Kapierfehler - Neurodivergenz und Schule
Schule sollte bunt und vielfältig sein – ein Ort, an dem sich alle Menschen wohlfühlen können!
Ich bin Corina, Lehrerin und stolz darauf, anders zu sein. Mit 40 Jahren habe ich herausgefunden, dass ich neurodivergent bin, und seitdem hat sich mein Blick auf Schule und Lernen grundlegend verändert. In meinem Podcast setze ich mich für ein inklusives Bildungssystem ein, das neurodivergente Schüler*innen und alle mit besonderen Bedürfnissen besser unterstützt und wertschätzt.
Schüler*innen mit ADHS, im Autismusspektrum, Hochbegabung, Legasthenie (LRS) oder Dyskalkulie haben oft ein feines Gespür für die Schwächen unseres veralteten Schulsystems. Sie zeigen uns deutlich, wo Handlungsbedarf besteht. Statt sie als „Problemkinder“ zu sehen und ihre Herausforderungen zu pathologisieren, sollten wir ihnen mit Verständnis und Unterstützung begegnen.
Ob queer, autistisch, hochbegabt, neurodivergent, psychisch erkrankt, behindert oder mit spezifischen Lernbedürfnissen wie ADHS, Legasthenie, LRS, Dyskalkulie oder FASD – diese vielfältigen Menschen gehören in unsere diverse Gesellschaft und verdienen es, gehört und verstanden zu werden.
Hör rein und entdecke, wie wir Bildung bunter und gerechter gestalten können!
Kapierfehler - Neurodivergenz und Schule
99 - Aber du bist doch hochbegabt!? - Anna
Das Dilemma zwischen starren Schulsystemen und neurodivergenten Köpfen: Lehrerin Anna teilt ihre bewegende Geschichte eines Lebens voller unerwarteter Wendungen. Mit 37 Jahren erhält sie endlich ihre ADHS-Diagnose – ein Schlüssel zum Verständnis ihrer turbulenten Schulzeit, in der sie trotz Hochbegabung gemobbt wurde und ab der 7. Klasse schulisch abstürzte.
Besonders schmerzhaft sind ihre Erinnerungen an Lehrkräfte, die sie vor der Klasse bloßstellten, statt sie zu unterstützen. Diese traumatischen Erfahrungen haben ihre Berufswahl als Lehrerin geprägt – mit dem Wunsch, es für ihre Schüler*innen besser zu machen. Doch erst die Herausforderungen als Mutter veränderten ihre Perspektive radikal. Ein Kind mit schwerer Erkrankung und zahlreichen Operationen sowie der tragische Verlust eines weiteren Kindes zwangen sie, das System grundlegend zu hinterfragen.
Heute kämpft Anna an mehreren Fronten: für ihre eigenen Kinder, die trotz deutlicher Anzeichen keine ADHS-Diagnose erhalten können, und für ihre Schüler*innen, denen sie mit individualisierten Lernumgebungen gerecht werden möchte. Ihre Geschichte verdeutlicht eindrucksvoll, wie persönliches Leid in berufliche Stärke umgewandelt werden kann und wie entscheidend Verständnis für neurodivergente Menschen ist – sowohl in Schulen als auch in der Gesellschaft.
Folgt Anna auf Instagram @schul_bruch und erfahrt, wie sie als neurodivergente Lehrerin und Mutter das Bildungssystem von innen verändern möchte.
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Ich komme auch an deine Schule und bilde das gesamte Kollegium zu den Themen ADHS, Autismus & herausforderndem Verhalten in der Schule weiter!
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Liebe Grüße,
deine Corina
Musik. So also, einen wunderschönen guten Morgen wünsche ich euch allen. Guten Morgen, frau Elfe. Untertitelung des ZDF 2020. Hallo, liebe Grüße aus einem vollkommen überhitzten Büro Hier hat es heute nahezu 40 Grad.
Speaker 1:Anna und ich treffen uns um 16.30 Uhr zu einem Gespräch über Schule. Wir sind beide tatsächlich ganz schön verschwitzt und versuchen unser allerbestes, konzentriert zu bleiben und das Gespräch gut hinzubekommen. Ich muss allerdings sagen, ich kann rückwirkend wirklich einfach nur Danke sagen, liebe Anna, dass du da gewesen bist, dass du uns erzählt hast, was hier alles in deinem Leben los war. Das ist nämlich eine ganz schöne Menge, das in deinem Leben los war. Das ist nämlich eine ganz schöne Menge. Schon alleine, was Anna in ihrer Schulzeit durchgemacht hat mit Mobbing und Ausgrenzung und eben fehlender Unterstützung von Erwachsenenseite, das kann man wirklich pauschal sagen, pauschal von Erwachsenenseite. Aber dann geht Anna selbst als Lehrkraft in die Schule und bekommt Kinder und erlebt dann dort auch wieder mehrere Schicksalsschläge. Und das möchte ich jetzt hier einfach sagen, bevor du dir die Folge anhörst und sie dann etwas in dir auslöst. Wir sprechen darüber, dass Annas Kinder oder eines ihrer Kinder krank geworden ist und viele Operationen mitmachen musste und viel Zeit im Krankenhaus verbracht hat, und wir sprechen auch darüber, dass Anna eines ihrer Kinder verloren hat. Deswegen bitte pass gut auf dich auf. Und wir gehen nirgendwo ins Detail, wir sprechen nirgendwo über konkrete Situationen. Es geht mehr darum, was eben diese Schicksalsschläge mit der Familie gemacht haben.
Speaker 1:Anna ist jetzt 37, das heißt, sie hat ihre Kinder oder ihr erstes Kind bekommen Ende 20. Sie hat auch mit Ende 20 angefangen, als Lehrerin zu arbeiten, und ja, sie berichtet wie all das, was sie so erlebt hat, auch ihre eigene Schulzeit als Lehrkraft, wie sie das eben beeinflusst. Ich wünsche euch viele neue Erkenntnisse und nochmal danke, liebe Anna, dass du da warst, euch viele neue Erkenntnisse und nochmal danke, liebe Anna, dass du da warst. Hallo, liebe Anna. Hallo Corinna, ich freue mich ganz arg, dass du da bist. Wir hatten schon mal einen Termin. Das ist jetzt tatsächlich zum ersten Mal passiert, dass wir es absagen mussten, weil ich die Technik nicht hingekriegt habe. Das tut mir sehr leid, und vielen Dank, dass du so spontan jetzt nochmal gekommen bist. Wir sprechen ja in diesem Podcast oder ich spreche hier in diesem Podcast immer mit Menschen, die irgendwie was mit Neurodivergenz zu tun haben. Was hat denn Neurodivergenz so mit dir und deinem Leben zu tun?
Speaker 2:In meinem Leben ist Neurodivergenz schon immer ein Thema gewesen. Ich habe es nur erst in den letzten Jahren so richtig erfahren und lebe jetzt auch damit intensiver durch die Diagnose meiner Kinder und auch durch meine ADHS-Diagnose, jüngst vor einem halben Jahr. Wow, so frisch noch Okay.
Speaker 1:und wo stehst du da jetzt so in deinem Prozess mit dieser Selbstakzeptanz der Neuen, die da so erarbeitet werden muss?
Speaker 2:Also, es wird mir total viel jetzt klar, auch rückblickend gesehen. Ich arbeite in der Therapie auch ganz viel auf, da ist das überhaupt erst aufgefallen. Ich habe aus einem ganz anderen Grund in der Therapie angefangen, und da wurde das dann ganz viel auf. Da ist es überhaupt erst aufgefallen. Ich habe aus einem ganz anderen Grund eine Therapie angefangen, und da wurde das dann plötzlich Thema. Und ich habe sehr viele Aha-Momente immer noch, aber auch viele Momente, wo ich denke, naja, so schlimm ist es ja auch nicht. Also ich komme da noch ein bisschen an im Moment.
Speaker 1:Ja, so schlimm ist es nicht. Das ist schon auch ganz wichtig. Man ist ja immer noch dieselbe Person. Es hat nur halt einfach alles einen Namen, und ich kann mich nur sehr gut an diese ganzen Aha-Momente erinnern. Bei mir war das so, gepaart mit einer Euphorie und gleichzeitig so ein bisschen dem Gefühl von verloren sein. Kannst du das?
Speaker 2:nachvollziehen. Ja, total. Also ich denke auch immer wieder, wenn ich Sachen jetzt erlebe ach so, das ist das, also das ist dieses ADHS, und deswegen kann ich das jetzt gerade nicht so gut. Und jetzt überlege ich mir Strategien, wie ich das jetzt auch hinkriege. Und dieses Anerkennen, Akzeptieren von sehr vielen Überforderungssituationen und dieses Verständnis, dass ich jetzt weiß, warum das so ist, das hilft mir richtig. Gleichzeitig fällt es mir auch schwer, aus dieser Maskierung einfach rauszukommen, die ich mein Leben lang so gelebt habe.
Speaker 1:Wie maskierst du? Was bist du für ein Maskierungstyp?
Speaker 2:Ich bin hochprofessionell in allem, also ich bin perfektionistisch. Ich lege mir selbst die Messlatte immer sehr, sehr hoch, und es kann nie gut genug sein, und ich versuche wirklich, überall immer das Beste zu geben. Und dieser Perfektionismus, der fällt mir häufig vor die Füße einfach, und dann schmeiße ich es hin und mache wieder gar nichts, und das ist so ein ewiger Kreislauf, einfach.
Speaker 1:Ja ist richtig schlimm, vor allem so diesen Gedanken es ist nie gut genug, was ich tue. Das fängt ja an, wenn man noch ganz jung ist, und irgendwann manifestiert sich dieser Gedanke ja auch. Das heißt, selbst wenn du alles wirklich sehr, sehr gut machst, denkst du für dich ja immer noch, es ist nicht gut genug. oder Kennst du?
Speaker 2:das.
Speaker 1:Ja, das ist so das Ding, und ich finde, dass das auch ganz schön schmerzhaft ist, dann die maske abzulegen, also diesen perfektionismus auch abzulegen, und zu sagen ich erlaube mir jetzt, dass das halt so ist, wie das ist, wie ich das jetzt gerade macht, und gleichzeitig aber nicht zu denken ich bin eine totale versagerin, das ist eine Katastrophe, und so weiter.
Speaker 1:Ich lerne gerade eine andere Sprache Abgefahren, gell. Ja, jetzt bist du ja auch Lehrerin. Was hat denn deine eigene Diagnose? wir fangen mal anders an. du hast ja Kinder auch mit Diagnosen. Was hat die Diagnose deiner Kinder, die ja vor deiner Diagnose gekommen ist? was hat die schon geändert für dich als Lehrkraft.
Speaker 2:Ich würde sogar noch einen Schritt früher anfangen. Es hat tatsächlich. Die Geburt der Kinder hat schon meine Sicht verändert. Ja, vorher habe ich gedacht, ich muss in dieses System gehören, und das muss alles so sein, wie das System funktioniert, und habe das eben mitgemacht und habe auch dazu beigetragen, dass es so weiterläuft, was rückblickend natürlich schrecklich war, auch für die SchülerInnen, die ich da unterrichtet habe. Und mit der Geburt der Kinder, vor allem mit dem zweiten Kind, das dann eine körperliche Diagnose hat, da habe ich erst mal gemerkt, dass das System nicht richtig ist, in dem wir so leben, also dass sowohl das Schulsystem als auch das Gesundheitssystem, dass da total viel einfach gemacht und reproduziert wird von Dingen, die uns nicht gut tun und den Kindern. Und da habe ich dann angefangen zu recherchieren, und das gehört natürlich dann auch wieder zu meinem ADHS dass ich mich da total rein vertieft habe und alle Studien gelesen habe und mich richtig weitergebildet habe, um dann den Kindern allen gerecht werden zu können.
Speaker 1:Das heißt, du warst so richtig im Hyperfokus im Thema. War das dann eher so das Thema, dass dann dein eigenes Kind betroffen hatte, oder war das dann so eher allgemein Pädagogik Oder wo?
Speaker 2:genau bist du da so abgedriftet, in welches Themengebiet Sowohl als auch Also privat, dann natürlich für meine Kinder in die Diagnose, in die medizinische, und dann fiel es mir auch ganz schwer, natürlich mit den MedizinerInnen zu diskutieren und zu sprechen, weil ich ja auch durch meine Erziehung und ja durch den Umgang mit meiner ADHS dann früher was ja nicht erkannt wurde immer dieses Hierarchieverständnis so habe, dass ich die Leute haben das studiert, ich musste ihnen glauben, ich darf jetzt nichts sagen, und das hat es mir total schwer gemacht. Da habe ich sehr gelitten, privat, und das lege ich jetzt langsam ab seit meiner Diagnose, und schulisch ist es komplett allgemeinpädagogisch dann gewesen. Das war ich aber auch in dem Moment an einer guten Schule, die das so gelebt hat, also die wirklich dafür sorgen wollte, dass Schule anders wird.
Speaker 1:Das heißt, du hast halt geguckt. wie kann ich meine Konzepte im Klassenzimmer ändern, so dass ich individualisierter arbeite? In welcher Schulart bist du denn?
Speaker 2:Im Moment bin ich in der Realschule in Nordrhein-Westfalen, und das ist aber meine fünfte Schule, auch das irgendwie bezeichnet Genau, ich war an zwei Realschulen, dann an einer Gesamtschule und dann jetzt wieder an zwei Realschulen.
Speaker 1:Okay, und das war die Gesamtschule dann, wo ihr dieses Konzept hattet. Das denke ich mir schon, weil die sind schon, die machen sich schon sehr auf den Weg, auch eben gerade das hinzukriegen, dass ganz viele verschiedene Menschen gleichzeitig lernen können, Und eben gerade das hinzukriegen, dass ganz viele verschiedene Menschen gleichzeitig lernen können, und dafür brauchst du halt unterschiedliche Konzepte. das ist ja ganz klar Cool, ja sehr schön. Du hattest gesagt, du hast auch, als du angefangen hast, als Lehrerin so gedacht das ist halt das System, und so ist halt das System, und das macht man halt. Kannst du da mal ein Beispiel geben für irgendwie so eine Sache, die dir jetzt im Nachhinein leid tut, wo du sagst sag mal, warum habe ich das denn eigentlich auch so gemacht?
Speaker 2:Ja, ich habe schon immer das Gefühl, dass Schule irgendwie anders funktionieren muss. Deswegen habe ich auch Lehramt studiert, weil ich es irgendwie anders machen wollte. Ich wusste nur nicht, wie, und bin dann eben in diese Falle getappt, es doch wieder so zu machen, wie ich es irgendwie anders machen wollte. Ich wusste nur nicht wie, und bin dann eben in diese Falle getappt, es doch wieder so zu machen, wie ich es kennengelernt habe und wie es auch in meinem Umfeld so gemacht wurde. Und ganz schlimm im Rückblick finde ich, dass ich tatsächlich mal so Abschreibtexte benutzt habe.
Speaker 2:Weil ich mir nicht mehr zu helfen wusste, wie ich das mit den Kindern bespreche oder wie ich da auch eine Beziehung aufbaue, dass die zum Beispiel pünktlich kommen. Und dann hatte ich diese Abschreibtexte von einer Kollegin bekommen und habe die dann auch für zwei Monate eingesetzt.
Speaker 1:Für zwei Monate Ja.
Speaker 2:Und dann?
Speaker 1:Was ist dann passiert, dass du es nach zwei Monaten hast fallen lassen?
Speaker 2:Dann kam zum Glück der Schulleiter von der Gesamtschule und hat gesagt so nicht.
Speaker 1:Der hat dir das verboten, quasi Ja, und da bin ich ihm sehr dankbar. Das ist richtig cool, dass der das dann auch verboten hat. Also man sieht dann auch, als Schulleiterin kann man da total viel verändern, wenn man sagt, hier, das läuft an meiner Schule jetzt anders. Mega, okay, ja, du weißt du das Ding ist. Ich erinnere mich noch an ganz viele Situationen.
Speaker 1:Ich erinnere mich noch an drei junge Frauen in meinem allerersten Mathe-Leistungsfach, und es war nicht Leistungsfach, es war halt vierstündig leistungsfachen. Es war nicht leistungsfachs, war halt vier stündig. In baden württemberg gab es jetzt eine zwischenzeit, da musste jeder mathe und deutsch als leistungsfach quasi machen im abi. Und in dieser zeit in meinem ersten jahr hatte ich da eben drei junge frauen die habe bestimmt ganz viele themen auch hatten, wo ich jetzt rückwirkend ich muss noch so oft an diese drei jungen Frauen denken, die hätten eine ganz andere Form der Begleitung gebraucht als die, die sie bekommen haben. Die haben einfach nicht dieselben Chancen gehabt wie die anderen, und ich war noch nicht stabil genug, noch nicht gefestigt genug auch mit meiner Haltung und mit allem, dass ich mich da jetzt dagegen gestellt hätte oder dass, was ich da gemacht habe. Aber auf der anderen Seite ist es trotzdem wichtig für diesen Entwicklungsprozess, dass man diesen Moment hat, wo man sich auch vielleicht ein bisschen schämt für was, was man getan hat, um zu sehen, warum man es nicht mehr tut, oder Ja, Naja gut.
Speaker 1:Also ich wollte jetzt eben genau mal so ein Beispiel, und ich finde das auch einfach wichtig, dass alle Lehrkräfte, die so einen Widerstand spüren und denken, es muss doch so, und es geht ja nicht anders, dass die wissen doch, und alle, wir haben alle das gemacht, Wir haben alle auch blöde Sprüche schon gesagt und Kinder vor die Tür gestellt und Strafarbeiten aufgegeben. Ich habe hier eine Strafarbeit hängen irgendwo. Ich muss die mal suchen. Ich habe sie tatsächlich in meinem, in meinem Untenbüro ich bin gerade umgezogen. Aus meinem Ref habe ich noch eine Strafarbeit, die hängt in meinem Bilderrahmen, weil die Jungs das so lustig gemacht haben. Ich poste das gerne mal hier Könnt ihr sehr gerne, Sehr sehr gerne.
Speaker 1:Ich schreibe mir das mal auf, okay, also Anna, jetzt sagst du also, deine Kinder haben schon ganz groß was verändert. Dann kamen ja die Diagnosen. Ich bin mir ganz sicher, da hat sich auch noch mal was geändert in deiner Haltung.
Speaker 2:Nein, die haben noch gar keine Diagnosen. Also, sie haben die Fragebögen ausgefüllt, und wir haben die ausgefüllt, und die Schule hat die Fragebögen ausgefüllt. Und bei zwei von den Kindern wurde auch gesagt ja, da sehen wir was. Wir wollen es aber nicht diagnostizieren, weil genug andere baustellen da sind. Und das ist gerade so mein problem, an dem ich sehr knappere und wo ich jetzt lerne, da auch mal gegen zu halten, also sagen, so geht es nicht es gibt andere themen im sinne von Themen, im Sinne von andere Diagnosen, andere Krankheiten.
Speaker 2:Ja, wir haben 2023 unser viertes Kind bekommen, und das ist dann nach zwölf Tagen gestorben, und das hat natürlich nochmal ganz viel verändert, und daraufhin sind die Kinder nochmal in eine Therapie gegangen, und das ist jetzt die Hauptdiagnose, also Zustand nach Belastung, familiärer Belastung, und da darf jetzt wohl keine Diagnose zukommen laut der TherapeutInnen. Also, das ist ein bisschen schwierig, und weil mein Sohn durch die körperliche Erkrankung und die jahrelangen Klinikaufenthalte, ist das dann immer die Hauptdiagnose. Und dann wird immer gesagt ja, das Zusammenspiel der Medikamente und Betäubungsmittel und das alles und der langen Narkosen und Intensivstationenaufenthalte mit Herz-Lungen-Maschine haben eben dazu geführt, dass sich im Gehirn vielleicht was verändert hat. Und da möchten wir jetzt gar nicht so auf ADHS oder Autismus gehen, außer mir die Wartezeiten zu langen, und das braucht ja doch alles gar nicht, und Schule muss doch auch in ihrem pädagogischen Konzept sowieso fördern.
Speaker 2:Und wenn ich dann da als Lehrerin stehe und als Selbstdiagnostizierter sage, wenn ich dann da als Lehrerin stehe und als Selbstdiagnostizierte, dann sage ja, das ist richtig. Gleichzeitig ist so eine Diagnose für mich total wertvoll, und ganz ehrlich, das Schulsystem gibt es noch nicht her, dass so gefördert wird, wie es im Gesetz steht, und die Personalsituation, da kann ich kommen und sagen ja, hallollo, mein Kind, er hat eine Diagnose. Sie haben mir die Fragebögen ausgefüllt, aber ich kann ihm dazu den Bericht nicht geben weil er mir nicht ausgestellt wird, und dann habe ich schon wieder ein Problem.
Speaker 1:Also zuallererst, es tut mir sehr leid, durch was für Zeiten ihr da gegangen seid. Ich kann mir vorstellen, dass sowohl die Erkrankung deines Kindes mit den ganzen Operationen im Klinikaufenthalt eine sehr, sehr große Belastung war, und dass ihr natürlich ein Kind verloren habt, ist sicher nochmal ein weiterer Belastungsfaktor, den sich ganz viele nicht vorstellen können. Tut mir sehr, sehr leid. Ich weiß, dass durch das, was ich gelesen habe, dass eben gerade ADHS und Autismus, wenn eine akute Belastungssituation da ist oder eine bestimmte Medikation vorhanden ist, nicht gestellt wird, weil dann eben nicht eindeutig ist, woher die Symptome kommen. Die Symptome kommen, das kann ich tatsächlich. Aus Recherche und Studiengründen kann ich dir sagen, dass das tatsächlich seine Richtigkeit hat, dass das nicht gemacht wird in diesen Situationen.
Speaker 2:Ja, das habe ich auch tatsächlich schon recherchiert. Nur ist es auch schon vorher der Fall gewesen, dass die Kinder sich so verhalten haben.
Speaker 1:Wie lang soll das denn jetzt noch gewartet werden? Also gibt es da eine Frist? Weißt du das jetzt? Ist das jetzt so? akute familiäre Belastung? Ja verstehe ich. Aber irgendwann wird man dann doch auch sagen, dieser Bereich ist jetzt irgendwie abgeschlossen, und jetzt gucken wir mal, wie es danach weitergeht, oder?
Speaker 2:Ja, das hoffe ich. Am Stand heute ist es so, dass erst, wenn die Schule Beschwerde anmeldet oder die Noten sich verschlechtern, dass dann nochmal geguckt werden soll, anmeldet oder die Noten sich verschlechtern, dass dann nochmal geguckt werden soll.
Speaker 1:Oh Okay, das war jetzt ein Diagnostikzentrum.
Speaker 2:Nein, es war unterschiedlich.
Speaker 1:Okay, ja, vielleicht kann da ja mal jemand, der zuhört, der sich da gut auskennt, konkreter werden und uns mal schreiben, wie es konkret ablaufen kann, dass du doch eine Diagnostik machen darfst mit deinen Kindern, weil ich verstehe schon, was die sagen. Das ist aber immer dieser Wunschgedanke. Das sind immer die Menschen, die sagen, das Schulsystem müsste doch sowieso. Und da haben sie recht. Also, laut UN BRK müssen die sowieso. Nur die Realität ist eine andere. Sie machen ja ohne Diagnosen gar nichts, oder was heißt sie? Viele Schulen, der Großteil der Schulen würde ich jetzt sagen, macht ohne Diagnosen gar nichts. Es gibt durchaus welche, die ohne Diagnosen auch machen, aber da musst du halt schon Glück haben, so eine zu finden. Okay, also gut, das heißt, deine Kinder haben keine Diagnosen, und du bist da jetzt auch noch belastet, weil das dazu führt, dass du jetzt irgendwie eine Stimme für deine Kinder sein musst, für etwas, was nicht sichtbar gemacht wird.
Speaker 2:Genau so kann man das sagen.
Speaker 1:Wow Okay, bist du denn aktuell im Schuldienst tätig? Ja, Ja, okay. Und jetzt sagst du seit einem halben Jahr hast du deine eigene Diagnose. Genau, jetzt gibt es ja zwei verschiedene Sachen. Einmal dich selbst als Lehrerin mit ADHS, das ist ja schon auch was, über das wir gerne gleich mal nur sprechen können, was das bedeutet, nur sprechen können, was das bedeutet. Und das Zweite ist ja aber auch dass, was im Unterricht passiert, wenn man plötzlich weiß, was das bedeutet. Ja, über was magst du denn lieber sprechen?
Speaker 2:Womit möchte ich anfangen?
Speaker 1:Wir gehen mal zu deinem Lehrer-Dasein Für dich. was bedeutet denn die ADHS-Diagnose für dich als Person jetzt im Schuldienst?
Speaker 2:Für mich hat sich gar nicht so viel verändert dadurch. Ich probiere eine Medikation aus. Im Moment suche ich noch nach der richtigen Dosierung, noch nach der richtigen Dosierung, und das hilft mir auf jeden Fall schon mal ein bisschen fokussierter zu arbeiten und nicht ganz viele Sachen gleichzeitig anzufangen und dann nachts um zwei Uhr immer noch da zu sitzen und den Unterricht vorzubereiten, um mich im Detail zu verlieren. Also da mache ich, glaube ich, ganz gute Fortschritte, und ich schaffe es auch, sachen zu delegieren und zu benennen. Das finde ich ganz gut, was ich ja vorher mal alles alleine machen wollte, mir keine Hilfe holen wollte, damit das eben nicht auffällt, dass ich nicht alles so hinkriege, wie ich mir das vorstelle. Da kann ich jetzt sagen du weißt du, ich fange das gerne an, und ich habe viele Ideen, du müsstest mir dabei helfen.
Speaker 1:Das komplett, bis zum ende umzusetzen.
Speaker 2:Also das ist schon mal richtig super, dass ich da dann ganz offen mit arbeiten kann und mich da nicht mehr so verstecken muss und das kannst du auch tatsächlich gut für dich machen.
Speaker 1:Da ist keine große überwindung da, sondern das ist so. Zum Beispiel was, wo du sagst, das geht.
Speaker 2:Ja, das geht, weil ich einfach schon jetzt jahrelang dafür kämpfe, dass das mehr gesehen wird. Und wenn ich jetzt sage guckt mal, ich habe das auch, und das sind nicht die Problemkinder, die auf eine Förderschule geschickt werden müssen, sondern wir können es schaffen, wenn wir gut zusammenarbeiten, so wie wir beide hier jetzt auch gut zusammenarbeiten, zum Beispiel Und ich versuche das eben über diese Schiene dass da mehr Verständnis dann kommt. Und bis jetzt klappt das ganz gut. Wir sind ein sehr offenes Kollegium.
Speaker 1:Das heißt, du bist nicht nur dabei, transparent zu machen, was dir hilft, sondern gleichzeitig machst du dadurch noch so ganz geschickt Aufklärungsarbeit bei deinen Kolleginnen. Habe ich das gerade richtig verstanden?
Speaker 2:Ja, das ist jetzt so der erste Versuch zumindest.
Speaker 2:Was jetzt den Klassenraum und die Klassen und die SchülerInnen angeht. Da ist das natürlich ein bisschen anders. Da möchte ich nicht, dass gesagt wird ja, du hast, nur weil du ADHS hast, machst du das jetzt, sondern, das war schon vorher so, auch vor der Diagnose. Ich laufe jetzt auch nicht auf den Mund und sage jedem hallo, ich habe eine ADHS-Diagnose, sondern, das fließt dann in der Teamarbeit einfach mal so mit ein, vielleicht Im 1 zu 1. Und bei den Klassen sieht man es dann schon. Also das Klassenraumprinzip, was ich dann ein bisschen ändere, dass da nicht die Kinder in Sitzreihen sind, oder dass die einen die haben dann eben ihre Fidget Toys, und die anderen haben ihre Kopfhörer, und ja, dann werden die Aufgaben so gemacht, wie es gut funktioniert für die Kinder.
Speaker 2:Und das habe ich schon vorher so gemacht, und dafür kämpfe ich auch weiter da, und das habe ich schon vorher so gemacht, und dafür kämpfe ich auch weiter.
Speaker 1:Das heißt, die Diagnose hat da für dich gar nicht so viel geändert. Oder hattest du davor schon die Vermutung, auch wahrscheinlich, dass das?
Speaker 2:bei dir ist. Obwohl ich es doch eher bei den Kindern, die auch wirklich diagnostiziert waren, dann auch gesehen habe und das gar nicht so auf mich transportiert habe, tatsächlich, aber jetzt schon eher.
Speaker 1:Okay, ja, das fand ich auch total witzig, muss ich gestehen, weil ich habe mich ja da gar nicht drin gesehen in dem ADHS. Also, ich habe nicht. bei mir gab es nie diesen Moment, wo ich gedacht habe, oh, warte mal, das könnte ein ADHS sein, nicht einmal. Und erst als das dann so ausgesprochen war, dann ging es plötzlich los, so ah, ja, warte mal das, und ah, warte mal das und ah, und das auch noch, ah, und das auch noch, und hier noch und da noch und dort noch. und dann ging es in der Schule gerade so weiter, so ein Wiederentdecken, ein ach, interessant, guck mal.
Speaker 2:Ja, genau so, wie du es beschreibst. Vorher dachte ich ja immer, das geht allen so. Ja, vorher dachte ich ja immer, das geht allen so. Ja, genau. Also, alle sitzen ewig an der Unterrichtsvorbereitung, weil denen dann hier und da und dort auch eine Idee kommt, und alle zerdenken nachts noch Sachen oder werden wach und gehen dann an den Drucker und so Ja, dass das nicht so ist. Darf ich jetzt lernen?
Speaker 1:Ey, wie oft bin ich schon nachts aufgestanden und habe gedacht fuck, ich habe vergessen, das Blatt auszudrucken, meistens Blatt auszudrucken. Wenn ich das jetzt nicht mache, dann nehme ich es morgen nicht mit. Also aufstehen, rechner hochfahren, blatt ausdrucken hier mir hinlegen, wieder ins Bett gehen weiterschlafen.
Speaker 1:Ja, genau das. Ich glaube, das passiert tatsächlich nicht so vielen, da hast du total recht. Aber dieser Spruch, lehrkräften täte es gut, so zu tun, als hätten alle in der Klasse ADHS, der arbeitet viel in mir, weil das war ja genau das, was ich getan habe, weil ich nicht wusste, dass ich ADHS habe. Dadurch dachte ich, dass jedes Verhalten, das sich durch das erklären lässt, was mit meiner Wahrnehmung sich irgendwie erklären lässt, dass das normal ist, und deswegen war das für mich halt nicht problematisch. Zum Beispiel Und im Nachhinein kann ich sagen das ist schon der Trick. Es ist der Trick Mach deinen Unterricht so, dass er gut ist für alle HSler, und alle sind zufrieden. Und das stimmt einfach wirklich, oder?
Speaker 2:Ja, auf jeden Fall.
Speaker 1:Ja, okay, ja gut, und damit haben wir jetzt auch die zweite Frage abgegrast, was sich so im Unterricht für dich getan hat. Ja, Kannst du inzwischen besser mit deiner Energie haushalten, oder hattest du damit vorher sowieso auch schon gar kein Problem?
Speaker 2:Ich habe halt immer super viel Energie, und dieser Erschöpfungszustand, der stellt sich dann eher in anderen Bereichen ein. also dass ich dann zu Hause weniger schaffe, oder ja, dass ich dann wirklich sehr viel Ruhe brauche in der Zeit, wo ich nicht so viel Energie in die Arbeit oder in die Familie reinstecke und dann sehr wenig mit mir anzufangen ist, und meistens dann nachts, dass ich dann wirklich Schwierigkeiten habe, auch dann zur Ruhe zu kommen, obwohl ich es so dringend bräuchte. Was war deine Frage?
Speaker 1:Ob du mit deiner Energie. also hat die Diagnose da was geändert In der Hinsicht, dass du halt jetzt irgendwie im Schulalltag ein bisschen besser auf dich aufpasst, dass du nicht alles von vorhersetzt?
Speaker 2:Ja, ich weiß nicht, ob es die Diagnose war oder einfach das, was uns passiert ist, weil ich nach dem Tod von meinem vierten Kind auch erst mal ein halbes Jahr nicht arbeiten gegangen bin und dann mit einer Wiedereingliederung eingestiegen bin und da gemerkt habe, ich kann gar nicht mehr so wie vorher. Also auch das und das, was du sagst, eben dass wenn man was Belastendes erfahren hat, dass man dann natürlich nicht sofort auch auf ADHS schließen kann oder die Diagnose stellen kann, das merke ich schon, weil es hat mich einfach ein paar Gänge zurückgeschaltet, dieses Erlebnis und das, was da jetzt in mir arbeitet, Und deswegen verschwimmt das auch so ein bisschen.
Speaker 1:Da fällt mir jetzt gerade auf du warst ja als Mutter schon in einer ADHS-Diagnostik. Das heißt, da war es ja offensichtlich kein Hindernis, dieses Ereignis zu nehmen und zu sagen, da kann man jetzt keine Diagnose stellen.
Speaker 2:Genau.
Speaker 1:Das finde ich jetzt tatsächlich ein bisschen komisch.
Speaker 2:Ja, es wird immer auf unser Familiensystem verwiesen. Also es heißt, ja, erst lag es daran, dass das zweite Kind geboren wurde, dass ich dann so viel im Krankenhaus war, dass wir so viele Sorgen hatten, ob er überlebt, das auch immer noch so ist, lebenslang muss es immer wieder operiert werden, und dass alleine dieser Zustand schon eine Belastung ist, belastung ist, und dann war es egal, was ich angemerkt habe. Dann war es ein Umzug, den wir gerade gemacht hatten, der dazu führt, dass das Kind eben sich auffällig verhält. Dann kam das dritte Kind dazu. Dann hieß es ja, da hat sich die Familie jetzt noch mal verändert, natürlich verhält sich das Kind jetzt so, und so weiter.
Speaker 2:Dann hieß es zuletzt ja, nur ich hätte die Probleme, also das träte nur bei mir auf, dass die Kinder sich so verhalten, und alle anderen würden sich ja nicht beschweren. Deswegen hätte das was mit der Mutter-Kind-Beziehung zu tun. Ja, also, ich habe mir sehr, sehr viel angehört in den letzten Jahren, dass ich mittlerweile auch echt verzweifelt bin und denke, dann ist es jetzt auch so. Im Moment habe ich mit meinem Therapeuten besprochen, ich kümmere mich jetzt erst mal um mich und lasse das vielleicht auch erst mal ruhen, wenn ich da jetzt nicht weiterkomme, und dann sammle ich neue Kraft, wenn ich mit mir im Reinen bin, mehr und an mir noch ein bisschen gearbeitet habe.
Speaker 1:Ich finde den Gedanken sehr gut, weil das Problem ist ja, man muss sich ja wieder mental auf irgendwas Neues einlassen, und irgendwann ist man da auch erschöpft, finde ich. Also, nach so ein paar Zurückweisungen und Rechtfertigungsspiralen und schlechten Erfahrungen braucht es auch mal eine Pause, einfach. Und dann steht für mich tatsächlich außer Frage, dass das keine guten Anlaufstellen waren, wenn die solche Dinge sagen, weil das heißt, die haben wenig Ahnung. Offensichtlich heißt, die haben wenig Ahnung. Offensichtlich Also, weil das ist so ein typisches Bild von einem Kind, das gut maskiert zum Beispiel, dass es nur zu Hause Probleme gibt. Also das ist ja wirklich so ein ganz überholtes, altes Bild, dass sich da das irgendwie konstant und überall problematisch zeigen muss und dass das jedem auffallen muss.
Speaker 2:Das stimmt einfach nicht ja, und da bin ich durch meine eigene diagnose mittlerweile so weit, dass ich da auch dann was sagen ja weil ich ja auch weiß, dass es genetisch bedingt schon sehr wahrscheinlich ist, dass ich das auch weiter gegeben habe, absolut, und dass ich da nicht mehr nur auf die familiären Ereignisse der letzten zehn Jahre verweisen kann und sagen ja, okay, sie haben Rechte, war auch viel los bei uns? Nee, das sehe ich jetzt nicht mehr so.
Speaker 1:Ja, nrw seid ihr, ne. Also, es gibt ja schon so ein paar können wir nachher mal gucken ein paar Diagnostikstellen, wo Menschen zumindest gesagt haben, sie haben gute Erfahrungen gemacht. Dass du da nochmal guckst, ja krass. Also ich kann mir vorstellen, dass das vielen Menschen überhaupt nicht bewusst ist, was für eine Belastung das darstellt. Vielleicht beschreibst du mal ganz kurz den schulischen Alltag für deine Kinder oder es geht hier um dein ältestes Kind dass schon immer diese Anzeichen gezeigt hat, auch schon vor der Krankheit, auch schon vor und so weiter.
Speaker 1:Da geht es jetzt erstmal um dein ältestes Kind. Ich möchte jetzt nicht seine Privatsphäre oder sowas einschränken, Also es geht mir nur um oberflächliches Beschreiben seiner schulischen Probleme. Was sind denn so die typischen Schwierigkeiten, mit denen du dann vor allem auch immer wieder zu kämpfen hast? in Anführungsstrichen, weil die Schule das so nicht sieht oder weil sie da nicht so unterstützend arbeitet, wie er das bräuchte?
Speaker 2:Nach der Anschulung ist es schon so ein bisschen aufgefallen, dass mein Kind schnell überfordert ist mit großen Gruppensituationen und auch da, wenn es nicht sofort gelingt, sich dann zurückzieht und bitterlich anfängt zu weinen und gar kein Zugang mehr ist. Da waren sie sehr irritiert und haben mich dann immer angerufen und gesagt aber es ist doch überhaupt nichts passiert. Wir haben nur einmal ermahnt, dass es leiden werden soll. Da habe ich dann viele Gespräche geführt. das hat sich gebessert, und sonst sind es einfach Probleme mit der Konzentration, dass ich da immer wieder darauf hinweise, dass eben die Konzentrationsspanne nicht so groß ist, dass da markiert wird, dass das Kind sich zurückzieht aus Angst, einen Fehler zu machen, dann gar nichts sagt. Ich rede auch viel darüber hier zu Hause und frage was brauchst du, was wird dir helfen? In deinem Zeugnis steht immer du bist zu still, du meldest dich nicht.
Speaker 2:Ja, und das hier. ich habe Angst, fehler zu machen, und deswegen sage ich lieber gar nichts, und manchmal habe ich es auch einfach dann nicht mitgekriegt. Das ist auch immer ein großer Vorwurf. Sie kriegt es nicht mit, und sie hört nicht zu, und sie ist nicht bei der Sache und schreibt aber dann Supernoten, und wenn dann die Klassenarbeit geschrieben wird oder der Test, dann kann sie abrufen, und dann steht es da, und ja, da bin ich im besprechen. jetzt haben wir zum glück noch eine zweite nette lehrkraft dazu bekommen, die selber auch betroffen ist, und wie das dann ein bisschen umstrukturiert hat, und das geht jetzt echt in eine gute richtung, und seitdem die da im blick drauf haben, gemeinsam und jetzt dann wird es besser.
Speaker 1:Okay, das ist ja jetzt so ein ganz typisches Bild von einer hochmaskierenden Person. Also, angst haben, etwas Falsches zu sagen, stattdessen dann lieber nichts zu sagen, ist ja so ein typischer Maskierungsgrund. Und dann hält man sich penibelst an alle Regeln, man macht penibelst all das, was von einem erwartet wird. Wahrscheinlich ist es so, dass, wenn man dann bei ihr ins Heft reinschaut während der Unterrichtssituation oder guckt, was sie gerade arbeitet, dass da alles so erledigt wird, wie sich das die Lehrperson auch wünscht. Nur, sie kommt halt nicht aus von sich heraus mit irgendwelchen Meldungen in den Unterricht rein.
Speaker 2:Genau und sonst auch schnell abgelenkt, guckt sich in der Klasse um, weiß immer genau, auf welchen Seiten die anderen sind, aber kommt selbst nicht vor anderen dadurch Und lächelt immer alles weg in der schule und zu hause. kommt nach hause, und dann bricht sie zusammen.
Speaker 1:Ja, das ist natürlich eine riesen druck, den dann solche schüler innen mit sich herum tragen. Also das ist wahnsinnig anstrengend, auch dieses kennen, was machen die anderen jetzt gerade? weil das bedeutet ja auch, ich gucke die ganze Zeit, wie muss ich mich jetzt gerade verhalten, wie schnell sind die anderen, wie schnell muss ich jetzt gerade sein? was machen die anderen? was sollte ich jetzt machen, um auf der einen Seite dazuzugehören und auf der anderen Seite auch gutes Feedback zu kriegen? Und das lenkt dann ja auch wieder so ab, dass man dann wieder gar nicht mehr ins Tun kommt. Also da braucht es einfach unterstützende Strategien, damit diese große Belastung, diese Riesenanstrengung aufhören darf. Und meistens kriegen die ja wirklich auch ganz schlechte Unterrichtsnoten, weil sie sich ja nicht genügend einbringen. Ich weiß jetzt nicht, wie das dann jetzt eben bei deinem Kind war, aber ich kenne das so. Da sind dann einfach die Noten deutlich unter dem, was sie eigentlich haben könnten.
Speaker 2:Ja, es gibt jetzt dieses Jahr das erste Mal Noten zum Zeugnis. Das ist noch in der Grundschule, und ja, da bin ich gespannt, wie das sich auswirkt. Also in den Textzeugnissen hat sich das definitiv so ausgewirkt, dass die sonstige Mitarbeit bemängelt wird und das Schriftliche eben immer super ist.
Speaker 1:Ja, ich kann dir sagen, das bleibt leider auch mit Diagnose je nach Lehrkraft. Also, du siehst, jetzt hast du gerade zwei Lehrkräfte, no-transcript, ja, die Lehrkräfte trotzdem unzufrieden sind mit der Mitarbeit. Also, es ist kein Garant, eine Diagnose zu haben dafür, dass es dann danach gesehen wird und honoriert wird, was die Kids da tun, denke ich mal.
Speaker 2:Ja, das weiß ich auch. Darum geht es auch nicht. Es geht mir eher darum, dass wir und das Kind und das Umfeld selber mehr Verständnis für sich haben. Was ich mir gewünscht hätte, dass ich mir als Kind gewünscht hätte, zu wissen ich kann gerade gar nicht anders.
Speaker 1:Machst du ähnlich als Schülerin.
Speaker 2:Ja, ja, auf jeden Fall. Also, ich habe in der Grundschule meine Zeugnisse. steht auch immer drin, dass ich unkonzentriert arbeite, dass ich zügig arbeite, dass ich eine schnelle Auffassungsgabe habe.
Speaker 1:Viel Fantasie aber überhaupt keine.
Speaker 2:Konzentration nicht sorgfältig bin, ungeduldig. Bin ungeduldig gegenüber den MitschülerInnen, auch wenn die was nicht so schnell verstehen wie ich.
Speaker 1:Ja, genau, ich finde das richtig schwierig, da auch diese eigenen Emotionen von Überforderung und Machtlosigkeit, die man so aus der Kindheit kennt, in diesem Kontext dann rauszulassen, in diesen Gesprächen, wenn es um die eigenen Kinder geht.
Speaker 2:Ja, ist schon schwierig.
Speaker 1:Selbst als Lehrkraft, wenn man ja eigentlich genau weiß, die wollen überhaupt nichts Böses. Also ich kenne wirklich, ich habe vereinzelt mal diese typisch narzisstischen Lehrkräfte kennengelernt, die wirklich es auch richtig feiern, wenn sie böse Sachen gesagt haben und da auch hausieren gehen, damit der großteil der lehrkräfte macht schlimme dinge, ohne dabei was böses tun zu wollen. Das macht die sache jetzt nicht besser, also es trotzdem noch blöde dinge sind, aber trotzdem finde ich, gibt es da einen großen unterschied. Also die wollen ja eigentlich schon allen irgendwie was Gutes tun und sind halt einfach nur total überfordert damit, weil sie keine Strategien kennen. Also so ist es jetzt einfach. Mal meine Interpretation.
Speaker 2:Ja, das denke ich auch, Und deswegen sitze ich jetzt auch hier und mache auch dafür aufmerksam im privaten Umfeld, in der Schule, auf Instagram, dass ich auch sage so ich weiß, ihr wollt den Kindern was Gutes, und guckt doch mal, welche Möglichkeiten es da gibt und was wirklich gut tut Man. Häufig ist es einfach Unwissenheit. Das war bei mir ja auch so. Bevor ich in diese ganzen Rollen pflegende Mutter, neurodivergente Mutter, neurodivergente Lehrerin, verwaiste Mutter reingerutscht bin, habe ich das auch nicht so auf dem Schirm gehabt. Diese Rollen aber dann zu bedienen und gleichzeitig zu leben, das hat mich so ein bisschen anzusagen Guck mal, das könnt ihr auch, Könnt ihr ein bisschen euch mitnehmen und mal mit reinschauen und mal was übernehmen?
Speaker 1:Hast du das Gefühl, dass dir da gut zugehört wird?
Speaker 2:Ja im Moment schon. Also viel braucht, glaube ich, lange, es braucht viel Wiederholung. Aber wenn ich da in meiner Funktion sage, ich bin selber pflegende Mutter, ich weiß, wie das ist, schau doch mal hier und da, und lass uns mal zusammen überlegen und die Eltern mit ins Boot holen, denn die sind die ExpertInnen für ihre Kinder, dann klappt das meistens ganz gut Bei denen, die auch das Gute für das Kind wollen.
Speaker 1:Ja, die, die sich schon irgendwie auf den Weg gemacht haben, auszubrechen aus dem Klassischen, die sind sehr, sehr schnell offen, habe ich auch das Gefühl, die selber systemkritisch sind und nach Lösungen suchen, die nehmen das ja super dankbar an, da geht das so direkt rein, und fragen dann auch immer wieder nach und sind dann auch begeistert, dass manche von diesen vorgestellten Strategien halt sofort funktionieren auch, und das ist ja wirklich auch super dankbar, es funktioniert ja auch total schnell. Auch super dankbar, es funktioniert ja auch total schnell. Es sind halt nur, finde ich, die menschen, die so sehr hinter diesem system und hinter so einer autoritären haltung stehen. Da kommt man tatsächlich sehr, sehr schlecht ran. Jetzt war gerade noch eine fra ach ja, genau dein Umfeld, dein Umfeld hat dich ja jetzt auch mit all den Themen, die die letzten zehn Jahre los gewesen ist, begleitet. Wie sind die mit dem ganzen Thema ADHS umgegangen? jetzt bei dir und auch bei der Vermutung, die du hast, dass das auch mindestens mal ein Kind betrifft.
Speaker 2:Unterschiedlich. Also es gibt Menschen, die haben sich abgewendet und dann entsprechend auch aus meinem Leben verabschiedet, manche still und leise, manche mit einem Streit, wo die Ansichten einfach zu weit auseinander gehen, was nicht mehr zu reparieren ist. Aber viele sind interessiert, auf jeden Fall sehr interessiert, sehr wohlwollend, möchten auch dazulernen. Aber auch das ist wieder der Bereich, in dem ich mich bewege. Da sind nun mal viele Menschen, die in meinem Umfeld leben, die ein Interesse haben, dass es den Kindern gut geht und dass es überhaupt Menschen einfach gut geht und wir als Gesellschaft gut zusammenleben können. Ich weiß nicht, wie es wäre, wenn ich woanders wohnen würde. Also ich merke das, wenn ich in meine Heimat fahre, da aufs Dorf, da ist die Denke häufig noch ganz anders, und da hätte ich es, glaube ich, viel schwerer als jetzt in der Großstadt. Und das merke ich an der Familie. Also meine Geschwister sind auch super interessiert und fragen viel nach, geben auch nochmal selber viel Input und berichten so ein bisschen. Bei meinen Eltern kommt das, glaube ich, nicht an. Das ist für sie ja Erziehungsfehler, wenn sie das, glaube ich, anerkennen würden.
Speaker 1:Ja, und das ist ein Problem. Ich finde das ein Riesenproblem, dass diese Generation unserer Eltern dieses veraltete Bild von ADHS haben, also selbst wenn sie selber ADHS-Kids hatten. Also ich meine, deine Eltern haben dich ja als ADHS-Tochter begleitet und wissen doch ganz genau, was sie mit dir getan haben und was sie nicht mit dir getan haben, und trotzdem ist dieses Stigma so verankert in deren Köpfen, dass die nicht umdenken können, irgendwie.
Speaker 2:Ich habe es auch echt probiert ja, vielleicht ist es auch sehr viel charme dabei. Dann müsste ich müsste ja anerkennen, dass ich irgendwie was bei meinem eigenen kind übersehen habe oder nicht wahrgenommen habe oder vielleicht es doch gemerkt habe, aber versucht habe, ins system reinzupassen und nicht auffallen zu wollen. Bei uns war ganz viel Thema was sollen denn die Nachbarn sagen, was sollen andere von uns denken? Und da einfach sich selber zuzugestehen und auch seinem eigenen Kind gegenüber zu sagen, ja, das war blöd, und lass uns drüber reden, oder wie können wir dich jetzt unterstützen? Das ist eine große Hürde Voll, und deswegen verstehe ich es auch. Sie haben auch viel gemacht.
Speaker 2:Also, ich habe in der Grundschule bin ich zu so einem Intelligenztest gefahren, und ich habe auch eine Diagnostik gehabt. Da wurde dann eine Hochbegabung festgestellt. Dann haben meine Eltern sich sehr darum bemüht, und das war ein langer Prozess. Ich erinnere mich an viele Gespräche mit Schule und meinen Eltern, dass ich ein Schuljahr überspringen konnte in der Grundschule, und dann haben sie mich viel auch zu so hochbegabten Clubs trefften, gleichgesinnte gefahren, obwohl auch noch Geschwister da waren. Die haben sich schon bemüht, mir da irgendwie gerecht zu werden. Das war aber sehr einseitig. Das wurde dann nur auf die Hochbegabung gemünzt, und dass ich dann ab Klasse 7 total abgestürzt bin, jedes Jahr nur mit Mahnungen in jedem Fach irgendwie mich noch gerade so ins nächste Schuljahr irgendwie geschleift habe und mein Abi auch nur mit der schlechtesten Note bestanden, mit jedem Fach in die Nachprüfung gekommen und so Ja. Dann hieß es einfach ja, du bist doch hochbegabt, wir haben das doch hier. Du bist faul, und du könntest so viel mehr, wenn du wolltest. Boah, ja, und damit bin ich einfach groß geworden.
Speaker 1:Das hört sich ja gruselig an.
Speaker 1:Wow, Ja also wirklich nicht als Vorwurf sondern ich glaube wirklich, die haben alles versucht, was sie dachten, was sie möglichgabte, die fehldiagnostiziert sind, sehr, sehr, sehr vorsichtig, weil ich glaube, wenn jemand den ADHS-Test, der ja doch vielschichtig ist, mit vielen Gesprächen, überhaupt erst gestellt wird, also eine Diagnose gestellt wird nach diesem Verfahren, dann bedeutet das doch, da hat jemand Schwierigkeiten, die zumindest mal gleichzusetzen sind mit Schwierigkeiten, die Kinder mit ADHS haben. Erstmal, weil ich glaube, dass gerade so kinder wie du eines war es genau durch dieses problem dann nicht richtig begleitet werden. Ich habe ja so ein, ich habe ja so ein, nur bei ihm ist es ja andersrum. Also das muss man jetzt auch sagen.
Speaker 1:Man weiß ja bei 2E-Menschen du bist ja so ein 2E-Mensch also twice exceptional, begabt auf der einen Seite und dann eingeschränkt auf der anderen Seite durch irgendeine Wahrnehmungsstörung, aufmerksamkeitsstörung, teilleistungsstörungen, wie auch immer Das sind dann zwei E -Menschen, twice exceptional, und man weiß, dass von denen immer nur eins gesehen wird und nicht das andere. Also, entweder wird die Begabung gesehen, und dann wird voll unter den Tisch gekehrt, dass es da noch große Schwierigkeiten und Unterstützungsbedarfe gibt, oder und so ist es bei meinem Sohn es wird nur das Defizit gesehen. Der ist nämlich schon immer eher so ein Underachiever, wie du es dann ab der siebten Klasse geworden bist, und dann wird übersehen, dass der aber eine sehr hohe Begabung hat und eine Förderung braucht in diesem Bereich, damit sein Gehirn nicht noch zusätzlich abschalten muss, aber eine sehr hohe Begabung hat und eine Förderung braucht in diesem Bereich, damit sein Gehirn nicht noch zusätzlich abschalten muss. Ja, das hört sich nach einer sehr anstrengenden Schulzeit an Anna.
Speaker 1:Ja nicht ganz so einfach.
Speaker 2:Kannst du dir erklären, warum du so abgesackt bist. Ab Klasse 7 wurde der Klassenverband aufgelöst, in die die Latein gewählt haben und die, die Französisch gewählt haben. Am Gymnasium, da wurde entsprechend die Klasse neu zusammengesetzt. Die Konstellation war nicht so günstig für mich, und es waren sehr viele Kinder in dieser Klasse, die sehr laut waren, die wirklich intensive Klicken gebildet haben, wo ich überhaupt nicht reingepasst habe, und da habe ich natürlich immer versucht, anschluss zu finden.
Speaker 2:Es ist so heiß, mein Mund ist ein bisschen trocken. Das hat nicht funktioniert. Ich habe dann irgendwie anders versucht, dazu zu gehören. Ich habe so viel zu tun gehabt damit, irgendwie sozial in diese Klasse zu kommen, oder über diesen Versuch dabei, wenn ich mich jetzt von außen betrachte, das habe ich mir einen abgestrampelt, um zu versuchen, dazu zu gehören, dass da gar keine Möglichkeit mehr war, groß mich auf die schulischen Inhalte zu konzentrieren. Und das habe ich dann eben gemacht, wie das so typisch und üblich ist, dass ich die Nacht vor der Arbeit das durchgelernt habe. Genauso habe ich mein Abitur geschrieben, genauso habe ich mein Staatsexamen geschrieben, wo mein jetziger Mann dann schon gesagt hat du hast das Thema seit sechs Monaten, du musst in einer Woche abgeben. Ah, oh, eine Woche, ja, okay, dann fange ich jetzt mal an. Ja, aber das ist so.
Speaker 2:So habe ich dann immer noch, wenn die Mahnungen dann kamen zur Versetzungsgefährdung, das dann nochmal aufgeholt, aber da war einfach zu viel los, Und dadurch, dass ich auch immer ein Jahr jünger war als die anderen, teilweise nachher sogar zwei durch die Sitzenbleibenden war ich dann teilweise zwei oder noch mehr jünger, Und aber versucht habe, da mitzuhalten, habe ich auch ziemlich früh angefangen, feiern zu gehen, Alkohol zu trinken, irgendwo abzuhängen.
Speaker 1:Und dein Antrieb war hauptsächlich der des Dazugehörens.
Speaker 2:Ja nichts akzeptiert werden und nicht mal ausgeschlossen, ausgelacht gemobbt zu werden.
Speaker 1:Das heißt, du hast davor schon schlechte Erfahrungen gemacht. Hattest du schon Mobbing-Erfahrungen gemacht, bevor die Konstellation umgestellt wurde, oder kam das dann erst mit dieser Umstellung?
Speaker 2:Ich glaube, mit der Umstellung, so ganz sicher bin ich mir nicht. In der Grundschule habe ich keine schlechten Erinnerungen, und fünfte, sechste Klasse auch eher wenig. Das muss danach gekommen sein.
Speaker 1:Du bist da so reingesneakt, auch du warst ein Jahr jünger. Aber es ist ja oft so bei Mädchen, dass die, wenn die ein Jahr jünger sind, gar nicht so wahnsinnig auffallen, indem sie da jetzt besonders klein und zierlich sind oder so? Nee, das nicht. Und dann durch dieses Umstellen der Konstellation, da war dann plötzlich was. und hat da mal irgendjemand intensiv nachgefragt, was los ist?
Speaker 2:Ich erinnere mich nicht. Nein, meine Schulzeit war eher davon geprägt, dass die LehrerInnen so ein bisschen mitgemacht haben. Es wurde dann immer darauf hingewiesen, ich sei ja hochbegabt und ich könnte ja viel mehr leisten, und warum ich das denn nicht abrufen würde. Also ja, im Prinzip genau wie zu Hause, und dann kriege ich das in der Schule auch noch gesagt. Dann wurde ich von einigen Kindern natürlich dafür aufgezogen, dass ich ja angeblich so schlau wäre Und mich als etwas Besseres fühlen würde, was ja nicht der Fall war.
Speaker 1:Naja, Das ist total interessant, dass du, nur weil du eine hochbegabten Diagnostik also du hast ja eine hochbegabten Diagnostik mitgemacht, da kam dann eine Diagnose raus, Ja, hochbegabt, kennst du dein IQ Von damals?
Speaker 2:Ja, 128 mal, ich hätte drin gestanden.
Speaker 1:Also so ganz knapp.
Speaker 2:Ja, aber mit Tendenz nach oben, weil drin gestanden Also so ganz knapp. Ja, aber mit Tendenz nach oben, weil ich den Test irgendwann verweigert habe.
Speaker 1:Ja, und du bist ja auch noch Allerersterin, weißt du ja jetzt.
Speaker 2:Ich habe verweigert weiter mitzumachen. Also die Schätzungen gehen höher.
Speaker 1:Ja, Und nur weil das dann öffentlich ja auch gesagt wurde. ich meine, hast du jemals zugestimmt, dass die Lehrerin vor der ganzen Klasse sagen darf, dass du hochbegabt bist?
Speaker 2:Nein.
Speaker 1:Aber es hat sie gemacht vor der ganzen Klasse. Du bist doch so, du bist doch hochbegabt, du müsstest es doch hinkriegen. Ja, war das was, was du auch davor schon erlebt hast? oder war das was, was dann mit dieser einen Lehrkraft plötzlich kam?
Speaker 2:Nee, das hat sich so durchgezogen durch verschiedene Fächer und Lehrkräfte.
Speaker 1:Okay, also du hast in das Bild einer Hochbegabten dann plötzlich gar nicht mehr reingepasst, weil das Bild einer Hochbegabten ist ja, dass man immer gute Leistungen abruft, vor allem eine, die schon mal übersprungen hat.
Speaker 2:Ja, und dann habe ich das eben versucht zu kompensieren, indem ich dann haltens auffällig geworden bin. Ich habe dann schon über die Stränge geschlagen und wieder Worte gegeben und im Unterricht nicht mitgemacht, nicht aufgepasst. Es war ja eh egal, ich konnte ja machen, was ich wollte. Es hat nichts geändert, irgendwie.
Speaker 1:War das auch das Gefühl der Machtlosigkeit, das du da schon hattest. Ich kann ja eh nichts machen, ist ja so ein.
Speaker 2:Ja, Ich kann mich anstrengen, dann schreibe ich eine gute Note. dann heißt es ja, wo hast du abgeschrieben? Oder ich musste einmal eine Arbeit nochmal neu schreiben, weil die mir nicht geglaubt haben, dass die Note so gut war, dass ich das schaffe, und dann musste ich einfach die gleiche Arbeit nochmal alleine in einem einzelnen Raum nochmal schreiben. Ja, ist dann eine ähnliche Punktzahl rausgekommen?
Speaker 1:aber ja, das war einfach schwierig.
Speaker 2:Ich konnte mich anstrengen, habe gute Noten geschrieben. Das war nicht recht. Ich konnte stören und auffallen. Dann hatte ich wenigstens die Lacher von den anderen, die mich sonst nicht beachtet haben oder die haben mich mal angeguckt, Aber ich konnte es nur falsch machen. Egal, was ich mache.
Speaker 1:Aus schulischer Sicht Ja Und hat es dann im sozialen.
Speaker 2:Wenigstens funktioniert deine strategie auch nicht. Also ich wurde schon sehr gemobbt. Das war eine sehr starke gruppe dort in der klasse das heißt, du wurdest dann schon, du hast quasi, quasi.
Speaker 1:ich meine, du beschreibst das so, dass ich glaube, dir das alle sofort abkaufen, dass das noch sehr real empfunden wird, auch von dir sich die anderen dann verhalte ich mich auch mal so das ist ja auch so ein mass ging. Man versucht dann auch so skripte von anderen menschen irgendwie zu übernehmen, die dann was gesagt haben, was andere lustig finden, damit man vielleicht genauso lustig gefunden wird und anerkannt wird. Und dabei wie wird es im nachhin sagen wurdest du dann eher als lächerlich wahrgenommen. Haben die anderen das durchschaut, was du da machst?
Speaker 2:Ja, die haben sich schon sehr bei mich lustig gemacht. Also, ich habe im Schulbus schon öfters was mal gekriegt.
Speaker 1:Also richtig verbal oder körperlich.
Speaker 2:Nee, nee richtig, du hast einen Sitzplatz, hau ab da. Dann wurde ich da runtergezogen. Ja, genau So Sachen, oder Also so richtig lächerlich gemacht vor anderen immer. Und ich wollte ja dazugehören, da habe ich mitgelacht Und zu Hause geweint.
Speaker 1:Natürlich, hast du es irgendjemandem erzählt. Ja, das hat man zu Hause schon mitgekriegt.
Speaker 2:Das heißt, dann zu hause wusste bescheid, ja schon, aber dann ja, es ist auch nicht so begleitet worden, wie ich mir das natürlich gewünscht hätte, dass er da stehst du doch drüber, macht ihr nichts draus.
Speaker 1:Also, Also Gaslighting Ja, weil ich meine, was braucht man als Kind, wenn es einem so geht? Das kannst du jetzt einmal kurz sagen Ich bin mir sicher, du weißt genau was du gebraucht hättest von deinen Eltern.
Speaker 2:Ja, auf jeden Fall gehört werden, Gehört werden, die Gefühle auch zulassen dürfen. Einfach mal Mensch, das ist richtig blöd, und lass uns eine Lösung dafür finden. Wir gehen zusammen in die Schule oder sowas, Oder ich kümmere mich drum, dass es dir besser geht. Ja, das hätte ich mir schon sehr gewünscht. Und auch allen du bist gut, so wie du bist. Das sage ich meinen Kindern jeden Morgen.
Speaker 1:Ja, ja, sehr schön, das ist schön für deine Kinder.
Speaker 2:Wir stehen jeden Morgen an der Tür, und dann mit dem Daumen zum Zeigefinger, ich und dann zum Mittelfinger bin Gut, so wie ich bin. Also vom Zeigefinger zum Kleinen und wieder zurück. Ja, das muss ich mir selber auch sagen. Ich mache es einfach mit den Kindern mit und stärke mich da auch selber.
Speaker 1:Kannst du es glauben, wenn du das sagst?
Speaker 2:Es wird besser.
Speaker 1:Weil ich habe das ja auch mal gelesen dass gerade die Menschen, die viel Diskriminierung und viel Kritik erfahren haben in ihrem leben, dass das die ja mit positiven glaubenssätzen, leider gar nicht so gut arbeiten können, weil sie die nicht glauben können, weil das gehirn das ablehnt, und das kann ich bestätigen, ich kenne das. Na, dass das gehirn sagt da, mein gott, was sagst jetzt wieder für einen spruch? bringt Spruch, bringt ja gerade nichts. Es ist total verrückt, aber es ist wirklich so. Mein Gehirn möchte davon gar nichts hören.
Speaker 2:Ja, mein ältestes Kind komischerweise auch nicht, obwohl es anders jetzt aufwächst als ich. Vielleicht ist es auch ein Teil der Neurodivergenz.
Speaker 1:Es ist ein Teil der Neurodivergenz. Fragen funktionieren wohl. Es ist ein Teil der Neurologie. Fragen funktionieren wohl Also nicht dem Gehirn sagen, was es über einen selber denken soll?
Speaker 1:Kannst du dir ja vorstellen, das Gehirn mag keine Autoritäten. Und wenn du als Mensch dir dann sagst, ich habe jetzt das zu denken, dann sagt das Gehirn du hast mir mal so gar nichts zu sagen. Stattdessen aber das Gehirn zu fragen sag mal, wie wäre das denn eigentlich, wenn ich jetzt schon genau richtig wäre, so wie ich bin, dann kann das Gehirn plötzlich was damit anfangen und denkt dann darüber nach, und das fühlt sich dann tatsächlich also zumindest jetzt mal aus meiner Perspektive wirklich auch besser an.
Speaker 2:Ja, Ja, ja hast du recht. Das ist oft der Schritt, den ich vorschalte Beim ältesten Kind, und dann als Abschluss dann die Affirmation hinterher Sehr, sehr gut.
Speaker 1:Ja, also, Kinder, die Mobbing erfahren, wollen gesehen werden mit ihrem schmerz, und sie wollen ernst genommen werden und nicht in die verantwortung genommen werden. das passiert, aber hat leider ganz viel. du bist doch komisch, kein wunder ärgern die idee. ich nehme das mal nicht so persönlich, es ist doch nur ein spa. Geh doch mal woanders hin, dann lassen die dich in Ruhe, kümmer dich mal nur um dich. Oh, das ist ja nicht so schlimm, oder oder? Das sind so Sätze, die machen, dass man sich nicht gesehen und nicht gehört fühlt.
Speaker 2:Ja, in der Schule ganz häufig. Und was hast du vorher gemacht?
Speaker 1:Ja, Ja in der Schule ganz häufig Und was hast du vorher gemacht?
Speaker 2:Das heißt, du hast auch in der Schule versucht zu kommunizieren. Nee, irgendwann nicht mehr. Also ich erinnere mich an zwei Schlüsselerlebnisse, wenn wir noch Zeit haben.
Speaker 1:Ja, wir haben noch Zeit Gut.
Speaker 2:Unser Lateinlehrer hat immer so Vokabeltests mündlich gemacht, die ersten fünf Minuten der Stunde, und hatte so eine Dose, wo die Zahlen drin waren. Dann hat er eine Zahl gezogen und im Alphabet in der Liste dann geguckt, wer dann dran ist und den Vokabeltest vor allem mündlich machen muss, und die anderen mussten den dann in der Zeit mitschreiben, und irgendwann kam ich immer dran, jede einzelne Stunde. Ich musste jede Stunde mich vorne aufs Pult setzen und diesen Vokabeltest machen, weil ja ich weiß gar nicht mehr, warum eigentlich Ich hatte irgendwo abgeschrieben, oder mir wurde nicht geglaubt, dass ich die Vokabeln nicht gelernt habe oder nicht kann, oder dass ich sie kann, es ist völlig egal.
Speaker 1:Das heißt, er hat dann auch nicht mehr gewürfelt, sondern der hat einfach immer, jedes Mal dich dran gelegt, immer mich.
Speaker 2:Immer mich, und die anderen haben schon gefeixt und wussten, ja, ey, sie kommen nicht dran, sie brauchen nicht mehr lernen. Und immer saß ich da, und ich habe die ganze Zeit nichts gesagt. Ich habe die ganzen fünf Minuten aus dem Fenster geguckt, habe jede Frage nach einer Vokabel über mich ergehen lassen, habe nur aus dem Fenster gestanden, nichts gesagt und mich danach wieder an meinen Platz gesetzt. Das ist ein Schlüsselerlebnis, wo ich dann quasi gebrochen wurde.
Speaker 1:Das war ein Machtkampf.
Speaker 2:Dass ich dann nichts mehr gesagt habe und nicht mehr so richtig mitgemacht habe. Und die zweite Situation war, dass ich da in meine erste Liebe achte neunte Klasse weiß ich nicht war ich ein bisschen verliebt in einen Jungen aus der Nachbarsklasse, und dann meinten die Mitzieger aus meiner Klasse, sie müssten den Namen von dem mit Edding überall hinschreiben, auf Fensterbänke, sporthallentüren, umkleidekarten, überall. Die hinschreiben auf Fensterbänke, sporthallentüren, umkleidekarten, überall. Die ganze Schule stand voll mit diesen Ich-Liebe-X-Y Ja. und mir hat keiner geglaubt, dass ich es nicht war. Und ich habe zu Hause angerufen und auch da hat gesagt wenn du das halt auch machst, nein, ich war das nicht. Als Strafe musste ich den kompletten Nachmittag da bleiben und den Edding mit Nagellackentfänger oder so musste ich die ganze Schule sauber machen.
Speaker 2:Also tatsächlich musstest du das wegmachen.
Speaker 1:Es hat dir niemand geglaubt, dein Zuhause nicht und deine Kräfte nicht Niemand.
Speaker 2:Niemand, und ich habe die ganze Zeit geweint. Also Huttr, ich habe die ganze Zeit geweint. Also gut, tränen, richtig? Ich erinnere mich noch, ich habe alles weggeschrubbt, und bei jedem Spruch, der da stand, habe ich gesagt ich war das nicht, und ich weiß, wer es war, und mir glaubt sowieso keiner. Und ab da war dann ein totaler Rückzug. Da habe ich ja gar nichts mehr gemacht.
Speaker 1:Also boah. Also ich weiß nicht, wer von denen, die jetzt zuhören, an der Stelle nicht gesagt hätte ich gebe jetzt auf, hat das sowieso keinen Wert. Ich glaube dass also für mich ist das sowas von nachvollziehbar, dass dieses gesamte Umfeld dir einfach nur den Stinkefinger gezeigt hat Und dass du dann da halt auch aufgibst. Also das ist ein Brechen, ja, das ist das Problem an der ganzen Sache. Aber wie soll dann ein Gehirn noch funktionieren, wenn du dann in diesem Modus bist? Also, wie willst du denn dann noch leisten? Das geht doch gar nicht mehr. Das ist doch vorbei. Das ist ein, das ist eine reine Machtdemonstration. Und du hast jetzt zwei Situationen geschildert. Die eine ist ja quasi von Lehrkräfteseite aus, und dass das so offen in Frage gestellt wurde, auch vor allen, das ist schon mal sowas von unprofessionell, das ist unfassbar.
Speaker 1:Eine ganz junge Lehrerin ein Jahr nach dem Ref hatte letztes Jahr meine beiden Söhne und hat nichts anderes gemacht im Übrigen, wie die Hochbegabung meines Sohnes anzuzweifeln, öffentlich in seiner Klasse und aber auch in der Klasse meines jüngeren Sohnes, was ja noch weniger geht, also vor einer ganz anderen Klasse. Dann zu sagen ach, du hast doch diesen ach so klugen Bruder zumindest meinen das deine Eltern mit noch so Gänsefüßchen und so, dass du kein Vertrauen mehr hattest in die erwachsenen Menschen in der Schule. Das, hoffe ich, kann wirklich jeder nachvollziehen. Das ist ein Vertrauensbruch, und zwar einer, der sich weit über das Klassenzimmer mit dieser einen Person hinauszieht, weil es eine Rolle ist, die vertreten wird durch die Lehrkraft.
Speaker 1:Es ist nämlich nicht nur diese eine Lehrkraft, es ist die Rolle Lehrkraft, die dann da abgespeichert ist. Und diese Situation mit den Vokabeln, das war ein Machtkampf, das war nichts anderes. Der wollte, dass du diesen Test so machst, wie er das machen wollte, und hat dann gedacht gedacht, wenn er dich jetzt nur oft genug bloß stellt, dann wirst du irgendwann einknicken. Hast du nicht gemacht. Ne, was du stärker, ja ich habe nicht mehr gelernt.
Speaker 2:Ja, ich habe das daneben mir anders, anders halt gesucht. Also ich habe mich da ja dann total aufgegeben. Ich habe gedacht, ich kann nichts, ich bin nichts, mir hört keiner zu. Und dann habe ich das über soziales Engagement irgendwie wettgemacht und mir darüber einen Weg gesucht und gefunden, überhaupt irgendwie weiterzumachen.
Speaker 1:Innerhalb der Schule oder war das auch Schule Sowohl als auch?
Speaker 2:ja, also, in der Schule gab es Tutorenprojekte. Da bin ich dann reingegangen und war dann Tutorin für die Fünfklässler eben Und habe darüber sehr viel positive Rückmeldung bekommen, und ich habe auch Nachhilfe gegeben in der Übermittagsbetreuung, dann gratis Auch irgendwie komisch.
Speaker 1:Ja, ja, ich wollte gerade sagen, das passt so gar nicht in das Bild der Versagerin, dass die plötzlich Nachhilfe gibt Interessant ja.
Speaker 2:Ja, Und dann auch bei uns in der Gemeinde habe ich ganz viel in der Kirchengemeinde da im Dorf die offene Tür, diesen Jugendtreff betreut, habe da Jugendleiterscheine gemacht und die Sommerbetreuung gemacht und einmal in der Woche eine Gruppenleitung. Das hat gut geklappt. Da, Da habe ich dann gemerkt, das liegt mir, das kann ich.
Speaker 1:Und dann bist du Lehrerin geworden, weil du gemerkt hast, du kannst das, du kannst mit jungen Menschen arbeiten und du kannst Stoff vermitteln.
Speaker 2:Ja und auch in Beziehungen gehen. Also das war schon unbewusst natürlich, jetzt erlebe ich das viel bewusster. Aber das war damals dieses ich baue eine Beziehung auf zu Kindern und Jugendlichen, und dann funktioniert das, dann kommen wir gut zusammen, und wir lernen und haben Spaß, und es klappt irgendwie. Und da habe ich gedacht, irgendwie war meine Schulzeit nicht so, und ich möchte aber, dass es für alle Kinder so erfahrbar wird. Das war so die Motivation, das zu studieren, dass es ja zwischendurch auch da Hänge hat und dass es auch nicht jeden Tag so geht, dass ich da mit super Elan in die Schule reingehe. Das ist, glaube ich, auch jedem klar, der im Umfeld Schule arbeitet. Aber die Haltung macht es Und durch meine eigenen Kinder ist diese Haltung noch mal viel stärker geworden, dass auch mich da auch nicht nur leise, sondern auch laut einzusetzen für alle Kinder, die ich unterrichte oder die im schulischen Umfeld sind.
Speaker 1:Und machst du das auch weiterhin gerne?
Speaker 2:Ja Voll schön. Ja, ich habe so ein bisschen mitverfolgt, wie jetzt dein Weg ist, an dem ich auch gedanklich schon oft stand und wahrscheinlich auch immer wieder stehen werde.
Speaker 1:Auch da gibt es Hoch und Tiefphasen bei mir, aber im Moment hoffe ich, dass es weiter gut läuft, ich irgendwo auch Wertschätzung bekomme und dass ich etwas kann. und dadurch zumindest war ja bei mir dann das kann ich für dich jetzt gar nicht beantworten, aber bei mir war dann ja dieses mein Weg war einfach gesetzt dadurch. Ich habe halt nie hinterfragt, ob ich vielleicht auch noch was anderes könnte und ob irgendein anderer Beruf für mich genauso in Frage käme wie der.
Speaker 2:Ja, ja, an dem Punkt bin ich ja heute noch Also dann wenn ich das? Handtuch schmeißen will. Dann denke ich so ja, okay, jetzt mache ich was anderes. Aber was denn? Du kannst ja gar nichts anderes. Und dann fehlen mir echt einfach die Ideen.
Speaker 1:Das ist krass. ne, das ist nämlich genau das. Das ist nämlich genau das, Das ist schon genau das. wenn du so übersehen wirst, auch mit deinen Schwierigkeiten, aber eben auch mit deinen Fähigkeiten, dann kriegst du ja nie Feedback dafür, was du kannst, also auch fachlich. Ich wusste nach der Schule de facto überhaupt nicht, in welchen Fächern ich gut bin. Also, ich meine, mathe habe ich dann studiert. Dass ich Mathe nicht kann so wie die anderen im Studium, das habe ich direkt gecheckt, weil ich habe mich da Mathe ist es, weil ich es halt in der Schule dann am Ende gut konnte. Ich hatte aber in Mathe genauso gut auch zwei Schuljahre mal eine Fünf.
Speaker 1:Also bei mir noch banaler.
Speaker 2:ich habe Deutsch studiert, weil es einfach meine Muttersprache ist, weil ich dachte naja, da musst du dich ja ein bisschen auskennen. Ja, und dann katholische Religion, weil ich einfach in der Gemeinde so aktiv war durch die Jugendarbeit. Ja, siehst du, da habe ich vielleicht auch so ein bisschen Vorsprung, aber da hatte ich natürlich auch nicht.
Speaker 1:Ja, aber das ist doch total verrückt. Also, ich glaube dass. Also ich denke mir im Nachhinein, ich hätte mir das so sehr gewünscht, dass ich als junge erwachsene personen, die eine schule beendet, weiß, wo meine stärken sind. Es wäre doch mal schon allein das wäre doch mal ein guter start für so einen jungen Menschen, zu wissen. Ah, okay, warte mal, meine Stärke liegt echt in den Naturwissenschaften und im Sprachlichen. Vielleicht nicht so oder keine Ahnung, aber selbst das kann ich dir heute noch nicht konkret sagen, ob meine Fähigkeiten eher im Naturwissenschaftlichen oder im Sprachlichen sind. Ich kann es dir nicht sagen. Ja, naja Krass, deine Geschichte ist sehr, sehr krass, finde ich. Wie ging das weiter? Also? hat das Mobbing irgendwann aufgehört?
Speaker 2:Ja, nach der Schule, aber bis zum Ende der.
Speaker 1:Schulzeit hast du das immer gehabt, dass du immer die Komische warst in der Klasse.
Speaker 2:Ja, also in der Oberstufe gab es dann so ein kleines Gruppchen von den Losern und den Komischen, einfach mit denen so keiner was zu tun haben wollte, und da haben wir uns dann, glaube ich, ein bisschen zusammengefunden.
Speaker 1:Aber auch unter denen war ich immer noch die, die das aufsehen erregt hat und über die dann wieder herum geredet wurde, auch von denen dann über dich geredet.
Speaker 2:Ja, ja, ja, ja, aber ich war schon sehr exzessiv, so in meiner gut aber was genau?
Speaker 1:was genau waren denn da jetzt so die merkmale, an denen man sich jetzt da so geärgert hat oder aufgehängt hat? Was war da so exzessiv?
Speaker 2:Ja, ich bin schon sehr viel feiern gegangen. Ich habe immer irgendwo in so einem Skatepark abgehangen und die Nachmittage da verbracht. Das war es, glaube ich. Das war es, glaube ich. Dann haben wir in der Familie ziemlich viele Friseurinnen im Handwerk, und als sie so in ihre Prüfungen gingen, war ich immer Modell und hatte entsprechend immer viele verschiedene Haarfarben und Frisuren und ja, einfach so das äußere Erscheinungsbild auch.
Speaker 1:Ein neurodivergentes Erscheinungsbild, muss man einfach auch sagen, auch wenn man dich jetzt so sieht, das hat sich ja nicht geändert. Also man sieht es halt einfach. auch dieses Farbenfrohe, das Künstlerische, das Extravagante, das ist halt, das weiß ich nicht, ist halt da. Ich habe das ganz lange versteckt. Ich hatte das auch als Jugendliche total viel und habe das versteckt. Mit dem Referendariat ging es los Alle Piercings raus.
Speaker 1:Haarfarbe war dann plötzlich wieder nicht mehr bunt, klamotten wurden schwarz einfarbig, haare waren brav frisiert und so weiter, also alles so. Mit dem Einstieg in den Schuldienst habe ich mich da auch äußerlich total verändert, ganz krass verändert, ja, ich auch. Und mit der Diagnose bei mir, dann habe ich gedacht, sag mal also, das war das Krasseste an der ganzen Geschichte, dass mit der Diagnose der Mut gekommen ist, auch das wieder zu zeigen. Ich habe plötzlich wieder mein Nasenpiercing reingemacht. Meine anderen Piercings habe ich nicht mehr reingemacht, die wollte ich dann auch gar nicht mehr haben. Aber dann kamen Tattoos dazu, dann kamen wieder andere Klamotten, dann sind meine Haare wieder wilder geworden und so Und habe gemerkt ja, das bin ich, das war ich ja auch schon als Jugendliche. Das ist echt witzig.
Speaker 2:Ja, das kam bei mir auch so Schritt für Schritt dann zurück, also nicht durch die Diagnose schon vorher, dann tatsächlich also ich ja durch die ganze Klinikzeit, die ja auch nochmal sehr intensiv ist, wo man 24-7 in einem kleinen Zimmer sitzt neben dem Kinderbett, und da hat man auch viel Zeit nachzudenken, wer man eigentlich ist und was wichtig ist im Leben.
Speaker 1:Ja, das glaube ich dir sofort, dass das noch mal ein ganz anderer Einschnitt ist. Also, wie gesagt, das kann ich nicht bewerten, weil ich sowas nicht erlebt habe, und weiß natürlich auch überhaupt nicht, was da mit mir jetzt passiert wäre.
Speaker 2:Aber Ja, das läuft bei mir einfach alles parallel. Ich lebe in diesen ganzen Welten gleichzeitig, und deswegen finde ich es auch so wichtig zu sagen, wir sehen die Kinder nur, wie sie gerade vor uns stehen. Wir wissen nicht, was denen passiert ist oder wie es in ihnen einfach aussieht oder im familiären Umfeld. Und da ist es mir eben wichtig, die so zu nehmen, wie sie dann kommen, und zu gucken, was können wir an dem Tag jetzt daraus machen, dass du mit einem guten Gefühl hier rausgehst und dass du auch nachher sagen kannst ich habe heute was Neues dazu gelernt. Und es muss nicht immer irgendwie das Plusquamperfekt sein oder so, sondern Schule ist so viel mehr als nur ein Ort der Wissensvermittlung.
Speaker 1:Spätestens, wenn man deine Biografie hört und deine schulischen Erfahrungen, weiß man, wie viel mehr Schule ist.
Speaker 2:Ja. Und dann dieser Appell, dass wir einfach den Mut haben sollten, uns mehr innerhalb unseres Rahmens auch zu trauen, auf die Kinder einzugehen und zu gucken was brauchen die denn jetzt überhaupt? Ist das, was jetzt im Lehrplan steht, oder können wir das auch irgendwie anders abfragen?
Speaker 1:Danke. Sehr wichtiger Reminder, und lieber mache ich doch doppelt und dreifach einen riesengroßen Fehler, weil ich jemandem zu oft geholfen habe, als dass ich fälschlicherweise jemanden schlecht behandle, der Unterstützung braucht.
Speaker 1:Ja, Das ist, denke ich, auch so ein Spruch, den man gerne mit sich rumtragen darf, weil ich meine, das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass du jemanden, der es vielleicht in dem Moment nicht unbedingt verdient hat, gut behandelst. Das ist das Allerschlimmste, was passieren kann, und ich finde das überhaupt nicht so schlimm. Umgekehrt, wenn ich verurteilend bin und Absichten unterstelle und so weiter, dann ist das Schlimmste, was passieren kann, dass ich einem Kind wie dir unterstelle, dass es keinen Bock hat, und dass ich es kaputt mache oder dass ich es breche, so wie du das vorher genannt hast. Und das würde ich mir niemals, würde ich mir das wünschen, dass ich sowas mal getan habe in meinem Leben? Wirklich nicht. Ja, ja, was mal getan habe in meinem leben? wirklich nicht? ja, danke, anna. Also ich weiß, dass du auch ein insta profil hast. Das werde ich unten auf jeden fall verlinken.
Speaker 2:Ja, ich habe ein schulisches da läuft noch nicht so viel dadurch, dass ich jetzt erstmal die Wiedereingliederung hatte und auch erstmal wieder reinkommen musste. Ich habe das nur vom privaten Profil getrennt, damit es einfach für mich übersichtlicher ist, was Schulthemen sind und was Pflege und Verweis der Themen sind. Aber da können wir auch gerne in Kontakt treten.
Speaker 1:Und ich finde das auch. Das darf man ja auch ganz gerne jetzt einfach einen Neustart machen. Ist ja ein Neustart, jetzt auch zu sagen okay, ich gehe jetzt auch mit einem öffentlichen Profil nochmal raus, löse das mal von meinem privaten Account ab und guck da einfach mal. Was sich daraus ergibt, weißt du jetzt noch nicht, aber kann man sich ja trotzdem mal anschauen, kann ja mal gucken und beobachten, was daraus wird. Du hattest noch was ganz Wichtiges gesagt, was ich nicht untergehen lassen möchte, weil ich finde, dass das gehört werden muss, und ich bin mir nicht sicher, ob das jetzt vielleicht sonst untergehen würde. Du sagtest gerade ich habe das ja jetzt alles immer dabei.
Speaker 1:Du hast ja die Erfahrungen rund um den Klinikaufenthalt mit deinem zweitgeborenen Kind immer bei dir. Du hast den Tod deines vierten Kindes und all die sachen, die sich damit mit für deine familie ergeben haben, immer bei dir. Du hast deine ganzen schulischen erfahrungen rund um deine hochbegabten diagnostik, rund um das mobbing, rund um die lehrkräfte mit dir umgegangen sind, immer bei dir. Auch wenn du eine tochter vertritt, die ähnliche symptome zeigt, hast du das bei dir.
Speaker 1:Und natürlich auch deine adhs diagnose hast du jetzt bei dir, und das prägt ich sehr, und ich glaube, dass das wichtig ist, dass wir uns das immer wieder bewusst machen, dass wir alle wir Eltern, wir Lehrkräfte, aber auch wir neurodivergenten Menschen, die wir was ganz anderes machen wir haben diese Biografie immer bei uns, die ist immer ein Teil von uns und prägt uns im Umgang mit allem Möglichen, positiv oder negativ. Und prägt uns im Umgang mit allem Möglichen, positiv oder negativ. Ich danke dir so sehr, dass du für diese Kinder immer noch mehr und guckst, dass Schule ein toller, gerechter Ort wird, an dem sich Kinder entfalten dürfen, und das ist einfach ganz, ganz, ganz schön wertvoll.
Speaker 2:Vielen Dank dafür. Ja, ich danke dir auch für deine Arbeit. Es hat mir auch sehr viel weitergeholfen in den Anfängen, als ich geguckt habe, wie kann ich das in die Schule bringen.
Speaker 1:Ja, ja. Also ich wünsche dir alles Gute, anna, und melde dich noch mal irgendwann, wenn du soweit bist, dich noch mal auf den nächsten Fail einzulassen, mit der nächsten Diagnostik. Dann kann ich dir da die ein oder andere Adresse in deiner Gegend auf jeden Fall nochmal geben, die ich da so gekriegt habe, und für alle also auf meinem Insta-Profil gibt es da dieses Icon Diagnostik, mein Highlights, und gerade dieser letzte Slide ist so einer, wo es um die Kombidiagnose ADHS-Autismus geht, und da sind schon ein paar Anlaufstellen, bei denen jetzt auch mehrfach wieder mir gespiegelt wurde, dass da wirklich gute Erfahrungen gemacht wurden.
Speaker 2:Ja, super vielen Dank, Da könnt ihr gerne nachschauen, sehr, sehr gerne.
Speaker 1:Also, ich wünsche dir noch einen schönen Tag und danke dir nochmal, dass du da warst.
Speaker 2:Ich danke dir, bis dann, tschüss. Untertitelung des ZDF 2020 Musik, musik, musik.