
Trummer & Gäste - Ir Brandig - Gespräche über Musik & Menschsein
Singer / Songwriter Trummer hat schon vor über 20 Jahren andere Musiker:innen zu öffentlichen Gesprächen eingeladen. Damals hiess das "Songwriters Lounge / Round". Nun kehrt er zu einem ähnlichen Format in Podcast-Form zurück. In der ersten Staffel von Ende Februar bis September 2025 erscheinen Begegnungen mit den Gästen von Trummers neuem Album, "Ir Brandig", das Song um Song, Podcast um Podcast veröffentlich wird. Die Gespräche drehen sich um die Prägungen der Herkunft, um das Menschsein - und Künstler:innen-Sein - an sich und genau in diesem Moment auf der Welt und natürlich um die gemeinsam gesungenen Songs.
Trummer & Gäste - Ir Brandig - Gespräche über Musik & Menschsein
#10 Elodie "Billie Bird" Romain: "We cannot explain everything, Schatzi!" - Ein Gespräch
Elodie Romain, bekannt unter ihrem Künstlerinnennamen Billie Bird, ist eine Songwriterin, Sängerin, Gitarristin und Aktivistin aus Lausanne. Sie ist seit einigen Jahren vermehrt auch im Ausland auf Tour und gehört für mich zu den spannendsten Künstlerinnen unseres Schweizer Momentes. Wir haben uns kennengelernt in einem Projekt für alle vier Landessprachen, 4 Linguas, in Chur im Frühling 2019. Sie hat eine Mundartstrophe in Bamboulé übernommen und ich durfte für sie mit viel Hall Gitarre spielen, eine Freundschaft war geboren. Aufgewachsen in einem Kinderheim, weil es ihren Eltern nicht gut ging, engagiert sich als lesbische- queere Person für die Position der queeren Community, insbesondere für eine grössere Sichtbarkeit von FINTA-Personen im Musikbusiness. Nicht nur ihre Familiengeschichte, auch ihre queere Perspektive auf das Leben und die Welt haben bei mir vieles ausgelöst, eine enorme Bereicherung für mein Vorstellungsvermögen, was Menschsein auch noch bedeuten kann. Das Lied "Unsichtbarallei", in dem es um Sichtbarkeit geht, wollte ich deshalb unbedingt mit ihr singen- und bei den Aufnahmen haben wir dann auch noch gemerkt, dass ich die Akkordfolge unbewusst bei einem ihrer schönsten Songs abgehört hatte…
Wir haben uns im Januar 2025, am selben Tag, an dem ich mittags mein Gespräch mit Sina aufgenommen hatte, spätabends bei Elodie in Lausanne getroffen, geraucht und getrunken, mal das Fenster geöffnet, dann mit einem Ketteli ans Mikrofon geklimpert - es ist eine spontane und etwas turbulentere Podcastfolge geworden als andere, aber damit passt sie wunderbar zu Elodie.
Gesprochen haben wir unter anderem:
Über die heilende Kraft des Lac Leman, und was Lausanne damit zu tun hat, wer Elodie geworden ist.
Über das Lied "Unsichtbarallei" und die vielen Themen, in denen es aktuell darum geht, sich gesehen zu fühlen -
Über Elodie als queere Person, als Romande in der Schweiz, als Frau in der Musikindustrie
Darüber, dass das Bedürfnis "sich gesehen zu fühlen" auch eine Bedeutung hatte in ihrer Entscheidung Künstlerin zu werden.
Über Familie - und die "gewählte Familie" in der Queer-Community.
Über das Musikbusiness, in dem der männliche Blick immer noch dominiert und es für Menschen wie sie immer noch schwer ist gesehen zu werden.
Darüber, in ihren 40ern Frieden damit zu machen, dass sie sich nicht mehr ganz grundlegend verändern wird, und so entspannter gegenüber sich selbst zu werden.
Über die Rolle als öffentliche Repräsentationsfigur für marginalisierte Gruppen.
Über Helvetia Rockt als Netzwerk, das ihre Community trägt.
Über Social Media, und wie es sie davon überzeugt hat, sich nicht mehr zu verstellen - gerade dort nicht.
Über die gesellschaftliche Isolation der Frauen, die sie lange auch daran gehindert hat, sich durch Solidarität zusammen mehr Platz zu nehmen.
Über ihre Gedanken und Gefühle - und die Angst- zu den Anti-progressiven Bewegungen, die politisch so erfolgreich sind im Moment.
Darüber, wie sie sich in urbanen und ländlichen Regionen verschieden bewegt und auf Menschen zugeht.
Über die Frage, wie man sich in einer Mitte treffen kann mit anders gesinnten Menschen - und das Risiko, das für FINTA Menschen damit immer auch verbunden ist.
Über die Herausforderung, als FINTA-Person oftmals in einer Missionsrolle zu finden.
Über die Verschiebung der Privilegien - weg von männlichen Personen- , die der Fortschritt mit sich bringt, und über die Herausforderung, erwachsen damit umzugehen.
Über den Plan hinter dem Leben und ihre Aufgabe darin.