ansatzweise so heftig, diese Emotionen, die sind dann nicht mehr so stark. Und ja, als du dann beschrieben hast, jetzt auch in der Folge da bei Britta drüben, da habe ich echt gedacht, ja, ich fühle mich gesehen darin, in dem, was du sagst, dass das auch vielleicht rational abgeschlossen ist und dann nicht mehr so viel hinterfragt wird und nochmal hochgeholt wird und nochmal in sich so aufgearbeitet wird. Gearbeitet wird, ja, was passiert in unserem Gehirn oder was passiert in einem autistischen Gehirn, wenn jemand gestorben ist?
Speaker 2:Ich glaube, was anders ist, sein kann, sind ja nicht alle gleich. Was anders sein kann, ist, dass alleine schon mal diese Akzeptanz Man hat so bestimmte Trauerarbeiten oder Aufgaben, wie man das mittlerweile nennt, also von den Trauerphasen ist man Gott sei Dank weg, und, und die Akzeptanz ist groß. Also, es ist wichtig, das ist ein ganz großer Schritt, dass Menschen akzeptieren können, also wirklich in der Realität akzeptieren können, dass ein Mensch gestorben ist, und das können sehr logisch denkende Gehirne sehr schnell, und das ist schon mal ein Problem, also, weil das ist halt dann zu schnell, und wenn es zu schnell ist, dann ist es natürlich irgendwie falsch. Das kann passieren. Dann hast du auf der anderen Seite diesen massive Gefühlsausschlag, diesen brutalen, der sicherlich auch im Bezug auf Trauma einen großen Teil spielt in der Trauer Weil Trauer ist eigentlich nicht traumatisierend Passiert natürlich, aber jetzt nicht so häufig, wie man sich das vielleicht vorstellt Im Autismus. Es gibt jetzt da keine großen Zahlen oder Beweise.
Speaker 2:Nur, wenn wir jetzt davon ausgehen, dass ein autistisches Gehirn einfach in die tiefsten Tiefen der menschlichen Empfindungen schießen kann und zum Teil eben weitaus bildlicher oder nur bildlich denkt, sind wir natürlich in einem Bereich, in dem kann man schon ganz schön viel abspeichern, was einen das Leben lang nicht mehr so ganz loslässt. Also das ist schon auch nochmal was, was man extra betrachten darf, ja, ich glaube, das Größte ist die Logik, dass mit einem sonst gesellschaftlich brutal emotional aufgeladenen Thema, also, weil es das einfach ist, logisch umgegangen wird oder werden kann, und ja eben nicht alle, und das ist sicherlich der größte Unterschied, der stattfinden kann.
Speaker 2:Ja, kann ich aber auf jeden Fall so bestätigen. Das ist mir vorhin noch eingefallen, weil du das gesagt hast mit dem Tief und Kurztrauern. Das beobachte ich sehr häufig. Also kenne ich jetzt auch von mir, kenne ich aber auch von vielen anderen, mit denen ich gesprochen habe oder arbeite, und es gibt ja einfach in diesem gesamten großen Spektrum eine ganz große Resilienz. Also, viele Menschen im neurodivergenten Spektrum haben eine krasse Resilienz. Da wird ja schon viel diskutiert, woher die kommt, also ob es von den vielen Tiefschlägen ist, oder ob einfach eine sehr logische Denke mehr Resilienz fördert, oder weil es einfach dazugehört, wenn man diese Art von Gehirn hat, und die darf man natürlich auch nicht vergessen. Also, natürlich gibt es immer sehr resiliente Menschen, und es gibt schon immer Menschen, die auch in der großen Trauer da sonst was draus machen konnten und machen und auch gut wieder funktionieren Ist allerdings im Spektrum sozusagen öfter zu beobachten.
Speaker 3:Ja, es gibt ja Menschen, die zerbrechen komplett am Verlust einer Person. Total, und das bedeutet ja im Umkehrschluss, dass diese Person nicht in der Lage ist, diesen Tod zu akzeptieren und weiterzumachen.
Speaker 2:Und das hat was mit Resilienz zu tun, und da sind wir ja leider, auch wenn das ganz viele behaupten, es wäre so einfach, resilienz aufzubauen mit drei Büchern und drei Kursen, aber wir sind halt unterschiedlich bestückt. Also, das hat auch was mit Glück zu tun. Also es gibt halt resilientere Menschen und weniger resilientere, und lernen kann man auch noch ein Stück weit in seinem Leben.
Speaker 3:Da gehe ich jetzt gleich auch noch mal drauf ein, auf das Thema Resilienz. Wir haben ja noch ein weiteres Thema zu besprechen hier gleich. Ich habe eine Frage bekommen über Insta, die glaube ich, jetzt gerade an dieser Stelle sehr, sehr gut passt, Und zwar ich vergesse den Tod von Menschen häufig und bin dann immer wieder neu traurig, Und wie kann ich damit umgehen? Das ist die Frage. Ich glaube, dass das hier ganz gut reinpasst.
Speaker 2:Also, das Erste sind zwei Teile für mich. Ich vergesse den Tod total häufig. Das machen sehr viele von uns aus unterschiedlichen Gründen. Also, es hat was bei vielen natürlich mit dieser Zeitblindheit zu tun. Also die ist ja gerade im ADHS eine größere Rolle. Spielt Dann auch dieses Außenaugen.
Speaker 3:Außen Sinn, Ja, Objektpermanenz, wollte gerade sagen.
Speaker 2:Ich sehe dann denke ich halt nicht dran. Ja, objektpermanenz wollte gerade sagen. Ich sehe, da denke ich halt nicht dran. Also, ich kenne das, ich kenne das so, dass ich nicht so ganz sicher bin, an welchem Tag meine Mutter gestorben ist. Also da wird diskutiert in der Familie, also da sind wir uns alle nicht so ganz einig. Ja, sehr interessant, man vergisst auch, dass Menschen tot sind.
Speaker 2:Also grundsätzlich Und das ist die eine Seite, also das ist nichts, also das ist was Typisches, kenne ich total gut, also dass es immer wieder passiert und dann dieses ach, gott stimmt ja keine Ahnung, mein Bruder ist ja auch gestorben. Also dass man sich immer wieder neu daran erinnert, dass dann die Trauer jedes Mal wieder so kommt, das ist natürlich eine individuelle Geschichte. Da würde es sich bestimmt einfach lohnen. Also ich glaube nicht, dass es da ein Patentrezept gibt, was sicherlich schon mal sinnvoll ist. Also auf der einen Seite ist jetzt schon mal bemerkt zu haben und einfach zu sagen okay, es gibt diesen Mechanismus, ich vergesse es immer, und immer, wenn ich wieder dran denke, trauere ich neu Und da auch wirklich einzugehen und zu bleiben und zu sagen was heißt denn das für mich, was heißt diese Trauer, und was brauche ich in dem Moment, mir was an die Hand zu geben, wie bei anderen Situationen auch.
Speaker 2:Was brauche ich, um in dem Moment gut trauern zu können Und diese Trauer da auch zuzulassen, weil da ist sie ja da. Das heißt jetzt nicht, dass man jedes Mal wieder abschweifen muss und sagen, ich mache jetzt zwei Wochen gar nichts. Es kommt auch darauf an, wie stark das für diese Person in dem Moment ist. Aber es ist immer wieder anzunehmen, und im Normalfall, wenn man das so sagen kann, flacht ja Trauer auch ab. Also es bleibt zwar viele Menschen berichten davon, dass sie ihr Leben lang trauern. Da würde ich jetzt nicht so mitgehen, dass das bei allen Menschen so ist. Also, weil wir eben sehr viele auch Menschen sehen, die abschließen können, und zwar gut, also einfach sagen, ich trauere nicht mehr. Wie man in dem Moment dann damit umgeht, wie die Trauer wieder kommt, hängt total davon ab, wie stark ist die Trauer, wie lang ist das her.
Speaker 2:Das ist ein bisschen individuell, grundsätzlich zulassen würde ich jetzt mal sagen Also mal hingehen und konkret hinschauen was bedeutet diese Trauer, jetzt Kalender also wirklich sagen oder immer, wenn jemand was dran erinnert, diesen Tod auch zuzulassen und zu sagen ja, der ist gestorben und vielleicht selber zu bewerten oh Gott, ich habe das vergessen, dass man das wegnehmen kann, also sondern sagen, ja, ich habe es vergessen, und ich erinnere mich neu dran, weil mein Gehirn das so macht.
Speaker 3:Und ich denke, es ist ja auch ein Schutzmechanismus des Gehirns, oder. Und ich denke, es ist ja auch ein Schutzmechanismus des Gehirns, oder.
Speaker 2:Das hat ja wiederum mit Resilienz zu tun, auch zu sagen, ich habe jetzt Also, ich vergesse den Tod meines Bruders regelmäßig, ja, aber Auch im Trauerzusammenhang. Und dann sage ich irgendwann ah, geschwistertrauer, das betrifft mich ja auch, ah, ja okay, ja, ja, weg, aber auch Schutz.
Speaker 3:Da kann es genauso sein. Ja, ja, realistisch. Trauer gehört ja zum Leben dazu. Also das ist ja etwas, was einfach auch verarbeitet werden kann von unserem Gehirn. Das ist jetzt nicht so, als wäre das etwas, was jedes Gehir verloren, der für uns total wichtig gewesen ist. Dann würde das total viele Ressourcen nehmen. Also für mich ergibt es total Sinn, dass man vergisst, dass Personen gestorben sind, weil man ja im Alltag wieder mit allen möglichen anderen Dingen beschäftigt ist Ah, und ich glaube, da bewegen wir uns gerade an dem Ding.
Speaker 2:für dich ist es mit dem Vergessen nachvollziehbar.
Speaker 2:Ich bin ziemlich sicher durch das, was ich gelernt und mitbekommen habe, dass in der allistischen Welt, wenn man es jetzt wirklich mal so voneinander teilt, das eher auf gerunzelte Stirn stößt, wenn jemand sagt, ich habe schon wieder den Tod von meinem Bruder vergessen. Das ist anders, da ist irgendwas, und das weiß ich nicht. Also ich sehe einfach wahnsinnig viele Menschen, die oder spreche oder höre, die einfach die sagen Todesfall, todesfall Ehemann, kind, was auch immer, wobei Kind immer nochmal eine ganz andere Nummer ist, und ich trauere mein Leben lang, und die Trauer geht nicht weg, und die bleibt immer Teil des Lebens und Dinge, und ich denke mir immer also bei mir ist die wieder weg, genauso wie die Liebe auch wieder weggehen kann. Die bleibt ja auch nicht ein.
Speaker 3:Leben lang.
Speaker 2:Und da weiß ich ehrlich gesagt nicht, ob es eine unterschiedliche Empfindung ist, oder ob es eine unterschiedliche Definition vielleicht auch ist, oder ob Menschen, weil wir so schlecht trauern können und so wenig Trauer in der Gesellschaft haben, das auch sozusagen als eine Art Schutzschild benutzen, also inaktiv sozusagen zu sagen ich trauere mein Leben lang, sind sie ja gar nicht mehr gesehen. Wenn sie sagen, ich höre in drei Jahren auf zu trauern, ja, das ist Festhalten.
Speaker 3:Festhalten, um sich auch damit identifizieren zu können, dass das etwas ist, was passiert ist, vielleicht.
Speaker 2:Ja, vielleicht auch. Da fühlen sich mit Sicherheit sehr viele Menschen total auf den Schlips getreten und sagen nein, nein, nein, meine Trauer ist da, ich halte die nicht fest, ich will die ja, und ich muss die integrieren. Ja, ja, da geht es um Definitionen von Wörtern. Also, wie nehme ich was an und was nicht? Also, das ist auch.
Speaker 3:Also, ich kann auf jeden Fall sagen, mir geht es auch so, ich vergesse das auch, und du auch, und hier hat es nochmal jemand geschrieben. Also, offensichtlich geht es zumindest mal uns mit unseren Gehirnen so. Wir vergessen das gerne mal. Wir vergessen das.
Speaker 2:Das Vergessen ist ja nicht schlimm, sondern schlimm wird, nur, wie gehe ich mit dem Wieder-Dran-Erinnern um? Also werte ich mich als schlecht, weil ich es vergessen habe. Das kann nämlich eine Rolle spielen, Wenn ich das nicht und das ist wahrscheinlich also wahrscheinlicher als andersrum, und das hat natürlich dann auch viel damit zu tun. Wie gehe ich dann danach mit der Trauer um?
Speaker 3:Weil kommt dann eigentlich wirklich die Trauer, oder kommt dann dazu auch noch diese Scham Richtig, dieses Bewerten, also das lohnt sich schon, da hinzugucken, was denn dieses Wiedererinnern eigentlich alles mit sich bringt Und das Wertende darf weg, und man darf ja nicht vergessen, dass ja das war das, was ich vorher noch mal kurz zu den Familienstrukturen sagen wollte Also, es ist ja nicht so, dass immer alle Familienmitglieder in einer Familie dann autistisch sind oder eben allistisch sind, sondern, es kann ja sein, dass zwei Personen autistisch sind und zwei Personen allistisch sind, und die beiden haben ganz andere Bedürfnisse als die beiden, und dadurch entsteht auch so ein Unverständnis, vielleicht für die eine Seite oder für die andere Seite.
Speaker 3:Und ich stelle mir jetzt gerade vor, ich bin in so einer Konstellation groß geworden, und da gab es einen Trauerfall, und dann wird mir immer wieder mal vorgeworfen, dass ich das auch zum Beispiel vergessen habe und da jetzt nicht jeden Tag irgendwie das in meinem kopf präsent habe, dann ja, dann ist deine scham dran geknüpft, dann ist da aber vielleicht auch so ein gefühl dran geknüpft, ich muss doch jetzt trauern, diese person ist ja nicht mehr da, weil das andere von mir erwarten genau das die erwartung der anderen.
Speaker 2:Da nur nur anzumerken, also, wenn du jetzt zwei und zwei hast, also es sind trotzdem vier individuelle Trauerprozesse Und grundsätzlich und das ist eben das, woran ich immer gehe oder was mein Begehr ist sozusagen die Trauer kommt ja gerade ein bisschen mehr in die Gesellschaft und darf wieder, und Trauer am Arbeitsplatz wird diskutiert und so weiter, und in der Trauerbegleitungsausbildung auch, was ja auch sehr viel einfach Gesellschaftliches widerspiegelt, wird ganz viel Wert darauf gelegt, dass Trauer individuell ist, und da ist meines Erachtens das Problem, weil diese Individualität in einem also sozusagen einem neurotypischen Rahmen stattfinden muss. Individuell sein. Menschen dürfen individuell trauern, soweit es immer, aber halt bitte da drin, da können wir auch einen Bogen schlagen wieder in die Schule.
Speaker 3:Da können wir auch einen Bogen schlagen, wieder in die Schule. Das ist ja genau das Thema. Individualität, das wird geliebt. Vielfalt ist toll, aber doch nur so lange, wie wir als Normgesellschaft das verstehen können. Und sobald es dann da abweicht, dann wird es doch wieder nicht, dann ist es doch wieder nicht okay. Das ist ja das Problem. Genau. Du sagtest jetzt gerade, resilienz sei etwas, was in neurodivergenten Gehirnen vielleicht häufiger vorkommt. Ich weiß aber jetzt jetzt gehen wir in das Thema rein, und zwar gehen wir jetzt zum Thema Suizid über dass ja das Thema Suizid bei neurodivergenten Personen eine größere Rolle spielt, als das jetzt bei neurotypischen Personen der Fall ist. Und gerade das Thema Resilienz.
Speaker 2:Aber jetzt auch nicht. Also ich meine, das ist jetzt nichts. Man kann jetzt nicht sagen, das autistische Spektrum oder überhaupt dieses Spektrum ist grundsätzlich sehr resilient. Also das stimmt ja nicht. Also auf jeden fall kann man es nicht so einfach sagen, weil resilienz und gleichzeitig sehr viele zusammenbrüche wahnsinnig schwer zusammen gehen. Das ist ja extrem vielschichtig. Vielleicht kann man es eher so sagen, dass man sagt, diese logische denkeke und diese systemische Denke, die das neurodivergente Denken ja ausmacht, ist eine Art Resilienz, indem man Dinge einfach gleichzeitig von unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Also ich meine nicht, dass man deswegen so viel widerstandsfähiger ist gegen die Probleme, die kommen. Hört sich jetzt bescheuert an, aber sind zwar unterschiedlich.
Speaker 3:Deswegen wollte ich so schön jetzt auseinanderdröseln mit dir, weil ich weiß genau, was du meinst mit Resilienz in der Trauer zum Beispiel, oder Resilienz auch im Umgang mit Trauma, resilienz im Umgang mit schlimmen Familiendynamiken und so weiter. Die ist ja noch mal ganz anders ausgeprägt, weil die muss ja auch ganz anders ausgeprägt sein, weil das ja unser tagtäglich Brot ist.
Speaker 2:Es ist ja jeden Tag Das ist ja der Knackpunkt, dass es eben Menschen gibt, die eigentlich bräuchtenten, weil sie in diesem umfeld zu hause sind, aber sie vielleicht nicht haben. Und dann sind wir bei dem thema erhöhte suizidrate eventuell. Also dass ich meine, hat er leider.
Speaker 3:Also ist man sicherlich ein gedanke, den man mal sehr schön weiter verfolgen kann genau weil, weil diese Resilienz mit den Dingen, die dann so mit dem Selbstwert zu tun haben, auch. Also das sind ja zwei verschiedene Dinge. Ich kann ja einen Trauerfall von mir loslösen, wobei dich hat jetzt zum Beispiel dein Leben lang begleitet, dass du eine schlechte Tochter bist, weil deine Art zu trauern von außen falsch bewertet wurde und dir dann auch eine Schuld zugeschoben wurde, eine Verantwortung, und trotzdem konntest du jetzt an dem Fakt, dass deine Mutter gestorben ist, ja erstmal nichts ändern. und das ist etwas, was dich jetzt vielleicht nicht so arg erschüttert, wie wenn dich jemand als Person ständig infrage stellt.
Speaker 2:Also, ja, der Tod meiner Mutter, davon abgesehen, dass mein Leben dann so verlaufen ist, dass sie halt nicht mehr da war. Natürlich wäre das ein anderes Leben anders gewesen. Aber der Tod meiner Mutter hat mich weniger mitgenommen als das, was ich danach an Bewusstsein hatte, wie schlecht ich bin. Also hätte man mir einfach gesagt es ist okay, du hast es akzeptiert, und natürlich habe ich meine Mutter vermisst und so weiter, und es ist okay so, wie du das machst, dann hätte ich ja dieses Problem nicht gehabt. Also, ich sehe ja, dass ich den Tod meines Bruders ganz anders, damit völlig anders umgehen kann, weil ich es mir erlaubt habe Und das ist bei mir halt so ganz anders, damit völlig anders umgehen kann, weil ich es mir erlaubt habe.
Speaker 3:Ja, und das ist bei mir halt so Ganz genau, und das ist das, was ich meine, das ist eine Resilienz und die andere Resilienz Gut so.
Speaker 2:Und die eine hat nämlich ganz viel mit dir und mit Zweifel an dir als Person zu tun und an deinen Absichten und an deiner Integrität, an deinem an allem, was dich ausmacht, ja an diesem Selbstwert, was du gerade gesagt hast, weil der Selbstwert von uns allen Spätdiagnostizierten sowieso der ist ja eher so schmal, nenne ich das mal schmal und klein, und alles, was da ansetzt, ist ein Riesenproblem, was damit nichts von außen zu tun hat. Da haben wir eine ganz andere Stärke. Also, ich glaube, dass das genau.
Speaker 3:Ich glaube, das ist schon ganz wichtig zu unterscheiden, und es lässt sich für mich leicht erklären, dass neurodivergente Menschen, diese erhöhte Suizidrate mit sich bringen, erhöhte Suizidrate mit sich bringen. Und wir dürfen auch nicht verheimlichen, dass es eben hier nicht nur erwachsene Personen trifft, sondern eben auch Kinder und Jugendliche. Warum kriegt man so wenig darüber mit?
Speaker 2:Warum hört man so wenig davon? Ich glaube, weil es grundsätzlich nicht so ein Thema ist, weil die Neurodivergenz nicht so ein Thema ist. Ich denke schon, dass wir, wenn wir ein paar Jahre mal darüber sprechen und jetzt Kinder mit ADHS und autistische Kinder einfach eine andere Rolle spielen, also wie auch immer, aber mehr wahrgenommen werden müssen, dass irgendwann auch dieses Thema kommt mit der Suizidalität. Wir merken ja jetzt schon, und das ist ja der Schritt vorher meines Erachtens durch den Anstieg an psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Das kann man ja grundsätzlich auf die Weltlage und das System und die Gesellschaft und irgendwas damit auch verargumentieren. Das ist ja alles in Ordnung.
Speaker 2:Und auf der anderen Seite wäre es aber eben wichtig, alle diese Kinder anzugucken und zu schauen, wer hat jetzt das Problem von außen sozusagen und wer von innen? Also wer ist einfach falsch für diese Gesellschaft, um da dann zu gucken, welche psychischen Erkrankungen kommen deshalb, weil die Kinder neurodivergent sind. Und dann ist der nächste Schritt natürlich der, zu sagen okay, wenn Kinder sich das Leben nehmen, was steckt denn wirklich dahinter, und wie viele davon haben eine Persönlichkeitsstruktur, die halt eben nicht so ganz ins System passt und damit der Grund ist. Also, ich glaube, das dauert noch ein bisschen, weil wir dafür erst dieses Feingefühl bräuchten, dass die Diversität gesehen wird, dass man sagt okay, es ist sowieso jeder Mensch anders, und dann eben zu sagen was ist denn deine Andersartigkeit? Und wenn die eben bedeutet, ich bin in der Neurodivergenz als Mensch oder als Kind zu sehen, gut, was kann das für Probleme geben? Und vielleicht ist das ja eben auch der Grund für deine depressive Problematik. Gut, und dann kann ich natürlich da anders reingehen und sicherlich auch den ein oder anderen Suizid verhindern und sicherlich auch den ein oder anderen Suizid verhindern.
Speaker 3:Also das muss man definitiv dazu sagen, dass diese Komorbiditäten, die sich natürlich entwickeln im Laufe des Lebens einer zum Beispiel ADHS-Neurodivergenten Person, dass die natürlich auch einen Rieseneinfluss darauf nehmen, ob so eine Person suizidal ist oder nicht.
Speaker 2:Ja, und was mir auch noch einfällt, was man nicht vergessen darf und es spielt mit Sicherheit eine Rolle, auch wenn das sicherlich keine, also, das ist ja eher eine Meinung von Ihnen dann sozusagen, dass ein systemisch denkendes Gehirn, das Dinge von allen Seiten beleuchtet, auch einen Su, das Dinge von allen Seiten beleuchtet, auch einen Suizid von allen Seiten beleuchtet und wahrscheinlich ist jetzt eine totale Hypothese meinerseits, dann halt auch besser zum Ziel kommt, erfolgreicher ist es.
Speaker 2:Ja erfolgreich. Also, wenn ich jetzt mir ein autistisches Denken vorstelle und sage, das ist jetzt mein Thema, und ich beschäftige mich damit und bin suizidal, und dann überlasse ich da aber aufgrund meiner Denkstruktur schon mal gar nichts im Zufall.
Speaker 3:Verstehe ja, ergibt total Sinn. Also die Denkweise ergibt total Sinn.
Speaker 2:Da kann man ja wirklich alle nehmen. Die einen sind halt eher logikgetrieben, und die anderen haben diese Systemik, dass sie einfach Dinge von allen Seiten bedenken und nicht nur sich überlegen, keine Ahnung, wenn man da wirklich reingeht und sagt, was passiert denn, wenn ich jetzt da runterspringe Und dann gleichzeitig die anderen drei Spuren, die ja auch immer mitdenkender bei sind, sagen, das ist aber nicht hoch genug, oder du bräuchtest das oder was? Also auch da spielt ja dieses Hirn eine Rolle. Also, wenn mehr Ideen da sind, sind mehr Ideen da. Also, die hören ja nicht auf, nur weil es sich um Suizid dreht.
Speaker 3:Keine Ahnung, ja, aber ich kann deinen Gedankengang auf jeden Fall nachvollziehen. Also, es ergibt für mich auf jeden Fall auch Sinn zu sagen, dass das mit Sicherheit an der Erfolgsquote messbar sein könnte.
Speaker 2:Ja, das kann schon sein, weil wir haben ja auch eine erhöhte Rate von durchgeführten männlichen Suiziden. Wir haben aber eine massiv höhere Rate an weiblichen Suizidversuchen, weil Männer einfach sich anders suizidieren und es halt dem Zufall nicht überlassen. Die springen halt vor den ICE. da gibt es jetzt keine große Diskussion, ob das funktioniert oder nicht, und wir haben das da ja auch. Also warum sollten wir das dann nicht auch da haben?
Speaker 3:die Gehirne funktionieren Ganz genau Glaube ich auch sofort dran, dass das ein Thema ist.
Speaker 2:Also, da kommt ja keine Grenze, nur weil es eine Entscheidung ist, die vielleicht fabuisiert ist.
Speaker 3:Also ich finde es halt so schwierig ich muss das wirklich sagen, ich finde das unfassbar schwierig, dass wir über Suizid also auf der einen Seite finde ich es wichtig, dass wir über Suizid sprechen, weil das würde das Bild sonst überhaupt nicht ansatzweise vollständig darstellen. Aber wenn ich jetzt zum Beispiel mit Lehrkräften darüber spreche, wie wichtig es ist, diese Kinder und Jugendlichen im Schulsystem so zu begleiten, dass sie einigermaßen gesund durch diesen Schulalltag kommen no-transcript. Das ist ein sehr wichtiger Gedan müssen, um diese Ernsthaftigkeit auch mitzugeben. Denn gerade wenn wir über Jugendlichen, jungen Erwachsenen Suizid lesen, dann sehen wir, dass halt gerade da die Zahlen deutlich höher sind, bei neurodivergenten Menschen.
Speaker 2:Ja, es ist wichtig, und das hat ja einen Grund, dass man auf der einen Seite eigentlich gerne davon ausgehen möchte, wenn ich sage, es gibt Probleme, also nachhaltige Probleme bei Kindern und Jugendlichen, dass Suizid damit gemeint ist, und andererseits ist Suizid so tabuisiert, dass kein Menschch sich darüber nachdenken traut und er dann natürlich da überhaupt gar keine rolle spielt, und wenn es dann zum suizid kommt, genau diese menschen da stehen und sagen wo krass, wie konnten das jetzt passieren? es geht ja die ganze zeit um mentale gesundheit, und es geht auch bei den kindern um mentale gesundheit, und es ist vollkommen logisch, dass, wenn wir mehr Kinder haben, die depressiv sind, die Angsterkrankungen oder sonst irgendwas haben und davon sind nun mal mehr neurodivergente Kinder betroffen dass wir immer auch einen Anstieg der Suizidalität haben und zunehmend mit der Katastrophisierung der Zukunft.
Speaker 3:Das kommt ja noch dazu. Also, wenn ich nicht sehen kann, wenn ich keine Vision dessen habe, wie meine Zukunft aussehen kann, wenn ich nicht das Gefühl habe, einfluss darauf nehmen zu können, ob ich in einer gesunden Welt wachsen darf, dann kann auch diese Aussichtslosigkeit dazu führen, dass ich sage, es ist vielleicht auch nicht wichtig, dass ich lebe.
Speaker 2:Das wäre auch wieder ein sehr stark autistischer Gedankengang grundsätzlich jetzt mal verunsichert oder verunsichert her, als sie es auf jeden Fall vor zehn Jahren noch waren oder 15, da spielt es immer mit rein.
Speaker 2:Ja, und die demografische unterscheiden, ob das Kind jetzt neurodivergent ist oder nicht. Nur haben wir halt einfach mehr Probleme auf der neurodivergenten Seite und deswegen auch mehr Suizide, auch noch das Hirn, also was wir vorhin besprochen haben, und auch das, wenn so ein Gehirn mal einen Entschluss fasst, ist vielleicht auch schwer davon, vielleicht einen Ticken schwerer davon wieder abzubringen ist als ein nicht autistisches Gehirn.
Speaker 3:Ja, da haben wir vorher im Vorgespräch ein bisschen drüber gesprochen, dass das auch nicht. Also an dieser Stelle spreche ich sehr, sehr gerne eine Buchempfehlung aus, und zwar Alle Farben Grau von Martin Sutter. Eine kleine Information aus dem Off Dieser Mann heißt nicht Martin Sutter, sondern Martin Schäuble. Ein super Buch, wo es um einen autistischen Jungen geht, der Suizid begeht, und wo es um die ganze Geschichte geht. Das ist eine wahre Geschichte, die da erzählt wird. Es werden Freundinnen und Eltern und alle werden gefragt, und es wird aber ein Roman daraus geschrieben. Das ist wirklich ein sehr, sehr schöner Roman geworden, und da wird einfach sehr, sehr deutlich, dass weder die Freundinnen noch die Eltern es hat niemand irgendwas verkehrt gemacht, der ist in einem sehr liebevollen Umfeld groß geworden erschüttert ja wieder auf einer ganz anderen Ebene, weil wir stellen uns ja schon so vor, dass eine Person, die Suizid begeht. Die hatte niemanden, die war für niemanden wichtig, diese Person Und hat sich total lost gefühlt. Und in dem Fall und deswegen finde ich das Buch auch so wertvoll wird so deutlich, dass das kein Faktor sein muss.
Speaker 2:Kann natürlich sicherlich Dass, die sich nicht mehr, dass Menschen sich eben nicht mehr gesehen fühlen, und es geht ja auch oft darum, dass sie sich nicht mehr gesehen fühlen, obwohl sie eigentlich gesehen werden.
Speaker 2:Das darf man ja auch nicht vergessen und dass sich der Blickwinkel total oder die Blickrichtung wahnsinnig verengt, und es geht nur noch um dieses Ich-bin-nichts-wert und so weiter. Also, das ist ja, weiß man ja auch, dass Menschen, die sich suizidieren, meistens kein breites Denken mehr haben, sondern wirklich fokussiert sind darauf und auch beengt Also jetzt nicht Fokus im guten Sinne, sondern gar keine Möglichkeit anderen Denkens mehr finden, und so weiter. Und trotzdem gibt es Menschen, die wollen sterben, und zwar ganz bewusst, und das darf man nie vergessen, und das finde ich auch sehr spannend. Wissen wir noch nicht, aber hat vielleicht auch was mit diesen Gehirnen zu tun.
Speaker 2:Ich kenne einen Fall von einem jungen Mann, der sich das Leben genommen hat, der einen Abschiedsbrief geschrieben hat, einen langen, in dem einfach total klar rüberkommt, der wollte einfach nicht leben, nach der ersten Zeit für die Eltern und für die Schwester relativ schnell, also zügiger, eine unglaubliche Erleichterung sein konnte, weil der ganz klar festhält es liegt nicht an meiner Umwelt, es liegt an mir, ich will nicht leben, und das darf man natürlich auch nie vergessen. Also, die gibt es, es sind wenige, also natürlich, die hohe Zahl der Menschen, die sich das Leben nimmt, sehen keinen anderen Ausweg und sind verzweifelt und sind depressiv.
Speaker 3:Und trotzdem gibt es die anderen auch interessant ist, dass es auch sehr viel um den Autismus geht, den dieser jugendliche Mensch mitbringt, und dieses autistische Denken, in das wir auch sehr intensiv einsteigen, auch dieser autistische Humor, in den wir so intensiv einsteigen, in diesem Buch. Das ist so gut gemacht. Also ich musste so viel lachen in diesem Buch, weil so dieser junge Mensch so gezeichnet wurde, dass man so ein richtiges Bild von dieser Person bekommen konnte, und das Bild widerspricht genau dem, was wir erwarten würde, wie so eine Person ist, die sich das Leben nimmt, und es ist wichtig zu zeigen. So gut wirklich. Also, wie gesagt, an dieser Stelle große Empfehlung für dieses Buch. Du hast durch deine Trauerbegleitung vielleicht auch schon Menschen begleitet, die Suizid betrauert haben. Worin unterscheidet sich denn die Trauer um eine Person, die aus Krankheitsgründen oder weil sie alt war oder durch einen Unfall gestorben ist, im Vergleich zu jetzt eben der Trauer, die durch einen Suizid durchlebt werden muss? sagen wir es vielleicht mal so Also ganz klar Schuld.
Speaker 2:Angehörige oder Hinterbliebene von Suizid haben alle ein riesengroßes Schuldproblem. Das haben andere nicht.
Speaker 2:Natürlich gibt es das auch immer wieder, aber es ist halt sehr einfach transportiert, natürlich. Menschen fühlen sich verantwortlich, und wenn dann jemand diesen Weg geht, fühlen sie sich versagend im Nachgang und fühlen sie sich schuldig. Also das ist eigentlich der größte Unterschied. Wir haben diese Plötzlichkeit, die haben wir bei anderen Todesfällen auch, also wenn jemand einen Unfall hat oder so, und natürlich gibt es Unterschiede auch zu. Also auch Trauer von Katastrophen ist was anderes Unterschiedliche. Also da fühlen sich Menschen einfach untereinander auch besser aufgehoben, wenn man ein bisschen die Trauer sozusagen nachvollziehen kann oder die Situation nachvollziehen kann.
Speaker 2:Die Trauer vielleicht nicht, und das ist bei Suizid eben auch nochmal was anderes und Interessantes. Auch, dass ich habe das vorhin gesagt mit der Traumatisierung. Ich kann da jetzt gerade überhaupt keine Zahlen nennen, nicht dass ich da was Falsches sage, aber also eine, ich nenne es jetzt mal normale Trauer. Also ein Todesfall, der sozusagen zum Leben dazugehört da gehören auch Unfälle dazu sind selten traumatisierend. Es gibt es, aber das ist jetzt nicht an der Tagesordnung. Bei Suizid ist es was anderes. Also weitaus mehr Hinterbliebene oder direkt Hinterbliebene von Suizidpersonen haben eine PTBS irgendwann.
Speaker 3:Das glaube ich sofort, und viele Personen, manche Personen trauern ja auch, indem sie in Kontakt gehen mit anderen Menschen und auch darüber sprechen, was sie erleben und erlebt haben, dass er im Zusammenhang steht mit Suizid, dass das wieder dazu führt, dass vielleicht weniger darüber gesprochen wird, weil vielleicht auch noch eine Scham daran hängt, die Schuld ist da, weil Suizid in der Gesellschaft einfach stigmatisiert ist und ein Tabu, also ganz einfach.
Speaker 2:Also die Grenze, also die Hürde ist sowieso schon mal höher. Und dann das kannst du wahrscheinlich mit deiner Erfahrung bestätigen wie reagieren Menschen, wenn ich von einem Suizid erzähle, wenn ich sage, meine Tante ist an Krebs gestorben, weil da kommt ja dann als erstes noch hör meine auch, oder sowas. Aber jemandem von einem Suizid zu erzählen, ist ja auch deswegen ätzend, weil man weiß, jetzt ist mal wieder der Spaßverderber an dem Abend, weil keiner wird mehr reden, und alle sind schockiert, und halt in einer ganz anderen Art und Weise. Also mit Suizid bringt man also, wenn man mit Tod und Sterben Gespräche zum Stocken bringt, mit einem Erzählen von einem Suizid bringt man sie dann ganz zum Erliegen.
Speaker 3:Ja, du kannst ja aber auch wenig fragen. Was willst du denn fragen? auch wenig fragen? Was willst du denn fragen? Also, wenn jemand krank geworden ist, an Krebs zum Beispiel, stirbt oder an anderen Erkrankungen stirbt, die zum Teil auch zu sehr, sehr schnellen Toden führen können ALS zum Beispiel ist ja so eine Krankheit, die sehr schnell sehr plötzlich sehr böse Menschen einfach aus dem Leben reißt dann sind das Dinge, über die können wir sprechen. Da können wir fragen wie waren die letzten Wochen für dich? wie hat sich das entwickelt? woran hast du gemerkt, dass da was ist? wann ist wer zum Arzt gegangen, wie wurde die Diagnose gestellt, und so weiter. Auch über Unfall, Tathergänge, all das kann man sprechen, und wir haben gelernt, über Suizide wird nicht gesprochen.
Speaker 2:Und das erzählen sehr viele Betroffene, die sagen es fragt mich keiner, Niemand, Und ich frage auch nicht nach den Menschen. Es geht ja nicht darum zu fragen, wie sich jemand das Leben genommen hat, sondern es geht darum, wen dieser Mensch verloren hat. Und die würden so gerne über ihre Menschen sprechen, wie die waren, wo das Problem vielleicht lag oder was gut war und überhaupt, um diese Menschen am Leben zu lassen in ihrer Erinnerung. Und Menschen also Suizid, Hinterbliebene dürfen viel, viel weniger über ihre Angehörigen sprechen, sprechen als Menschen, die aus anderen Gründen trauern. Das ist alles Folge dieser krassen Tabuisierung.
Speaker 3:Und ich habe einige Menschen über Suizid verloren. Also ich bin ja in Neurodivergenten-Kreisen groß geworden, ganz offensichtlich ohne das gewusst zu haben. Jetzt nachträglich kann ich das anders bewerten, aber ich kann das bestätigen. Es wird weder innerhalb der Familie über diesen Todesfall gesprochen. Es wurde mehr über diesen einen wäre jetzt lustig, es ist nicht einer, es geht insgesamt um mehrere. Es wurde mehr über Menschen gesprochen, die durch einen Unfall gestorben sind, die wir gar nicht kennen, und ich bin ja als Kind dann zum Beispiel betroffen gewesen, habe da meine Cousine verloren, und es wird nicht darüber gesprochen. Und umgekehrt. Wenn ich dann jemandem erzählt habe, was da mit meiner Cousine gewesen ist, hat auch niemand gefragt. Also ich kann es genau bestätigen, und das trägt man dann so mit sich rum. Das ist dann so ein Thema, das beschäftigt einen, und es stimmt, egal, wann ich das erzähle Ich meine, jetzt ist das 30 Jahre her, der eine Fall zum Beispiel. Es ist immer noch dieselbe Reaktion von den Personen, wenn ich darüber spreche.
Speaker 2:Es ist immer noch so ein Verstummen, ein wie machen wir jetzt weiter? Zwei Tabuisierungen Wir haben auf der einen Seite das, dass man über Suizid nicht spricht, weil Suizid einfach nicht akzeptabel ist, weil Suizid einfach nicht akzeptabel ist Also wir haben eine christliche Basis hier in Deutschland, das dürfen wir nicht vergessen. Und die andere ist, dass Menschen, die sich das Leben nehmen, selbst ein Tabu sind. Also die wurden ja früher irgendwo außerhalb der Stadtmauern schnell verscharrt, die durften nicht begraben werden. Das haben wir immer noch, natürlich indem wir in Deutschland das einzige Land sind, das von Selbstmord spricht. Wir haben eine Bewertung dieses Menschen. Die haben ja was gemacht, was man nicht machen darf. Die sind ja auch noch schlechte Menschen. Also das ist eine doppelte Problematik. Also deswegen sprechen wir nicht über die Menschen, weil die ja was Falsches gemacht haben, und Suizid an sich ist was Falsches, also sprechen wir da auch nicht drüber.
Speaker 2:Und gegen diese Wende läuft man als.
Speaker 3:Angehörige dann, Und dann sprechen wir nicht über Suizid. weil wir könnten ja, wenn wir über Suizid sprechen, dadurch, dass das so ein tabuisiertes Thema ist, vielleicht irgendjemanden auf Gedanken bringen.
Speaker 2:selbst Das ist das ganz Gefährliche, also wirklich dumm, auch ganz ehrlich, also sehr kurz gedacht, und das ist ja auch das. Also, menschen denken sich nicht einfach mal aus. Ich nehme jetzt das Leben Ja, wir haben eine Nachahmungsproblematik, die gibt es. Also ein Risikofaktor für Suizid ist ein Suizid in der Familie, warum auch immer. Also, ob das eine Nachahmung ist, das weiß man nicht. Aber man weiß, dass viele Menschen, die sich das Leben nehmen, halt jemanden haben irgendwo in der Vergangenheit, die das auch getan haben. Grundsätzlich ist es aber eben genau das Gegenteil, dass man darüber sprechen muss und über Suizid sprechen muss und den Menschen und vor allem auch den Kindern von Anfang an mitzugeben A, suizidale Gedanken kommen viel, viel häufiger vor, als man sich das vorstellt. Sehr viele Menschen hatten schon suizidale Gedanken und sind niemals suizidgefällig. Dieses ist ein Gedanke, den gibt es halt einfach, den denken Menschen, und ein Suizidgedanke heißt nicht Alarm, was wichtig ist, wenn man mit einem Menschen zusammen ist oder mit Kindern, sowieso mit Kindern, jugendlichen, und es beschleicht einen das Gefühl, da stimmt was nicht, und Suizid steht irgendwie gefühlsmäßig im Raum. Oder es wurde schon geäußert, hast du suizidale Gedanken? Und da wird nicht rumgeeiert mit, würdest du dir vielleicht was antun, sondern wirklich ganz klar auf suizidale Gedanken ansprechen. Und Menschen reagieren, entweder mit einem nee, du spinnst. Ja, oder ja, aber das merkt man dann schon. Oder sie verstummen oder sagen ja, habe ich. Und dann weiter zu fragen und zu sagen hast du dir schon Gedanken darüber gemacht, wie du dir das Leben nehmen möchtest Und wirklich klar bleiben oder wie dieser Suizid aussehen soll. Wenn dann wieder ein Ja kommt, kann man weiter fragen und sagen hast du die Sachen, die du dafür brauchst, schon besorgt? Gibt es das schon? Oder hast du dir den Zugfahrplan oder was auch immer schon angeguckt? Und dann also, wenn da wieder jemand mit Ja antwortet, dann sollte man diese Person nicht mehr alleine lassen Und dann gucken, dann kommt es eben darauf an was ist das für eine Person? Ist das ein Erwachsener, der gerade ausflippt, oder wie auch immer? Ist es jetzt Kinder und Jugendliche nicht mehr alleine lassen? Hilfe holen.
Speaker 2:Hilfe holen heißt, ich kann die Polizei anrufen, ich kann die Rettung anrufen, ich kann keine Ahnung wen auch immer, von dem ich jetzt das Gefühl habe, das wäre jetzt wichtig anrufen. Und da haben wir noch eine andere Verantwortung, als wenn es Erwachsene sind. Wenn eine erwachsene Person zu mir sagt ich möchte mir das Leben nehmen, und du lässt mich jetzt hier einfach in Ruhe und ich gehe, dann sind uns irgendwann die Hände gebunden. Also was soll ich denn machen? Also, ich kann die Polizei holen.
Speaker 2:Wenn dieser Mensch dann schon weg ist, ist er halt schon weg. Was wir niemals machen dürfen auf gar keinen Fall. Ich meine, es ist bei kleineren Kindern, aber da ist jetzt das Problem wahrscheinlich auch nicht so da ist, mit diesen Menschen in ein Auto zu steigen und in eine Klinik zu fahren. Es ist hochgradig gefährlich, weil ist dieser Mensch wirklich so suizidal, dass er sich das Leben nehmen möchte, dann greift er auch ins Lenkrad. Also Vorsicht einfach nicht machen, sondern Hilfe holen, und dann zu sagen, wir fahren zu dritt, einer fährt, jemand setzt sich mit dieser Person nach hinten, also weg vom Lenkrad, gerade auch mit größeren, also, wenn jemand sich auch noch in die Enge gedrängt fühlt. Man weiß ja eben, die sind ja gerade nicht auf dem total ausgeglichenen psychischen Niveau, also die sind ja massiv unter Strom. Also da wirklich ganz deutlich drüber sprechen, und in den Schulen müsste unfassbar viel Suizidaufklärung passieren.
Speaker 2:Und da braucht man keine Angst zu haben. Die fangen das nicht alle an und machen das jetzt alle, weil es ihnen jetzt gerade mal jemand erzählt hat.
Speaker 3:Sondern, es geht ja um eine sinnvolle Aufklärung und nicht um ein ah, schau mal, was man alles machen kann, bezieht sich ja nicht auf darüber sprechen, sondern der bezieht sich ja auf Nachahmen. Also, es muss ja im Prinzip jemand einen Suizid begehen, und dann ist es eben wichtig, da nicht zu viel Aufmerksamkeit in diese Tat hineinzustecken, um eben nicht das Signal zu schicken, da bekommt jemand wahnsinnig viel Aufmerksamkeit für eine Tat. In Anführungsstrichen eine Tat, doch eine Tat, weil das könnte jetzt eben so eine Nachahmung vielleicht auslösen.
Speaker 2:Da muss man in die Trauer gehen und die Kinder abfangen und Krisenintervention betreiben. Grundsätzlich sollte man durch Aufklärung wäre es halt schön, den ersten Suizid schon gar nicht stattfinden zu lassen. Aufklärung wäre es halt schön, den ersten Suizid schon gar nicht stattfinden zu lassen.
Speaker 3:Ja, das wäre natürlich super Insgesamt.
Speaker 2:Das ist natürlich was das ich jetzt noch schnell hinterher schicke, weil es einfach wichtig ist, wenn sich jemand mit dem Thema auseinandersetzt. Wenn ich einen Menschen beobachte und ich bin nah mit dem zusammen und ich habe immer wieder Angst, dass er in die Suizidalität gerät. Also Agus-Selbsthilfegruppen, das sind geführte Gruppen von der Agus-Selbsthilfe, glaube ich, heißen die für Menschen mit suizidalen Angehörigen, sich da schon mal einfach auch Hilfe zu suchen. Und was wahnsinnig wichtig ist, ist zu sehen, wenn ein Mensch, die schwanken von oben nach unten, und sie sagen, es ist alles scheiße und es geht wieder, und sind wahnsinnig nervig und also so anstrengend, also heute so, morgen so, und irgendwann kommt der Punkt, an dem sind die total ausgeglichen, weil, da haben sie ihre Entscheidung getroffen, dann wissen sie, ich werde mein Leben beenden.
Speaker 2:Und deswegen stehen so viele da und sagen also auch Eltern natürlich von Jugendlichen aber es war doch jetzt wieder alles gut, der war doch so ausgeglichen, es war doch jetzt alles wieder viel besser. Ja, der war ausgeglichen, weil er seine Entscheidung getroffen hat. Also, wenn ich als Elternteil das Gefühl habe, mein Kind läuft irgendwie in diese Richtung, hilfe suchen, ansprechen, ansprechen, ansprechen, und wenn das Kind mit den Eltern nicht spricht, dann jemand anderen suchen, der mit diesem Jugendlichen oder dieser Jugendlichen ganz deutlich spricht und deutlich fragt Also wirklich suchen und ansprechen, also wirklich suchen und ansprechen.
Speaker 3:An dieser Stelle schiebe ich ganz kurz ein, was selbstverständlich sein sollte, aber ich möchte es trotzdem an dieser Stelle nochmal sagen Das ist ein mögliches Szenario. Das bedeutet nicht immer, wenn es einer Person besser geht, bedeutet das, dass der Entschluss gefasst ist, dass sich eine Person das Leben nimmt. Aber es ist eben ein Warnhinweis, und es ist wichtig, diesen zu kennen. Aus diesem Grund lasse ich das so da drin. Es ist wichtig, dass wir wissen, was eben wichtige Warnhinweise sind und woran wir zum Beispiel erkennen, dass eine akute Gefahr da sein könnte. Das weiß man ja tatsächlich, dass das Darübersprechen am ehesten eine Prävention darstellt als das Wegschauen. Also das ist schon tatsächlich ein ganz wichtiger Hinweis, denn wir denken ja, und da wieder wird es eigentlich super deutlich. Also spätestens da wird es deutlich.
Speaker 3:wenn wir doch wissen, dass das darüber sprechen eher eine prävention darstellt als das nicht darüber sprechen bei einer person, die suizidgefährdet ist, dann wird ja auch deutlich, wie wichtig, dass darüber sprechen ist bei personen, die nicht suizidgefährdet sind, weil dann ist ja, wir hängen da in einem gesellschaftlich überlieferten tabu also, ich werde unten in der folgen beschreibung auf jeden fall einen link einbauen zu einer seite, wo man sich informieren kann zum thema suizid, auch wen man kontaktieren kann da haben wir vorher noch drüber gesprochen Und auf dieser Seite, die heißt suizidprophylaxede, auf dieser Seite sind auch die ganzen anderen wichtigen Nummern verknüpft, wo ich mir zum Beispiel eine Gesprächsperson raussuchen kann als Elternteil oder als betroffene Person, oder, oder, oder, oder.
Speaker 3:Und ich denke, wir müssen diesen Schritt gehen, vor allem, weil wir wissen, dass es der Jugend schlecht geht, vor allem, weil wir wissen, dass wir insgesamt eine dann doch recht kranke Gesellschaft sind, in der wenig darüber gesprochen wird und in der es auch wenig okay ist, krank zu sein, und lernen, dieses Thema nicht mehr als großes Tabu zu sehen, sondern als ein Thema, das dazugehört und das stattfindet, begründet, stattfindet, stattfindet, begründet, stattfindet. Ich danke dir sehr für deine Zeit und für deine vielen Einblicke in deinen Alltag und aber auch in dein Leben, in deine Biografie. Es war sehr wertvoll. Vielen Dank, katrin. Danke, auch War spannend.
Speaker 2:Also tolle Ansätze auch, die mich wieder nochmal in neue Richtungen bringen. Vielen.
Speaker 3:Dank Super, das freut mich. Ich wünsche dir noch einen super schönen Abend. Danke dir auch. Danke, tschüss, ciao. Untertitelung des ZDF 2020.