Applied Data Science UNBOXED

Glückliche Kühe – glückliche Menschen? Wenn KI die Emotionen von Tier und Mensch erkennen kann

Prof. Dr. Peter A. Gloor Season 1 Episode 6

Folge 6 | Kennen Sie schon den Happy-Index Ihres Haustiers? 

In dieser Podcast-Episode geht es um Emotionen. Genauer gesagt, um die Analyse und Vorhersage von Emotionen mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz. Wir sprechen mit dem renommierten Schweizer KI-Forscher und Digitalpionier Prof. Dr. Peter A. Gloor darüber, wie man mit KI-Tools die Gefühlswelt von Kühen, Pferden, Hunden, Katzen und sogar Pflanzen analysieren kann.

Peter Gloor und sein Team von Gleichgesinnten entwickeln im Rahmen ihres Start-Ups FaunaAI eine App, mit der das ganz einfach möglich ist. Während der im März 2026 stattfindenden Ausstelllung "Phänomena" plant der Wissenschaftler, die neusten Erkentnnisse und Ergebnisse rund um menschliche, tierische und pflanzliche Emotionen in ihrem Happiness-Pavillon vorzustellen.  

Doch das ist nur eines von vielen bahnbrechenden Projekten, mit denen sich Peter Gloor beschäftigt. Der promovierte Informatiker und Mathematiker lehrt und forscht am MIT in Boston und an der Hochschule Luzern zum Thema «Collaborative Innovation Networks». Als Weltbürger hat er bereits Vorlesungen in China, Chile, Deutschland, Finnland und Italien gehalten. 

Er ist ausserdem Gründer und Chief Creative Officer des Softwareunternehmens galaxyadvisors, das Kund:innen dabei hilft, Coolhunting und Coolfarming zu betreiben.

Mit Prof. Dr. Peter A. Gloor gehen wir der Frage nach, 

  • was es mit Coolhunting und Coolfarming auf sich hat, 
  • was «COINS» sind und wie sie unser Zusammenleben positiv beeinflussen können 
  • und wie wir mit Hilfe von KI-Algorithmen das Wohlbefinden von Tieren steigern können.

Zu erkennen, ob Pflanzen lieber Mozart oder Heavy Metal hören, oder ob der Hund sich gerade langweilt oder glücklich ist – dank KI-Forschung ist das heute schon möglich. Für alle, die sich für die datenbasierte Analyse von Emotionen bei Menschen, Tieren und Pflanzen interessieren, ist diese Episode ein Muss. 

Applied Data Science UNBOXED – Wissen. Trends. Zukunft. Unser Podcast ist mehr als nur ein Name – er ist ein Versprechen. Wir öffnen die Tür zur Welt der Data Science und zeigen, wie Daten unsere Zukunft gestalten.

Ob Data-Science-Enthusiast:in oder Quereinsteiger:in – hier gibt es echte Insights. Renommierte Expert:innen aus Wissenschaft, Industrie und Gesellschaft sprechen über aktuelle Trends, bahnbrechende Innovationen und die spannendsten Herausforderungen im Feld.

Neugierig? Dann reinhören und eintauchen in die Welt der Daten. Mehr erfahren:
🔹 Masterstudium "Applied Information and Data Science" – alle Infos online
🔹 Kostenlose Online-Info-Events – direkt von den Studienverantwortlichen
🔹 Unser Blog – aktuelle Beiträge rund um Data Science
🔹 LinkedIn – vernetzen und keine Updates verpassen

[0:00] 
Die Ameisen sind schwarmintelligent und die Bienen sind schwarmkreativ. Man kann einfach sagen, die Ameisen machen Dinge, die für sie selber gut sind. Die Biene macht Dinge, die für die ganze Welt gut sind, weil sie nämlich noch befruchtet und etwas Neues kreiert. Das ist der grosse Unterschied. Intelligenz ist einfach Verhalten, um möglichst gut in der Umwelt zueinander zu kommen. Und Kreativität ist Innovation. Das macht natürlich Angst, weil wir wollen eigentlich alle Dinge, die wir schon kennen. «Make America Great Again» heisst, die guten alten Zeiten sollen zurückkommen. Tun sie aber nicht. Es gibt sie nicht. Der Fortschritt ist unaufhaltsam. 

Die Hochschule Luzern präsentiert «Applied Data Science Unboxed – Entdecke die Welt der Data Science» mit Christina Stumpenhausen.

[0:49] 
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Podcast-Folge. Das Thema heute «Glückliche Kühe- glückliche Menschen. Wie kann künstliche Intelligenz die Gefühlswelt von Tier und Menschen messen? Ich freue mich, meinen heutigen Gast begrüssen zu dürfen, Prof. Peter Gloor. Er ist ein herausragender Schweizer Wissenschaftler und Digitalpionier im Bereich der künstlichen Intelligenz. Er war hautnah an der Erfindung des World Wide Web dabei und war global einer der ersten Netzwerktechnologen. Als promovierter Informatiker lehrt und forscht Peter seit über 30 Jahren am MIT in Boston und auch an der Hochschule Luzern zum Thema kollaborative Innovationsnetzwerke, kurz COINS. Darüber hinaus ist der Gründer und Chief Creative Officer des Softwareunternehmens galaxyadvisors, das Kundinnen und Kunden dabei hilft, Coolhunting und Coolfarming zu betreiben. Mit einem Team aus Gleichgesinnten entwickelt er zudem eine App, mit der man die Gefühle von Tieren messen kann. Mit Peter Gloor möchte ich heute darüber sprechen, wie es möglich ist, mithilfe von KI die Gefühle von Tieren und Menschen zu analysieren, was es mit Coolhunting und Coolfarming auf sich hat, was COINS sind und wie sie unser Zusammenleben positiv beeinflussen können und vieles mehr. Alles in dieser Folge.

[2:00] 
Hallo Peter. 
Hallo Christina. Vielen Dank für die Einladung. 
Schön, dass du hier bist. Ich freue mich auch. 

[2:14] 
Wer dich kennt, der sagt, der Peter ist ein Optimist, denn er sprüht vor Lebensfreude. Und das spürt man auch. Du hast eine unglaublich starke Ausstrahlung. Wie wichtig sind dir denn gute Laune und eine positive Lebenseinstellung? 

Also ich glaube, das ist das absolut Zentrale. Wir wollen umgeben sein von Leuten, die eine positive Energie ausstrahlen. Und dann muss man natürlich selber schauen, dass man selber auch positive Energie hat. 

Das ist eine gute Einstellung auf jeden Fall. Ich weiss von dir, du interessierst dich sehr für Emotionen und Psychologie. Warum ist es dir eigentlich wichtig, Emotionen zu erforschen? Mit welchem Ziel machst du das eigentlich? 

Also wie du schon gesagt hast, ich bin, ich bezeichne das auf Englisch, ein uncurable Optimist. Und dann möchte ich auch gerne von fröhlichen Leuten umgeben sein. Und wenn ich was dazu beitragen kann, dass andere ein bisschen fröhlicher sind, dann ist das Thema meiner Forschung. 

Ich weiss auch von dir, du hast seinerzeit den Happymeter entwickelt, der den Happy-Index von Menschen auf datenbasierte Art und Weise misst. Für alle, die den Happymeter gar nicht kennen oder nicht gut kennen, was ist das genau und wie funktioniert das Gerät? 

Also der Happymeter misst Körpersignale von Menschen, basierend darauf, wie sie sich bewegen. Wir haben begonnen mit Sociometric Badges, also kleinen Geräten um den Hals gehängt, die messen, wie der Körper sich bewegt mithilfe eines Beschleunigungsmessers. Als dann die Smartwatches kamen, haben wir zuerst noch ganz grosse, kloppige Uhren und heute mit Apple Watch und Wear OS Watches das gemessen.

[3:39] 
Wir haben aber festgestellt, dass das ein Problem ist, weil die Leute ganz viele verschiedene Fitbits usw. haben. Und deshalb sind wir jetzt gerade dabei, das nur mit dem Handy zu machen. Es ist dann halt nur funktionsfähig, wenn jemand das Handy in der Hosentasche trägt. Aber dafür läuft es auf jedem Handy. 

Wie stellt dann das Smartphone fest, okay, heute bin ich besonders gut gelaunt? 
Also wir haben ein KI-Modell, das läuft auf einem Server, zum Beispiel in der Amazon Cloud oder der Azure Cloud.

[4:08] 
Und dann haben wir einen Zensor. Und der muss auf dem Körper angeklebt sein oder einfach darauf ruhen. Und der misst die XYZ-Veränderungen, der misst zum Beispiel die Herzfrequenzvariabilität, der kann auch den Sauerstoffgehalt im Blut messen und so weiter. Und je mehr von diesen sogenannten Input-Features wir haben, desto genauer wird das Modell, das dann vorhersagt, wie glücklich die Christina oder der Peter gerade ist. 

Also kriegt man quasi so regelmässig Updates. Jetzt guck mal, heute hast du einen Score von 10 von 10 an Glücklichkeit oder Glück.

Also die Frage ist ja auch, was soll das Ganze? Und der Punkt ist der, ich kann dann sehen zum Beispiel, jeden Morgen, wenn ich auf den Zug zu meiner Arbeit in die Fabrik gehe, dann bin ich unglücklich, dann muss ich etwas verändern. Oder heute Morgen, wenn ich sehe, ich komme zu einem Interview mit der Christina, das macht mich glücklich, dann heisst das, okay, ich muss schauen, dass ich noch mehr Interviews habe, damit ich viel Glück habe.

[5:06] 
Okay, also es ist quasi so ein Monitor für einen selbst, wie man gerade drauf ist. 

Ja, und es verändert auch das Leben. Also ich habe zwei Beispiele von mir selber. Ich hatte einen oberehrgezigen Studenten und ich habe immer gedacht, weshalb will ich dem so ein bisschen unbewusst aus dem Weg gehen. Und das Happymeter hat mir aufgezeigt, dass jedes Mal, wenn ich näher zu dem kam, dann wurde ich ein bisschen unglücklicher. Und dann habe ich das mit ihm besprochen. Das hat dann einfach die Einstellung verändert und der Umgang wurde angenehmer.
Und ich bin vor Covid unheimlich viel um die Welt geflogen und habe viele Vorträge gehalten. Da hatte ich immer das Gefühl, wenn ich jetzt schon in Bangkok oder Shanghai oder Tokio oder irgendwo bin, muss ich die Stadt noch anschauen, sobald ich da bin. Dafür hatte ich aber Kopfschmerzen und war gestresst. Und das hat mir das Happymeter gesagt. Und seither, wenn ich so einen Vortrag halte, gehe ich zuerst ins Hotel, ruhe mich ein paar Stunden aus und dann geht es viel besser. 

Diese Interpretation der Gefühle machst du dann? Oder sagt dir dann der Happymeter, Peter, geh ins Hotelzimmer, ruhe dich aus? Oder wie schlussfolgerst du dann? 

Also es gibt ja einfache Dinge. Zum Beispiel, wenn man einen Spaziergang in einem Park macht, dann tut das einem gut. Und wenn das Happymeter weiss, dass ich jetzt da gestresst bin und lange in einem Meeting war, weil das macht ebenso Annahmen, was man jetzt gerade, also im Moment sitze ich ja hier und bewege mich nicht gross, dann macht es entsprechende Empfehlungen, trinke jetzt einen Tee oder leg dich schlafen oder mache einen Spaziergang im Park. 

Okay, super, weil manchmal fühlt man sich ja irgendwie unwohl und kann gar nicht sagen, warum. Aber dann gibt es wirklich so Vorschläge, Empfehlungen von der App, von dem Happymeter, was man tun könnte, um seine Laune zu bessern. 

Ja, ja, es gibt einem Vorschläge und es ist an mir überlassen, was ich damit mache. 

Es gibt ja Menschen, mit denen kann man gut, mit denen ist man auf einer Welle und manche Menschen stressen ein. Aus welchen Gründen auch immer. 
Ja, da muss man halt entscheiden, will ich jetzt der anderen Person aus dem Weg gehen oder will ich an meiner Beziehung arbeiten, damit wir, also das hängt dann natürlich von den Umständen ab. 

Und kann man den Happymeter denn austricksen, indem man zum Beispiel positive wie auch negative Gefühle vortäuscht?

[7:22] 
Ja, das war eine Frage, weil wir machen das ja seit 2008. Am Anfang haben wir auch Experimente zum Beispiel mit einer Abteilung in einer Bank gemacht. Die wollten dann etwas vorspielen, aber das geht nicht lange, weil man irgendwann holt einem das normale Leben ein und dann kann man nicht mehr die Energie darauf verwenden, etwas vorzuspielen. Zumal ja auch die Herzfrequenz gemessen wird. 

Zum Beispiel fällt mir spontan hier an der Stelle der Lügendetektor ein. Da wird man ja auch verkabelt. Ist das vergleichbar damit? 

Also ich denke, die Technologie ist die ähnliche, aber ich bin froh, dass wir nicht so Dinge machen, die halt, wenn Fehlinterpretationen passieren, dann hat es gravierende Konsequenzen. Und bei uns, da geht es einfach darum zu schauen, dass es der Person, die das Gerät trägt, besser geht. Oder wir haben jetzt dieses Projekt mit einer grossen Ausstellung in der Schweiz und da wollen sie schauen, wie zufrieden sind die Besucher. Und da geht es nicht um Leben und Tod über einem Lügendetektor. 

Und zu dieser Ausstellung kommen wir später, die heisst Phänomena. Darüber reden wir später. 

[8:25] 
Wenn man jetzt nochmal den kritischen Stimmen Gehör verschaffen wollte, will man denn so durchsichtig sein? Na klar, wenn man den Happymeter nutzt, dann macht man das ja freiwillig. Welche kritischen Stimmen sind dir bekannt? Stichwort datenschutzsensibles Europa. 

Ja, also ich meine, wir sind ja hier in der Schweiz und ich arbeite sehr viel in Deutschland und das sind zwei Länder, wo der Datenschutz hier gross geschrieben wird. In den USA, da kann man viel wildere, gefährlichere Dinge machen. Und grundsätzlich ist unser Prinzip, dass wir die Daten nur der Person, die das Gerät trägt, geben beziehungsweise wir speichern die sogar nur anonymisiert und was wir nicht speichern, kann uns nicht gestohlen werden. Also ich meine, wenn jetzt die Migros uns das System abkaufen würde und beschliessen würde, dass ihre Kunden das tragen, dann muss sie selber mit den Kunden verhandeln, ob die gewillt sind, ihre Happiness-Daten, wenn sie im Migros-Supermarkt drin sind, der Migros zu geben. 

Okay, und das bleibt ja auch in deiner Hand. 

Wenn wir es selber betreiben, dann gehen die Daten nirgendwo hin. 

[9:27]
Wo hat der Happymeter seine Grenzen? Was kann er zum Beispiel nicht? Gedanken lesen natürlich nicht.

Nein, wobei in einem gewissen Sinn schon. Weil ein Autoverkäufer, der tut ja immer so, so wie wenn die Person gegenüber der grösste Freund wäre und eigentlich schaut er einem nur als wandelndes Sparschwein an und will möglichst viel Geld und das teuerste Auto verkaufen. Und da haben wir auch alles probiert. Wir haben mit Verkäufern Experimente gemacht und ich konnte dann sehen, ob der Verkäufer ehrlich ist oder nicht. Und wir haben das nie konkret umgesetzt, weil es hat jetzt ganz hart ausgedrückt, wir finden keinen Verkäufer, der gewillt ist, das den Kunden zu geben. Aber grundsätzlich ist für mich der Punkt einfach der, dass ich nur positive Anwendungen mache. Also ich bin froh, wenn ich nicht der Polizei oder dem Zoll oder sonst irgendjemandem verkaufen muss, weil die KI macht Fehler. Und die Leute haben eben die Tendenz, der KI Unfehlbarkeit zuzuschreiben. Das stimmt nicht. Es gibt massenhaft berühmte Beispiele. 

Wenn wir schon über fehlerhafte Analysen sprechen, es gibt ja grundlegende Emotionen, die für alle Menschen gelten. Also Freude, Trauer, Wut, wir werden ja mit diesen Emotionen geboren. Es gibt aber sicherlich auch, und das ist bewiesen, interkulturelle Unterschiede. Was ist dir da bekannt zu? 

[00:10:25]
Wie gehen wir dann mit diesen interkulturellen Unterschieden um? Wie kann man die App trainieren, dass sie das dann erkennt? 

Wenn man da jetzt für Gesichtsemotionen Kategorien von Gesichtern hat, wo man keine Trainingsdaten hat, dann versagt das System. Also man muss dann schauen, dass man genügend europäische, kaukasische Trainingsdaten, chinesische und japanische, weil die sind sich zwar vielleicht vom Gesicht ähnlich, aber nicht vom Verhalten. Also für jede Klasse muss eine vergleichbare Anzahl von Trainingsdaten vorhanden sein. 

[00:11:11]
Genau, und ich habe irgendwo schon mal gelesen, KI kann selbst nicht emotional sein, aber soll jetzt Emotionen erkennen. Wie passt das zusammen? 

Das ist eine ganz spannende Bemerkung, weil das stimmt natürlich, dass KI ein Computer ist. Und da haben mir meine Freunde nachgesagt, du bist ja wie ein Computer, und sie haben es nicht nett gemeint. Und das heisst, dass die KI absolut ihren Gesetzen folgend eine Entscheidung fällen wird, nicht so wie der Mensch, der, wenn er in Wut gerät, nicht mehr rational ist und völlig unlogische Dinge macht, die er später bereut. Aber man kann natürlich KI dazu bringen, sich emotional zu verhalten. Dass sie dann Mitgefühl zeigt und versucht, die Emotionen des Gegenübers zu erraten und dann die richtigen Antworten zu geben. Das ist allerdings sehr schwierig. Wir haben da auch schon Masterthesen dazu gemacht und die Leute haben uns gesagt, bitte schaltet das wieder ab, wir wollen es nicht. Wir wollen jemanden als Gegenüber, der sich rational verhält. Das war dann ein Bot, der für Firmenreisen gebucht hat und der wollte sich empathisch zeigen und die fanden das ablenkend und nicht gut. 

Was hat er dann gesagt oder was hat er dann geschrieben? War das so ein Chatbot? 

Ja, das war ein Chatbot. Er hat gesagt, guten Morgen, ich glaube, du bist heute ein bisschen gestresst, aber ich werde schauen, dass ich dir möglichst rasch deine Reise nach London buche. Und der Gegenüber hätte nur gewollt, dass das möglichst rasch und problemlos geht, ohne dass er dann noch Dinge schwatzt, die nichts mit dem Auftrag zu tun haben. 

Also man muss immer auch den Kontext beachten. Zum Beispiel in diesem Fall wäre eine sachliche, professionelle Abwicklung eher ratsamer gewesen als ein empathischer, psychologischer Bot sozusagen. 

Vielleicht waren wir auch zu schlechte Psychologen. Weil jemand, der einen schlechten Tag hat, der will vielleicht einfach einen kühlen, fact-oriented Gegenüber. 

[00:13:16]
Ja, Fehler passieren und das ist ja auch nichts Schlimmes, aber man muss halt diese Fehler erkennen. Und die KI ist jetzt in aller Munde und entwickelt sich rasant weiter. Kann man sagen, dass die KI irgendwann auch unsere Gedanken lesen kann? 

Das sage ich schon seit zehn Jahren. Und mein Sohn hat gesagt, das will ich auf keinen Fall. Ansonsten gehe ich dann weg, wenn du meine Gedanken lesen kannst. Wir sagen, es dauert noch, bis es wirklich geht, völlig nahtlos. Keine Ahnung, weil ich traue mich nicht, eine Vorhersage zu machen. Ich weiss, sie wird falsch sein. Könnte sein, zehn Jahre, 20 Jahre, 50 Jahre. Für Nischenanwendungen kann man es ja schon heute. Leute, die ALS oder Tetraplegiker sind, können mit ihrem Gehirn den Computer steuern. Das heisst, die Gedanken werden gelesen. Man muss einfach noch ein Implantat machen oder in der Tomografieröhre drin liegen. Sehr unpraktisch, aber technisch kein Experiment. Da haben Leute einen Film geschaut und ein Tomograf hat aus dem Bild der Gehirnzellen, die sich dann unterschiedlich verfärbt haben, den Film wieder rekonstruiert. Also auch umgekehrt geht das. Also absolutes Gedankenlernen. 

[00:14:42]
Interessant. Also auf jeden Fall ist es auch in der Medizin, wie du schon gerade erwähnt hast, ein sehr hilfreiches Tool für die Menschen, die betroffen sind. Und was ist mit Telepathie? Manche Menschen behaupten ja, sie könnten sich telepathisch miteinander vernetzen. 

Naja, ich denke, ich meine, ich finde Quantenphysik faszinierend. Und da gibt es das Konzept des Entanglement. Und ich glaube es einfach, weil es so kompliziert ist, dass wenn man nicht Quantenphysiker ist, dann kann man es praktisch gar nicht begreifen. Wenn das wirklich stimmen würde, dann wäre es ja so. Ich wusste einfach, manchmal hat, als ich in Boston war, das Telefon geklingelt und ich wusste, es ist meine Mutter. Aber war das jetzt, weil da die Gedanken über den Atlantik gerauscht sind, oder weil ich weiss, dass sie am Sonntagmorgen um 10 Uhr anruft. Das ist eine interessante Frage. 

Ja, spannend. Also ich bin auch sehr gespannt, was die Zukunft bringt. Natürlich muss man dann auch gucken. Also ich finde es teilweise auch gut, dass man nicht die Gedanken anderer lesen kann, weil viele Menschen sind ja auch höflich. 

Also absolut. Also ich finde, die Wahrheit ist sehr schön. Aber wenn die Wahrheit nur dazu hilft, dass ich mich gut fühle und irgendwie den anderen schlecht mache, dann ist es vielleicht besser, ein bisschen einfach nett und höflich Dinge wegzulassen, damit der andere sich besser fühlt. 

Sehe ich genauso.

[15:53] 
Und du gehst sogar noch einen Schritt weiter. Mit ein paar Gleichgesinnten und hast du den Startup FaunaAI gegründet, das habe ich schon erwähnt. So erfährt man über eure App zum Beispiel Infos zum Gefühlszustand von Kühen, Pferden, Hunden und Katzen, dank einer umfassenden Emotionsanalyse. Ein von dir betreutes Studierendenprojekt in unserem Masterstudiengang befasste sich beispielsweise mit der Gefühlswelt von Kühen. Das Ergebnis ist die App Happy Cow. Kannst du mehr zu FaunaAI und Happy Cow erzählen? 

Ja, also wir haben jetzt schon, ich würde sagen, etwa sechs, sieben Jahre in dem Gebiet gearbeitet. Begonnen haben wir mit Pferden, weil die haben auch ganz ausdrucksstarke Gesichter. Und da gibt es noch viele Pferdeflüsterer, die denken, sie wissen, was das Pferd denkt. Das heisst, wir haben beides, Trainingsdaten und dem anderen sagt man Labels. Das heisst, was bedeutet nun die Postur des Pferdes oder der Ausdruck des Gesichtes oder der Ton des Wieherns. Und wir haben begonnen mit Pferden und Hunden, weil das die Tiere sind, die den Menschen über Jahrtausende, nein, eigentlich sogar Zehntausende von Jahren schon nahe sind. Die sind sich so an den Menschen gewohnt und haben sich so angepasst, dass häufig der Hund der nächste, der grösste Freund eines Menschen ist. Und da können wir dann die Kommunikationssignale sehr gut entschlüsseln.

[17:13] 
Und wenn man jetzt zum Beispiel die App nutzen möchte, Happy Cow, wo kann man sie herunterladen? Wie komme ich daran? 

Also es hat Alpha-Versionen auf unserer Webseite fauna.ai.com. Aber für Hunde haben wir jetzt eine, die produktiv verfügbar ist. Im Moment gratis, weil wir noch nicht herausgefunden haben, was das Kommerzialisierungsmodell ist. Dann macht man in der Software immer dieses Vorgehen, wo man Werkzeug zur Verfügung stellt und schaut, was die Leute damit anfangen. Und dann, so wie bei Google, kommt vielleicht ein Geschäftsmodell draus. waggydog, wenn man das sucht.
Oder waggydog bei galaxyadvisors, weil sie das mit dem Account von Apple und Android publiziert haben. Dann kann man die herunterladen und ausprobieren. Man nimmt dann einfach das Handy und öffnet die App und richtet die Kamera auf den Hund und dann zeigt einem die App, was der Hund gerade denkt und was er tut. Und man bekommt dann ein Tagebuch des Verhaltens des Hundes, das man analysieren oder mit dem man zum Hundepsychologen oder zum Tierarzt gehen kann. 

Genau, da hätte ich auch gerade angeknüpft. Wenn man einen Hund adoptiert hat, der schon eine Vorgeschichte hat, dann kann man sicherlich auch damit arbeiten und gucken, wie fühlt sich der Hund gerade, auch in Zusammenarbeit mit Tierärztinnen und -ärzten zum Beispiel. 

[19:01]
Wir stellen uns vor, dass die ersten beiden kommerziellen Use Cases Hundeheime sind, die älteren Findlinge haben, die platziert werden müssen. Wir schauen, ob Hund und potenzieller neuer Hundedad zusammenpassen. Für die Leute machen wir einen Persönlichkeitstest. Das sind wir gerade dabei einzubauen, haben wir auch schon einen Prototypen. Und der Hund, der bekommt dann auch den Persönlichkeitstest basierend auf dem Video. Und dann kann man schauen, passe ich zu meinem Hund? 

Ja, das ist sehr spannend, weil oftmals ist es ja so, dass das dann doch nicht passt, trotz grösster Mühe, dass man dann dieses Hin und Her vermeiden kann. Also, tolle Arbeit.

[19:40] 
Ja, das ist so. Was ist denn jetzt zum Beispiel, ich habe früher einen Kater gehabt oder kenne auch innerhalb der Familie Katzen. Gibt es da Unterschiede zwischen Hunden und Katzen zum Beispiel? 

Also zuerst muss man sagen, dass es viel mehr Forschungsdaten zu Hunden gibt als zu Katzen. Sie haben zwar ein schönes, dichtes Fell, was das Gesicht versteckt, das heisst, es ist für den Computer schwieriger die Emotionen aus dem Gesicht abzulesen. Das gilt auch für Kühe.Die haben beide nicht so viele Gesichtsmuskeln und die Pferde, die haben, glaube ich, mehr Muskeln als der Mensch. Der Hund hat auch sehr viele und durch das haben sie ausdrucksstarke Gesichter, die wir gut analysieren können. 

Kühe gelten ja eigentlich als sanfte Riesen, aber trotzdem sollte man ja aufpassen. Manchmal, wenn sie vor allem mit Kälbern unterwegs sind, dass man denen nicht zu nahe kommt. Kann eine App solche Situationen erkennen, dass man weiss als Mensch, oh, halte Abstand? 

Ich denke, das gilt auch für Hunde. Also ich war mal joggen in Santiago de Chilo auf dem San Cristobal Hill und dann kam ein Hunderudel auf mich zu und ich habe mir nichts gedacht und dann haben die mich überfallen, ins Bein gebissen und da wäre gut gewesen, wenn ich das vorher gewusst hätte und aus dem Weg hätte gehen können. 

Haben sie dann gebellt oder irgendwelche Aggressionszüge? 

Ja, sie sind bellend auf mich zugerannt gekommen und ich hätte ihnen aus dem Weg gehen sollen. Aber als Hundeliebhaber habe ich gedacht, ich laufe jetzt einfach weiter. Und dass sie wirklich bösartige Absichten hatten, das habe ich nicht erkannt. 

Und die App hätte aber einen dann davor gewarnt? 

Das wäre dann die Hoffnung, dass die App das erkennen würde. Da müsste man sich nur überlegen, wie werde ich die Hunde jetzt los? Ja, ich hätte irgendwie Steine werfen können oder einen kräftigen Stecker nehmen. 

Aber wenn wir jetzt schauen, Kühe, Pferde, Hunde und Katzen, das sind ja schon mal unsere Haustiere oder Tiere, wie du gesagt hast, mit denen wir schon seit Jahrtausenden von Jahren zu tun haben. Ist geplant, weitere Tiere in das Spektrum aufzunehmen?

[21:23] 
Persönlich finde ich die Schwarmtiere, weil ich ja in meiner Forschung viel mit Schwarmintelligenz mache, faszinierend. Das wären dann zum einen die Vögel, zum anderen Ameisen und Bienen. Aber der Tag hat 24 Stunden.

[21:39] 
Liebe Data-Science-Begeisterte, was haltet ihr von der App Happy Cow? Würdet ihr diese nutzen, um die Emotionen eures Haustiers zu analysieren? Schreibt uns auf LinkedIn gern einen Kommentar. Ihr findet uns unter dem Suchbegriff Hochschule Luzern - Applied Data Science. Wir freuen uns über eure Meinungen.

[21:55] 
Peter, wir haben jetzt schon einmal über die Ausstellung Phänomena gesprochen. Du planst aktuell die Teilnahme mit eurem Happiness Pavillon für nächstes Jahr. Was genau ist das und was ist das Besondere daran? Ich meine, da werden auch Pflanzengefühle analysiert oder vorgestellt. 

Absolut. Also die Phänomena ist eine Wissenschaftsausstellung, also quasi ein Technorama auf einer viel grösseren Fläche und während sechs oder sieben Monaten, während des Sommers, in 2026, leider, weil sich das nochmals um ein Jahr verschoben hat. Und da darf unser Team einen Pavillon gestalten, der Emotionen misst, von Menschen, von Tieren und von Pflanzen. Und du hast die Pflanzen angesprochen. Also ich sage dir mittlerweile Bio-Lingo, weil es gibt ja Leute, die reden schon lange mit ihren Hauspflanzen, damit sie besser wachsen. Die Frage ist, nimmt die Pflanze das wahr?

[22:52] 
Nachdem ich mit EEG für Menschen ein bisschen rumgespielt habe und dann ein Gerät namens Spikerbox von einer Unterrichtsfirma namens Backyard Brain auf das gestossen bin, haben wir das auch bei Pflanzen angewendet und haben dann gemerkt, dass die gleichen Potenzialunterschiede, wie sie bei Gehirnwellen auftreten, wenn man eine Elektrode ans Pflanzenblatt anlegt, bei der Pflanze auch auftreten. Und jetzt haben wir in den letzten drei, vier, fünf Jahren gemessen, ob die Pflanze reagiert auf unterschiedliche Bewegungen. Erkennt sie Christina oder Peter, wenn wir rumlaufen? Die Antwort ist ja und auf Stimmen. Da haben wir Jodeln verglichen mit indischen Gesängen und mit Heavy-Metal, das gibt auch ganz unterschiedliche Reaktionen. 

Welche denn zum Beispiel? 

Also zum einen, da haben wir nicht mehr geforscht, sondern andere, mag die Pflanze offenbar Mozart sehr gerne, weil dann wachsen sie besser. Aber wenn man die Spannungskurven, und die sehen dann so aus wie ein EEG, wenn man im Spital eine Messung macht, die oszillieren dann anders. Also das Maschinenlernmodell, die KI, erkennt, ob die Pflanze Strassenlärm hört oder Mozart. Und in ganz neuen Experimenten hat ein sehr unternehmerischer Student gemessen, ob die Pflanze erkennt, wie gestresst ein Mensch ist. Der hat 30 Leute einen IQ-Test machen lassen. Den einen hat er nach einer Zeit Grenzen gesetzt, die anderen nicht. Und die Pflanze hat das mit 100% Genauigkeit erkannt.


[24:35] 
Die Leute haben nach einem Fragebogen noch aufgeschrieben, auf einer Stufe von 1 bis 10, wie gestresst warst du. Und die Pflanze hat das auch mit etwa 80% Genauigkeit erkannt. 

Interessant. Also es lohnt sich auf jeden Fall, den eigenen Pflanzen zu Hause Mozart vorzuspielen. 

Ganz genau. Oder anders ausgedrückt, die Pflanze nimmt viel mehr wahr, als wir denken. 

Und ich habe auch irgendwo in den sozialen Medien schon mal gesehen, wenn man Elektroden an bestimmte Blätter knüpft, dann können sie auch Musik spielen. Also es werden dann Signale erstellt von der Pflanze, von dem Baum und dann entsteht eine gewisse Melodie. 

Absolut. Wobei man schon sagen muss, der Mensch kann das natürlich beeinflussen, weil wir nehmen dann eine Übersetzungsfunktion, die diese Spannungskurve auf eine Melodie übersetzt. Aber je nach dem gegenüberstehenden Menschen spielt die Pflanze unterschiedliche Melodien. Und je nach Pflanze, also eine Fichte tönt anders als ein Ahorn, tönt anders als eine Bananenpalme. Die Pflanzen bestehen ja auch viel aus Wasser. 

Und Wasser, das habe ich auch gesehen, dass Wissenschaftler einen Versuch oder Experimente durchgeführt haben mit Wasser und ihnen auch Heavy-Metal-Musik vorgespielt haben oder klassische Musik. Und dass die Kristalle des Wassers sich verändert haben. Hängt das irgendwie damit zusammen? 

[25:55] 
Das ist eine Möglichkeit. Ich kenne diese Experimente, faszinierendes Buch. Ich glaube, es war ein japanischer Forscher. Aber so weit sind wir nicht. Ich messe Symptome, aber leider bin ich weder Biologe noch tief genug in der Kristallografie drin, um zu verstehen, wie genau das funktioniert. 

Aber man kann sagen, dass die Pflanzen oder alle Lebewesen, die eine Form von Leben, Energie in sich tragen, auf die Umwelt reagieren. 

Das kann man so sagen. Und man kann auch sagen, wir bestehen ja alle zum grössten Teil aus Wasser. 

[26:35]
Diese Ausstellung, hast du gesagt, wird erst 2026 stattfinden. Wo genau und wo kann man sich anmelden? 

Also die Webseite phaenomena.ch, die gibt es schon, die wächst. Und sie wird in Dietikon, zwischen Dietikon und Breitenbach, auf diesem letzten grossen freien Feld, gerade neben der Autobahn, aufgebaut. Also ein kleines Dorf steht schon aus Containern und da sind die Techniker dran, das aufzubauen. 

Und zum ersten Mal findet sie statt oder gab es die vorher schon? 

Die gab es schon vor 40 Jahren mal und zwischendrin gab es zweimal eine andere. Es war eigentlich immer die gleiche Gruppe, die diese Wissenschaftsausstellungen organisiert. 

Also alle, die sich dafür interessieren, sind herzlich willkommen. 

Absolut, wir freuen uns über jeden, der kommt. 

[27:13] 
Peter, wir haben jetzt viel über die Gefühle von Menschen, Tieren und Pflanzen gesprochen. Im Endeffekt sind wir alle eine einzige grosse Gemeinschaft, eine Community mit einem enormen Wissens- und Erfahrungsschatz. Eine weitere Herzensangelegenheit von dir sind kollaborative Innovationsnetzwerke, kurzum COINS. Das Ziel dieser COINS ist es, die Welt zu vernetzen und damit auch zu verbessern. Was sind denn diese COINS, kurz gesagt? Könntest du dafür anschauliche Beispiele nennen? 

Sicher, gerne. Also zuerst einmal, COINS are about everything but coins. Das heisst, es geht absolut nicht ums Geld. Es sind intrinsisch motivierte Leute, die das Internet nutzen, um innovativ zusammenzuarbeiten. Und ich habe das im eigenen Leib miterlebt, als ich 1991 am MIT war und sah, wie das World Wide Web kreiert wurde. Also man hat, und ich werde immer gern inspiriert von den Bienen, eine Bienenkönigin, in dem Fall der Tim Berners-Lee, der eine kreative Idee hat, und einen Schwarm von Leuten, die sich ansammeln, zusammenbringt, um diese Idee umzusetzen. Und der motiviert die Leute nicht mit Geld, sondern indem alle absolut 100% hinter der Idee stehen. Wikipedia ist ein anderes Paradebeispiel. Linux ist ein anderes Paradebeispiel. Wenn man da schaut, es hat auch immer eine Bienenkönigin, also den Linus Torvalds oder den Jimmy Wales. Also man kann zum Beispiel auch die Cryptocurrencies anschauen. Da weiss man allerdings die Person. Man kennt nur den Namen, aber das war auch so ein Beispiel. Es hat irgendjemanden, der dann eine Community zusammenbringt. 

[29:08]  
Ich habe auch gelesen, dank deinen Netzwerken ist es dir gelungen, global Chronischkranke zu vernetzen und sogar Kindersterblichkeit zu reduzieren. Wie ist dir das gelungen? 

Also ich meine, ich war da ein kleiner Bestandteil. Das war eigentlich die Idee eines damaligen Chefs im Maternal Child Health Büro, des NIH, des National Institute of Health der USA, der Michael Liu. Und der hat die Infant Mortality COIN gestartet. Es geht darum, dass während die Mittel- und Oberschicht der USA, die haben minimale Kindersterblichkeit, die Leute in den untersten Schichten, die haben eine Kindersterblichkeit wie in Ruanda. Und das Ziel war dann eigentlich Hilfe zur Selbsthilfe, indem man Leute, die es geschafft haben, aus diesen Kreisen aufzusteigen, Stichwort Oprah Winfrey, wobei die war nicht dabei, aber andere, motiviert als Rollenmodelle den anderen, und das sind meistens ledige Mütze, zu zeigen, wie sie daraus herauskommen. Und das geht dann primär ums Vernetzen, weil die haben in der Regel niemanden. Die haben ihre eigene Mutter und sonst ist es, da gibt es auch den Vater des Kindes, den sie eigentlich nie sehen, weil der lässt die Frau dann einfach schwanger zurück. Das, diesen Zyklus zu unterbrechen, das ist das Ziel der Infant Mortality COIN und da bin ich immer noch als COIN-Consultant mit dabei. 

Also es muss nicht nur immer über die Technologie laufen, sondern einfach von Mensch zu Mensch. 

Absolut, absolut. Technologie heisst einfach, das Handy besser nutzen in dem Fall. Oder vielleicht den Müttern sogar eine Smartwatch zu geben, damit man sieht, wenn sie gesundheitliche Probleme haben. 

Oder mal den Notruf anrufen oder Konsultation anfordern zum Beispiel.
Spannend, ja. Also du hast gesagt, intrinsische Motivation ist super wichtig. Also es geht nicht nur ums Geld. Das finde ich ein sehr, sehr guter Punkt. 

[30:47]  
Und welchen COIN gibt es denn noch nicht? Welchen COIN würdest du dir denn wünschen? 

Also im Moment bin ich selber an meinem eigenen COIN, also zum einen habe ich den COIN of COINS. Das heisst der COIN, der an der Weiterentwicklung der Collaborative Innovation Networks arbeitet, um da ein bisschen Werbung in eigener Sache zu machen. Die nächste Konferenz wird in Gorizia im Mai 2025 sein. Da treffen sich die Leute, um weiter am Konzept des COINS zu arbeiten. Und daneben natürlich jetzt meine, ich sage dem Interspecies-Communication-COIN, das heisst die KI zu nutzen, damit der Mensch besser mit Tieren und Pflanzen kommunizieren kann und durch das auch eine more sustainable Umwelt aufbauen kann. 

[31:43]
Ich weiss auch, dass du gerne auch Blogartikel schreibst. Du hast einen eigenen Blog zum Thema Schwarmkreativität, swarmcreativity.blogspot.com, wer das gerne mal lesen möchte. Du hattest schon die Bienen und die Bienenköniginnen und die Ameisen erwähnt. Was genau verstehst du denn unter Schwarmkreativität?

Also das ist eben eigentlich das, was ich vorher mit dem COIN-Konzept beschrieben habe, dass die Leute zusammenarbeiten aufgrund einer geteilten DNA und nicht aufgrund von Geld. Und das ist auch mein Prinzip. Wenn ich versuche, Leute zu rekrutieren, dann bezahle ich die am Anfang nicht, nachher dann schon, weil man muss ja schliesslich die Rechnungen bezahlen. Das wollen alle gelebt haben. Und idealerweise, das sagt die Glücksforschung, sollte im 51. Prozent sein. Man muss ein bisschen mehr als den Durchschnitt haben, aber ob man dann im obersten Prozent ist oder nicht, da gibt es ganz viele andere Dinge, die einen glücklich oder unglücklich machen. Und so bauen wir diese COIN-on-COINS auf. 

[32:33]
Ein weiterer sehr bekannter Begriff ist ja auch die Schwarmintelligenz. Wie unterscheiden sich die beiden voneinander, diese beiden Begriffe Schwarmkreativität und Schwarmintelligenz? 

Also ich sage immer be a bee. Und es stimmt nicht und ist eine ganz grobe Vereinfachung. Die Ameisen sind schwarmintelligent und die Bienen sind schwarmkreativ. Man kann einfach sagen, die Ameisen machen Dinge, die für sie selber gut sind. Die Biene macht Dinge, die für die ganze Welt gut sind, weil sie nämlich noch befruchtet und etwas Neues kreiert. Das ist der grosse Unterschied. Intelligenz ist einfach Verhalten, um möglichst gut in der Umwelt zu einander zu kommen. Und Kreativität ist Innovation. Das macht natürlich Angst, weil wir wollen eigentlich alle Dinge, die wir schon kennen, «Make America Great Again» heisst, die guten alten Zeiten sollen zurückkommen. Tun sie aber nicht. Es gibt sie nicht. Der Fortschritt ist unaufhaltsam. 

[33:41]
Es gibt ja auch viele Forscher, die wollen zum Beispiel die Brainpower, die innerhalb der Schweiz vorhanden ist, mit KI-Tools bündeln und die Potenziale rausschöpfen für das Gemeinwohl. 

Ja, da kann man sagen, das geht von Google, einer Suchmaschine, die einfach Existierendes zugänglich macht, über Wikipedia, eine Suchmaschine, wo der Text von Menschen in dem Format, dass andere ihn möglichst gut wiederfinden. Umformuliert wird zu ChatGPT. Das heisst, ChatGPT besteht in vielen Dingen den Turing-Test. Das heisst, es verhält sich wie ein emotionaler Mensch sogar und zeigt Emotionen und gibt mir die Informationen ganz komfortabel zurück. Also wenn ich jetzt irgendwelche amerikanischen Wahlinformationen will, ist das Risiko, dass Garbage in, Garbage out, ungenaue falsche Informationen rauskommen. Aber für Dinge wie, erkläre mir die Quantentechnologie und wie sie funktioniert, ist ChatGPT perfekt, weil da gibt es, man sagt ja, eine ganz klare Ground-Truth. 

[34:39]
Und was, wenn jemand sein Wissen nicht teilen möchten? Es gibt ja auch Menschen, die sind so geheimniskrämerisch. Die wollen vielleicht ihr Wissen nicht teilen, gibt es ja auch. 

Die haben ein Problem. Also ich habe das auch erlebt, weil, als ich 1991 am MIT war und da Tim Berners-Lee kam, da gab es auch einen Ted Nelson, der hatte ein Konkurrenzsystem zehn Jahre vor Tim Berners-Lee erfunden, namens Xanadu. Er wurde dann auch an die ICM Hypertext-Konferenz als Keynote Speaker eingeladen und da hat er gesagt, was er am meisten bereut, ist, dass er nicht noch mehr Patente für seine Technologie beantragt hat, damit das Team das Web nicht kreieren kann, weil er es offen für die anderen zur Verfügung gestellt hat. Das heisst, kein Mensch kennt den Nelson heute und das Web hat unsere Welt verändert. Das heisst, Leute, die Informationen horten, sind eigentlich dann Bremser in meinen Augen. 

Also da passt auch das Motto Sharing is Caring ganz gut. 
Absolut, ja.

[35:31] 
Schwarmkreativität finde ich an sich auch ein sehr, sehr spannendes Konzept. Ist das die Superpower unserer Zukunft? Sollten wir uns darauf fokussieren? 

Also ich war ja 20 Jahre am Center for Collective Intelligence. Schwarmkreativität von Menschen und Computern. Und das auf gescheite Weise zu vernetzen, ist die Superpower der Zukunft. 

Es gibt natürlich auch immer AI-Kritiker, also künstliche Intelligenz wird auch von vielen kritisiert. Das siehst du wahrscheinlich ganz anders. 

Also ich habe sehr viel mit diesen Leuten zu tun und meine Erkenntnis ist, sie haben Angst. Wenn man Angst hat, dann blockiert man. 

Wovor? Wovor hat man Angst? 

Sie verstehen es nicht. Sie verstehen nicht, wie KI funktioniert und was es genau macht. Und deshalb versuchen sie es zu blockieren. Und man muss schon sagen, die EU hat Angst. Und die Amerikaner, die schiessen einfach drauf los. Ich muss sagen, da bin ich eigentlich eher der Amerikaner, let's try it and see whether it succeeds or not. Wenn man Angst hat, blockiert man. Und deshalb gibt es halt keine KI-Startups, fast keine KI-Startups in Europa. Die sind alle angesiedelt in den USA. Die Chinesen versuchen es, aber das wird nicht funktionieren, weil die top-down super hierarchisch sind. Das heisst, es gibt ja inkrementelle Innovation und disruptive Innovation. Die Chinesen sind Meister in inkrementeller Innovation, siehe elektrische Autos oder Solar Panels. Nichts von beidem wurde in China erfunden. Heute sind wir geflutet mit Solar Panels und E-Autos aus China. Weil sie billiger, schneller, besser sind. Und wenn es um Disruptive Innovations geht, dann ist der westliche Ansatz, wo Schwarmkreativ wirklich zum Maximum erhoben wird, viel besser. 

[37:13]
Wir haben auch noch nicht über Coolhunting und Coolfarming gesprochen. Du hast diese beiden Begriffe erfunden. Was ist denn das genau? 

Also Coolhunting habe ich nicht erfunden, sondern eigentlich nur im grossen Rahmen gebraucht. Das wurde von einem Schriftsteller, William Gibson, der Science-Fiction-Geschichten geschrieben hat, auch schon gebraucht, diesen Begriff. Und dann habe ich einfach gefunden, dass der sehr gut passt für meine Anwendungen. Coolfarming heisst dann eigentlich, Coolhunting heisst, coole Trends finden, indem man die Trendsetter findet. Und Coolfarming heisst, diesen coolen Leuten zu helfen, den Trend erfolgreich zu machen. Und da geht es dann eben eigentlich um die Emotionen. Und No Pain No Gain. Also wenn ich da Linus Torvalds, Jimmy Wales, Tim Berners-Lee anschaue, die haben sich sehr lange gequält und haben es geschafft, einen kreativen Schwarm aufzubauen. Trends finden und dann den Leuten helfen, diese Trends umzusetzen. 

[38:09]
Was ist denn jetzt zum Beispiel ein aktueller Trend? 

Krypto oder, wobei das finde ich persönlich nicht cool, weil man muss sehr clever und skrupellos sein. Weil das in meinen Augen ein Pyramidensystem ist. Aber für mich ist jetzt ein ganz netter Trend Pflanzenkommunikation mit Hilfe von diesen EEGs. Als ich vor vier Jahren begonnen habe, da war ich alleine auf weiter Flur und mittlerweile gibt es ja schon ganz viele Forschungspapiere dazu, weil die Leute eben gemerkt haben, dass es funktioniert. Und das freut mich natürlich sehr. 

Und wenn jemand zum Beispiel das jetzt hört und sagt, wow, was der Peter macht mit seinem Team, das ist ja super, ich möchte gerne mitmachen. Aus wissenschaftlicher Sicht kann er dich oder sie kontaktieren. 

Absolut, ich freue mich. 

[38:09]
Gut, dann kommen wir jetzt zu unserer Zeitkapsel, die ja bekanntlich in jeder Folge eine kleine, aber feine Nebenrolle spielt. Mit unserer Zeitkapsel können wir den Menschen in der Zukunft etwas über unser Leben und die Welt von heute erzählen. Und das tun wir auch dieses Mal. 

Ich finde, das Smartphone und die Smartwatch, das ist ein Zeichen unserer heutigen Zeit, weil wir immer vernetzt sein wollen mit anderen. Und das iPhone und die Smartwatch, die sind eigentlich neutral. Wenn ich meine zwölfjährige Nichte anschaue, dann kann sie nachts nicht mehr schlafen, weil sie immer mit Instagram, Snapchat, was auch immer, mit ihren Kolleginnen vernetzt sein muss und am Handy im Bett drückt und die Eltern können noch so schimpfen und das wegnehmen. Da muss man sagen, es ist nicht gut. Aber sie reflektiert natürlich das Urbedürfnis, dass wir mit anderen vernetzt sein wollen. Und ich frage mich, wie lange wir das Smartphone noch brauchen, weil wenn das mit diesen EEGs und den Pflanzen funktioniert, dann werden wir bald gerätelose User Interfaces in diesem Cyberspace haben. Und das heisst, dass wir quasi, so wie im Moment eigentlich nur behinderte Menschen, so wie der Stephen Hawking, direkt vom Gehirn ins Internet reingehen können, und ich vermute, dass es... in, ich sage jetzt, 20 Jahren, 50 Jahren auch soweit sein wird. 

Also, dass man quasi Implantate unter der Haut im Gehirn trägt? 

Ich denke, die braucht es gar nicht. Es hat dann einfach einen Sensor. Der sieht, hier ist die Christina und die hat ein ganz einzigartiges Gehirnmuster. Das fliesst dann direkt ins Internet. Damit entscheidest du, was du sehen willst. Das wird dann direkt irgendwo an die Wand projiziert. Oder auf die Haut oder auf den Tisch. 

Das kann man sich heute gar nicht vorstellen.

Prototypen habe ich schon einige gesehen am MIT, weil ich erinnere mich 1991, da gab es den Backseat Driver. Zehn Jahre später gab es das GPS und das Autosystem. Und diese Contactless User Interfaces, die quasi ohne irgendein Gerät merken, dass jetzt da die Christina rumläuft und ihr quasi das spiegelt, was sie gerade braucht. Da gibt es im Moment auch so schöne Mockups vom MIT und anderen Unis, die da schon zeigen, wie das aussehen wird. 

Und sind die Dokumente öffentlich zugänglich? 

Das sind YouTube-Videos, die kann man suchen. 

Alles klar. Vielen Dank für die tollen Einblicke, lieber Peter. Es hat mir sehr viel Spass gemacht, mit dir heute über dieses spannende Thema zu reden. 

Vielen Dank. Christina, es hat mir auch sehr viel Spass gemacht.

[41:30] 
Liebe Data Science-Begeisterte, wir hoffen, dass euch diese Episode gefallen hat. Vielleicht haben wir ja mit dieser Folge euer Interesse an unserem Masterstudiengang geweckt. Alle Infos dazu findet ihr unter www.hslu.ch/master-ids. Mein Name ist Christina Stumpenhausen. Schön, dass ihr dabei wart bei Applied Data Science – UNBOXED. Ein Podcast der Hochschule Luzern.