Stadt Wien Podcast
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Gefährliche Einsamkeit – Hilfe für Frauen beim 24h Frauennotruf Wien („Gemeinsam ist man weniger allein“ 4/5)
In der vierten Folge geht es um eine Einsamkeit, die lebensgefährlich werden kann: Gewaltbeziehungen.
Warum sind Frauen zu Weihnachten besonders gefährdet? Wie isolieren Täter ihre Partnerinnen? Und wer ist da, wenn Hilfe gebraucht wird?
Ein Podcast über Angst, Kontrolle – und den Hilfe, die Leben retten kann.
Gesprächspartnerinnen dieser Folge:
Heidemarie Kargl, Leiterin des 24h Frauennotrufs Wien
Yvonne Widler, Journalistin Kurier
Tom Waibel, Philosoph
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-Hallo. Kannst du dir vorstellen, dass Weihnachten kein schönes Fest ist, sondern sogar gefährlich? Dass sich deine Wohnung anfühlt wie ein Gefängnis? Dass du nicht raus kannst, dass du niemanden hast, den du um Hilfe bitten kannst? Und dass du vor allem eines hast, Angst. Genau das erleben viele Frauen in den Feiertagen. Frauen, die kontrolliert werden. Frauen, die in gewalttätigen Beziehungen leben. Wie kann man ihnen helfen und wer ist für sie da, wenn es gefährlich für sie wird? Ich bin Barbara Kaufmann und das ist Gemeinsam ist man weniger allein, der Podcast der Stadt Wien. In fünf Folgen schauen wir uns an, was man in Wien im Advent und zu Weihnachten gegen Einsamkeit tun kann. Das ist Folge 4. Gefährliche Einsamkeit. Hilfe für Frauen beim Frauennotruf Wien.-Einsam heißt, in überhaupt keiner Gesellschaft zu sein.-Das ist Tom Waibel. Er ist Philosoph und wirft in jeder Folge einen anderen Blick auf Einsamkeit als Phänomen, das es so lange gibt wie die Menschen.-Die Reaktionen der Menschen auf die Bedrohung der Einsamkeit, die können völlig unterschiedlich ausfallen. Dass wir denken, wie oft bei Einsamkeit, daran, dass sich ein einsamer Denker, eine Denkerin zum Meditieren in die Berge zurückzieht, das ist vielleicht eher eine Form von Alleinsein oder von Rückzug. Aber Einsamkeit für Leute, die sie nicht haben wollen, die sich mit Händen und Füßen dagegen wehren, explodiert das sehr oft in Gewalt.-Die Wissenschaft gibt Tom recht. Einsamkeit kann bei manchen Menschen zu Aggressionen führen. Denn Einsamkeit erhöht die Stresswahrnehmung. Wenn jemand ohnehin Probleme hat, seine Impulse zu kontrollieren, auch den Impuls zur Gewalt, kann das explodieren. Auch die Journalistin Yvonne Widler von der Tageszeitung Kurier, ihr kennt sie ja schon aus Folge 2, hat das beobachtet.-Also einerseits weiß man aus Studien, dass Einsamkeit ein Täterverhalten befördern kann, weil wir wissen, dass Einsamkeit radikalisieren kann zum Beispiel. Wenn man einsam ist, dann ist man eher aggressiv, dann auch ab einem gewissen Punkt. Und neigt eher dazu, Gewalttaten zu verüben. Und dann gibt es aber noch die andere Einsamkeit auf Seiten der Opfer zum Beispiel.-Yvonne Widler hat als Journalistin viele Sozialreportagen geschrieben und auch eines der wichtigsten Bücher über Femizide. Heimat bis zu toter Töchter, das 2022 erschienen ist und bis heute als Standardwerk zum Thema gilt. Yvonne hat sich dafür sehr genau mit den Ursachen von Gewalt auseinandergesetzt. Mit Gewaltbeziehungen und Opferschutz. Und mit sehr vielen Frauen gesprochen, die eine gewalttätige Beziehung überlebt haben. Frauen werden in der Vorweihnachtszeit, sagt Yvonne, immer noch viel mehr an Pflichten umgehängt als Männern.-Also diese klassische, man sagt dazu Ritualarbeit, liegt ja oft bei den Frauen. Das ist ja immer noch so, das heißt es soll harmonisch sein, Weihnachten soll schön sein, alle sollen sich gut verstehen. Und das ist natürlich Arbeit, das passiert ja nicht einfach so. Das heißt, das wird von den Frauen oft immer noch verlangt, dass sie dafür zuständig sind. Sie überlegen sich, wem können wir was schenken. Sie richten alles schön her, sie kümmern sich ums Essen, sie laden ein und vor allem, sie schauen, dass es harmonisch bleibt. Das heißt, man stellt sich so einen Tisch vor, wo die Familie sitzt. Frauen sind immer die, die versuchen, dass die Balance gehalten wird. Dass das Gespräch irgendwie nicht in eine unangenehme Richtung abdriftet, dass keiner streitet und sie überkompensieren. Das heißt, sie schauen, dass es eben alles immer schön und locker bleibt und nett bleibt, weil Weihnachten soll ja schön. Und damit kehren sie auch ein bisschen negative Muster unter den Tisch.-Die Weihnachtszeit und die Feiertage können eine gefährliche Zeit für Frauen sein.-Man weiß einfach, dass verstärkt Anrufe beim Frauennotruf zum Beispiel stattfinden. Man weiß, dass Frauen auch sich öfter bei Frauenhäusern informieren. Also gehen können sie ja nicht, weil sie mehr unter Kontrolle stehen in dieser Zeit, weil der Mann ja zu Hause ist und weniger in der Arbeit ist, was sie auch wieder stresst. Aber sie informieren sich in dieser Zeit vermehrt über die Möglichkeiten, die sie haben, wenn sie in einer gewalttätigen Beziehung sind.-Heidemarie Kargl kann das bestätigen. Sie ist die Leiterin des 24-Stunden-Frauennotrufs in Wien. Weihnachten ist eine geschäftige Zeit bei ihnen.-Wir haben festgestellt, dass zu Weihnachten direkt wir gar keine erhöhte Anzahl an Anrufen feststellen können, sondern tendenziell eher in den Tagen danach, vielleicht wenn dann auch wieder der nächste Werktag ist. Zu Silvester gilt das Gleiche. Wir erklären es uns auch ein bisschen so, dass ja zu Weihnachten, alles sehr dicht und eng auch ist in den Familien, alle sind zusammen wahrscheinlich. Es gibt vielleicht auch relativ wenig Möglichkeiten für Frauen, dann in Ruhe ungestört zu telefonieren. Aber natürlich haben wir auch am 24. Anrufe, die mitunter auch sehr dramatisch ausfallen können. Wir erklären es uns auch ein bisschen so, dass ja zu Weihnachten alles sehr dicht und eng auch ist in den Familien, alle sind zusammen wahrscheinlich. Es gibt vielleicht auch relativ wenig Möglichkeiten für Frauen, dann in Ruhe ungestört zu zu telefonieren. Aber natürlich haben wir auch am 24. Anrufe, die mitunter auch sehr dramatisch ausfallen können.-Polizei und Frauenhäuser in der gesamten EU berichten, dass an den Feiertagen die Fälle häuslicher Gewalt ansteigen.-Was die Feiertage gefährlich macht für Frauen ist, dass da mehrere Faktoren zusammenkommen. Häufig fließt ja auch mehr Alkohol als vielleicht an anderen Tagen. Es gibt diesen sehr, sehr, sehr, sehr hohen Erwartungsdruck, sowohl von außen als auch, denke ich, von innen, dass eben Weihnachten perfekt sein soll, was auch immer die jeweilige Familie darunter versteht, aber sicher mit einem höheren Druck als an anderen Tagen. Und es ist ja keine Entschuldigung für die Gewalt natürlich, aber Alkohol ist bekannt, dass es sozusagen, wie soll ich sagen, die Aggressionshemmung beeinflusst und dass dann eben die Aggression nicht mehr so gut unter Kontrolle gehalten wird.-In verschiedenen Studien zum Täterverhalten wird seit langem klar, es geht nicht um Liebe oder Zuneigung. Gewalttätigen Partnern geht es um Macht und Kontrolle. Die Partnerin wird als Besitz, nicht als eigene Person gesehen, ihr Eigenleben sogar als bedrohlich empfunden.-Diese Männer isolieren ihre Frauen einfach gerne. Das hat für sie einen großen Vorteil, nämlich sie müssen sich nicht messen am Rest der Welt. Wenn eine Frau viel Zeit mit ihrer guten Freundin verbringt, dann ist die Gefahr sehr hoch, dass sie mit dieser Freundin über die Beziehung spricht. Und dann könnte die Freundin ja sagen, hey, das ist gewalttätig, was dein Mann macht. Das ist nicht gesund. Schau, dass du dich löst. Deshalb versuchen diese Männer, die Frauen zu isolieren. Das zeigt sich natürlich dann in dieser Weihnachtszeit noch verstärkt, weil du kannst einmal weniger in die Arbeit gehen meistens, weil dann vielleicht die Feiertage sind, alle sind beschäftigt mit Geschenken, alle sind vermehrt bei ihren Familien, vielleicht auch zu Hause in den Bundesländern. Das heißt, die Isolation, die sowieso schon vorhanden ist, verstärkt sich in dieser Zeit noch.-Nachbar*innen, die etwas hören, können und Hilfe holen, sind auf Urlaub. Die Wohnhäuser sind leerer als sonst. Oft haben die Frauen durch die Kontrolle des Täters kaum mehr Kontakte zu Arbeitskolleg*innen oder Bekannten. Manche berichten, dass sie wegen der Eifersucht des Täters ihre Arbeit aufgeben mussten. Diese Frauen leben in einer Einsamkeit, die der Täter bewusst erzeugt, sagt Yvonne.-Die Einsamkeit, die diese Frauen in gewalttätigen Beziehungen haben, die macht sie abhängiger. Und je abhängiger ich bin, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich diese Beziehung verlasse.-Heidemarie Kargl ist seit vielen Jahren die Leiterin des 24-Stunden-Frauen-Notrufs Wien. Sie hat unzählige Fälle von gewaltbetroffenen Frauen erlebt und erklärt, warum die Opfer zu Beginn einer Beziehung oft gar nicht bemerken, dass der Partner sie kontrollieren will.-Frauen, die von Gewalt betroffen sind, werden ja von den Tätern sehr bewusst isoliert. Und das ist ja ein Prozess über eine längere Zeit. Jede Beziehung beginnt irgendwann mal mit Liebe. Und gerade am Anfang, wenn vielleicht die Frau auch noch verliebt ist oder sehr verliebt ist, wird das ja von den Männern oft auch ein bisschen so gebracht wie, ja, ich will dich nur für mich haben, weil ich dich so liebe. Das hört man vielleicht am Anfang sogar auch ganz gern, aber das bekommt dann eben irgendwann einmal zuerst mal so einen toxischen Beigeschmack. Und dann wird es halt zunehmender Zeit, wird es dann halt immer gefährlicher. Und wenn dann mal so Dinge anfangen wie, ich will nicht, dass du dich mit deiner Schwester triffst oder mit deinen Freundinnen triffst. Das ein Prozess. ich will, dass du nur in die Arbeit gehst und von der Arbeit sofort wieder zurückkommst. Und ich will dein Passwort haben, ich will dein Handy kontrollieren. Und dann ist die Isolation natürlich schon sehr, sehr schädlich.-Oft beginnt es mit psychischer Gewalt. Gaslighting zum Beispiel. Niemand wird dir glauben oder das bildest du dir nur ein. Die Partnerin wird beleidigt und klein gemacht. Du bist hässlich, du bist dumm, du kannst nichts, du schaffst nichts. So kann man einen Menschen mit der Zeit zerstören und ihn so weit bringen, dass er kaum mehr das Haus verlässt.-Das ist bei der psychischen Gewalt und die psychische Gewalt ist ja auch eine Gewaltform, die immer mehr zunimmt. Eigentlich sehr häufig die Kontrollbeziehungen, das Besitzdenken und die Isolierung, die ganz gezielte, bewusste Isolierung einer Frau. Oder auch Konstellationen, wo zum Beispiel die ganze Familie des Täters so ganz geeint auch gegen die Frau auftritt oder es ganz eindeutig ist, vielleicht auch wenn sie allein ist in Österreich und selbst keine Familie hat, dass sie nicht nur das Gefühl hat, sie kann sich an niemanden wenden, sondern dass es tatsächlich so ist.-Auch die Familie des Mannes, manchmal sogar die der Frau, spielen dabei eine gefährliche Rolle. Gewalt an der Partnerin wird kleingeredet oder einfach ignoriert oder es wird ihr gesagt, sie soll sich nicht so haben. Weil es zum Beispiel in diesen Familien auch seit jeher Gewalt gegeben hat und sie als etwas Normales gesehen wird.-Diese Frauen, und das habe ich selbst in vielen Videos schon gehört, werden dann gerne als die Familienzerstörerinnen bezeichnet. Wenn sie die sind, die vielleicht gehen, die sich trennen, die schlecht über ihre Partner reden. Das sind dann die, die die Kinder schädigen, nachhaltiger, wenn sie beschließen, sie wollen nicht mehr in dieser Beziehung sein. Also wir sehen in diesen Beziehungen sehr oft, dass von Seiten der Familie vor allem ein großer Druck da ist, dass man sich eigentlich auch nicht trennen soll. Und gerade zu Weihnachten kann man sich doch nicht trennen, weil gerade da ist ja die Zeit der Familie und da muss alles funktionieren.-So entsteht ein unerträglicher Druck beim Opfer und das Gefühl, niemand glaubt mir. Sogar die eigene Familie sagt, ich darf mich nicht trennen. Dazu kommen auch noch Lügen und Einschüchterungsversuche, damit die Frau bleibt, erzählt Heidemarie Kagl.-Und wenn sie dann auch vom Täter vermittelt bekommt, wenn du dich dort oder da meldest und das erzählst, dann nehmen sie dir die Kinder weg. Also das ist schon auch immer so eine Drohung, die wir wirklich sehr oft leider erzählt bekommen. Dann haben die Frauen ja auch nicht mehr mehr das Gefühl, sie könnten sich an staatliche Institutionen wenden. Also dann ist nicht mehr mehr das ein Ausweg und dann sind sie eben wirklich sehr isoliert und wirklich auf sich gestellt.-Die Mitarbeiterinnen beim 24-Stunden-Frauen-Notruf haben genau solche Fälle schon etliche Male erlebt und, das ist die gute Nachricht, auch schon sehr oft dabei helfen können, diese Gewaltspirale zu beenden. Heidemarie Kagl erzählt, wie die Beratung abläuft.-Die Beraterinnen fragen immer als erstes, in welcher Situation sich die Frau befindet. Also da geht es wirklich darum, abzuklären, ist die Frau jetzt gerade in Gefahr? Weil wenn das der Fall ist und die Frau zum Beispiel nicht mehr selbst die Polizei rufen kann oder möchte, aber wenn wir hören, da ist im Hintergrund ein lautes Brüllen von einem Mann oder hämmert gegen eine Tür oder irgend so etwas, dann holen tatsächlich wir die Polizei.-Oft haben die Frauen durch jahrelange Einschüchterungen Angst, Hilfe zu holen, erzählt Kagl.-Wir ermuntern auch immer, dass immer Frauen dazu, die Polizei zu rufen, denn die Polizei kann ja dann, wenn sie kommt, ein Betretungs- und Annäherungsverbot aussprechen. Das heißt, der Täter müsste dann mal für 14 Tage die Wohnung verlassen. Es wird ihm auch der Schlüssel abgenommen und es wird gleichzeitig auch ein Waffenverbot verhängt.-Manchmal melden sich Opfer erst Stunden oder Tage nach einem Vorfall. Auch dann kann der Frauennotruf dabei helfen, die Frauen in Sicherheit zu bringen.-Wenn die Frau aber sagt, der Vorfall war vor ein paar Stunden oder am Tag davor oder so, dann geht es in erster Linie auch darum, sie mal zu stabilisieren, also durch das Gespräch, die nächsten Schritte mit ihr zu besprechen, auch zu schauen, okay, was gibt es für Ressourcen, gibt es Freundinnen, gibt es Familienangehörige, aber schon auch immer natürlich die Sicherheit im Blick zu haben, also auch zu schauen, was kann die Frau machen, wenn das wieder passiert.-Keine Frau wird alleingelassen. Das ist Heidemarie Kargl wichtig. Und dass jede, die zuhört, weiß, auch an Weihnachten, an den Festtagen, in den Feiertagen, es ist immer jemand für sie da, der ihr helfen kann.-Den Frauennotruf gibt es jetzt seit fast 30 Jahren. Und er hat ja auch gestartet mit einem Dienst in der Silvesternacht, also mit einem Nachtdienst in der Silvesternacht. Insofern ist das von Anfang an für alle, die hier arbeiten, selbstverständlich, dass wir eben jederzeit rund um die Uhr erreichbar sind und dass das auch bedeutet, Nacht, Wochenende und natürlich auch Feiertage und auch so schöne Feiertage wie eben der 24. und der 31.-Den 24-Stunden-Frauennotruf Wien erreicht ihr unter 0171719. Rund um die Uhr. Auch zu Weihnachten, am Wochenende, im Advent. In der nächsten und letzten Folge wollen wir uns ansehen, wie jene Menschen die Feiertage erleben, die für andere da sind. Wie geht es ihnen? Was erleben sie? Was sehen sie? Mein Name ist Barbara Kaufmann und ich freue mich, wenn wir uns wiederhören.
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