Stadt Wien Podcast

Grätzloasen: Vom Parkplatz zum Nachbarschaftstreffpunkt

Stadt Wien

Seit mittlerweile 10 Jahren verwandelnt Wiener*innen Parkplätze mit Grätzloasen zu beliebten und begrünten Treffpunkten für die Nachbarschaft. Friederike Hausmeister hat sich auf Spurensuche begeben, mit Betreiber*innen und Nutzer*innen der Grätzloasen gesprochen und von Sabrina Halkic, der Leiterin der Lokalen Agenda 21, mehr zur Geschichte, außergewöhnlichen Projekten und die Zukunft der Grätzloasen erfahren.

Alle Infos zu den Grätzloasen und  zum großen Jubiläumsfest am 5. September: https://la21.wien/graetzloase/



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-Willkommen bei diesem Podcast der Stadt Wien. Heute laden wir euch auf einen Spaziergang durch Wiener Grätzloasen ein. Ich heiße Friederike Hausmeister. Mitten in Wien, zwischen Straßenbahnen, Cafés und Hochhäusern, gibt es Orte, die man fast übersehen könnte. Kleine grüne Inseln, die wir Oasen nennen. Hier treffen sich Nachbarn und Nachbarinnen, hier wachsen Kräuter zwischen Asphalt und manchmal fühlt sich die Stadt für einen Moment wie ein Dorf an. Was sind Grätzloasen und wie sind sie entstanden?-Die Idee, etwas auf einen Parkplatz zu stellen und ihn anders zu nutzen, ist eigentlich im Rahmen von einer Guerilla-Aktion in San Francisco entstanden. Es war eine Kunstaktion, wo ein Künstler oder eine Künstlerin einfach nur Sessel draufgestellt hat und gesagt hat, das kann ja eigentlich auch anders genutzt werden. Mein Name ist Sabrina Halkic und ich bin die Geschäftsführerin vom Verein Lokalagenda 21 Wien.-Die erste Grätzloase, so wie wir sie kennen, ist 2015 in Margareten entstanden. Und das Konzept war einfach so einfach greifbar, dass dann viele Initiativen, viele Bürger*innen gesagt haben, wir wollen das auch machen. Und somit ist im Prinzip dieser Schwerpunkt auch bottom-up entstanden. Der war nie vorgegeben, hat sich aber so gut etabliert und man sieht das ja mittlerweile in allen Bezirken ganz gut verteilt in Wien, dass die Grätzloasen hier wirklich auch ihren Platz in der Stadt gefunden haben.-Die Frage wäre, ob du schon mal generell von dem Begriff Grätzloase gehört hast?-Ja habe ich. Ja, voll. Nee, noch gar nichts. Ja, immer wieder mal. Ja, ich sehe sie auch immer wieder. Nee, ich bin aber auch kein Wiener. Ja, durchaus. Ja, genau, habe ich.-Aber was bedeutet der Begriff Grätzl für die Wiener und Wienerinnen?-Ja, kleinere Einheit als Bezirk, sowas wie am Land eigentlich. Also, wo sich die Leute dann doch untereinander kennen zum Teil und wo sind einfach die sozialen Kontakte in einer positiven Form pflegt und fördert.-Die Grätzloasen liegen verteilt in der ganzen Stadt und werden unterschiedlich genutzt. Sei es in einer Arbeitspause.-Kurz mal eine Pause machen, sich hinsetzen, frische Luft schnappen.-Oder für nette Gespräche mit älteren Generationen.-Ein nettes Gespräch mit einer älteren Dame, die alleine zu Hause wohnt und nicht mehr so weit gehen kann. Und eine Grätzloase ist in der Nähe von ihrem Haus bis dahin, schafft sie es immer gut. Und ich bin dort gesessen und wir haben ein nettes Gespräch miteinander gehabt.-Allerdings braucht es auch Menschen, welche die Oasen betreuen und erhalten. Und Sie setzen sich dann auch hin und wieder hin?-Also ich sitze am wenigsten oft da, weil mir leider die Zeit fehlt. Also das meiste, was ich da draußen verbringe, das ist mit sogenannten Wartungsarbeiten. Aber nein, es ist toll, es ist auch schön, wenn man von da drinnen rausschauen kann und wenn dann die Leute sitzen.-Oasen sind mehr als Parks, sie sind Treffpunkte. Manche entstehen spontan, andere sind von der Stadt gefördert.-So etwas entwickelt sich ja durchaus von allein oder durch eigene Initiativen. Das sind halt wie Pflänzchen, die wachsen. Dort, wo das Klima passt, dort wachsen sie. Also ich glaube jetzt nicht, dass man das extra gezielt fördern oder düngen muss, sondern wenn es passt, wird es wachsen.-Manche Pflänzchen brauchen aber etwas Dünger, um groß und stark zu werden. Daher hilft die Stadt Wien bei der Umsetzung von diesen Stadtoasen.-Es ist in Wien so, dass Parklets auch von Privatpersonen umgesetzt werden können. Da braucht man einen Bescheid von der Stadt und muss dann sozusagen das Budget selber aufstellen. Auch das gibt es. Das nutzen recht viele lokale Betriebe, um einen Raum zu schaffen vor dem Geschäftslokal zum Beispiel, wo sich Kunden und Kundinnen aufhalten können. Was uns immer wichtig war, ist, dass wirklich auch alle mitmachen können und dass es hier nicht am Geldbörsel hängt, ob man ein Projekt umsetzen kann oder nicht. Und um wirklich eine breite Bevölkerung zu erreichen, die vielleicht das Geld jetzt nicht locker sitzen hat, dafür braucht es dann auch eine budgetäre Unterstützung von uns. Es bezieht sich aber nicht nur aufs Budget. Der öffentliche Raum in Wien ist sehr komplex. Es gibt sehr viele Vorschriften und sehr viel Bürokratie. Und die meisten Menschen sehen sich in diesem Wirrwarr nicht aus. Das heißt, wir unterstützen nicht nur mit Budget, sondern wir begleiten ja alle Projekte von A bis Z. Und da sehen wir schon, dass sehr, sehr viele Bürger und Bürgerinnen hier diese Unterstützung sehr stark brauchen. Wo reiche ich den Bescheid ein? Wie schreibe ich den überhaupt? Wie funktioniert die Kommunikation mit der Behörde, sodass das Projekt dann auch möglichst rasch aufgestellt werden kann?-Wenn man Glück hat, bekommt man dort auch ganz besonderen Service.-Die Stammgäste, wenn man das mal so sagen kann, die wissen, dass jetzt bei uns immer, sobald die Pölsterchen da liegen, ist jemand da. Und die wissen dann auch, dass sie sich was zum Trinken holen können. Entweder Leitungswasser, wenn sie wollen, oder Sprudelwasser, was immer auch. Ab und zu steht dann auch eine Kiste da mit Dingen, die man tauschen kann, die man mitnehmen, einfach mitnehmen kann. Wie immer auch das Einzige, was ich nicht mag, wenn sie mir mitnehmen, meine großen Blumentöpfe. Das verstehen manche vielleicht ein bisschen anders.-Manchmal werden die Oasen allerdings fälschlicherweise mit Schanigärten verwechselt.-Also Pausen verbringen wir im Sommer immer in der Grätzloase, setzen uns immer raus. Da kommen eh die Kunden von unserem Store immer vorbei und denken eigentlich auch, dass wir ein Café sind, weil es eben Tische gibt und alles eigentlich schön angerichtet ist. Und dann wollen sie bei uns was bestellen, aber wir haben kein Café. Wir sind kein Café, deswegen, da müssen wir denen immer absagen.-Nicht jeder Wiener, jede Wienerin hat das Glück, ein Stück Natur im eigenen Heim zu finden.-Total. Ja, weil vor allem, wenn wir in einem städtischen Gebiet sind, wo wenige Parks sind, zum Beispiel bei grünen Flächen, dann ist das voll angenehm. Wenn man auch keine Terrasse hat zu Hause oder keinen Balkon, dann ist das nett, sich mal rauszusetzen, vor allem im Sommer. Ich glaube, dass viele von diesen Grätzl-Oasen eher in Bezirken sind, wo es eh schon mehr Begegnungszonen gibt, wie auch zum Beispiel Cafés oder so oder kleine Parks oder Bänke. Und ich glaube, dass es einfach in vielen Bezirken noch fehlt. Also ich bin auch öfters im Transdanubien, also am 21. 22. 23. und da habe ich zum Beispiel noch nie eine Grätzloase gesehen. Und da, glaube ich, wird sowas auch guttun und nicht nur in den jetzt eher posheren Bezirken.-Es gibt ein Beispiel aus Simmering. Da wurde erst diesen Sommer, vor ein paar Wochen, eine modulare Grätzloase, wir nennen sie RONJA, aufgebaut. Das ist die erste Grätzloase in Simmering, aber es ist jetzt mal ein erster Schritt. Und gerade mit den modularen Grätzloasen ist es so, dass wir gesehen haben, nicht jeder und jede weiß, wie man so eine Grätzloase plant oder auch baut. Und wir uns überlegt haben, wie können wir den Prozess noch vereinfachen und haben mit einem Partner, Greenlab, ein sozioökonomischer Betrieb aus der Seestadt, ein Modul entwickelt, das man sozusagen bei uns aussuchen kann und dann wie einen Schrank das Möbiliar selber bestücken kann. Je nachdem, was man dort vor Ort braucht. Braucht man einen großen Tisch oder möchte man vielleicht ein bisschen garteln? Und dann wird das ganze Ding von uns aufgestellt und die Bürger und Bürgerinnen sind dann nur dafür zuständig, das dann langfristig zu erhalten, zu gießen und dort auch Aktionen für die Nachbarschaft zu machen.-In ein paar Fällen gibt es anliegende Lokale. So verwandeln sich die Grätzloasen zu einer Außenservierung. Wie in der Langegasse. Dort gibt es direkt neben der Grätzloase das queer-feministische Vereinslokal, in dem man an Freitagabenden etwas trinken gehen und sich mit Menschen austauschen kann. Siehst du viele Leute, die dort sitzen und was trinken oder miteinander reden?-Es sitzen immer wieder Leute drüben. Also fast täglich, wo man Leute drüben sitzen sieht. Nicht so viele, wenn das Café auf hat, dann natürlich mehr, aber ansonsten sitzen täglich drüben Leute.-Durch Eigeninitiative können Anrainer und Anrainerinnen eigene Oasen vor der eigenen Haustür mitgestalten. Kümmern Sie sich um die Pflanzen von der Grätzloase?-Wir kümmern uns nicht nur darum, sondern wir haben sie auch gebaut.-Nein, wirklich? Okay.-Das vierte Jahr sind wir jetzt schon da.-Und wie kam es dazu?-Ein Kollege von mir hat gewusst, dass es das gibt. Dann habe ich gesagt, das wäre doch toll, wenn wir vor unseren Fenstern da eine Oase hätten. Dann haben wir es das erste Jahr nicht genehmigt bekommen, 2020. Und 2021 haben wir es dann genehmigt bekommen.-Okay, sehr gut. Und haben Sie auch das Gefühl, dass sich viele Leute hinsetzen und das auch nutzen?-Es ist sehr gern genommen. Überhaupt, weil es so schön grün ist. Und die Befürchtungen von Anrainern, dass es da sehr verschmutzt ist, so wie da vorne bei dem Standl. Und dass sich die Gäste nicht benehmen können, die sind überhaupt nicht eingetreten.-Das heißt, nur gute Erfahrungen bis jetzt gemacht?-Ja, einige nicht ganz gute, aber im Großen und Ganzen. Also das ist verschwindend, sagen wir mal so.-Und das ist wirklich einer der schönsten, die wir gesehen haben?-Ich weiß, das höre ich das öfteren. Das wird von vielen, vielen, vielen Wien-Gästen sehr geschätzt und ganz bewundernd dann fotografiert und in Social Media geteilt und so.-Das ist ja schon eher ein bisschen wie so ein kleines Baby, das man dann pflegt.-Dadurch, dass ich keine Gärtnerin bin, es wird mir auch immer wieder irgendwas kaputt. Es ist dann sehr traurig, sonst muss man halt nachpflanzen. Aber ja, es ist ein Baby da. Es ist absolut ein Baby.-Nicht nur Fußgänger und Fußgängerinnen erfreuen sich an den Installationen.-Die Fahrradfahrer haben da einen Zuckerl, weil es sind immer Erdbeeren oder sonst irgendwelche Beeren, wo sie sehr gerne stehen bleiben.-Gab es ein Projekt oder Event, das euch besonders in Erinnerung geblieben ist?-Ein Projekt im Alsergrund, Halligalli Outdoor Klassenzimmer hieß das. Das war während Corona vor einer Schule. Die Kinder konnten ja damals in der Schule wirklich fast gar nichts mehr machen. Man durfte nicht mehr singen, tanzen, toben, Sport war verboten. Und aus dieser Drucksituation ist die Idee entstanden, okay, wir bauen uns einfach ein Klassenzimmer vor der Türe. Weil da war das ja möglich. Und es war wirklich eine supertolle Zusammenarbeit zwischen der Direktion, dem Elternverein, den Kindern, aber auch den Anrainerinnen und Anrainer, die dann im Rahmen des Prozesses dann wirklich mitgemacht haben, auch diese Grätzloase zu planen und zu betreuen und dann auch sozusagen selbst zu nutzen. Und das war aber erst der Startpunkt für eine größere Vision. Und nachdem sie die Grätzloase hatten, haben sie sich gedacht, warum nur die Grätzloase, warum eigentlich nicht die gesamte Straße? Und ich finde, dieses Projekt zeigt ganz gut, was der Vorteil an so kleinteiligen, schnellen Dingen ist. Die Leute kommen ins Tun, sie verlieren dieses Ohnmachtsgefühl, man kann selbst nichts machen, werden durch den Prozess, der schnell geht, selbstwirksam und entwickeln aber dann auch größere Ideen, größere Visionen. Und was total schön ist aus diesem Halligalli Outdoor Klassenzimmer, ist jetzt eine komplette Fußgänger*innenzone geworden, die gemeinsam mit der TU Wien und den Kindern von der Volksschule umgestaltet wurde, mit Straßenmöbeln und Bemalung.-Manche sind noch am überlegen. Wenn du jetzt dir deine Nachbarschaft anschaust, würdest du vielleicht auch sagen, dass du bereit dazu wärst, da auch selber eine Grätzloase zu planen, beziehungsweise mitzuwirken bei sowas?-Klar, ich meine, ich wohne im Dritten bei St. Marx. Da wird eh viel gebaut, sonst das auch gleich bauen.-Andere sind schon bei der Planung.-Ja, total, das ist glaube ich sehr, also würde unserer Nachbarschaft sehr helfen, vor allem auch unserem Haus zusammenzukommen. Wir haben neulich erst, gab es eine Umgestaltung unserer Gasse mit Bäumen und einer Bank, die leider aber immer voll ist, wo wir Nachbarn uns aus dem Haus nicht so wirklich das nutzen können. Und eine Grätzloase wäre super dafür, dass wir uns besser kennenlernen.-Was würdest du sagen, was dir vielleicht so ein bisschen fehlen würde bei solchen Grätzloasen?-Ein kleiner Kühlschrank mit Getränken. Ja gut, das wäre super, das stimmt. Gestiftet von der Stadt Wien.-Außer einem Kühlschrank wäre vielleicht auch ein Regenschutz recht hilfreich.-Das einzige, was mir ein bisschen fehlen würde, ist eine Überdachung, dass man sich zum Beispiel auch während des Regens darin aufhalten könnte. Weil ich glaube, da das auch nochmal für junge Leute vor allem einen netten Ort schaffen würde, in einer konsumfreien Zone, wo man sich noch austauschen könnte.-Gibt es neue Projekte oder Ideen, auf die wir uns freuen können?-Wir arbeiten ja sehr stark bottom-up. Das heißt, die Ideen für die Projekte kommen von den Bürgern und Bürgerinnen. Aber ein Projekt, das wir aktuell begleiten, das noch nicht fertig ist, ist ein mobiles Ausstellungsmöbel für Kunstaktionen. Also wo man Künstler und Künstlerinnen eine mobile Galerie im öffentlichen Raum aufstellen kann. Das wird gerade entwickelt mit zwei Studentinnen, die diese Idee bei uns eingereicht haben. Und wir hoffen, dass es zum zehnten Jubiläum der Grätzloase, das im September in der Galilei-Gasse gefeiert wird, am 5. September, dann auch wirklich fertig ist und die ersten Künstler und Künstlerinnen ihre Kunstwerke dort präsentieren können.-Super. Passt das Aus? Passt. Danke schön. Ende.-Geht es um Nachbarschaft, Erholung, Kreativität und mehr Grün in Wien. Das war ein Stadt Wien Podcast. Hört wieder bei uns rein und besucht uns auch gerne auf unseren sozialen Kanälen.

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