Wie übt eigentlich...? - Musiker*innen sprechen über's Üben

#31 Ist Zuhören der Schlüssel beim Üben, Nik Bärtsch?

Patrick Hinsberger Season 2 Episode 31

Nik Bärtsch ist Jazz Pianist aus Zürich. Mit seiner Band Ronin spielt er seit 2001 zusammen und entwickelte die Ritual Groove Music. Seit 20 Jahren gibt er jeden Montag in seinem Musik Dojo einen offenen Workshop und mit spielt im Anschluss mit seiner Band im Exil. Den Lernspirit, den er dort beschrieben hat, hat mich sehr begeistert. Die Dojo Idee hat er aus der (gewaltlosen) Kampfkunst Aikido übernommen, die ebenso in sein Üben fließt wie Elemente aus der Bewegungslehre Feldenkrais.

Nik’s Üben lässt sich gut mit den Prinzipien: Zuhören, Reduktion und Bewegung zusammenfassen. Oder wie er selbst sagt: listen-breath-connect. Was das konkret in seinem Übe-Alltag heißt, hat er im Podcast verraten.

Podcast Umfrage
➡️ Zur Hörer:innen-Umfrage

Übeplan-Vorlage

➡️ Die Übeplan-Vorlage ansehen

Übekarten
➡️  Übekarten kostenlosen herunterladen 


ℹ️ Supporter dieser Folge: Matchspace Music - Mehr dazu hier: https://matchspace-music.ch/ch-de

Links zur Folge:
➡️  Die ganze Folge durchlesen


➡️  Steady ist eine deutsche Plattform, die es mir erlaubt stetig den Podcast weiterzuentwickeln und die Folgen von "Wie übt eigentlich..?" kostenlos zu veröffentlichen. Meine Arbeit könnt ihr bereits mit 3 € monatlich unterstützen. Dafür erhaltet ihr natürlich auch ein paar Extras

Support the show

Die heutige Folge wird präsentiert von Matchspace Music, euer Partner für privaten Musikunterricht in der Schweiz. Für mich war das wichtig, dass Reduktion nicht Simplifizierung bedeutet oder der grösste Teil der Dinge ist nicht interessant. Es bedeutet die Entscheidung, sich auf ein paar wesentliche Dinge zu konzentrieren, um die wirklich zu erforschen. Ich glaube, es macht einfach keinen Sinn zu üben, so wie ich üben verstehe, wenn wir nicht voll bei der Sache sind. Mir geht es wirklich darum, die Zeit in einer guten Weise zu nutzen und zu geniessen. Darum ist der Anspruch schon hoch, das immer meditativ zu machen, aber es führt letztlich zu mehr realistischem Einschätzen, was dann auch unter Druck überhaupt möglich ist. Das fand ich extrem spannend, weil um das geht es eigentlich beim Üben auf hohem Niveau, dass wir für eine Extremsituation unser ganzes System schärfen. Also es kommt nicht davon, ob ich die rhythmische Organisation eines Mozart-Streichquartetts anschaue oder einen Groove von James Brown. Es geht immer um die Integration von Tempo, Time und Timing. Hallo, mein Name ist Patrick Hinsberger und willkommen zu einer neuen Folge "Wie übt eigentlich?". Hier spreche ich einmal im Monat mit anderen Musikerinnen und Musikern über eines ihrer wohl privatesten Themen. Das Üben. Mein heutiger Gast ist Nick Berge. Nick Berge ist Jazz-Pianist aus Zürich. Mit seiner Band Ronin spielt er seit 2001 zusammen und entwickelte die Ritual Groove Music. Seit 20 Jahren gibt er jeden Montag in seinem Musik-Dojo einen offenen Workshop und spielt im Anschluss mit seiner Band im Exil. Den Lernspirit, den er dort beschrieben hat, hat mich sehr begeistert. Die Dojo-Idee hat er aus der gewaltlosen Kampfkunst Aikido übernommen, die ebenso in sein Üben einfließt wie Elemente aus der Bewegungslehre Feldenkreis. Nicks Üben lässt sich gut mit den Prinzipien Zuhören, Reduktion und Bewegung zusammenfassen. Oder wie er selbst sagt "Listen, Breathe, Connect". Was das konkret in seinem Übealltag bedeutet, hat er im Podcast verraten. Wie immer findet ihr die Zusammenfassung des Gesprächs auf meinem Blog. Dort findet ihr auch noch mehr Infos zu Nick, seiner Musik und seinem Buch "Listening". Wenn ihr den Podcast unterstützen möchtet, teilt doch einfach euren Lieblingstipp aus dieser Folge mit einem Freund oder einer Freundin. Aber jetzt viel Spaß mit der Folge. Die erste Frage, mit der es immer losgeht, lautet "Vervollständige folgenden Satz". Üben heißt für dich? Meditieren, Präsenz trainieren, lernen. Da kommen wir später auf jeden Fall nochmal kurz drauf zurück. Welche Musik, Album oder Künstler läuft bei dir in Dauerschleife? Ich höre sehr viele verschiedene Sachen. Was mir wichtig ist, ist auch immer die eigene Musik zu hören, weil ich dann viel lerne, plötzlich neue Dinge höre. Ich bin ja auch in der Rolle als Bandleader unter anderem. Da ist es wichtig, dass ich der eigenen Musik voraus bin. Und die Musik ist ja immer mehr, als man selber ist. Darum ist es wichtig, die eigene Interpretation sich anzuhören, um mehr zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Aber dann schon eher im Sinne von, das ist eine Art Arbeit für dich, deine eigene Musik zu hören und zu analysieren. Und weniger, dass es so ein bisschen für mich immer drin ist, welche Musik läuft in Dauerschleife, welchen Künstler, Künstlerin ist gerade für dich so angesagt, was magst du gerade. Wenn man seine eigene Musik hört, hat das immer etwas von Arbeit, einer Kontrolle, einem Überprüfen, einem Vorausdenken. Das mag irgendwie absurd klingen, aber ich mache meine eigene Musik, auch wenn mir so eine Musik fehlt. Sehr oft, um selber zu arbeiten, mich zu konzentrieren, höre ich die eigene Musik. Das bedeutet ja nicht, ich höre mich, sondern es bedeutet, ich höre die Musik, die ich zusammen mit anderen mache und die mir wichtig ist. Und das ist schon eine der Hauptmusiken, die mich selber inspirieren. Nichtsdestotrotz gibt es natürlich ganz wichtige Einflüsse und andere Artists. Ich höre immer noch sehr viele Prints, aber auch oft schaue ich die Shows, weil es um die Performance geht, um die Dramaturgie, um die Interpretation, nicht jetzt an sich um die Hits zum Beispiel. Spannend, das habe ich auch noch nie so gehört. Das finde ich sehr interessant. Wenn du jetzt ein bisschen in die Rückschau gehst, gibt es dann aber für dein eigenes Spiel einen Musiker, eine Musikerin, die dich sehr geprägt hat, so eine Art Vorbild? Es gibt eigentlich keine Vorbilder in dem Sinne, aber natürlich gibt es wichtige Einflüsse, in der Regel sogar einzelne Stücke. Zum Beispiel, ich bleibe jetzt mal beim Klavier, Lenny Tristano, der hat ein sehr wichtiges Stück geschrieben, ganz früh, was so polymetrisch ist, das heisst «Turkish Mambo» 7 gegen 5 gegen 3 in Bezug auf eine 4er Subdivision. Das ist ein ganz wichtiges Stück. Ich mag ihn auch sonst als Innovator, interessante Jazzfigur, aber das Stück spezifisch, das höre ich mir auch heute noch an, ist auch das einzige Stück, das ich so offiziell auf einer Platte interpretiert habe. Das ist eine wichtige Figur, Thelonius Monk ist eine sehr wichtige Figur in der Art der kompositorischen Improvisation und der Komposition im sehr minimalistischen Sinne. Und vielleicht dann doch noch ein Komponist, dessen Musik mich sehr geprägt hat, Igor Stravinsky, in der ganzen Art, wie er Musik sieht, was Musik ist, von der Komposition über die Improvisation bis zur Interpretation und auch der Art, sie selber zu verkörpern, sowohl zu dirigieren wie zu spielen, wie zu komponieren. Also eine sehr große Bandbreite auf jeden Fall an verschiedenen Musikstilen. Und vielleicht den Zuhörerinnen und Zuhörern, die dich persönlich noch nicht so gut kennen, dich so ein bisschen näher zu bringen, habe ich mir ein paar Entweder-Oder-Fragen überlegt, den ich starten würde. Du hast einen Joker, das heisst, wenn du eine Frage, die du nicht entscheiden kannst, nicht entscheiden möchtest, darfst du deinen Joker ziehen. Ansonsten musst du dich bekennen. Album oder Playlist? Album. Timon Struppi oder Donald Duck? Timon Struppi. Ist es so, dass du aus anderen Kunstformen, wie zum Beispiel Comics, auch viel Inspiration für deine Stücke, für deine Musik ziehen kannst, oder ist es gar nicht so? Doch, sehr gut. Comics ist ein super Beispiel. Ich habe als Kind eigentlich mehr gezeichnet und Fussball gespielt als Musik gemacht. Meine Eltern kommen auch aus dem grafischen Bereich. Mein Vater war Grafiker, meine Mutter kam aus der Mode, bevor sie dann in die Psychologie gewechselt hat. Und Comics waren für mich von Anfang an ein ganz wichtiger Einfluss in der Art, auf den Punkt zu kommen, am Strich zu arbeiten, also Reduktion. Und gerade Timon Struppi oder Tintin, wie die heissen, Original, ist ein ganz wichtiger Einfluss in der Art der Dramaturgie, wie etwas erzählt wird. Zum Beispiel gibt es immer das Design der zwei Seiten, die wir aufschlagen. Das muss eine Kohärenz haben in der Farbe, in der Erzählstruktur. Und das letzte Bild muss uns verleiten, die Seite umzublättern. Und in dem Erzählstil von Hershey und der ganzen Tradition der Linie Claire, wie das heisst, hat es ganz viele wichtige Strategien und Prinzipien drin, die ich eigentlich eins zu eins auf unsere Musik übertragen habe. Also man kann sagen, das schreibe ich auch im Buch, dass die Linie Claire ein Einfluss ist, den man sozusagen übersetzen kann in die Musik. Also wir haben eine Linie Claire, die den Groove-Minimalismus kreiert. Auf diese Linie Claire würde ich gerne später eingehen, weil das fand ich einen sehr spannenden Punkt, auch in der Vorbereitung, als ich das zum ersten Mal gelesen habe, auch wie sich die vielleicht in deinem Üben widerspiegelt. Da können wir gleich noch ein bisschen tiefer gehen und darauf sprechen. Beginner oder Beginners Mind? Beginners Mind, das bleibt ewig. Das ist ein wichtiger Begleiter in der Selbstüberlistung. Überlistung inwiefern dann? Je weiter man kommt, je mehr wir lernen, auch sogar Lehrende werden, desto mehr ist die Gefahr, dass wir wissen, wie es geht. Und der Beginners Mind jetzt in Reflexion oder im Vergleich mit der Kampfkunst ist ein entscheidender Faktor, um präsent zu bleiben, sich überraschen zu lassen, im positiven Sinne. Ritual oder Abwechslung? Ritual, ganz klar, wichtige Struktur, ohne die geht es überhaupt nicht. Ist Üben für dich ein Ritual? Absolut, wichtig. Wie ich beginne, was ich mache, wann ich übe, hat sehr viele rituelle Aspekte. Auch in dem Sinne, dass ich nicht überlegen muss, warum, wie, wo, was. Gleichzeitig aber auch als Setting, innerhalb dessen grosse Freiheiten bestehen und ich ein intelligentes Lernen kreieren kann. Wenn du sagst, das ist ein Ritual, auch in den Zeiten, wie sieht denn so ein typisches Überalltag, so ein Überritual bei dir aus? In der Regel beginne ich mit Bewegen, erst lockern, alle Gelenke bewegen, schütteln usw. Dann Flow Training, auch alles immer noch ohne Instrument auf dem Balkon, wir haben da zum Glück viel Platz. Manchmal auch mit dem Aikido Stick, der heisst Jo, mit dem oder mit dem Holzschwert kann man sich sehr gut bewegen, auch grosse Bewegungen, Kreisbewegungen initiieren, um den Körper aufzuwärmen. Dann kommt leichtes Training, Muskeltraining, Bewegungskoordinations-Balancetraining, alles ohne Instrument, zu Boden gehen, aufstehen, sich bewegen usw. Verschiedene Richtungen, also den Körper aufwärmen, im Flow bringen und dann gehe ich zum Klavier, einfach Übungen mit einer Hand, die andere Hand hat diese Kugeln, die man drehen kann in der Hand, auch um Koordination, Aufwärmen sehr Flow-artig zu kreieren. Dann kommen leichte Unabhängigkeitsübungen mit Fingerfesselungen, damit die Hand nicht nur muskultrainiert, sondern auch loslassen der einzelnen Finger, das ist ganz wichtig für den Kontakt der Nervensysteme mit den Muskeln, mit den Hirnen, den Synapsen. Dann gehe ich in der Regel in zwei stimmige Inventionen, um Kontrapunkt zu trainieren, manchmal kombiniert mit Improvisationen. Dann gibt es in der Regel schon eine Pause, was trinken, wieder ein bisschen bewegen. Dann gehe ich in spezifischere Sachen, Stücke, die anstehen, manchmal Improvisations-Kompositions-Settings, um mich weiterzuentwickeln, bis dann zu sehr spezifischen Übsequenzen. Dann ist meist schon eineinhalb Stunden, zwei Stunden rum, was schon viel ist, wenn ich konzentriert übe. Dann kommt eine andere Pause und dann vielleicht später am Tag gehe ich nochmal in verschiedene Aspekte. Wenn du das gerade so beschreibst, dann finde ich hört man da schon zwei sehr schöne rote Faden raus, nämlich einmal Bewegung ist für dich ein ganz großer Aspekt beim Üben, vor allem auch ohne Instrument. Ich finde, man hört da auch schon ganz viele Reduktionen raus. Also bis du quasi an Stücke gehst und konkrete Improvisationssequenzen, die du dir anschaust und da darin arbeitest, ist das ja wirklich ein sehr krasses Herunterbrechen von entweder Bewegungsmustern auch da wieder oder von Koordinationsmustern. Ist das so zwei rote Faden, die du auch bei dir feststellst an deinem Üben? Dahinter steckt eigentlich das Lernen aus der Kampfkunst Aikido. Das ist eine gewaltlose Kampfkunst, die darauf beruht, mit der Energie des Gegenübers zu arbeiten und natürlich auch mit der eigenen, also mit den Spins, den Drehungen und so weiter zu arbeiten. Das zweite ist Feldenkreis, das ist eine Bewegungsmethode, das heisst Bewusstheit durch Bewegen erlernen. Übersetzt mein Feldenkreis-Lehrer Ueli Tonck hat immer gesagt, nicht würgen. Es bedeutet über Flow, über Loslassen, über Kreisbewegungen, über Gewichtorganisation lernen zu spielen und Phrasen zusammenzusetzen, Bewegungen zu organisieren. Gleichzeitig habe ich das glücklicherweise auch bei Erna Ronca, einer Lehrerin, die in Zürich unterrichtet und aus der Schule von Dino Lipatti, Hubert Harry in Luzern kommt, habe ich eigentlich das genau gleiche gelernt, also aus dem Zentrum spielen, Gewicht des Ellenbogens einzusetzen, flexibles Handgelenk im Sinne von gummig, also im Sinne von federnd, also nicht einfach relaxed oder ganz locker oder fix, sondern das Handgelenk als Übersetzung des Gewichts des Ellenbogens, der aus dem Zentrum gelenkt wird beim Sitzen, so Bewegungen zu übersetzen in Klang und über Akido, Feldenkreis und eben dieses Klaviertraining, ergänzt noch mit ein bisschen Gyrokinesistraining, Balance, Koordination, kleinen Muskeltraining. Das hilft mir sehr, wegzukommen von Ambition, von Würgen, von Wollen, vielmehr in Flow und in Geduld sich zu üben. Geht manchmal länger im Moment, geht aber letztlich schneller, um das Resultat hinzukriegen, zum Beispiel eine schnelle Sequenz ganz flüssig, organisch zu spielen. Würdest du dann auch so weit gehen, dass du sagst, dass dein Fokus beim Üben genau darauf liegt? Also es gibt ja diese Theorie von, ich weiß nicht, ob du das kennst, externer, interner Fokus und dieser, also das ist von Gabriele Wolf mal irgendwann eine Theorie gewesen aus dem Sport, auch diese Optimal-Theorie, dieses Akronym, die davon spricht, dass wenn der Fokus extern ist, also nicht auf der Bewegung, sondern auf dem Ergebnis, dass das förderlicher ist. Hier ist es aber, glaube ich, eher so ein Fokus auf, okay, mein Ellenbogen beispielsweise soll ganz locker sein, ich möchte mich maximal entspannen und mit Effortless, also dieses Effortless ist, glaube ich, ein ganz schöner Begriff dafür, mit so wenig Aufwand wie möglich dieses Klangerlebnis oder Ergebnis erzeugen, was in meinem Kopf ist. Also würdest du sagen, du bist eher darauf fokussiert beim Spielen und Üben? Ist wahrscheinlich eine Mischung. Es geht auch darum, ein Gefühl dafür zu kriegen, was organisch ist in der Bewegung. In der Kampfkunst heisst das Silent Movement, also stilles Bewegen, dass man die Schnelligkeit, das Tempo gar nicht sieht, weil es so organisch aussieht. Das hat damit zu tun, die drei Ebenen Gravitation, Organisation des eigenen Systems und Spin, also Bewegungsinput, gut aufeinander abzustimmen. Das kann man natürlich oft auch sehr gut lernen von anderen Techniken aus dem Sport, aus der Kampfkunst, weil wir doch in der Regel am Instrument sehr spezifisch dann üben. Und darum bin ich über die Jahre nicht zuletzt auch durch körperliche Grenzen dazu gekommen, das immer mehr zu trainieren, anstatt sozusagen an der Fingerbewegung zu arbeiten. Jetzt hast du auf die erste Frage geantwortet, dass Üben für dich vor allen Dingen Meditation ist. Jetzt haben wir gerade diesen Fokus intern-extern gehabt. Ist dann aber auch dieser Geisteszustand, dieses Meditative, dieses in sich Rohende, was du beim Üben auch versuchst bewusst zu erreichen? Ich glaube, vor allem diese Bewegungssachen am Anfang sind ja wahrscheinlich auch dafür da, so eine Innschau zu betreiben, so ein Gefühl zu bekommen, wie fühlt sich mein Körper heute auch an? Ist das da so ein erster Schritt für in diesen meditativen Flow-Zustand, das du vorher genannt hast, reinzukommen? Ich glaube, es macht einfach keinen Sinn zu üben, so wie ich Üben verstehe, wenn wir nicht voll bei der Sache sind. Ich kann nicht stundenlang voll bei der Sache sein. Mir geht es wirklich darum, die Zeit in einer guten Weise zu nutzen und zu geniessen. Darum ist der Anspruch schon hoch, das immer meditativ zu machen, aber es führt letztlich zu mehr realistischem Einschätzen, was dann auch unter Druck überhaupt möglich ist. Es braucht sehr viel Geduld und auch Auseinandersetzung mit dem mentalen Prozess, der beim Spielen passiert, nicht zuletzt dann eben beim Performen auch. Aber darum würde ich sagen, es macht keinen Sinn, wenn ich ans Klavier sitze, um ein bisschen die Finger zu bewegen oder aufzuwärmen. Da gibt es eine interessante Geschichte. Ich habe nämlich meinen Finger verletzt, den Zeigefinger, die linke Hand. Ich bin ja auch Vater, Hausmann zum Teil, und bin dann da am Kochen und manchmal ist auch Stress da. Und ich habe dann ein Glas kaputt gemacht und das habe ich eigentlich sauber verräumt, aber da blieb ein ziemlich grosser Splitter im Wasser, im Spülbecken liegen. Und irgendwo durch eine blöde Bewegung hat mir dieser Splitter einen Schnitt in den, sozusagen vorne bei der Fingerbeere, wie sagt man dem da? Bei der Kuppel, genau, Fingerkuppe. Bei der Fingerkuppe gemacht, sodass es einen tiefen Schnitt gab. Ich habe die Kuppe nicht mehr gespürt und bin natürlich sofort zum Arzt. Das ist dann zugewachsen, aber das Gefühl kam nicht mehr zurück. Dann bin ich in die Behandlung gegangen, bei einem speziellen Arzt dafür. Der hat mich dann weitergeleitet zu einer Spezialistin für Bewegung und Touch. Und die hat mir gesagt, wenn Sie daran arbeiten, dass der Finger das Gefühl wieder kriegt, überhaupt für den Touch, also wie wenn wir die Taste überhaupt berühren, dass Sie es überhaupt spüren, dann ist es wichtig, dass Sie das mit vollem Bewusstsein machen. Das heisst, sie hat mir als Beispiel eine Orange gegeben. Wenn ich eine Orange habe, gehe ich mit der Fingerkuppe über den Streich, sozusagen über die Oberfläche der Orange. Gleichzeitig rieche ich die Orange, schaue sie an und vielleicht esse ich sogar noch einen Schnitt. Das heisst, die Erinnerung, das Gefühl, die Nerven, alles kommt zurück über einen gesamtheitlichen Kontakt und einen sehr bewussten. Man kann auch sagen meditativen Zugang. Das fand ich extrem spannend, weil um das geht es eigentlich beim Üben auf hohem Niveau, dass wir für eine Extremsituation unser ganzes System schärfen. Daher nützt es einfach nicht, wenn wir noch ein bisschen üben, nur damit es gemacht ist. Alle Jahre wieder, könnte man inzwischen sagen. Ich möchte auch im nächsten Jahr den Podcast weiterentwickeln und verbessern. Das geht natürlich nur mit eurem Feedback. Was soll sich ändern? Wovon wünscht ihr euch mehr? Was stört euch? Oder wer sollte unbedingt mal als Gast in den Podcast kommen? In den Shownotes findet ihr den Link zu einer kleinen Umfrage. Versprochen, ihr braucht keine 5 Minuten. Unter allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern verlose ich 5 meiner Übeplanvorlagen. Vielen Dank euch schon mal. Dann lasst uns doch gerne mal ein bisschen tiefer reingehen in dieses meditative Üben und dieses ganz Bewusstmachen. Wir hatten ja vorher schon die Linie Claire angesprochen. Ich fand diese Anekdote, die du erzählst in deinem Buch, an deinem 8. Geburtstag, als du Themo und Struppi, das war, was habe ich mal aufgeschrieben, der Schatz des Rackham, des Roten, als du das gelesen hast und von dieser simplen Art und Weise, von dieser Linie Claire von Hergé so begeistert warst, die aber als Endprodukt ja was hat, was überhaupt nicht simpel ist. Also man sieht diese Linie ja nicht an, ihren Entstehungsprozess. Jetzt haben wir gerade schon ein bisschen gehört, wie du das in dein Üben einbaust. Ist das was, was du schon immer so gemacht hast? Also hast du diese Art und Weise zu üben schon immer so verfolgt, diese Klarheit und diese Reduktion auch? Oder ist das was, was sich so durch die Kampfkunde, das du vorher schon so ein bisschen angesprochen hast, einfach so entwickelt hat auch bei dir? Nein, ich habe natürlich am Klavier nicht so gearbeitet. Ich hatte große Ambitionen. Ich habe bis 14 so einfach geschaut, gespielt und war so in der Sache drin. Ich habe nicht viel geübt. Ich hatte schon diesen Beginnersmind beim Zeichnen vor allem oder beim Fussballspielen so einfach bei der Sache sein, weil man Freude hat und so. Bei der Musik war das schon auch, wenn es schnell ging. Ich hatte so ein Talent, Dinge schnell zu hören, vor allem auch wenn ich zugeschaut habe in der Stunde oder so. Aber bewusstes Üben, das kam dann erst später. Ich habe dann mit 15 Jahren begonnen, klassischen Klavier zu unterrichten. Ich hatte die Chance, zu einem sehr guten Lehrer zu kommen. Und der hat mich dann quasi als Vordermann gebracht in vier Jahren mit klassischem Training. Das war Boris Merson, ein sehr bekannter Komponist, Pädagoge, Pionier in der Schweiz. Der leider gestorben ist vor ein paar Jahren, war schon sehr alt, als ich dahin kam. Dort habe ich dann plötzlich meine Ambitionen entdeckt und dann habe ich mit sehr viel Willen geübt, sehr viel auch sozusagen gegen andere. Wenn die da draussen rumgehangen sind am See oder so, bin ich nach Hause, um zu üben, und habe gedacht, ich mache etwas aus meinem Leben und die hängen da nur rum und so. Also die ganze Ambition als Teenager, die ich da so hatte, ging dann ins Übel. Und das hat sich natürlich auch im Körper dann geäussert. Ich habe dann irgendwann eine Sehenscheidentzündung gekriegt. Und das war dann der Punkt mit so 18, 19, wo ich mir zu überlegen begann, wie übt man am besten, was ist der Grund dafür? Ich hatte auch Angst, dass ich nicht mehr spielen kann und so weiter. Und dann begann zuerst einmal eine Odyssee durch verschiedenste Techniken und auch bei verschiedenen Lehrern, bis ich dann dahin kam, die Dinge zu entdecken, die ich jetzt vorher erwähnt habe, die mir geholfen haben, mehr Flow, mehr Beginnersmind, mehr Konzentration ins Üben zu bringen. Ein Schlüsselerlebnis war natürlich diese Begegnung mit der Lehrerin Erna Ronca und dieser Tradition des Körperspiels. Aber die anderen Sachen habe ich selber entdeckt, eben über Aikido, Felgenkreis, das war eigentlich das erste, was ich begonnen habe, und eben weitere Techniken. Jetzt gehst du ja noch einen Schritt weiter und hast ja diese drei Prinzipien, die du auf ganz viele Sachen runterbrichst. Wir hatten es gerade vorher schon im Vorgespräch, so ein bisschen scherzhaft von den drei Prinzipien für eine gute Partnerschaft. In deinem Buch sprichst du auch von den drei Prinzipien für Musicianship, nämlich "Listen, only play the essentials and make the others sound good". Da habe ich mich gefragt, das Ganze lässt sich ja noch nicht eins zu eins aufs Üben übertragen. Wenn du dir jetzt ganz spontan drei Prinzipien überlegen musst oder müsstest, für dein Üben, was wäre das dann? Etwas steht noch nicht im Buch, das hat sich alles schon weiterentwickelt, das ist ja schon jetzt drei Jahre her. Obwohl sehr viele essenzielle Dinge drinstehen und wir auch versucht haben, die vereinfacht zu kommunizieren, damit man es überhaupt versteht und anwenden kann, auch für Menschen, die sich dafür interessieren. Und die drei Prinzipien kann man eigentlich auf alles übertragen, wenn es um das Performen, Üben usw. geht. Das heisst "Listen, breathe, connect". Also höre zu, komm in den Zustand des Hörens. Im Buch ist das beschrieben, in dem Artikel zur Kampfkunst, dass Hören eine Art von Aufmerksamkeit ist. Atmen, also bleib beim Atmen, also ein Prinzip, das Bewegung begleitet, initiiert, ermöglicht. Und Connect heisst, geh immer wieder auf das, was ist. Beim Üben zum Beispiel den Kontakt mit dem Instrument, mit der eigenen Organisation des Gewichts usw. Also geh in Kontakt auf die relevanten Faktoren. Beim Performen kann das natürlich vor allem heissen, den Kontakt mit den anderen Musikern und Musikerinnen auf der Bühne, mit dem Raum, mit dem Publikum. Aber es ermöglicht diese Linien im Moment immer wieder sich auf die zu fokussieren, statt in den Kopf zu gehen, da war ein Fehler oder abzuschweifen oder die Angst im Nacken zu spüren usw. Also zuhören, atmen, connecten. Das sind ganz wichtige Prinzipien, die ich auch beim Üben jetzt so einfach immer wieder anwenden kann. Dass es nur drei sind und dass sie so einfach sind, hilft eben, weil man ist ja am Machen. Und wenn man am Machen ist, ist Denken in dem Sinne nicht angebracht. Das sehen wir bei der Kampfkunst, man ist einfach zu langsam. Das heisst natürlich nicht, dass Denken, Überlegen, Konzepte entwickeln, Übkonzepte zum Beispiel, an sich nicht angebracht ist, aber das sollte man dann machen, wenn man sich eben da drauf konzentriert. Beim Bewegen, beim Musikmachen, beim Zuhören, beim Zusammenspielen ist es wichtig, in den Moment und in den Kontakt zu gehen. Wo du gerade das Connect ansprichst, das ist ja auf jeden Fall, also du hast es gerade beschrieben, Connect mit dem Publikum, beim Auftritt auch mit anderen Mitmusikerinnen und Mitmusikern und in den Körper. Aber es ist ja auch ein Connect in sich selbst hinein, also vor allem, wo du es gerade angesprochen hast, Überkonzepte entwickeln, das muss ja auch bedeuten, dass ich mir überlege, wo möchte ich eigentlich denn hin, was möchte ich erreichen, wie möchte ich klingen und was muss ich dafür tun, um auch dahin zu kommen. Und was auch ganz wichtig ist, das habe ich auch von den Lehrenden gelernt, die mich unterrichtet haben, also im Feldkreis in der Musik natürlich, Imaki da immer noch und auch die Trainerin, die ich hatte, also dass ich das anzuwenden beginne auf meine spezifische Situation, jeder Körper ist anders, es ist gefährlich, einfach Dinge zu kopieren eins zu eins, es ist wichtig, diese Übersetzung zu machen, das ist gar nicht so einfach, wie es klingt, sondern dafür braucht es sehr viel Erfahrung, ich muss immer noch viel Erfahrung von anderen Techniken holen. Es reicht nicht, das nur auf dem Instrument anzuwenden und zu versuchen, sondern es ist ganz wichtig, dass man seine Art des Bewegens, des Wahrnehmens, des Kreierens zu verstehen beginnt und immer daran feilt. Es geht einerseits darum, die Wahrnehmung zu schärfen, die Eigenwahrnehmung und die Aussenwahrnehmung, aber andererseits auch überhaupt zu verstehen, wie meine eigene Physiognomie funktioniert, einer der grössten Missverständnisse ist, dass man zu einem bekannten Lehrer oder einer bekannten Lehrerin möchte, wegen der Technik an sich, aber das Entscheidende ist dann eigentlich, was hat das mit uns beiden zu tun und wie kann ich das adaptieren und gute Lehrende habe ich so erfahren, dass sie genau diesen Punkt bewusst, einen Wert bewusst darauf legen und sich auch bewusst sind, dass es nicht bei jedem gleich funktioniert. Du setzt aber auch vor, dass man als Schüler/Schülerin auch da so offen ist und nicht, wie du es gerade beschrieben hast, mit diesem Mindset zum Lehrer geht, um genau das zu adaptieren. Das war ganz interessant. Ich hatte sehr viele gute Lehrer und Lehrerinnen, aber es gab auch sehr viele Missverständnisse und es kam auch sehr darauf an, in welcher Phase ich war. Zu Beginn, als ich ins Konservatorium Zürich kam, da war ich noch so ein bisschen rebellischer. Ich kam auch eigentlich aus dieser Jazzwelt. Ich hatte einerseits grössten Respekt vor der klassischen Musik, aber andererseits kam mir bestimmte Dinge auch ein bisschen kurios vor, weil ich so ein bisschen ein Outlaw war. Und ich wollte eigentlich, ich habe mich entschieden für klassische Musik, um besser Klavierspielen zu lernen und das gab dann einige Missverständnisse mit meinem ersten Lehrer und ich habe mir da auch so ein bisschen die Hörner abgestossen, bis ich dann gemerkt habe bei Erna Ronca, meiner wichtigsten Lehrerin, dass es wichtig ist, dass ich eigentlich wie ein Schwamm funktioniere, wenn ich in die Stunde gehe. Also einfach offen, auch bis zum gewissen Grad fast unkritisch in die Stunde gehe, das alles aufsauge, mir Notizen mache, das übe eine gewisse Zeit und dann das Verdauen ganz langsam mache und auch eher Fragen stelle und der Lehrerin vertraue über mehrere Monate oder im besten Falle auch Jahre, dass wir das zusammen hinkriegen. Natürlich braucht es auch eine Lehrperson, die kompetent ist und der man wirklich vertrauen kann, da braucht es natürlich zwei für, aber ich muss schon sagen, dass ich auch dann wirklich ready war vom Mindset her ein besserer Schüler zu sein. Umso besser. Jetzt ist ja Listen nicht nur gerade in diesem beschriebenen Prinzip, was du jetzt hier uns neu präsentiert hast, ganz wichtig, sondern das zieht sich ja eigentlich durch das ganze Buch, auch durch das Buch heißt es auch Listening. Wie ist das denn, also wie nutzt du denn dieses Prinzip beim Üben? Nimmst du dich auf beispielsweise, um das zu analysieren, du hast gerade vorhin schon gesagt, dass du selber deine eigenen Stücke anhörst, also wie kann man dieses Prinzip Listen, Listening sich vorstellen, wenn du übst? Es gibt da verschiedene Aspekte, das eine ist natürlich das unmittelbare, also versuchen durch den Atem, durch den Fokus, durch die Art, wie ich bewege am Instrument, wirklich Kapazität zum Zuhören zu haben. Das ist etwas, was man gemeinhin unterschätzt. Wir denken, wir setzen uns da ans Klavier in einer Situation einer Stunde oder auch selber oder in einer Performance-Situation und logischerweise hören wir es, weil wir haben ja zwei Ohren. Das ist aber nur begrenzt richtig, unsere Art uns zu bewegen, unsere Körperchemie, unser Atem beeinflusst das Hören und unsere Kapazität und damit auch unseren mentalen Zustand. Und da über verschiedene Techniken zu lernen, wie man im Jetzt ist, ich nenne das, wie wir vergrössern unter "Jetzt", also expand your Now, so einen Jetzt-Ball zu kreieren in der Zeit, einen Jetzt-Globe, in dem man ist, das kommt nicht von selber, mindestens bei mir ging das nicht. Es geht darum, Meditation zu trainieren, Kampfkunst zu trainieren, Übtechniken, auch die eigene Ambition, die eigenen Ängste, Wünsche in den Griff zu kriegen. Das bedeutete bei mir und bedeutet es immer noch, das zu trainieren, nicht nur am Instrument selber, sondern ganz generell. Also das ist die Fähigkeit, überhaupt zuzuhören. Hören ist ja das eine, aber zuhören und dann auch sich selber zuhören, wenn ich am Machen bin, das ist das andere, gar nicht so einfach. Und das Zweite ist, dass wir das Hören generell kultivieren, also als Strategie, dass wir zum Beispiel sagen, wir haben nicht immer schon einen Kommentar oder reden oder denken schon, sondern wir hören im Sinne zu, dass wir versuchen, vertieft zuzuhören, was jemand sagt, was seine Bedeutung ist, was verschiedene Aspekte einer Sache sind. Das bedeutet für mich zum Beispiel auch Komponieren. Wenn ich arbeite mit Motiven, bedeutet es, ich finde vielleicht, wie es Stravinsky sagt, die Hände finden manchmal Dinge, die der Kopf nicht findet oder die Ohren finden Dinge oder was auch immer, aber wir haben dann was gefunden, weniger erfunden als gefunden. Aber dann kommt das Zuhören, das Materialstudieren in einem physischen Sinne, dem Material zuhören, was macht das Material, das Motiv, wie bewegt sich das, was kann das, wie bewegt sich das, wenn es gespiegelt wird, wenn es einen Kontrapunkt erhält und so. Da geht es ganz viel um die Technik des Zuhörens im multisensuellen Sinne, so wie in dem Kampfkunstgedicht, was ich ein Teil daraus zitiert habe. Also, I have no ears, the five senses are my ears. Ich habe keine Ohren, sondern die fünf Sinne sind meine Ohren. Ich bin fokussiert auf das Ding, mit dem ich mich beschäftige. Und diese Hörhaltung finde ich sehr wertvoll, weil sie letztlich auch eine Respekthaltung ist, eine Zuneigungshaltung, dass wir nicht sofort das Gefühl haben, wir sind die Erfinder, wir haben das Ding entdeckt, wir wissen, wie es läuft, ich, der Komponist, sage dem Material, was es tun muss, sondern es ist eine Haltung der Bescheidenheit im guten Sinne, dass ich habe die Chance, diesem Ding zuzuhören und damit was zu machen. Und für mich ist es so wesentlich einfacher zu arbeiten, natürlich auch anspruchsvoller, weil es braucht die volle Konzentration, aber es ist einfacher, weil ich mir dann nicht selber im Wege stehe. Aber das heisst, du hast diesen Jetzt-Ball, wie du es gerade so schön genannt hast, den du versuchst zu kultivieren während dem Üben, also das bewusste, wirklich aktive Zuhören. Aber gibt es dann auch so eine analytische Phase danach, also dass du dann sagst, okay, du hast ja vorher das Beispiel gerade schon genannt, um darauf nochmal kurz zurückzukommen, ich führe mir meine eigenen Sachen an, aber beim Üben nimmst du auch bewusst dann so Loops von dir selber auf, improvisierst drüber, um dann anschließend zu sagen, okay, das ist noch nicht so ganz, wo ich es gerne hinhaben möchte, das und das möchte ich verbessern. Absolut, das ist wichtig nicht zu verwechseln, ich bin nicht gegen Analyse und so weiter, das ist natürlich ein extrem wichtiger Punkt. Ich finde auch, analytisch denken zu lernen, zu schreiben zu lernen und so weiter, das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Ich habe dann drei Jahre Philosophie studiert bis zur Zwischenprüfung, bis ich dann gemerkt habe, es wird zu viel mit allem. Ich wollte mich dann doch auf die Musik konzentrieren, aber ich hatte eigentlich keine Lust aufzuhören, weil die Schärfung des Geistes im Sinne eines ehrlichen Analyseinstrument, sagen wir mal kreativ-ehrlichen Analyseinstrument, ist natürlich absolut essentiell. Und darum ist es eben wichtig, die Phasen einzuschalten, wo wir über die Bücher gehen, wo wir sagen, okay, das ist der Track, so haben wir ihn aufgenommen, jetzt höre ich mir den zehnmal an, diese Stelle 20 mal an, was passiert da genau? Ich möchte das Mikroskop sozusagen noch mehr schärfen, um im Mikrobereich noch mehr zu hören, noch mehr zu sehen. Darum ist Aufnehmen eine wichtige Taktik, sowohl filmisch, wie ich mich bewege, wie musikalisch natürlich. Die Band auch beim Spielen, Live-Performances aufzunehmen, eine Riesenchance heute mit all den Medien. Also bewusstes Nachbearbeiten, absolut essentiell, auch beim Alleinerarbeiten, ganz klar. Jetzt heisst ja Reduktion, wenn man sich das so anschaut, immer auch Verzicht auf eine Art und Weise. Und ich finde, das ist bei dir eigentlich ein ganz schöner roter Faden, aber auch wie du es gerade so schön beschreibst es hier, wie du es schaffst, auch mit dieser analytischen Haltung, die du hast, die Sachen sehr stark zu reduzieren. Hattest du nicht irgendwann das Gefühl gehabt, du hast vorher diese Szene so schön beschrieben mit deinen Freunden, die früher am See unten abgehangen haben und du warst der Meinung, okay, ich gehe es üben, ich mache was aus meinem Leben. Hast du bei diesen ganzen Reduktionen nicht manchmal auch Angst gehabt, da was zu verpassen und zu sagen, ah, fuck, ich habe jetzt die drei Sachen, auf die ich mich gerade fokussiere und dabei fällt das, das und das irgendwie hinten runter und ich komme dazu irgendwie nicht? Vielleicht nicht Angst, aber es gibt eine grosse Überforderung, weil natürlich ein kreativer Geist, wie ich jetzt die Chance habe, den irgendwie mitgekriegt zu haben, der ist sehr schnell fasziniert von den verschiedensten Dingen und kann auch ganz schnell abtauchen im Sinne von Ablenkung und das ist schon für mich ein Riesenthema. Also Reduktion kommt nicht aus Widerwillen oder weil ich finde, es gibt nicht genug interessante Dinge, sondern mehr aus Überforderung. Und irgendwann dann auch habe ich gemerkt, ein paar Dinge richtig gut zu können oder zu entwickeln, recht eigentlich neu zu entdecken oder vielleicht sogar mitzuerfinden, das ist nicht so einfach, da reicht schon ein Leben fast nicht für. Und das ist dann eine Frage der Entscheidung. Das ist auch für mich keine Frage der Wahrheit oder was ist richtig oder falsch, sondern mehr, was gibt mir letztlich mehr Kontakt mit mir selber und der Welt. Und für mich war das wichtig, dass Reduktion nicht Simplifizierung bedeutet oder der grösste Teil der Dinge ist nicht interessant. Es bedeutet die Entscheidung, sich auf ein paar wesentliche Dinge zu konzentrieren, um die wirklich zu erforschen. Also insofern gibt es das Problem immer noch. Ich habe immer noch sehr viele Interessen und es ist immer wieder wichtig zu sagen, es geht leider nicht alles. Da darf man sich auch nicht selber überschätzen. Passt da so ein bisschen an die Stelle, ich habe in einem Buch auf eine Stelle gestoßen, die mir sehr gut gefallen hat und die eigentlich glaube ich ganz genau das beschreibt so ein bisschen, zumindest interpretiere ich das so, wie du es gerade genannt hast. Du hast ziemlich am Anfang geschrieben "Evolution happens naturally". Also dieses Vertrauen darauf, dass wenn ich mich auf bestimmte Sachen konzentriere und vielleicht sogar einer der bin, die etwas Neues erfinden, irgendwas voranbringen, das wird dann schon gut. Also meine Frau ist ja Biologe, insofern hat sie mir immer wieder erklärt, wie Evolution eigentlich funktioniert, als Idee und so weiter. Das ist ja gar nicht so einfach. Was ist das überhaupt genau? Einerseits kennen wir das eben aus der Biologie sozusagen und andererseits kennen wir es von dieser Idee, die vielleicht in der japanischen Kunst am stärksten ausgeprägt ist, einer Art spirituellen Hingabe an die Kunst, dass wir nicht versuchen, das Resultat zu erzwingen, sozusagen avantgardistisch zu erzwingen, brechen wir mit den Vorfahren oder verteufeln wir die Eltern, sondern Revolution in dem Sinne, sondern viel mehr Step-by-Step-Hingabe, Fokussierung, starke Energie draufrichten und dann passieren Dinge, die in der Natur der Sache liegen, in der Natur des Lernens, in der Natur, wie schnell das Lernen passiert. Das ist eine Taktik, die mir auch hilft, dass ich nicht überfordert bin mit all den Dingen, die es zu regeln, zu organisieren, zu üben gibt. Ich hatte kürzlich eine interessante Diskussion und dann wird es sehr ernst mit einem Freund aus dem Iran und dort geht es ja um Evolution oder Revolution im politischen Sinne und der hat mir gesagt, dass ein Musiker, dass sie eigentlich viele intelligente, sagen wir mal bewusste Leute, also unzählige gibt, sehr viele gut gebildete Leute im Iran, die wollen eigentlich nicht eine Revolution und dann Rache und Regime-Change so zack, sondern sie sagen, das muss Step-by-Step passieren, lieber langsam, aber seriös als auf einen Schlag und dann gibt es wieder Dutzende oder Hunderte oder Tausende Tote. Das hat mich sehr, sehr berührt, weil es ist ja nicht auszuhalten, die Situation und gleichzeitig muss man sich ganz genau überlegen, was ist der beste Move und wie lange geht so etwas. Das ist jetzt ein krasses Beispiel, aber ich finde in der Kunst ist es manchmal ganz ähnlich. Manchmal braucht es ein bisschen Geduld, es geht vielleicht zehn Jahre statt zwei Jahre, bis sich ein richtiger Wechsel eingespielt hat. Also wir sehen das zum Beispiel bei Odd Meters Musik oder rhythmisch differenzierterer Musik. Das ist heute viel verbreiteter als vor zehn Jahren und das hat mit verschiedensten Entwicklungen zu tun, unter anderem auch mit unserer Arbeit, aber das konnte man nicht auf einen Schlag einführen. Das musste über mehrere Stufen Leute inspirieren, langsame Lernprozesse ergeben, Vertrauen in diese Musik usw. Das finde ich nach wie vor einen seriöseren Prozess, nachhaltiger als wenn wir versuchen, das mit Revolution zu ändern. Es sind Organisationen ja auch ähnlich, wenn es darum geht Organisationen zu entwickeln, dass es im besten Fall langsam und stetig geht und im besten Fall auch alle mitgenommen werden. Zum Thema Odd Meter fällt mir ein, du hast in deinem Buch auch so eine schöne Stelle, wo du Shaker-Übungen hast. Machst du die auch so hier in deinem eigenen Üben, um so ein bisschen diese rhythmische Unabhängigkeit und Odd Meter Training zu machen? Genau, Shaker-Training ist sehr was Wichtiges, was auch zu meinem Aufwärmen gehört. Das hat verschiedene Aspekte, einerseits hört man bei diesem einfachen Instrument die Subdivision sehr klar, wie spüre ich die überhaupt, wie kann ich die passieren lassen, anstatt dass ich sie vorsiere oder führe, wie kann ich den Körper, die Subdivision, den Flow, das Time, wie wir sagen, oder in der Groove Musik passieren lassen, dass das natürlich passiert. Wie wir es von verschiedensten Traditionen kennen, bei denen vielleicht der rhythmische Background über Generationen, so eine Art Volksmusikartig, sich entwickelt hat. Das ist das eine, und das andere ist, dass diese Shaker-Übungen für den Rücken und die Organisation des ganzen Körpers sehr, ganz fein, sehr einen guten Einfluss haben, den Körper zu lockern, zu verstehen, wo ich Spannungen im Körper habe, die ganze Connection vom Zentrum im Körper, also unter dem Bauchnabel, bei der unteren Wirbelsäule in Relation zum Stand, zum Aufrecht sich bewegen, auch wenn man sitzt, uns da ein Feedback zu geben und den Körper zu organisieren und zu sensibilisieren. Das sind ganz gute Übungen, ganz einfach mit einem Shaker oder dann eben in polymetrische Abläufe zu gehen, so zu sagen, dass die verschiedenen Rhythmen, die ich mache, singe, gehe mit den Füssen und so weiter, dass die integriert werden im Zentrum, dass die also nicht von der Peripherie aus, von der Hand, von den Füssen und so weiter, mich ablenken und ich durch Kraft die zusammenbringen muss, sondern dass ich sie durch Integration im Zentrum passieren lassen kann. Das braucht viel Geduld, aber es ist eine wunderbare Übung und ich habe das jetzt schon in unseren Montagsworkshops seit 20 Jahren, im November sind es 20 Jahre, habe ich das ausprobiert mit den diversesten Leuten, totale Profis, Amateure, Nichtmusikerinnen, verschiedenste Leute und ich kann wirklich sagen, das Teil funktioniert. Das ist effizient, um ein Feedback zu kreieren, was macht mein Körper, wenn er in Flow kommt, wenn er in Relation zu Subdivision, zu Puls, zu komplexeren Rhythmen organisieren muss, zu Kontrapunkten und so, und zwar unabhängig vom Stil. Also es kommt nicht darauf an, ob ich die rhythmische Organisation eines, keine Ahnung, Mozart Streichquartetts anschaue oder einen Groove von James Brown. Es geht immer um die Integration von Tempo, Time und Timing. Das ist auch so eine Reduktion im Buch. Tempo, wir nennen das die kalte Wahrheit, also ein effektives Tempo, was wir messen können mit dem Metronom. Viele Stücke haben ein Tempo, was Sinn macht, vom Komponisten aus oder von der Band aus gesehen, aber dann ist die Frage nach dem Time, was machen wir innerhalb dieses Tempos, wie geben wir Zeit, wie holen wir Zeit auf, wie bewegen wir uns im Tempo und das Timing bedeutet, wann kommt etwas in dieser Bewegung, in dieser Richtung. Und mit Shaker-Training und den verschiedenen Advanced Levels, was wir damit machen können, ist das eine ungeheuer inspirierende und auch sehr ehrliche Art von Training und Feedback zu kriegen, wie ich mich selber darin verhalte, sozusagen im multidimensionalen Time-Raum. Also mit Advanced meinst du ja dann, dass man es verspricht, klatscht dazu, also dass quasi der ganze Körper unabhängig von allem was anderes macht. Du hast den Shaker in der einen Hand. Genau, wir reden gerne von Unabhängigkeit. Ich habe jetzt, sag mal was Einfaches, du hast vier in den Füssen, der Shaker spielt die Subdivision, die eine Hand macht drei und du singst sieben oder so. Das bedeutet, ich kann das alles unabhängig machen. Einerseits einzeln, aber auch zusammengesetzt. Wir möchten aber eigentlich einen Schritt weitergeben. Wir möchten, dass das ein Resulting Pattern gibt, dass alles zusammen integriert, die gleiche Feinheit, die gleiche Verfeinerung hat, wie wenn ich etwas alleine mache oder zusammensetze. Am Schluss ist das sozusagen ein Ganzes, obwohl es drei, vier, fünf, sechs, sieben verschiedene Teile sind. Dieses Training ist wirklich neurologisch, nerventechnisch, muskeltechnisch vom Space, den wir kriegen, wie wir uns in Musik bewegen, in der Zeit, im Rhythmus, ist absolut zuverlässig, dass wir uns da verbessern, die Wahrnehmung schärfen und uns weiterentwickeln können, unabhängig vom Instrument, das wir spielen. Und ich finde diesen Aspekt des Feedbacks da auch super gut, weil du hast sofort Rückmeldung bekommen, man spürt und merkt immer, man sieht es und man spürt es. Und was auch da wieder schön durchkommt, um auf den Bogen zum Anfang zu schlagen, diese beiden Prinzipien Bewegung, Körper und Reduktion, die schlagen in dieser Shaker-Übung ja auch wieder voll durch und das ist quasi auch so eine wirklich eine sehr einfache Möglichkeit, genau diese beiden Prinzipien in eine musikalische Übung zu gießen am Ende. Absolut und ich meine, bei vielen Stücken sind die Elemente nicht kompliziert, erst so die Zusammensetzung ist kompliziert. Also wenn wir zum Beispiel einen Alberti-Bass nehmen in einem Mozart-Stück oder so, das scheint jedem ein einfaches Teil zu sein, aber dort hört man zum Beispiel, wie kann ich Rubato in Subdivision integrieren. Es gibt ganz viele solche Mini-Elemente, die in allen Musikstilen auftreten, wo du ganz genau hörst, was für ein Feel, für ein Bewusstsein, für das Feel hat der Mensch und kann er das in die Bewegung übersetzen. Und darum ist der Shaker sozusagen die einfachste Variante, das alles sichtbar, hörbar und spürbar zu machen. Und lässig findest du das auf jedem Instrument in der Bewegung, in verschiedensten Bereichen, verschiedensten Stilen wieder. Mit so ein bisschen Blick auf die Uhr würde ich gerne, weil wir jetzt das Thema Musik und Kampfkunst immer nur am Rande angeschnitten haben, aber noch gerne einmal ganz kurz reingehen zumindest. Du sprichst in deinem Buch ganz oft von diesem Musik-Dojo, was man sich vorstellen kann. Ist damit genau das gemeint? Also diese Reduktion, Bewegung und all das? Die Idee kam eigentlich natürlich wegen dem Kampfkunst-Dojo. Also ich betreibe es seit ungefähr 25 Jahren oder so, gehe ich ins Aikido und regelmässig ins Dojo, was eigentlich der Übplatz heisst. Mir ist einfach aufgefallen mit der Zeit in meinen Montags-Workshops, die ja offen sind für jeden Menschen, ist mir aufgefallen, dass dort etwas anderes passiert als zum Beispiel an Akademien, wo vor allem Leute zusammenarbeiten, die auf dem gleichen Level sind, die am gleichen Stil interessiert sind und so weiter. Was auch absolut wichtig ist. Ich war selber an so einer Schule und so. Aber beim Dojo ist die Idee ein bisschen eine andere. Da geht es darum, alle trainieren miteinander. Der beginnende Mensch mit den Leuten, die sehr advanced sind, Amateure mit Profis, Klassikerinnen mit Rockmusikern. Das ist eigentlich das Spannende. Mein Job ist dann, ein Setting zu schaffen, wo die voneinander lernen können. Natürlich geht es um ein paar Grundprinzipien, die ich dann auch vorlebe und unterrichten kann, aber gleichzeitig geht es auch um die Haltung der Leute, die ins Dojo kommen. Und das ist auch kampfkunstdojomässig ganz klar. In Japan habe ich das selber erfahren. Du gehst dahin, damit alle trainieren können. Du gehst nicht, wie wir das oft haben, so optimiermässig. Ich gehe nur ins Tennis oder dahin, wenn sich mein Tennis verbessert oder wenn ich Spass habe oder wenn das und das. Um das geht es nicht. Man geht ins Dojo, damit man zusammen lernen kann. Wenn du nicht kommst und Alexandra nicht kommt, dann bin ich alleine. Es braucht alle, damit wir im Dojo zusammen arbeiten können. Du musst das Bewusstsein haben, wenn du dabei bist, ist der andere wegen dir da und umgekehrt. So können wir lernen. Das hat eigentlich den Vorteil, dass es offen ist für alle, die einen Lernspirit haben. Andererseits lernen wir auch Dinge von Anfängerinnen. Nicht immer auf dem Level einsteigen, wo wir schon sind. Das ist etwas ganz Wichtiges. Das kenne ich auch sehr gut aus der Kampfkunst. Dass du immer mit dem Beginnersmind reingehen kannst. Ich habe diese Erfahrung auch im Studio gemacht. Einer der wichtigsten war mit Manfred Eicher, dem Produzent von ECM. Der immer wieder den Beginnersmind an den Tag legt, obwohl er so viel Erfahrung und Erfolg hat. Er hat mit so vielen berühmten Leuten gearbeitet. Ich habe ihn nie erlebt, dass er wusste, wie das geht. So machen wir das jetzt. Wir hören immer zu und finden Lösungen. Jede Produktion ist etwas Neues. Das hat mich sehr beeindruckt. Das ist auch dieser Dojo-Spirit für mich. Man kann auch sagen, das ist der Dschungel, die freie Wildbahn. Musik kannst du nicht an der Akademie lernen. Am Schluss geht es um die Performance, um den Kontakt, um die Kommunikation. Es geht auch darum, dass das eigene Ich gar nicht so wichtig ist. Im Dojo zählt die Gruppe, das Erlebnis der Beginnersmind insgesamt viel stärker, als das, was ich mit rausnehme. Das ist dann meins, das kann ich hinterher machen. Im Dojo geht es um die Gruppe im besten Sinne. Genau, unter anderem. Die Idee ist, dass Lernsetting passiert, weil wir zusammen lernen. Das hat mir immer gefallen. Das ist ein Kontrapunkt zu den Entwicklungen, die wir bei der Akademisierung hatten. Mit dem möchte ich nicht sagen, dass das schlecht ist. Das hat andere Vorteile. Aber das Dojo gefällt mir als ein Ort des Lernens, des bedingungslosen Lernens im Sinne von, ich gehe mit Hingabe dahin, damit alle lernen können. Wenn sonst niemand kommt, bin ich alleine. Das finde ich ein sehr einladendes Bild zum Abschluss. Es macht Lust, mit diesem Spirit in die nächste eigene Übessession zu gehen. Selbst wenn es nur alleine ist. Wie du das gerade so schön beschreibst, diesen Lernspirit, der dahinter steht, finde ich sehr einladend und mega schön zu hören. Ich glaube auch, du bist nie alleine. Auch wenn du übst für dich. Manchmal geniesst du auch die Schönheit dieses einsamen Übens. Da hat man auch etwas Wunderbares dazwischen, mit der Musik so einfach zu sein. Oder mit dem Instrument. Trotzdem bist du nicht alleine, weil Musik die Form des Dazwischen, des Kommunizierens ist. Das Üben bedeutet immer, du hast Dinge mitgekriegt, du wirst das wieder mitteilen, du bist in einer Community, in der das einen Effekt und einen Impact hat. Darum finde ich es wichtig, dass dieser Meditationsspirit oder diese spirituelle Community-Haltung nicht verschwindet, wenn du zum Beispiel auf die Bühne gehst, oder dass du die nur anwendest, wenn du alleine bist. Es geht darum, dass man versteht, wir sind Teil einer Gemeinschaft. Und vor allem sind wir, ich sage es mal ein bisschen pathetisch, wir sind Bürger und Bürgerinnen auf dem Planeten Musik. Und wie wir uns dort verhalten, ist ganz zentral für den Rest des realen Planeten. Das finde ich sehr schön. Ich habe zum Abschluss immer noch zwei Fragen, die ich allen meinen Gästen stelle, die ich auch noch dir gerne stellen würde. Und das ist eigentlich eine ganz schöne Klammer zum Anfang, zum Beginner oder Beginnersmind. Was lernst oder übst du gerade, was du noch nicht so gut kannst? Ich habe jetzt ein Chopin Nocturne, das Hardur wieder vorgekramt. Das hatte ich vor ganz langer Zeit gespielt. Und Chopin ist für mich ein Komponist, der auch sehr guter Improvisator war. Wir hören immer wieder in den Stücken, dass diese Kunst des Improvisierens destilliert ist in Kompositionen. Darum übe ich das Stück nicht nur, weil mir die Musik gefällt, oder um am Klavier auch andere Formen von Satztechnik zu studieren, sondern auch formal musikalisch wieder zu verstehen, was da passiert ist und wie ein Musiker genährt ist aus der gleichen Quelle, aus der dann Improvisation, Komposition und Interpretation herauskommt. Das Stück ist für mich aber doch ein Challenge, obwohl es jetzt technisch nicht so krass schwierig ist, weil es wieder eine ganz andere Form von Bewegung braucht, von Art zu spielen. Ich habe das 20 Jahre nicht mehr gespielt. Darum arbeite ich jetzt hier. Es ist interessant zu sehen, was geblieben ist, wo sich meine Technik verändert hat. Für Flow-Spiel ist das natürlich ideal, die Musik. Welchen Tipp würdest du deinem jüngeren Erstsemester Musik studieren? Ich kann auch gern das jüngere Ich so sein. Aus heutiger Sicht mitgeben? Einfach Geduld ist das Wichtigste. Geduld und Ambition sind schon gut. Ich habe ja ein bisschen darüber geredet, dass ich da zum Teil auch überambitioniert war. Ambition ist schon wichtig. Lernen wollen, Lust haben, Musik teilen wollen. Es ist ganz wichtig, Geduld zu haben. Geduld ist für mich das Wichtigste, um Vertiefung und Verfeinerung zu erreichen auf dem Instrument und fürs Teilen der Musik auf eine ganz natürliche Art und Weise. Dass man sozusagen ein Medium fürs Spielen wird, statt die eigenen Ambitionen in den Vordergrund zu rücken. Das nehme ich als Schlusswort. Nic, ganz herzlichen Dank, es hat sehr grossen Spass gemacht. Ganz herzlichen Dank Patrick, war sehr interessant. Wir haben erst ein paar Aspekte gestrahlt. Ganz am Anfang noch, ja. Nichtsdestotrotz finde ich das sehr wichtig, worüber du sprichst und dass du etwas mit uns teilst. Ich möchte mich sehr bedanken, dass du da Interesse gehabt hast, mit mir zu reden. Sehr gerne, vielen Dank. Vielen lieben Dank Nic Berge, das hat sehr, sehr großen Spaß gemacht. Die Zusammenfassung des Interviews findet ihr wie immer auf www.what-is-practice.de Wenn dir das Interview gefallen hat, kannst du mir und der Show wirklich helfen, indem du diese Folge mit deinen Musikfreunden und Bandkollegen teilst. Damit machst du es mir möglich, dass es noch viele weitere Folgen "Wie übt" eigentlich geben wird. Auf Steady findest du weitere kreative Übe-Ideen und die Sonderfolgen in der Sprechstunde. Einmal im Monat verschicke ich einen Newsletter mit 5 Übe-Tipps, für den du dich kostenlos registrieren kannst. Alle Links dazu findest du in den Shownotes. Ciao und bis bald wieder, euer Patrick.[Musik]

People on this episode