METIS Wisdom Talks at ETH Zurich

Alles ist Nichts - Einführender Podcast zum Daoismus (German)

March 21, 2023 Metis Season 1 Episode 1
METIS Wisdom Talks at ETH Zurich
Alles ist Nichts - Einführender Podcast zum Daoismus (German)
Show Notes Transcript

German Description (English below)

Gast: Kai Marchal

In dieser Ausgabe der METIS Wisdom Talks widmen wir uns der Lehre des Wegs, dem Daoismus. Dies ist eine chinesische Denk- und Lebensrichtung, die sich über die Philosophen Laozi und Zhuangzi bereits weit über die Regionen Südostasiens hinaus in die Welt verbreitet hat.
Frederike Maas und Michael Hampe sprechen mit Kai Marchal von der National Cheng Chi University (Taipeh) über die beiden Hauptwerke des Daoismus (Daodejing & Zhuangzi) und deren Wirkung auf das Leben von Daoistinnen und Daoisten. Was ist eigentlich das Dao, von dem dort die Rede ist? Wo kann ich es finden? Muss ich es überhaupt suchen?
Im Daoismus fallen  Parallelen zur europäischen Skepsis ins Auge, nach der man sich für ein gelingendes Leben möglichst befreien sollte von abhängig machenden Behauptungen und nicht einlösbaren Wissensansprüchen.

Das deutsche und das englische Transkript finden Sie auf unserer Homepage: www.metis.ethz.ch. Dort stellen wir auch weiteres Material zum Thema zur Verfügung.

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Schreiben Sie uns eine Mail mit Fragen und Kommentaren an: metis@phil.gess.ethz.ch

Dieser Podcast wurde produziert von Martin Münnich mit Unterstützung der ETH Zürich und der Udo-Keller-Stiftung, Forum Humanum in Hamburg.

English Description

Guest: Kai Marchal

In this edition of METIS Wisdom Talks we focus on the teaching of the Way, Daoism. This is a Chinese way of thinking and living, which has already spread far beyond the regions of Southeast Asia into the world through the philosophers Laozi and Zhuangzi.
Frederike Maas and Michael Hampe talk with Kai Marchal from the National Cheng Chi University (Taipei) about the two main works of Daoism (Daodejing & Zhuangzi) and their impact on the lives of Daoists. What actually is the Dao that is talked about there? Where can I find it? Do I have to search for it at all?
In Daoism, parallels to European skepticism stand out, according to which one should free oneself as much as possible from dependency-creating claims and irredeemable knowledge claims for a successful life.

You can find the German and the English transcript on our homepage: www.metis.ethz.ch. There we also provide further material on the topic.

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Send us an email with questions and comments to: metis@phil.gess.ethz.ch.

This podcast was produced by Martin Münnich with the support of ETH Zurich and the Udo Keller Foundation, Forum Humanum in Hamburg.

Alle ist Nichts. 
Einführender Podcast zum Daoismus

German Transcript (English below)

 Zürich: METIS Podcast Transcriptions 2023

FM = Frederike Maas

MH = Michael Hampe

KM = Kai Marchal

 

FM: Hallo und herzlich willkommen bei Wisdom-Talks dem Podcast zum METIS-Projekt, dem Internetportal für interkulturelle Weisheitsliteratur und Weisheitspraktiken. Zu finden auf www.metis.ethz.ch.
In dieser Ausgabe widmen wir uns der Lehre des Weges, dem Daoismus. Einer chinesischen Denkrichtung, die sich sowohl in Philosophie als auch Religion ausgeprägt hat.
Michael Hampe und ich, Frederike Maas, freuen uns zu diesem Thema Professor Kai Marchal ausfragen zu dürfen, der uns online aus Taipeh zugeschaltet ist, wo er lebt und Philosophie an der National Cheng Chi University lehrt.
Herzlich willkommen Herr Marchal.

KM: Hallo.

MH: Hallo.

FM: Das Daodejing ist das Gründungswerk des Daoismus. Der Sage nach verfasst vom Autor Laozi. In Europa ist der Konfuzianismus als südostasiatische Weisheitslehre bekannter. Neben ihm bildet der Daoismus heute eine der drei grossen Denkrichtungen im chinesisch sprachigen Raum. Das Daodejing richtet sich an einen Herrscher und propagiert eine Lehre des Nichteingreifens. Das scheint im ersten Moment ein Konflikt zu sein. Es geht um eine Lehre des Herrschens, die darin besteht, nichts zu tun. Wie soll ich das verstehen?

KM: Also das Daodejing ist, zusammen mit dem Zhuangzi, der Gründung, sind das die beiden Gründungstexte des Daoismus und in beiden Texten geht es um Wissen und um Weisheit, aber die Grundidee ist, dass man sich vom Wissen befreien soll. Also das ist eine Logik der Negativität. Es geht nicht darum Wissen anzusammeln, um irgendwann einen Endzustand der Weisheit zu erlangen, sondern es geht darum sich von unnützem Wissen freizumachen.

MH: Hat das eine gewisse Analogie, wenn du sagst, es geht um eine Negativität, um ein Freimachen, dann fällt mir ein, dass es ja solche Ideen auch in der pyrrhonischen Skepsis gibt, weil Pyrrho meinte, dass man Ansichten hat und bestimmte Standpunkte vertritt, auch gleich jemand auftaucht der den Gegenstandpunkt geltend macht, so das Streitigkeiten entstehen und die Skeptiker der pyrrhonischen Variante wollten sich ja auch vom Wissen, im Sinne des Behauptens befreien. Meinst du, dass es da eine Analogie gibt?

KM: Ja, in jedem Fall. Also die Idee des Behauptens wird im Daoismus, dekonstruiert. Also es geht nicht darum in eine behauptende Stellung zur Welt zu kommen, sondern es geht darum sich freizumachen von allen möglichen Meinungen. Und wie Du schon gesagt hast, also jede Meinung erzeugt eine Gegenmeinung. Also wenn man sagt, „die Katze sitzt auf dem Tisch“, dann kommt auch gleich der Satz, „diese Katze sitzt nicht auf dem Tisch“. Oder wenn man mal sagt, „ich befinde mich in München“, dann kommt gleich der Satz „ich befinde mich nicht in München“. Alle diese Behauptungen über die Welt können negiert werden und beide Texte, das Daodejing und der Zhuangzi spielen mit dieser Idee, dass man sich frei machen soll von allen möglichen Bedingtheiten. Es geht darum Wissen zu erwerben, aber es geht eben nicht um Wissen über konkrete Weltzustände, sondern es geht um eine höhere Form des Wissens, die eben dann mehr oder weniger mit der Idee der Weisheit identifiziert wird. Und es gibt, wenn man sich die beiden Texte anschaut, dann ist es keine begriffliche Untersuchung über die Weisheit, sondern es sind oft Metaphern und Geschichten, Gleichnisse, die da erzählt werden. Eine sehr schöne Idee im Text des Zhuangzi, im ersten Kapitel, ist die Idee, dass Weisheit im Grunde eine Form der Erweiterung benötigt. Also ich befinde mich jetzt hier in diesem Zimmer oder in diesem Tonstudio, aber es geht darum, in die Höhen aufzusteigen und mich von der, sozusagen der Tatsache, dass ich verkörpert bin hier, in meinem Körper frei zu machen.

FM: Ich würde vielleicht gerade noch gerne beim Daodejing bleiben mit dem ich meine Frage angefangen habe. Also das Daodejing ist ein Buch zur Erlangung von Weisheit und es ist adressiert an einen Herrscher. Das wirkt zum einen elitär und zum anderen auch nicht unbedingt zeitgemäss. Ich würde das gerne ein bisschen besser verstehen. Ich bin keine Herrscherin, also wie kann ich diese Lehren des Daodejing auf meine Lebenssituation im 21. Jahrhundert anwenden?

KM: Das ist eine sehr gute Frage. Also wenn man zurückgeht in die Geschichte des Daoismus, dann hat der Herrscher sicherlich eine sehr entscheidende Rolle gespielt. Das Buch Daodejing hat keinen Verfasser. Wir können seinen Verfasser nicht mehr rekonstruieren. Die Person Laozi hat es wahrscheinlich nie gegeben, der Text selbst ist entstanden als Ergebnis einer sehr langen oralen Überlieferung, einer mündlichen Überlieferung und hat sich ursprünglich primär an den Herrscher gerichtet. Aber im Laufe der Geschichte, gerade wenn man im 2., 3. Jh. n.Chr. ist sozusagen die Menge der Leser immer grösser geworden. Der Text wurde dann so verstanden als richtete er sich an jeden Leser und auch an Leserinnen. Diese Idee des Herrschers, denke ich, muss man metaphorisch verstehen. Es gibt das sehr schöne Bild von dem Wagenrad mit der Wagennarbe in der Mitte. Der Herrscher bezeichnet sozusagen diese Position der Wagennarbe, die leer ist und dann ist zwischen den Speichen auch Leere und in dem ich mich selbst identifiziert mit diesem Zentrum oder der Mitte, mit der Leere in der Mitte, soll es mir gelingen in einem günstigeren oder gelingenderen Verhältnis zur Welt zu kommen. Und auf diese Weise eine Weisheit zu verkörpern.

MH: Gibt es da eigentlich auch eine Parallele zu den Fürstenspiegeln in Europa? Also ich denke jetzt an den Principe von Machiavelli und den bringe ich auf den ersten Blick gar nicht mit Weisheit, sondern eher mit Klugheit in Verbindung. Das es darum geht, wie sich ein Herrscher oder eine Herrscherin klug zu verhalten hat, um ihre Macht zu erhalten. So etwas scheint in dem Text, den du gerade charakterisiert hast, ja weniger der Fall zu sein, obwohl ich hier in Erinnerung habe, dass dabei auch eine Rolle spielte, dass der Herrscher niemanden begünstigen darf, dass diese Narbe in der Mitte nicht irgendeine Speiche begünstigen darf, sondern, dass die leer sein muss, damit alles im Staat wie geschmiert von selbst läuft gewissermassen. Ist das auch eine Klugheitsregel, dass der Staat so am besten funktioniert? Oder würdest Du sagen, dass das schon eine Weisheitslehre, die über das staatliche Handeln hinaus geht?

KM: Das ist ein guter Punkt. Klugheit und Weisheit voneinander abzugrenzen, ist sicherlich schwierig im daoistischen Kontext. Es gibt zahllose Passagen, in denen es tatsächlich darum geht, im Daodejing, das Verhältnis zwischen Herrscher und Bevölkerung oder Volk klarzustellen und es geht dann immer oft um diese Beziehung zwischen, um die enge Verflochtenheit von Wissen und Herrschaft. In der chinesischen Sprache ist das Wort für Wissen direkt etymologisch verwandt mit dem Wort für Herrschen. Aber das interessante Moment ist jetzt daran, dass es nicht um eine positive oder eine direkte Relation zwischen Herrscher und Beherrschten geht, sondern es geht darum diese direkte Beziehung aufzubrechen und eine Dialektik einzuführen, ein dialektisches Moment. Der Herrscher oder dann auch die Leserin wird angehalten, nicht zu herrschen, also passiv zu werden oder nichts zu tun. Und eben auf diese Weise eine noch umfassendere Herrschaft oder Weisheit zu realisieren. Und da ist es sicherlich ein politischer Kontext und oft ist das Daodejing auch politisch gelesen worden und die Kaiser im imperialen China, haben das Daodejing sehr geschätzt, aber es gab eben auch dann ganz andere Leser und es gab auch subversive Lesarten. Und zu sagen, dass diese Idee des eines starken kontrollierenden Zentrums immer auch in Frage gestellt werden konnte.

FM: Genau, sie haben jetzt dieses Bild gezeichnet, dass der Herrscher im Zentrum steht und ich würde gerne auf einen weiteren zentralen Begriff des Daoismus zu sprechen kommen. Nämlich das Dao. Auch das steht irgendwie im Zentrum und die Wahrheitssuchende kreist herum, also es geht irgendwie um den Versuch etwas einzukerkern, aber also was genau ist diese Mitte wie kann ich mir das vorstellen? Und ist diese Idee der Mitte etwas, was eher mystisch ist oder etwas das ich auch mit rationalen Mitteln fassen kann?

KM: Also das Dao ist natürlich der zentrale Begriff des Daoismus und wörtlich übersetzt ist eine der Grundbedeutungen der Weg oder auch dann die Methode oder auch verbal als Sprechen, Versprachlichen, Ansprechen und letztlich ist es kein Begriff. Das Dao ist kein Begriff, sondern man sollte sich ihm über die Geschichten zum Beispiel im Zhuangzi nähern. Und da geht es eben immer wieder darum, dass man sich erweitert, dass man expandiert, dass man bestehende Grenzen und Bedingtheiten aufbricht und überwindet, indem man sich zum Beispiel wie ein Vogel, ein mythischer Vogel Pong oder, Richard Wilhelm übersetzt das dann als den Vogel Roch aus 1001 Nacht, dass man aufsteigt, in die Höhen aufsteigt, und sozusagen diese Kleinheiten des Alltags zu überwinden lernt. Oder auch das Gleichnis des Brunnenfrosches. Wir sollen uns gerade nicht verhalten wie ein Frosch, der auf dem Grund eines Brunnens sitzt und unseren Brunnen dann für die Welt hält, sondern wir sollen aufsteigen und sollen die vorhandenen Kontexte relativieren aus einer umfassenderen Perspektive und so an diese umfassendere Perspektive, je weiter man dann expandiert wäre, würde dann irgendwann mit dem Dao zusammenfallen. Das nehme ich wenigstens mal an. Und sicherlich ist ein sehr starkes mystisches Element, also eine Gesamtschau, eine Schau des gesamten Universums, irgendwann der Weise wenigstens, soll angeblich in der Lage sein, sich in dieser Form auf die Welt zu beziehen, indem man sie wirklich erschaut als Ganzes, Himmel und Erde und wir die Normalsterblichen sind angehalten, uns wenigstens auf diese Perspektive auszurichten. Das Dao ist nicht begrifflich zu erschliessen, es gibt sicherlich auch rationale Elemente, also bestimmte Argumente im Daodejing oder bestimmte wie Argumente klingende Sätze, aber im innersten Kern ist es ein sehr stark mystisches Element.

FM: Genau sie sind jetzt auf diese mystische Dimension eingegangen. Im Intro habe ich gesagt, der Daoismus sei eine Denkrichtung, aber vielleicht können wir das etwas konkreter fassen, was das heissen soll. Also vielleicht könnte man fragen: Ist der Daoismus jetzt eine Religion oder eine Philosophie?

KM: Also diese Unterscheidung Religion – Philosophie wird natürlich immer wieder herangezogen, um bestimmte Elemente im Daoismus zu beschreiben, aber die Unterscheidung selbst ist natürlich europäischen oder abendländischen Ursprungs. Im Chinesischen gibt es diese Unterscheidung so nicht. Ich denke der Daoismus umfasst beide Elemente. Gerade das Buch Zhuangzi lässt sich skeptisch lesen. So ähnlich wie bei Pyrrho, also bestimmte Beschreibungen oder Unterscheidungen, zum Beispiel das kleine und das grosse Wissen klingen nach Pyrrho, aber dann gibt es eben auch diese Gleichnisse und Geschichten, die sich wahrscheinlich letztlich nur mystisch oder religiös verstehen lassen. Und dann gibt es natürlich alle möglichen Praktiken. Der Daoismus ist nie nur ein Diskurs gewesen, sondern immer eine Ansammlung von Praktiken. Und da gibt es dann bestimmte Visualisierungspraktiken, dass man sich hinsetzt und wie man später dann im Buddhismus über eine Vase meditiert, so kann man im Daoismus dann über eine Geschichte meditieren. Diese Idee des Zhuangzi, dass das Dao auch in den Ameisen oder sogar in der Pisse und Scheisse vorliege, die kann man dann wirklich sich vergegenwärtigen, wenn man alleine in seinem Zimmer sitzt und dann über diesen Satz meditiert. Dann gibt es konkrete Atemtechniken oder bestimmte Praktiken aus der inneren Alchemie, die im Grunde alle diesem Ziel dienen, das Dao, den letzten Grund des Universums zu vergegenwärtigen.

FM: Vielleicht können wir später noch auf diese Praktiken eingehen. Ich glaube, das ist sehr relevant. Wir haben aber nun schon öfter das Zhuangzi angesprochen und ich glaube es wäre vielleicht noch wichtig zu klären, was das eigentlich ist? Also der Autor von diesem Buch heisst wie das Buch selber Zhuangzi. Wieso heisst das Buch wie der Autor? Und in welchem Verhältnis stehen diese beiden zentralen Texte? Also das Zhuangzi und das Daodejing zueinander? Vielleicht können Sie uns das noch kurz erklären?

KM: Beide Texte gelten natürlich traditionell als Weisheitstexte. Beide lassen sich datieren auf das späte vierte oder frühe dritte Jahrhundert. Beide entstammen einer ähnlichen Epoche, wobei zu sagen ist, dass das Daodjing einer mündlichen Überlieferung entstammt, also wahrscheinlich sehr viel früher nach und nach entstanden ist und von verschiedenen Menschen zusammengestellt worden ist. Während das Buch Zhuangzi, dann tatsächlich ein Individuum als Autoren hat. Über das Individuum Zhuangzi lässt sich tatsächlich einiges Konkretes sagen und das Buch Zhuangzi ist in vieler Hinsicht viel artikulierter, viel lebendiger als der Text des Daodejing. Das Daodejing ist ein bisschen trocken. Kommt oft etwas trocken herüber, hat dann aber auch sehr überraschende poetische Wendungen, Sprünge und dann diese ganzen sehr erstaunlichen Metaphern über das Rad, das Wagenrad, das hatten wir ja gerade schon, über die Mutter, über das Tal, über das Wasser, über die Wurzel, das ist natürlich sehr poetisch und spricht bis heute sehr viele Menschen an, aber letztlich ist der Text doch relativ spröde uns sehr kurz vor allem. Das Zhuangzi ist wesentlich länger. Es schmeckt oder es fühlt sich schon an das ein Individuum geschrieben hat und es gibt 33 Kapitel und dieses Buch enthält alle möglichen Elemente. Also diskursiv theoretische Element, zum Beispiel das berühmte zweite Kapitel über die Gleichheit der Dinge, aber dann auch sehr viele Gleichnissen und Geschichten über Menschen die zum Beispiel im Krieg verkrüppelt worden sind oder Bäume über die mythischen Vögel oder eben auch über alle möglichen anderen Naturphänomene, so dass dieses Buch Zhuangzi im Grunde viel reichhaltiger noch ist als das Daodejing.

MH: Das klingt irgendwie so als würde in der chinesischen Weisheitsliteratur, die du skizzierst, gar kein Konflikt zwischen argumentativen Texten und erzählenden poetischen Texten bestehen. In der westlichen Philosophie gibt es ja manchmal so einen Streit zwischen Autoren die scharf argumentieren wie Descartes beispielsweise und Autoren die eher erzählen aus ihrem Leben oder auch einfach so Geschichten wie Montaigne. Und dieser Streit scheint, wenn du sagst, dass in einem Buch sowohl Reflexion und Argumente wie auch Geschichten vorkommen, in der chinesischen Literatur nicht vorhanden zu sein. Ist das eine richtige Beobachtung oder verstehe ich das falsch?

KM: Nein, die Beobachtung trifft zu. Und insofern fordert uns dieser Komplexdaoismus natürlich auch heraus. Unsere eigene Bestimmung, unsere eigenen Abgrenzungen neu zu überdenken. Das Buch Zhuangzi wirkt in vieler Hinsicht postmodern. Wenn man daran denkt, dass sogar im Buch Zhuangzi, der Verfasser selbst auftritt, dann erinnert das vielleicht an Kurzgeschichten von Broches oder andere und viele Postmoderne Autoren haben sich begeistert für das Buch Zhuangzi, also es ist ein ganz verwirrendes Vexierspiel und ein Labyrinth, ein Textlabyrinth im Grunde, was da vorliegt und in dem man sich wie ich versenken kann. Und für die chinesischen Autoren und Autorinnen, die Denker und Philosophen dieser Tradition spielt diese grosse Spannung zwischen Logos und Mythos oder zwischen rationaler Argumentation und poetischer Darstellung in der Tat nicht so eine grosse Rolle wie bei uns.

FM: Wir haben mit Bezug auf das Daodejing gesagt, dass der Hauptadressat des Buches der Herrscher ist, der weise gemacht sein soll, also ist das Zhuangzi an eine andere Adressatenschaft gerichtet? Das hört sich nämlich so an, von dem was sie gerade erzählt haben.

KM: Ja, das denke ich, kann man unterschreiben, in der Tat. Da es einen konkreten Verfasser hat, der sich in grosser Distanz zu den herrschenden Konfuzianern gesehen hat und der direkt reagiert hat auf seine historische Situation, kann man das sagen. Also die Zhuangzi war in vieler Hinsicht verbittert über die vielen Kriege und die politischen Auseinandersetzungen seiner Zeit und hat versucht ein Gegenbild zu entwerfen. Und dieser Text ist sicherlich für die gewöhnliche Leserin und den gewöhnlichen Leser geschrieben und nicht für den Herrscher. Man findet auch sehr leicht den Zugang. Auch im deutschen Sprachraum gibt es unzählige Leser und Leserinnen des Zhuangzi.

FM: Sie haben jetzt auch den Konfuzianismus angesprochen, wollen sie vielleicht noch kurz sagen, ob es auch da Überschneidungen gibt oder in welchem Verhältnis dieser zentrale Text des Daoismus vielleicht auch zum Konfuzianismus steht?

KM: Gerade im Zhuangzi werden die Konfuzianer und die konfuzianischen Tugenden sehr scharf attackiert und als ein Verfallphänomen dargestellt. Sobald man in ein Land, in einen Staat anfangen muss von Tugenden zu sprechen, wie Tugenden der Menschlichkeit, dann ist das schon keine Rettung mehr, da ist schon nichts mehr zu haben, weil es schon zu spät ist. Also diese Rede kommt schon immer viel zu spät. Die Menschen sollen in einem natürlichen Selbstverhältnis gelassen werden und sollen sich von selbst natürlich regulieren. Und es braucht keine äussere Anleitung durch Moralkodizes oder durch Vorschriften. Im Zhuangzi gibt’s es ähnliche Kritik, so dass dieses Spannungsverhältnis zwischen Daoismus und Konfuzianismus sich durch die Jahrhunderte hindurchzieht und diese Idee, die ich schon kurz skizziert hatte, diese Idee der Expansion, der Erweiterung, die spielt ja auch eine Rolle. Also dass man die vorhanden sozialen Rollen, in die man natürlich hineingeboren wird oder in die man hineinwächst, dem Autor des Zhuangzi zufolge übersteigen soll. Also man soll sich von ihnen frei machen. Es gibt dann auch spätere Deutungen, die beide, Daoismus und Konfuzianismus, zu verbinden suchen. Man könne angeblich, so heisst es, dann im 3. oder 4. Jh. n. Chr., man könne auch angeblich als ein Beamter am Kaiserhof, am Herrscherhof Daoist sein. Tagsüber spielt man dann sozusagen den Konfuzianer und versucht diese sozialen Rollen auszufüllen so gut geht, aber am Abend oder zu Hause ist man dann Daoist und zieht sich zurück in die eigene Innerlichkeit. Solche Versuche gibt es auch. Sozusagen diese Transzendenz in der Immanenz. Man ist eingebunden in eine Hierarchie, aber versucht diese Hierarchie durch bestimmte meditative Praktiken oder durch andere expansive Strategien zu überwinden und beides ist sicherlich Ausdruck dieses Gedankens, dass Dao letztlich alles umfasst. Es gibt da eine monistische Struktur, die im Daoismus immer wieder umkreist wird, unter anderem auch mit der Metapher des Wagenrads und sozusagen, dass diese Idee auch der Hierarchie und der Anarchie dient. Die für uns ja eine grosse Rolle spielt. Also wir nehmen den Daoismus oft als eine Selbstverwirklichungslehre wahr oder als einen Anarchismus, dass das sozusagen im Chinesischen dann wieder versucht wird zurückzubetten oder einzubetten in eine konfuzianische Hierarchie. Das gibt es sicherlich auch.

FM: Ja was sie jetzt erzählt haben, klang auch an, dass es viel auch wirklich um lebenspraktische Ratschläge geht, also wie kann unter bestimmten Verhältnissen leben. Wir haben bisher insbesondere die Theorien vergegenwärtigt, indem wir über Bücher und Personen gesprochen haben, jetzt würde ich gern noch auf die alltägliche Praxis zu sprechen kommen. Sie haben das auch schon ein bisschen angesprochen, aber vielleicht wollen sie noch einmal ausführen. Wie hilft denn die Lektüre der beiden Bücher im Umgang mit lebensbezogenen Themen wie zum Beispiel der eigenen Vergänglichkeit?

KM: Es gibt sicherlich im Daoismus irgend so eine Art Grundvertrauen in die Bedeutungshaftigkeit des ganzen Universums. Man glaubt an das Dao oder man verkörpert sozusagen diese Annahme oder man ist der Überzeugung das es ein Dao gäbe und diesem Dao kann man sich in irgendeiner Weise annähern. Es verkörpert sicherlich diese Idee, dass das Universum eine Bedeutung hat und das es uns, und dass es dem Menschen freundlich gesonnen ist, und das wird immer in allen natürlichen Geschichten ausgesponnen und weitergesponnen, dieser Faden und es bleibt eben nicht bei einer theoretischen Überzeugung. Diese Idee oder diese Einsicht in das Dao, soll immer praktisch unterfüttert werden oder soll praktisch verkörpert werden im eigenen Leben. Und dann gibt es dann in beiden Texten alle möglichen Beschreibungen. Also Beschreibungen von Formen der spirituellen Übung wie das dann im Anschluss an Pierre Hadot zusammengefasst wird. Ich hatte gerade schon die innere Alchemie erwähnt, die uns sicherlich sehr fremd ist. Das gab es natürlich auch einmal in der Renaissance in Europa und zuvor, aber das ist für die meisten Menschen im 21. Jh. natürlich nicht mehr eine reale Option, innere Alchemie zu betreiben. Aber es gibt dann eben auch Formen der Meditation oder andere Formen des Rückzugs, die auch für Menschen im 21. Jahrhundert durchaus noch offenstehen. Die Daoisten vor 2000 Jahren haben sich in Grotten zurückgezogen oder in Bambuswälder und wir können uns vielleicht ja ins Schlafzimmer zurückziehen wie das natürlich auch schon viele Menschen heute schon machen. Indem man sich hinsetzt in einer bestimmten Mediationshaltung oder in dem man anfängt sich bestimmten Geschichte aus dem Zhuangzi zu visualisieren, dass man dann eine innere Ruhe wieder herstellen kann, die man vielleicht im Laufe des Tages verloren hat. Das man wieder lernt, den eigenen Körper zu erspüren, das spielt auch im Daoismus eine grosse Rolle, dass man durch Gedanken den Körper transparent machen kann. Also man denkt sich sozusagen in den Fuss, in die Hand, in den Bauch ein und erspürt dann wie es oft heisst, in einer sehr stark religiösen Sprache, man erspürt den eigenen kosmischen Embryo, also solche Sprechweisen gibt es dann. Oder dann auch die Idee des Weichwerdens. Das man zum Beispiel durch Tai-chi und andere Übungen weich wird, also lernt den Körper weich zu machen. Und dann gibt es im Zhuangzi diese schöne Geschichte, wenn man den Körper tatsächlich so weich gemacht hat, dann bricht man sich nichts, wenn man aus einem Wagen fällt. Also wie ein Betrunkener sich angeblich nichts brechen soll, wenn er aus grosser Höhe herabfällt. Also das macht einen dann unverletzlich dem Zhuangzi zufolge.

FM: Genau sie haben den Daoismus vorhin noch als Diskurs bezeichnet. Vielleicht, mich würde interessieren, historisch also wie ist die Genese, wie ist das Verhältnis der Übung, die sie gerade beschrieben haben, zu den Texten? Sind die da alle verwurzelt oder was gibt es vielleicht auch für Institutionen historisch, die bestimmte Praktiken etabliert haben? Also inwiefern ist der Daoismus etwas Lebendiges, was sich bis heute auch immer weiterentwickelt und inwiefern ist das noch auf diese Texte zurückzubeziehen, was den Daoismus als Diskurs ausmacht?

KM: Ja also in der Vergangenheit gab es natürlich immer daoistische Schulen, also die Idee, dass man daoistische Gedanken einfach so selbst zu Hause lernt, die gab es natürlich nicht. Man brauchte einen Meister oder manchmal auch eine Meisterin oder einen Lehrer, der einen anleitet in der Praxis ist Daoismus. Und diese Schüler-Meister-Beziehung zieht sich durch die Jahrhunderte und es gab dann natürlich Schulen, also bestimmte Persönlichkeiten, die sehr viele Schüler angezogen haben. Die haben dann dadurch eine besondere Fassung des Daoismus entwickelt und diese dann weitergegeben an spätere Generationen. Dann gab es zum Bespiel in der Han Dynastie vor etwa 2000 Jahren grosse Schulen und Strömungen, die da auch in der Gesellschaft viel Einfluss hatten, aber auch später im 16. und 17. Jh. sieht man das noch, dass die Leute dann eben diese Texte nie nur akademisch studiert haben oder an einer modernen Universität, sondern tatsächlich zum Zentrum ihres Lebens gemacht haben. Das wirkt für uns natürlich so wie, lässt uns vielleicht denken an, christliche Sekten oder an bestimmte Schulen und Strömungen im Christentum und da gibt es sicherlich Analogien und solche Entwicklungen gibt es aber auch heute noch, also in China, aber auch dann vor allem in Taiwan. Dann gibt es einen sehr starken religiös gefärbten Daoismus, also in Tempeln und in anderen Lehranstalten gibt es daoistische Gedanken und Meister, die dann ihre Schülerschaft anleiten, ganz konkret anleiten zur Übung in solchen daoistischen Praktiken. Also ähnlich wie im Zen-Buddhismus.

FM: Genau wir haben jetzt über den Daoismus in China und in Taiwan gesprochen, aber traditionelle südostasiatische Praktiken wie Mediation oder verschiedene Kampfkünste erfreuen sich heute ja auch im Westen grosser Beliebtheit. Aber inwiefern kann eine Aneignung solcher Praktiken auch als ein Mediator der dahinterstehenden Tradition verstanden werden? Oder inwiefern ist das eigentlich eine Extraktion und Einverleibung, die eventuell auch problematisch ist, weil sie Dinge aus ihrem ursprünglichen Kontext reisst?

KM: Sie sprechen die Frage der kulturellen Aneignung an, denke ich. Wie weit überhaupt andere sich Wissen oder Weisheitsformen aus anderen Kulturen aneignen können und das ist natürlich eine sehr komplizierte Frage, auf die ich auch sicherlich keine einfache Antwort habe, weil es in der Geschichte natürlich immer Bewegung der interkulturellen Aneignung gegeben hat. Also zum Beispiel wurde indischer Buddhismus in Tibet weiterentwickelt und die Form des Buddhismus in Tibet, haben dann auch weitergewirkt in China und Japan, um so ein Bespiel zu geben. Genauso wie dann auch in den sechziger Jahren zum Beispiel jemand wie John Cage sich das Buch der Wandlung oder daoistische Ideen angeeignet hatte, solche Lernbewegungen hat es in der Geschichte immer gegeben. Die haben natürlich heute eine grössere ethische Sensibilität für die dahinterstehende Problematik als frühere Generationen. Also wir sind uns stärker der historischen Kontexte bewusst und es kann natürlich sein, dass gerade die Kommerzialisierung, die oft diesen Aneignungsprozess verzerrt oder wenn man in Los Angeles in ein Daoismuszentrum dann mit einem Meister lernt, erzählt einem der Meister vielleicht viel über diese Ideen aus dem Zhuangzi, dass der Meister Lie der auf dem Wind reitet, aber was da defacto geschieht, ist vielleicht eine sehr kommerzielle Aktivität. Also man zahlt ja meist dafür Geld und der Daoismus wird dann in kurze Unterrichtsblöcke unterteilt und wird damit im Grunde verdinglicht. Und gerade dieses Phänomen der Verdinglichung hat natürlich die frühen Daoisten sehr früh umgetrieben. Also die Daoisten würden eine solche Verdinglichung gerade kritisieren wollen. Und da gibt es sicherlich Spannungen auf die es keine einfache Antwort gibt und die sich weiter austragen und auch in Zukunft von vielen Menschen erlebt werden als Spannungen.

FM: Wir sind leider schon am Ende unseres Gesprächs angelangt. Ich danke Kai Marchal und Michael Hampe für die Beteiligung an diesem Podcast. Unsere Zuhörerinnen und Zuhörer möchte ich noch dazu auffordern weiteren Wisdom-Talks zu folgen sowie sich neugierig auf die medialen Angebote des Internetportals für interkulturelle Weisheitsliteratur und Weisheitspraktiken auf metis.ethz.ch zu stürzten, zum Beispiel über die direkt unter dem Podcast zu findende Verlinkung auf unser Textarchiv.
Vielen Dank für Ihre Zeit und auf Wiederhören!

MH: Vielen Dank Frau Maas, vielen Dank Kai.

KM: Vielen Dank Frau Maas für die schönen Fragen und danke Michael.

MH: Alles Gute!

FM: Dieser Podcast wurde produziert von Martin Münnich mit Unterstützung der ETH Zürich und der Udo-Keller-Stiftung, Forum Humanum in Hamburg.

 

Everything is nothing. 
An introductory podcast to Daoism

English transcript

Zürich: METIS Podcast Transcriptions 2023

Translation by Eliane Schmid

FM = Frederike Maas

MH = Michael Hampe

KM = Kai Marchal

 

FM: Hello and welcome to Wisdom-Talks, the podcast accompanying the METIS project, the internet portal for intercultural wisdom literature and wisdom practices, to be found on www.metis.ethz.ch.

In this edition, we turn our attention to teachings of the way, Daoism. A Chinese school of thought that has taken shape in both philosophy and religion.

Michael Hampe and I, Frederike Maas, are pleased to be able to interview Professor Kai Marchal about this topic. He joins us online from Taipei, where he lives, and teaches philosophy at the National Cheng Chi University.

Welcome, Mr. Marchal.

KM: Hello.

MH: Hello. 

FM: The Daodejing is the founding work of Daoism. Legend has it that it was written by the author Laozi. In Europe, Confucianism, as the Southeast Asian wisdom doctrine, is more known. Alongside Confucianism, Daoism is one of the three major schools of thought in the Chinese-speaking world today. The Daodejing is addressed to a ruler and propagates a doctrine of non-intervention. At first glance, this seems to stand in conflict; an education on passive ruling. How am I to understand this?

KM: The Daodejing, together with the Zhuangzi, are the two founding texts of Daoism. Both texts are about knowledge and wisdom, but the basic idea is to get rid of knowledge. So that's a logic of negativity. It's not about accumulating knowledge to eventually attain a final state of wisdom, it's about ridding yourself of useless knowledge.

MH: Negativity and freeing remind me of Pyrrhonian skepticism. According to Pyrrho, while one has views and represents certain points of view, someone may appear who asserts the opposite point of view, so that disputes arise. Pyrrhonian skeptics wanted to free themselves from knowledge, in the sense of asserting. Do you think there is an analogy there?


KM: Yes, definitely. The idea of asserting is deconstructed in Daoism. It's not about coming into an assertive position about the world, it's about freeing yourself from all kinds of opinions. And as you said, every opinion generates a counter-opinion. So if someone says: "the cat is sitting on the table", then immediately the sentence follows: "this cat is not sitting on the table". Or if someone says: "I am in Munich", then the sentence "I am not in Munich" follows immediately. All these assertions about the world can be negated and both texts, the Daodejing and the Zhuangzi, play with this idea that one should free oneself from all kinds of conditionalities. It's about acquiring knowledge, but it's not about knowledge about concrete states of the world, rather, it's about a higher form of knowledge, which is more or less identified with the idea of wisdom. If you look at the two texts, they are not a conceptual inquiry about wisdom, but rather metaphors, stories, and parables. The first chapter of the Zhuangzi, for example, has a very nice idea. The chapter outlines the idea that wisdom requires some form of extension. So I'm here now in this room or in this recording studio, but it's about ascending to the heights and freeing myself from the fact that I'm embodied here, in my body.

 

FM: I'd like to circle back to my first question about the Daodejing as a guide for rulers. This seems rather elitist, and not very contemporary. I would like to understand this a little better. I'm not a ruler, so how can I apply these teachings of the Daodejing to my life in the 21st century?

 

KM: That's a very good question. If you go back into the history of Daoism, the ruler certainly played a very crucial role. The book of Daodejing has no author. We can't reconstruct its author. The person Laozi probably never existed, the text itself came into being as a result of a very long oral tradition, originally addressed primarily to the ruler. But in the course of history, especially in the 2nd and 3rd century A.D., the readership became larger and larger. The text was then understood as being addressed to every reader, including women. This idea of the ruler, I believe, must be understood metaphorically. There is the beautiful image of the wheel on a cart with the hub in the middle. The ruler, so to speak, denotes this position of the hub, which is empty. The space between the spokes is also empty. By identifying myself with this center, with the emptiness in the middle, I should succeed in coming into a more favorable or successful relationship with the world. And to embody wisdom this way. 

 

MH: Are there any parallels with the Mirrors for Princes in Europe? I'm thinking of Machiavelli's ‘The Prince’ in particular, which I don't associate with wisdom at first glance, but rather with prudence. It is more about how a ruler shall behave wisely in order to maintain their power. This seems to be less the case in the text you just characterized, although I remember that the ruler must not favor anyone, that this hub in the middle must not favor any spoke, but that it must be empty so that everything in the state runs by itself as if lubricated, so to speak. Is that also a rule of prudence, that the state works best that way? Or would you say that this is a wisdom rule that goes beyond state action?

 

KM: That's a good point. To distinguish prudence from wisdom is certainly difficult in the Daoist context. There are countless passages in the Daodejing about clarifying the relationship between the ruler and the people, about the close interweaving of knowledge and rule. In the Chinese language, the word for knowledge is directly etymologically related to the word for ruling. But the interesting point is that it's not about a positive or a direct relation between ruler and ruled, but about breaking this direct relationship and introducing a dialectic, a dialectical moment. The ruler or then also the reader is urged not to rule, that is, to become passive or to do nothing. And thus, realizing an even more comprehensive rule or wisdom. This can certainly be put into a political context; the Daodejing has often been read politically and the emperors in imperial China very much appreciated the Daodejing. Simultaneously there were other readers too, even subversive ones. The idea of a strong controlling center could always be challenged as well.

 

FM: Exactly, you've now drawn this picture of the ruler in the center, which leads us to another key concept of Daoism. Namely, the Dao, who is somewhat in the center and encircled by the truth seeker. What exactly is this center, how can I imagine it? And is this idea of the center something that is more mystical or is it something that I can also grasp rationally?

 

KM: Dao is of course the central concept of Daoism. Literally translated, it means the way or ‘the method’, or also verbally as ‘speaking’, ‘verbalizing’, or ‘addressing’, and ultimately it is not a concept. It should be approached through the stories in the Zhuangzi, for example, where it's always about expanding, about breaking down and overcoming existing boundaries and conditionalities. For example, by becoming like a bird, the mythical bird Pong, or, as Richard Wilhelm then translated it, Roc from 1001 Nights, by ascending to the heights, and learning to overcome, so to speak, these trivialities of everyday life. Similarly, the parable of the frog in the well urges us to ascend from the well and relativize the existing contexts from a more comprehensive perspective, unlike the frog who took the well for the world. The further one expands, the closer one gets to the Dao. At least that's what I'm assuming. And certainly, this total view of the entire universe contains a very strong mystical element. At some point at least a sage is supposed to be able to relate to the world in this way, by regarding heaven and earth as a whole. Us ordinary mortals are required to at least align ourselves with this perspective. The Dao is not conceptual, there are certainly also rational elements, so certain arguments or sentences in the Daodejing sound like arguments, although at its innermost core, there is a very strong mystical element.

 

FM: Exactly, you have now gone into this mystical dimension. In the intro, I mentioned that Daoism is a school of thought, but maybe we can be a little more specific about what that means. Perhaps one could now ask: Is Daoism a religion or a philosophy?

 

KM: Of course, the distinction between religion and philosophy is used to describe certain elements in Daoism - this distinction, however, is of European or occidental origin. In the Chinse language, there is no such distinction. I think Daoism encompasses both elements. The book of Zhuangzi in particular, can be read skeptically. Similar to Pyrrho, certain descriptions or distinctions, for example the small and the great knowledge sound like Pyrrho, But then there are also these parables and stories that can probably ultimately only be understood mystically or religiously. And then, of course, there are all kinds of practices. Daoism has never been just a discourse, but always a collection of practices. Then there are certain visualization practices, where you sit down and meditate. Like meditating on a vase in Buddhism, you can meditate on a story in Daoism. This idea of Zhuangzi that the Dao is even present in ants, or even in piss and shit, is really visualizable when you sit alone in your room and meditate on this sentence. Then there are concrete breathing techniques or certain practices from inner alchemy that basically all serve this goal of visualizing the Dao, the ultimate reason of the universe.

 

FM: Maybe we can go into these practices later. I think this is very relevant. We have touched on the Zhuangzi several times now, and I think it might be important to clarify what that actually is? The author of this book is called Zhuangzi, like the book itself. Why is the book named after the author? And what is the relationship between these two central texts - the Zhuangzi and the Daodejing? Perhaps you can explain this to us briefly?

 

KM: Both texts are traditionally considered as wisdom texts. Both can be dated to the late fourth or early third century. Both come from a similar era, although it has to be said that the Daodejing comes from an oral tradition, so it probably emerged much earlier and was gradually compiled by different people. The book Zhuangzi, on the other hand, actually has an individual author. There is quite a bit that can be said about the individual Zhuangzi, and the Book of Zhuangzi is in many ways much more articulate, much livelier than the text of the Daodejing. The Daodejing often comes across as a bit dry, but then it also has very surprising poetic turns, and leaps, and all these very astonishing metaphors about the wheel, the wheel on a cart, we've already had that, about the mother, about the valley, about the water, about the root, that is of course very poetic and still appeals to many people today, but ultimately the text is still relatively brittle and very short. The Zhuangzi is much longer. It feels like it is written by an individual. It has 33 chapters and contains all kinds of elements. A discursive theoretical element, for example, in the famous second chapter about the equality of things. There are also many parables and stories about people who have been crippled in war, about trees, the mythical birds or just about all kinds of other natural phenomena. The Zhuangzi is basically much richer than the Daodejing.

 

MH: It sounds like there is no conflict between argumentative texts and narrative poetic texts in the Chinese wisdom literature that you're outlining. In Western philosophy there is sometimes a conflict between authors who argue sharply, like Descartes, for example, and authors who tell stories from their lives or just stories, like Montaigne. This dispute seems to be absent in Chinese literature, when you say that there are reflections and arguments as well as stories in one and the same book. Is that a correct observation or am I misunderstanding this?

 

KM: No, the observation is correct. And to that extent, of course, Daoism challenges us to rethink our own destiny, our own delimitations. The book of Zhuangzi seems postmodern in many ways. The fact that the author himself appears in the book of Zhuangzi, perhaps reminds you of short stories by Broches or others. Many postmodern writers have been enthusiastic about the book of Zhuangzi, so it's quite a confusing conundrum and a labyrinth, a textual labyrinth basically, and you can sink into it like I did. And for the Chinese authors, the thinkers and philosophers of this tradition, this great tension between logos and myth, or between rational argumentation and poetic representation, does not in fact play as great a role as it does for us.

 

FM: Now regarding the Daodejing, you mentioned that the main addressee of the book is the ruler who is supposed to be made wise; is the Zhuangzi addressed to a different audience? It sounds like it is, based on what you just said.

 

KM: Yes, I believe that is correct. Since it has a specific author who saw himself at a great distance from the ruling Confucians and who responded directly to his historical situation, you can say that. Zhuangzi was in many ways embittered by all the wars and the political strife of his time, so he tried to create a counter-image. This text is certainly written for the ordinary reader and not for the ruler. It is very easily accessible. There are also countless readers of the Zhuangzi in the German-speaking world.

FM: You just mentioned Confucianism. Would you like to briefly explain whether there are any overlaps there, and in what relationship this central text of Daoism stands to Confucianism?

 

KM: Especially in the Zhuangzi, the Confucians and the Confucian virtues are attacked very sharply and presented as a phenomenon of decay. As soon as you have to start talking about virtues in a country, such as virtues of humanity, it is already too late. This discussion always comes much too late. People should be left in a natural self-relation and should regulate themselves naturally. There is no need for external guidance through moral codes or regulations. In Zhuangzi there is similar criticism, so that this tension between Daoism and Confucianism runs through the centuries and this idea, which I had already briefly outlined, this idea of expansion, of extension, it also plays a role.  According to Zhuangzi, one should transcend the existing social roles that one is naturally born into or that one grows into. One should free oneself from them. There are later interpretations, which try to connect both, Daoism and Confucianism. In the 3rd  or 4th  century AD, one could allegedly be a Daoist as an official at the imperial court, at the ruler's court. During the day, you play the Confucian, so to speak, and try to fulfill these social roles as well as you can, but in the evening or at home, you are a Daoist and turn inwards. There are such attempts. Transcendence in immanence, so to speak. One is part of a hierarchy and tries to overcome this hierarchy through certain meditative practices or through other expansive strategies. Both are certainly expressions of this idea that Dao ultimately encompasses everything. There is a monastic structure that is circled around repeatedly in Daoism, with the metaphor of the wheel amongst others, and, so to say, this idea also serves hierarchy and anarchy. This plays a big role for us. We often perceive Daoism as a doctrine of self-realization or as an anarchism that, as it were, in Chinese, is tried to be re-embedded or embedded in a Confucian hierarchy. That certainly also exists.

 

FM: Yes, based on what you have told us now, it sounds as though it is really about practical life advice, that is, about how to live under certain conditions. So far, we have visualized the theories mostly by talking about books and people, but now I would like to talk about everyday practice. You've already touched on this a bit, but perhaps you'd like to elaborate. How does reading these two books help you deal with life-related issues, such as your own transience?

 

KM: In Daoism, there is certainly some kind of basic trust in the meaningfulness of the whole universe. One believes in the Dao or one embodies this assumption, or one is convinced that there is a Dao and that one can approach this Dao in some way. It certainly embodies this idea that the universe has a meaning and that it is friendly to us, and that it is friendly to man, and that is always spun out and spun on in all natural stories, this thread. It just doesn't stop with a theoretical belief. This idea or this insight into the Dao, should always be practically underpinned or should be practically embodied in one's own life. And then there are all kinds of descriptions in both texts. Descriptions of forms of spiritual practice as summarized by Pierre Hadot. I have just mentioned inner alchemy, which is certainly very foreign to us. Common before and during the Renaissance in Europe, for most people in the 21st century practicing inner alchemy is no longer a realistic option. Now, forms of meditation or other forms of retreat are more accessible. The Daoists of 2000 years ago retreated into grottos or bamboo forests, while we can perhaps retreat into the bedroom. By sitting down in a certain mediation posture or by starting to visualize certain stories from the Zhuangzi, you can restore an inner peace that you may have lost during the day. Learning to feel one's own body also plays a big role in Daoism, the notion of making the body transparent through thoughts. One thinks oneself into the foot, into the hand, into the belly. As is often said in a strongly religious language, one senses one's own cosmic embryo. There are then such manners of speaking. There is also the idea of becoming soft. That one becomes soft, for example, through Tai-chi and other exercises, where one learns to soften the body. And then in the Zhuangzi there's this beautiful story that if you actually soften your body to such an extent, then you don't break any bones when you fall out of a cart. Like the theory that a drunk is not supposed to break anything when falling from a great height. This makes you invulnerable according to the Zhuangzi.

 

FM: Exactly, you described Daoism earlier as discourse. I would be interested in the genesis, the historical relationship of the exercise, that you just described, to the texts? Are they all rooted there or are there perhaps institutions that have established certain practices in the past? To what extent is Daoism something ever evolving, and to what extent can this be traced back to these texts? What constitutes Daoism as a discourse?

 

KM: In the past there were always Daoist schools, so the idea that you just learn Daoist thought by yourself at home, that didn't exist. You needed a master or a teacher to guide you in the practice of Daoism. This student-master relationship runs through the centuries, and, naturally, certain schools, or rather, personalities at the schools, attracted very many students. These personalities then developed a special version of Daoism and passed it on to later generations. Then, for example, in the Han Dynasty about 2000 years ago, there were great schools and currents that had a lot of influence in society. Even later, in the 16thand 17th centuries, you can still see that people never just studied these texts academically or at a modern university, but actually built their lives around them. This may remind us of Christian cults or certain schools or currents in Christianity and there are certainly analogies. These developments exist to this day in China, and especially in Taiwan. There is also a strongly religiously tainted Daoism, where Daoist thoughts and practices are taught by masters in temples and other teaching institutions. Similar to Zen Buddhism.

 

FM: Exactly, we have spoken about Daoism in China and Taiwan, but traditional Southeast Asian practices such as mediation and various martial arts are also very popular in the West today. To what extent can an appropriation of such practices be understood as a mediator of the tradition behind it? Or to what extent is it actually a problematic extraction that tears things out of their original context?

 

KM: You're addressing the question of cultural appropriation, I think. How far others can appropriate knowledge or wisdom forms from other cultures, which is a very complicated question, to which I certainly don't have a simple answer. There have always been movements of intercultural appropriation in history. So, for example, Indian Buddhism was further developed in Tibet and the form of Buddhism in Tibet, has then continued to develop in China and Japan. Just as in the sixties, for example, when John Cage appropriated the Book of Changes or Daoist ideas, there have always been learning movements in history. Today, of course, they have a greater ethical sensitivity for the underlying problems than previous generations. So we are more aware of the historical contexts, which may be due to the commercialization that often distorts this appropriation process. If you go to a Daoism center in Los Angeles to learn with a master, this master might tell you a lot about these ideas from the Zhuangzi, about master Lie who rides the wind, but what happens here defacto, may in fact be a very commercial activity. So you pay money for Daoism to be divided into short blocks of teaching that are then reified. And it is precisely this phenomenon of reification that concerned the early Daoists. These are certainly tensions to which there is no simple answer and which continue to play out and will be experienced as tensions by many people in the future.

 

FM: Unfortunately, we have already reached the end of our conversation. I would like to thank Kai Marchal and Michael Hampe for participating in this podcast and I would like to invite our listeners to follow further Wisdom-Talks as well as to curiously plunge into the medial offers of the internet portal for intercultural wisdom literature and wisdom practices on metis.ethz.ch. For example, you can access the link to our text archive directly below the podcast in the show notes.

Thank you for your time and goodbye!

MH: Thank you very much Ms. Maas, thank you very much Kai.

KM: Thank you very much Ms. Maas for the lovely questions and thank you Michael.

MH: All the best!

 

FM: This podcast was produced by Martin Münnich with support from ETH Zurich and the Udo Keller Foundation, Forum Humanum in Hamburg.