
Grätzlgeschichten
Im neuen Geschichte-Podcast der Stadt Wien erzählen die Zeithistoriker und Geschichtsgreisslerei-Podcaster Andreas Filipovic und Walter Szevera "Grätzlgeschichten" aus der Wiener Historie. Erzählt wird die Bezirks-Geschichte anhand eines zentralen Ortes in den 23 Bezirken – dort wo sich wichtige Ereignisse für die politische oder gesellschaftliche Entwicklung unserer Stadt abgespielt haben.
Grätzlgeschichten
17 | Der Türkenschanzpark in Währing
Andreas und Walter widmen sich dieses Mal der Geschichte des Türkenschanzparks und seinem Wandel von der militärische Befestigungsanlage während der osmanischen Belagerungen zu einem Erholungsgebiet. Beim Streifzug durch den Park erläutern die beiden die Geschichten hinter den zahlreichen Denkmälern im Park und streifen auch die Geschichte zweier bedeutender wissenschaftlicher Einrichtungen in Währing: Der BOKU und der Sternwarte.
Mehr Wiener Geschichte findet ihr im Wien Geschichte Wiki. Andreas und Walter könnt ihr außerdem in der Geschichtsgreißlerei hören.
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-Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge der Grätzlgeschichten. Es begrüßen euch Andreas und-Walter -Walter, heute geht es nach Währing, oder?-Richtig, in den 18. Bezirk, also in den klassischen bürgerlichen Bezirk, so neben 8. und 13. und 19. Bezirk. Und Währing ist ja, wenn man sich so ein bisschen die Geografie ansieht, so ein bisschen zwischen zwei Höhenrücken eingebettet. Weist sehr viele Villen und Parkanlagen auf, aber auch ein Gründerzeitviertel, insbesondere um die Gürtel und Teile von Gersthof.-Da freuen wir uns drauf. Konkret gehen wir ja in den Türkenschanzpark, aber vorher noch zwei Minuten Heimatkunde.-Einen Triumphbogen für einen Außenbezirk? Nun, für den 18. Bezirk gab es solch einen Plan, denn die Überbrückung der Stadtbahn im Bereich Währinger Straße, Fuchsthaller- und Schulgasse war eigentlich als fulminanter Eingang für den 1892 eingemeindeten Stadtteil angedacht. Otto Wagner beharrt auf die hohe Streckenführung der Stadtbahn, um den, Zitat, schönen Ausblick von der Brücke nicht zu stören. Leider fiel dieser Ausblick dann später auch dem individualisierten Autoverkehr zum Opfer. Die in diese bemerkenswerte Brückenkomposition einlaufende Währinger Straße bildet eine geografische Schneise durch den Bezirk, denn dieser wölbt sich links und rechts von der Straße jeweils auf Hügelhänge hinauf. Diese Vertiefung wird durch den natürlichen Verlauf des Währingerbachs gebildet, der unter der Währinger Straße verläuft. Den Ursprung hat der Bach im Übrigen im Pötzleinsdorfer Schlosspark und da sind wir schon beim nächsten prägenden Element des Bezirks: seinen Parkanlagen. Gepflegte Parks bilden das Markenzeichen des Bezirks. Der Pötzleinsdorfer Schloss-, der Türkenschanz- und der Schubertpark stehen für bürgerliche Stadtplanung im erholungsbedürftigen Fin de siècle. Einige dieser Grünflächen hatten aber zuvor auch andere Widmungen. Der Türkenschanzpark dient nicht nur den osmanischen Truppen als Heerlager, auch Napoleon stationierte seine Einheiten 1809 bei der Besetzung Wiens dort. Und der Schubertpark war vor seiner Umwidmung einer der wichtigsten Friedhöfe Wiens. Auf dem viele prominente Bürger*innen der Stadt ihre letzte Ruhestätte fanden. Wie zum Beispiel Beethoven, Schubert oder Grillparzer. Von dort geht auch die Weimarer Straße weg und diese weist den Charakter einer Schauallee für Wiens handwerklich gediegenste Architektur der Wendezeit vom 19. zum 20. Jahrhundert auf. Dominieren doch beim Schubertpark avantgardistische Entwürfe des Roten Wiens, findet man im weiteren Verlauf prachtvolle Villen der begüteten Wiener Bourgeoisie. Schließlich endlich landet man am Ende im sogenannten Cottageviertel oder die ins Wienerisch übersetzte "Kottäsch". Das Cottage sollte Ende des 18. Jahrhunderts betuchten Wiener*innen die Möglichkeit geben, auf dem Hügel eine Siedlung nach englischem Vorbild mit Gärten, Raum und frischer Luft zu errichten. Und so wurden dort über 350 Häuser für die Ober- und Mittelschicht errichtet, da zu dieser Zeit auch noch der Baugrund einigermaßen erschwinglich war. Nach dem Fall des Bebauungsverbots vor dem Linienwall 1858 werden weitere öffentliche Anlagen errichtet, für die saubere Luft, Grünanlagen und Platz Voraussetzungen bildeten. So wird unter anderem die damals vorbildliche Semmelweißklinik eingerichtet, in der ein nicht unbeträchtlicher Teil der Wiener Bevölkerung entbunden wird. Und auch die Universität für Bodenkultur und die Universität Sternwarte siedeln sich auf dem ehemaligen Steinbrüchen und Sandgruben des heutigen Türkenschanzparks an. Wirtschaftlich dominiert für lange Zeit die Landwirtschaft, insbesondere der Weinbau. Aus diesem Grund heißt auch ein Grätzl Währings nicht umsonst Weinhaus. Doch nicht nur für die exakte Planung bekannte englische Gartenarchitektur, findet sich in Währing. Auch wilde und sperrige Plätze haben dort ihren Platz. So ist der Sternwartepark im Grund ein Stück Urwald, der ohne menschliches Zutun einfach nur vor sich hin wuchern und wachsen darf. Ein negatives Beispiel für Nichtpflege stellt der jüdische Friedhof beim Währinger Gürtel dar, der jahrzehntelang nach den Schändungen während des Nationalsozialismus versperrt blieb. Dieser war vor der Errichtung des Zentralfriedhofs der wichtigste jüdische Friedhof Wiens. Hier fanden an die 30.000 jüdischen Bürger*innen ihr letzte Ruhestätte. So unter anderem auch Fanny von Arnstein, die als Initiatorin einer der beliebtesten Weihnachtsbräuche gilt. Die wohlhabende jüdische Bankiersdochter brachte 1814 den ersten Christbaum nach einem Aufenthalt in Berlin nach Wien mit. So gut kann auch mal interreligiöser Dialog funktionieren. Und schlussendlich existiert auch Währing im Weltall. Denn welcher Bezirk kann sich noch rühmen, dass nach ihm ein Himmelskörper benannt wurde? 1882 entdeckt der Astronom Palisa einen Asteroiden und tauft in Weringia. Nur gut, dass die Sternwarte 1883 aus der inneren Stadt nach Wäring übersiedelt ist, denn der Himmelskörper hätte sonst möglicherweise einen unmöglich auszusprechenden Namen erhalten.-Ja danke Walter. Der Türkenschanzpark, also ich kenne ihn ja von legendären Festen der Universität für Bodenkultur, da werden wir wahrscheinlich eh noch kurz über die sprechen, aber zunächst einmal, also irgendwie sind ja da zwei Worte drin enthalten, nämlich Türken und Schanze.-Ja also während den osmanischen Belagerungen von 1529 und 1683 benützten eigentlich die osmanischen Belagerer diesen Ort als Schanze, also eine Befestigung, eine militärische Befestigung. Lange Zeit war dann aber auch dieser Türkenschanzpark einfach auch ein Steinbruch in eine Sandgrube. Also dort wurde sehr viel an Material abgebaut für Häuser und Einrichtungen in Wien.-Und wenn wir jetzt aber nochmal sozusagen zurückgehen zum Areal selber, also der Türkenschanzpark, wo erstreckt sich der circa im Bezirk?-Ja, also es ist eigentlich so die Hügel aufwärts, also es ist eigentlich so ein Areal zwischen dem bebauten Gebiet in der Nähe auch vom Cottage-Viertel und natürlich auch dem Wienerwald. Und es war auch interessant, dass dieser Park auch angelegt wurde, so aus künstlicher Natur, also die Bürgerlichen wollten, die in dem Bezirk wohnen, eigentlich in der Nähe von der Natur wohnen, aber so richtig die Natur vom Wienerwald wollten sie auch nicht und darum haben sie so ein kleines Refugium geschaffen, wo man eigentlich auch spazieren gehen konnte, sich erholen konnte. Und die ist unter einer Natur, die unter Kontrolle auch stand.-Wobei so klein ist er ja nicht.-Nein, klein ist er gar nicht, also er ist ein relativ großes Areal und wie schon gesagt, das war ja früher eigentlich ein Steinbruch und eine Art Sandwüste, also wirklich so ein Rohstofflager für Wiener Gebäude und erst 1883 hat Heinrich von Ferstel, also der Architekt der Votivkirche, ein Komitee initiiert und hat nachgedacht, eigentlich könnte man dort eigentlich diesen Park umwidmen oder das Gelände umwidmen für einen Park und hat diesen Steinbruch und diese Sandgruben eben auch wegen der Umweltbelastung entfernen lassen und hat dort eine sehr großzügige, im englischen Stil gehaltene Parkanlage eingerichtet.-Und diese wissenschaftliche Institution, von der wir grad gesprochen haben, die Sternwarte, Universitätssternwarte und die Universität für Bodenkultur, die sind dann wahrscheinlich auch nicht zufällig dort angesiedelt?-Nein, überhaupt nicht, weil das war natürlich auch hier Raum und Platz erstens einmal, also aufgrund der neuen Möglichkeiten, dieses Gelände auch zu bebauen, konnte man sich dort billigen Baugrund kaufen oder erwerben. Und das andere war natürlich auch, dass auch vor allem für die Sternwarte die Voraussetzung Hügellage und klare und saubere Luft für die Sternbeobachtungen.-Und die BOKU halt, ja, ich meine, da ist ja quasi das Grün jetzt also für die Umwelt und für die Agrarwissenschaft und so weiter nicht so weit weg, also … -Richtig. Man konnte Gärten anlegen, man hatte Platz, es war, wie schon gesagt, ideale Lage, es gibt auch sehr viel Wasser in dem Areal, also natürlich auch wichtig, also für Gartenanlagen und eben auch für landwirtschaftliche Experimentierfelder.-Ja, und da komme ich eigentlich dann auch gleich auf, also landwirtschaftliche Experimentierfelder, auf Pflanzen und Gehölzarten, also wie schaut es da aus im Park?-Ja, der Türkenschanzpark war wirklich, ich glaube, so auch ein Experimentierfeld, auch wirklich neue Pflanzen einzubringen. Das war natürlich, es gab so Ende des 19. Jahrhunderts so eine große Euphorie auch für Pflanzenkunde, man legte diesen englischen Park eben mit sehr viel unterschiedlichen Pflanzen an, es gab sehr viel Spenden auch von Samen und unterschiedlichen Pflanzenarten. Es gibt also über 400 Gehölzarten im Türkenschanzpark, es gibt Zierbäume aus China, Japan und aus Nordamerika und insgesamt gibt es ja dort mit der Fläche von ungefähr 154.000 Quadratmeter, also sehr viel an Fläche, die man eigentlich für neue Pflanzenarten ja auch nützen konnte. Also eine der großen Spenderinnen von neuen Pflanzen war auch die Pauline von Metternich, nach der wurde auch Paulinenwarte, die auf dem Türkenschanzpark sich befindet, auch benannt. Also es gab so, das Bürgertum hat da wirklich sich sehr bemüht, hier einen, hat einen Lustgarten zu errichten.-Wie viel Rasenfläche haben wir da nochmal?-Ungefähr 48. 000 Quadratmeter Rasenflächen, die auch sehr intensiv von den Bürgerinnen und Bürgern benützt werden, also für Feste, Camping, einfach für diverse Aktivitäten.-Weißt du was das im Fußballfeld dann circa wäre?-Keine Ahnung, wie immer, ich weiß auch nicht, wie viele Badewanen in dem Brunnen runterlaufen, aber es ist jedenfalls eine große Fläche vorhanden, die eigentlich sehr intensiv genützt wird.. -Okay. Aber weil du vorher gesagt hast, englischer Park, es ist ja, von der Grundidee des englischen Parks weicht es ja ein bisschen ab.-Genau, also die Grundidee war eigentlich der englische Park und die englischen Parks haben ja eigentlich immer den Ansatz, sich an der Landschaft anzupassen. Das hat aber dort nicht stattgefunden, man hat dort eigentlich seine Kunstlandschaft eingerichtet, also mit schroffen Felsen, bisschen voralpinen Andeutungen, Wasserfällen, wildromantische Inszenierungen mit Nadelhölzern. Also da wurden diverse Kunstgriffe vorgenommen, also man wollte da schon eigentlich so ein kleines Paradies einrichten. Auch Kurpark-Atmosphäre, es gibt so diese Paraplus, also abgedeckte Räumlichkeiten, wo man auch im Schatten sitzen kann. Es gibt ein Kurcafé mit Inszenierungen, mit Konzerten, also es war so ein kleines bürgerliches Paradies, das sich eingerichtet wurde. Und selbst die Vororte-Linie, die unter dem Türkenstanzpark verläuft, hat auch ein bisschen die Anmutung der Semmeringbahn.-Ja, ich wollte gerade sagen, das klingt ja alles irgendwie nach Semmering zum Beginn des Jahrhunderts, des 20.-Also eine Kunstwelt, so ein kleines Disneyland. Für das Währinger Bürgertum.-Eine Bahnstation war eigentlich das Praktische.-War auch geplant, wurde dann nicht errichtet, aber eigentlich war das eben so als zentraler Punkt auch für Ausflüge gedacht und darum war auch diese Bahnstation einmal kurz bei den Plänen, die damalige Vororte-Linie einzurichten.-Okay, seit wann gibt es den Park eigentlich?-Der Park wurde 1888 eröffnet und wurde dann zehn Jahre später auch der Verwaltung der Stadt Wien übergeben. Man hat der eigentlich relativ so vor sich. Wurde also nicht mehr verändert für längere Zeit und Ende des 20. Jahrhunderts, also 1999, wurden noch einmal Teile modernisiert. Es wurde eine ungefähr zweieinhalbtausend Quadratmeter große Freizeitfläche eingerichtet, so für Streetball, Basketball, Skateranlage.-Keine Fußballfelder.-Keine Fußballfelder, aber ein moderner Park, der natürlich neuen Ansprüchen ja auch gerecht werden sollte.-Und der Park eben, wie du schon ausgeführt hast, weit über 100 Jahre alt, repräsentiert aber auch in Bauten da drinnen Geschichte?-Ja, der Park ist ziemlich voll mit Denkmälern, also recht überraschend. Und da gibt es sehr viele interessante Denkmäler von Persönlichkeiten, die man nicht so gut kennt, wie zum Beispiel den Vincenz Prießnitz, das war einer der ersten Vertreter der Naturheilkunde, großer Vertreter der Wasserkuren, also was eine wichtige Rolle auch spielt, weil der Park ja sehr viel mit Wasser zu tun hat, es gibt ja auch da Quellen. Es gibt aber auch Denkmäler für Adalbert Stifter, für die Auguste Fickert, die Frauenrechtlerin, die auch die Initiatorin des Heimhofs in der Peter-Jordan-Straße war. Emmerich Kalman, Arthur Schnitzler, Leon Eskin, also wirklich sehr viele Künstler, prominente Persönlichkeiten. Es gibt aber natürlich auch Denkmäler, die problematischer sind und die vielleicht durchaus einer Kontextualisierung bedürfen. Es gibt zum Beispiel so ein Kriegerdenkmal mit einem Zitat von Walter Flex, also Walter Flex war deutscher Nationalliberaler, Teilnehmer Erster Weltkrieg, ist auch da gefallen und war aber auch ein Kriegsverherrlicher, also durchaus eine sehr problematische Persönlichkeit, so war er ein Ernst Jünger Typ.-An Gottes Willen.-Ja hat ein sehr populäres Werk geschrieben während des Ersten Weltkriegs unter dem Titel "Der Wanderer zwischen beiden Welten", also war wirklich ein Bestseller und ein Zitat aus diesem Werk wurde dort angebracht, nämlich:"Gebt euren Toten Heimatrecht, ihr Lebendigen". Da geht es nicht um eigentlich, dass man die Toten hier ehrt, sondern wie gesagt, es geht eher so um Heldentum und falsches Heldentum.-Das ist wahrscheinlich nicht mehr weit zum völkischen Nationalismus. -Richtig, also das ist natürlich ein problematisches Denkmal, könnte durchaus kontextualisiert werden und sagen, hallo, man sollte eben den Walter Flex auch einmal irgendwie auch kritisch beleuchten.-Gut, es wird auf einer informellen Ebene eh immer wieder kontextualisiert, oder?-Ja, genau. Es gibt da so Schmierereien natürlich von Aktivist*innen, was jetzt vielleicht auch nicht die richtige Methode ist, aber wie schon gesagt, das ist ein problematisches Denkmal. Ein anderes, das ist von aus der neueren Zeit, ist so ein Kosaken-Denkmal, das wurde 2003 eingeweiht.-Was hat der Türkenschanzpark mit Kosaken zu tun?-Naja, das war so, man wollte damit den Anteil des Entsatzheers von Wien 1683, auch den Kosaken wiederum… -Dieses polnisch-litauische Heer.-Genau. Also da waren die Kosaken aber ein wichtiger Teil dieses Heeres und deren Geschichte meinen manche Leute, dass es auch zu wenig erwähnt wird. Man hat dort eben so ein Denkmal für sie errichtet und das ist natürlich irgendwie mal höchst problematisch auch. Weil natürlich auf der einen Seite waren die Kosaken Teile dieses Entsatzheeres, auf der anderen Seite Geschichte des 17. Jahrhunderts ist sehr viel komplizierter. 30 Jahre davor waren die Kosaken mit Krim-Tartaren verbündet, die wiederum Verbündete des Osmanischen Reiches waren. Also da haben sie dann eigentlich 30 Jahre davor gegen die polnischen Katholiken, Jesuiten, Krieg geführt. Da gab es so große Grausamkeiten sind es dazu gekommen und vor allem einer der größten Pogrome gegen die jüdische Bevölkerung 30 Jahre davor. Also das war eigentlich die größte Katastrophe vor dem Nationalsozialismus sagen viele Wissenschaftler, zwischen 20. 000 bis 40. 000 Juden wurden damals, und Jüdinnen, wurden ermordet und sehr auf grausame Art und Weise und das, glaube ich, muss man auch mit berücksichtigen, wenn man so ein Denkmal errichtet. Das ist immer problematisch, wenn man so aktuelle Entwicklungen mit historischen Bezügen zu unterfüttern sucht. Also ich denke, dass die unbestrittene Eigenstaatlichkeit eines Landes nicht solche Bezüge braucht, die weder wissenschaftlichen Sinn ergeben, noch da sachlich hilfreich eigentlich sind und insbesondere, wenn sie mit Verbrechern der Menschlichkeit im Zusammenhang stehen. Und so ganz abgesehen davon, dass natürlich aus ästhetischer Sicht solch eine historisierende figurative Darstellung, sagen wir mal, auch nicht mehr gerade zeitgemäß ist.-Also es wäre wahrscheinlich jetzt nachvollziehbarer, wenn es ein älteres Denkmal wäre, aber da das sozusagen in jüngster Vergangenheit dazukommen ist, da ist eigentlich die Geschichtswissenschaft weiter, die könnte man damit einbeziehen. Aber gibt es ein positives Beispiel für ein Denkmal auch in der Gegend?-Ja, es gibt dieses Yunus Emre Denkmal, also ein Denkmal, es ist eigentlich ein Yunus-Emre-Brunnen. Es ist ein türkischer Brunnen im historischen Stil gehalten, der kommt zum Beispiel völlig ohne Pomp aus, das zentrale Element dieses Brunnen ist Wasser, also Wasser mit seinen friedlichen und wohltuenden Wirkungen und wurde von der Türkei 1991 gestiftet und zwar als Symbol für die Aussöhnung, also ohne kriegerischen Pomp und ohne historisierenden Beiwerk.-Und wer war der Yunus Emre?-Der Yunus Emre war ein Sufi Dichter und Mystiker aus dem 14. Jahrhundert und interessante Figur bei der Sufi Religion, also bei der Ausrichtung der Sufi Religion ist natürlich die allgemeine universelle Liebe spielt eine zentrale Rolle, also die Liebe zu Gott und zur Welt, also ein Zeichen der Versöhnung.-Wenn wir schon bei universalen Werten und Bildung, Wissenschaft und Wissen sind, was gibt es zu den universitären Einrichtungen in der Gegend zu sagen noch?-Ja, es gibt da die Sternwarte, die dort eingerichtet wurde. Die alte Sternwarte, die erste war im ersten Bezirk verortet, also in der Nähe von der alten Universität. Und aufgrund von Luft- und Lichtverschmutzungen vor Ort des ersten Bezirks hat man einen neuen Ort gesucht, um wirklich die leistungsfähigen Teleskope auch nützen zu können. Und eben mit der Möglichkeit, dieses Gebiet neu zu bebauen, überlegt man sich, die Sternwarte eben auf dieses Gelände auch zu errichten. Und von 1874 bis 1879 wird diese neue Sternwarte auch innerhalb von fünf Jahren errichtet. Und diese Sternwarte hatte die Berliner Sternwarte als Vorbild. Sie ist so kreuzförmig und hat eine 14 Meter hohe Hauptkuppel und drei Nebenkuppeln. Und 1882 wird das gesamte Gelände also eben frisch angelegt und das ganze Universitätsinstitut siedelt in die Türkenschatzparknähe. Man muss auch nach wie vor sagen, mit diesen 73 Meter Breite und 101 Meter Länge ist sie die größte Sternwarte Europas. Also wirklich ein riesiges Gebäude, nicht die leistungsfähigste, aber das Gebäude wirklich so eine sehr große Einrichtung. Und da sieht man, wie wichtig es auch damals der Forschung war, sich mit Astronomie und mit der Sternenbeobachtung zu beschäftigen.-Und nicht nur wichtig für die Forschung, auch für die Wissenschaftsvermittlung, oder?-Richtig. Manchmal gibt es ja auch öffentliche Führungen, man kann auch das Institutsgelände betreten, hat eine sehr tolle Bibliothek auch mit sehr vielen alten Handschriften und Werken. Also wirklich eine sehr gediegene, ehrwürdige, universitäre Einrichtung.-Ja, aber ich nehme an, selbst hier, Luft und Licht, das ist ein Problem, das Sternwarten einfach im städtischen Raum in Europa haben.-Ja, natürlich, die Stadt holt natürlich die Sternwarte ein, Smog entsteht, das ist natürlich ein Problem und man musste natürlich dann die leistungsfähigen Teleskope woanders hin verlegen, zum Beispiel den Nebengipfel vom Schöpfel, also da gibt es die Nebeninstitute dort, aber nach wie vor kann man dort in dem Institutsgebäude Sterne beobachten. Interessant ist natürlich auch der Sternwarte-Park, der sich um das Areal befindet.-Was gibt es zu dem zu sagen?-Ja, Anfang der 70er Jahre gibt es Pläne ein weiteres Institut dort einzurichten auf dem Gelände, nämlich das Zoologische Institut sollte im Sternwarte-Park errichtet werden und das hätte zu einer Reduktion der Parkfläche von ungefähr 60.000 Quadratmeter auf 3.600 Quadratmeter geführt. Ja, das ist also ziemlich, bleibt nicht mehr viel über und da gab es massive Anrainerproteste und ein Bündnis natürlich von besorgten Bürgerinnen und Bürgern und natürlich auch mit Boulevardzeitungen hat gegen dieses Projekt wirklich Position bezogen und der damalige Bürgermeister Felix Slavik. Felix Slavik hat die Volksbefragung 1973 auf den Weg gebracht und 57, 4 Prozent der Teilnehmer*innen haben sich für den Erhalt des Parks entschieden. Felix Slavik ist daraufhin zurückgetreten, also Leopold Gratz wurde dann sein Nachfolger. Ja, und jetzt ist dieser Park also eingeschränkt öffentlich zugänglich. Das ist im Grund ein Urwald, da können die Pflanzen wachsen und gedeihen, wie sie wollen. Seit kurzem ist er wieder so weit offen, dass man auf bestimmten Wegen ihn auch beschreiten darf. Das ist also nicht verboten. In den Wald selbst einzudringen, weil es halt so ein kleines ökologisches Refugium ist, wo man einfach wirklich die Natur in Ruhe lässt. Also wirklich total spannend, dass man eigentlich dort so einen Urwald vorfindet.-Klingt nach einer der ersten Ökologiebewegungen in der Stadt. -Richtig, also es war einfach wirklich auch ganz wichtig, dass sich Bürgerinnen und Bürger auch um die Sachen kümmern und dass man einfach das alles nicht nur der Stadtverwaltung überlässt, sondern sehr wohl auch Position bezieht.-Naja, und wenn ich über die Gegend des Türkenschanzpark nachdenke, dann fällt mir natürlich sofort die Universität für Bodenkultur.-Die Universität für Bodenkultur hat dann einen Hauptsitz, also natürlich das Institut ist sehr weitläufig, aber es ist ebenfalls ungefähr in dieser Phase Ende des 19. Jahrhunderts umgezogen. Zuerst war es im Palais Schönborn in der Laudongasse, das war die KK-Hochschule für Bodenkultur und die ist natürlich aus allen Nähten geplatzt, da war viel zu wenig Platz und ab den 1880ern wusste man, es braucht ein neues Gebäude. Und 1894 wurde beschlossen, man braucht das neue Gebäude und man sucht gleich die Nähe zu einer anderen Institution zo einer universitären Institution und hat sich dann eben die Nachbarschaft zur Sternwarte ausgesucht. Innerhalb von zwei Jahren wird also das riesige Institutsgebäude errichtet, die Eröffnung erfolgt durch Dr. Wilhelm Exner, also auch der Initiator des Technischen Museums und man merkt aber zehn Jahre danach schon wieder, das Gebäude ist zu klein und es wächst und gedeiht eigentlich die ganze Zeit, deswegen gibt es ja Zubauten. Und die BOKU ist eigentlich eine der wichtigsten universitären Einrichtungen in Österreich, nicht unproblematisch natürlich auch in der Entwicklung. Also zum Beispiel erst ab 1919, 1920 dürfen dort Frauen auch studieren, die BOKU war auch sehr lange eine Hochburg nationalistischer und faschistischer Kräfte, muss man sagen, also 1934 gibt es eine Überprüfung der Austrofaschisten-Professorenschaft, also Damen und Frauen gab es ja damals nicht, also bei den Professoren und da wurde ungefähr ein Drittel der Professoren auch entlassen, weil sie halt Nationalsozialisten waren, also schon damals 1934, also die Austrofaschisten mussten die Universität von Nationalsozialisten eigentlich säubern. Und nach 1938 kommen die natürlich alle wieder zurück und die BOKU entwickelt sich zu einer Hochburg von faschistischer Ideologie. Nach 1945 wird dort aber auch radikal entnazifiziert, muss man auch sagen, also von 27 Professoren müssen 23 gehen, weil sie einfach belastet sind. Ja, und danach entwickelt eigentlich die BOKU durchaus ein fortschrittliches und positives Image. 1975 entsteht auch ein neues Gebäude, es entstehen neue Forschungslabore und zunehmend kommen auch Frauen auf die Universität und spielen dort auch eine wichtige Rolle. Also die erste Professorin kommt in den 1980er Jahren, wird dort angelobt und 2007 auch die erste Rektorin mit der Frau Dr. Ingela Brunner. Also das Image hat sich von der BOKU sehr stark geändert, auch Richtung Ökologie, fortschrittlicher Landwirtschaft. Ja, und das ist ein schöner Wandel, den eigentlich diese BOKU, die von einer sehr männerdominierten und sehr autoritären Ausrichtung eigentlich hin zu einer Institution sich entwickelt hat, die sich den Fragen der Gesellschaft öffnet.-Green Technologies als Zukunftswissenschaft quasi.-Genau.-Ja,. was ist denn so dein Lieblingsort in der Gegend?-Also meiner ist eindeutig der Yunus-Emre-Brunnen, also ich finde den einfach wirklich als tolle Einrichtung, als Zeichen der Versöhnung und außerdem ist er gut gelungen und Wasser ist immer schön. Bei dir? -Ja, ich finde die Bibliothek auf der BOKU, also da habe ich in der Vergangenheit schon irgendwie nett gearbeitet, tolle Atmosphäre, kann man schon gut studieren und sich dann anschließend noch in den Park begeben und den Tag ausklingen lassen. Das kann ich allen Zuhörerinnen und Zuhörern nur empfehlen. Besucht den Park, wandert durch das Cottage-Viertel, hört dabei vielleicht die eine oder andere Folge der Grätzlgeschichten, schreibt uns gerne auch einen Kommentar, welchen Ort ihr in Zukunft im Bezirk vorgestellt bekommen wollt unter podcast@ma53.wien.gv.at, liked und empfehlt uns weiter, es verabschieden sich Andreas und Walter.-Ein Historisches Porträt des 18. Bezirks als ehemaligen Weinbauort und jetzigen bürgerlicher Wohngegend zeichnet Herbert Bichl "Währing von der Sommerfrische zum Wohnbezirk", erschienen 2017 im Kral Verlag. Die Wiener Universitätssternwarte beherbergt nicht nur das Institut für Astrophysik, sondern auch eine der wichtigsten und wertvollsten Sammlungen historischer Bücher zum Thema aus dem 15. bis zum 19. Jahrhundert. Dieser unschätzbare Bücherschatz wurde in zwei Katalogen mit dem Titel "Der historische Buchbestand der Universitätssternwarte Wien" Band 1 und 2 im Peter Lang Verlag dokumentiert. Will man sich einen Überblick über die zahlreichen Denkmäler im Türkenschanzpark verschaffen, so blättert man am besten im folgenden Buch nach. Peter Welan und Peter Wiltsche brachten 2016 folgendes
Bändchen heraus:"Das grüne Juwel- der Türkenschanzpark und seine Denkmäler".