
Trummer & Gäste - Ir Brandig - Gespräche über Musik & Menschsein
Singer / Songwriter Trummer hat schon vor über 20 Jahren andere Musiker:innen zu öffentlichen Gesprächen eingeladen. Damals hiess das "Songwriters Lounge / Round". Nun kehrt er zu einem ähnlichen Format in Podcast-Form zurück. In der ersten Staffel von Ende Februar bis September 2025 erscheinen Begegnungen mit den Gästen von Trummers neuem Album, "Ir Brandig", das Song um Song, Podcast um Podcast veröffentlich wird. Die Gespräche drehen sich um die Prägungen der Herkunft, um das Menschsein - und Künstler:innen-Sein - an sich und genau in diesem Moment auf der Welt und natürlich um die gemeinsam gesungenen Songs.
Trummer & Gäste - Ir Brandig - Gespräche über Musik & Menschsein
#11 Viktor Holikov: "I learned how to live not planning tomorrow" - Ein Gespräch
Note: The intro is in swiss-german, but the conversation is in english.
Viktor Holikov ist ein Fotograf und Soldat aus Lutsk in der Ukraine, ein langjähriger Freund und regelmässiger Besucher in Bern. Er hat viele Fotos von mir gemacht, unter anderem für "Heldelieder", hat eine Tour in der Ukraine organisiert für mich 2013, und 2015 war ich mit anderen Menschen aus seinem Berner Freundeskreis an seiner Hochzeit in Lutsk.
Viktor im Netz:
Insta:
@golikoff24
@around_the_war
https://www.lovefrombern.ch/
Seit eineinhalb Jahren ist Vitja auch Soldat, teils im Schützengraben an der Front, teils als Fotograf und Medienverantwortlicher.
Dank einer Ausstellung, die er im Mai / Juni 2025 in Bern machen konnte, war es uns möglich, dieses Gespräch aufzuzeichnen.
Im Gegensatz zu den anderen Podcasts dieser Serie ist diese Episode einerseits auf Englisch, andererseits hat Vitja nicht an "Ir Brandig" mitgewirkt, wie meine anderen Gäste. Aber er ist für mich vielerorts auf dem Album präsent und wurde bereits in einigen der früheren Episoden erwähnt. Mir persönlich ist Krieg nie näher gekommen, als durch meine Verbindung zu Vitja. Und mit dem Krieg die zahlreichen Unvorstellbarkeiten, die die Welt ausserhalb unserer sicheren Schweizer Blase heimsuchen. Mich dem nicht zu verschliessen, unseren friedlichen Wohlstand nicht für die Normalität zu halten, ist ein zentrales Element, das für mich "Ir Brandig" auch durchzieht.
Unser Gespräch hat im Mai 2025 bei mir im Musikraum stattgefunden, und es hat sich an den selben Ausgangspunkten orientiert, die auch die anderen Episoden geprägt haben - bloss mit völlig anderen Vorzeichen.
Wir haben gesprochen über:
Über die Freundschaft zwischen Bern und Lutsk und geteilte Geschichten aus über 10 Jahren.
Über die Bedeutung von "Heimat" für Vitja, und wie sie sich mit dem Krieg verändert hat.
Über die unglaublich rasche Wandlung, die der Kriegsausbruch für Vitja bedeutet hat, vom pazifistischen Künstler zum Widerstandsaktivisten und schliesslich Soldaten .
Über seinen Antrieb, sich dem Kampf zu stellen.
Über Fatalismus.
Über die Kamera als Werkzeug der Selbstverteidigung, Distanzierung, auch gegen die Krassheit der Realität, die er sieht.
Über seine Zeit im Schützengraben, die mit nichts vergleichbar ist, was man sonst erleben kann.
Über den ersten Panzerangriff, den er überlebt hat und die Folgen von traumatischen Erfahrungen.
Über sein Leben vor dem Krieg und seine Hoffnungen damals.
Über seine Berufsträume als Kind und Hoffnungen für's Leben als Jugendlicher.
Wie der Krieg ihn von kommerziellen Fotografen zum Künstler gemacht hat.
Über sein Projekt "Passengers Seat" mit dem er symbolische Momente des Krieges dokumentiert. Und über die Ausstellung in Bern.
Über sein gewachsenes Verständnis dafür, dass man sich in der Schweiz nicht alles vorstellen kann, was für ihn uns die Ukraine passiert.
Über die Verdrängung, die es sogar in der Ukraine selbst gibt.
Und darüber, wie und wann man eingezogen wird.
Über ein Gebet, das ihn seine Mutter gelehrt hat und das ihn in den Schützengraben begleitet hat - und andere transzendentale Haltungen, die mit ihm sind.
Über die Grenzen der Sprache, wenn es darum geht, Wahrheit zu erfassen.
Wie er mit seiner Frau zur Entscheidung gekommen ist, mitten im Krieg Eltern zu werden.
Über die Zeit, auch die Vaterzeit, die er an den Krieg verliert.