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40 Jahre Journal für Entwicklungspolitik: Das JEP feiert Jubiläum!

Season 2 Episode 8

04.11.2024
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40 Jahre Journal für Entwicklungspolitik: Das JEP feiert Jubiläum!


Seit nunmehr 40 Jahren publiziert der Mattersburger Kreis für Entwicklungspolitik das Journal für Entwicklungspolitik (JEP). Dieses Jubiläum nimmt das C3-Radio zum Anlass, sich genauer mit dem JEP zu beschäftigen.

Bei seiner Gründung vor 40 Jahren war das JEP ein lokal orientiertes Format, das primär dem Informationsaustausch und der Vernetzung der entwicklungspolitischen Öffentlichkeit in Österreich diente. Aber die Zeiten ändern sich und so auch das JEP. Heute ist das Journal für Entwicklungspolitik eine führende deutschsprachige Zeitschrift für Entwicklungstheorie und -politik, die gesellschaftlich relevantes Wissen interdisziplinär aufbereitet und zugänglich macht.

Neue Zeiten bringen neue Herausforderungen mit sich: Im Wettbewerb mit internationalen Publikationen, die auf Plattformen monopolistischer Verlagshäuser veröffentlicht werden, kämpft das Journal heute um Sichtbarkeit und ist neoliberalen Strukturzwängen unterworfen, die im Spannungsverhältnis zur kritischen Wissensproduktion stehen. 

Wir nehmen Sie mit auf eine kurze Zeitreise über 40 Jahre Journal für Entwicklungspolitik und sprechen mit Wegbegleiter*innen u.a. über die Geschichte des Journals und aktuelle Herausforderungen in der Wissensproduktion.

Mehr Informationen zum JEP und zum Mattersburger Kreis für Entwicklungspolitik finden Sie hier.


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Hosts: Emma Sandner, Phillip Strobl
Stimmen: Karin Fischer (Leiterin Arbeitsbereich Globale Soziologie und Entwicklungsforschung an der JKU Linz; Vorstandsmitglied Mattersburger Kreis), Clemens Pfeffer (Publikationsmanagement Mattersburger Kreis), Walter Sauer (emeritierter Professor am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Wien)

Musik by Alisia from pixabay

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00:00:03 Klemens Lobnig
Willkommen beim C3-Radio, dem entwicklungspolitischen Radio aus dem Centrum für internationale Entwicklung.
 
00:00:10 Mirabell Eckert
Aktuelle Themen und Entwicklungen präsentiert von Emma Sandner und Phillip Strobl.
 
00:00:17 Phillip Strobl
Das ist das C3-Radio. Mein Name ist Philipp und heute bin ich wieder in Gesellschaft meiner wunderbaren Kollegin Emma. Schön, dass du wieder da bist.
 
00:00:25 Emma Sandner
Ja, schön, wieder hier zu sein. Philipp, nachdem du in der letzten Folge ganz alleine ein Jubiläum begehen musstest, freut es mich umso mehr, dass wir das nächste gemeinsam feiern können. Und zwar das vom Journal für Entwicklungspolitik, kurz JEP. Das wird nämlich 40.
 
00:00:38 Phillip Strobl
Wenn das kein Grund zu feiern ist. Doch was steckt eigentlich hinter dem JEP? Du hast dazu ein bisschen recherchiert, richtig?
 
00:00:44 Emma Sandner
Ganz genau. Das Journal entstand in den 80er Jahren, einer Zeit, in der das Verständnis für internationale Ungleichheiten wuchs und der Mattersburger Kreis für Entwicklungspolitik als Plattform 1981 gegründet wurde, um diesen Themen Raum zu geben. Seit der ersten Ausgabe des JEP 1985 hat sich das Journal kontinuierlich entwickelt. Was damals als Initiative zur Vernetzung und Informationsverbreitung in der österreichischen Entwicklungscommunity begann, ist heute eine internationale kritische Stimme in der entwicklungspolitischen Wissenschaft.
 
00:01:14 Phillip Strobl
Das JEP hat es in den letzten vier Jahrzehnten geschafft, nicht nur die großen Veränderungen in der Entwicklungsforschung zu begleiten, sondern diese aktiv mitzugestalten. So hat das Journal früh auf Themen wie die kritische Reflexion globaler Machtstrukturen, den Einfluss der Kolonialgeschichte und die Bedeutung von Gender in der Entwicklungspolitik hingewiesen. Zweitausendein für viele in der Community, darunter Forschende, Aktivist*innen und Studierende, ist das JEP heute eine unverzichtbare Quelle.
 
00:01:41 Emma Sandner
Das stimmt wohl, doch diese Entwicklung ging nicht ohne Herausforderungen. Von einem lokal verankerten Medium ist das JEP zu einer internationalen wissenschaftlichen Plattform gewachsen. Diese Transformation brachte die Digitalisierung 2015 in den zentralen Fokus. Seitdem konkurriert das Journal auf globalen Plattformen und steht unter Druck, sich gegen die großen Verlagshäuser zu behaupten. Es kämpft wie viele wissenschaftliche Fachjournale um Sichtbarkeit und steht dabei im Spannungsverhältnis zwischen den Anforderungen des Publikationsmarktes und dem Anspruch, eine unabhängige und kritische Wissenschaftspraxis aufrechtzuerhalten.
 
00:02:17 Phillip Strobl
In der heutigen Folge begeben wir uns also auf eine kleine Zeitreise. Wir schauen uns an, was es bedeutet, kritische Wissenschaftspraxis trotz neoliberaler Strukturzwänge zu bewahren. Wir werfen einen Blick zurück auf die Themen und Perspektiven, die das Journal geprägt haben und einen Blick nach vorne auf die Wie kann das jetzt auch in Zukunft als unabhängige Plattform bestehen, die den Spannungen einer Monokultur des Wissens im Wissenschaftsbetrieb widersteht und das globale Machtgefüge hinterfragt?
 
00:02:45 Emma Sandner
Ja, große Themen und große Fragen. Ich würde vorschlagen, wir starten gleich einmal rein und hören uns an, was der Walter Sauer als Mitbegründer des Mattersburger Kreises und des prägenden Mitglieds der JEP Redaktion der ersten Stunde über die Gründung und die ersten zwei Jahrzehnte des JEP zu sagen hat.
 
00:03:02 Walter Sauer
Zweitausendein, ich bin Historiker, habe mich sehr mit Geschichte Afrikas beschäftigt, mit österreichischen Beziehungen zu Afrika, südliches Afrika speziell und habe an der Geschichte eigentlich die ersten Vorlesungen zu Nord Süd Fragen gehalten. Also es gab ein bisschen was zu Lateinamerika, es gab auf der Geschichte nichts zu Afrika. Und insofern habe ich versucht, ein bisschen eine dritte Weltschiene dort zu etablieren. Und in dem Zusammenhang bin ich dann mit dem Walter Schicho von der Afrikawissenschaft und mit dem Franz Kollern von der Soziologie in Kooperation gekommen und bin dann offensichtlich eingeladen worden, in die Redaktion vom Journal für Entwicklungspolitik zweitausendein einzutreten. Und das war für uns damals eine sehr wichtige Zeitschrift, um solche Nord Süd Themen verschiedenster Art im Universitätsbetrieb zu verankern, weil es gab ja eigentlich kaum etwas dazu. Also es war aus meiner Erinnerung her ein lockerer Kreis, es waren einige Wissenschaftler dabei und auf der anderen Seite einige Beamte vom Außenministerium. Also es war uns damals auch wichtig, sozusagen Wissenschaft und Entwicklungspolitik oder Außenpolitik, Außenwirtschaftspolitik ein bisschen näher in Kontakt zu bringen. Also in uns hat also damals, späten er, Anfang er Jahre, war immer auch ein Praxisbezug wichtig. Und ansonsten war das sehr locker. Es gab wenig journalistische Erfahrung. Also wir waren alle erstens mal politisch engagiert, das war nicht nur eine Sache von Kopfarbeit, sondern auch von Engagement. Und ich glaube, das ist wichtig für eine kritische Wissenschaft, auch kritisch engagiert zu sein. Also nur vom Nachdenken kommt, keine Kritik der bestehenden Verhältnisse. Und das haben alle in verschiedener Weise, also entweder universitätspolitisch oder dritte Welt bei irgendwelchen NGOs oder sonst. Es gab einmal diese grundsätzliche kritische Offenheit, dann wir waren alle relativ stark international vernetzt mit anderen Universitäten oder mit Forschern, Forscherinnen, die zu diesen Themen auch gearbeitet haben. Das war, glaube ich, auch sehr wichtig, dass man den internationalen Input in die Landschaft gebracht hat.
 
00:05:46 Emma Sandner
Und wie haben sie denn damals Themen irgendwie, also was waren das für Kriterien, wie sie die Themen ausgewählt haben? Oder wie war das, dass sie sich haben okay, das ist voll ein brisantes Thema für uns, das müssen wir thematisieren. Oder wie war da quasi die Ideenentwicklung, sage ich jetzt mal?
 
00:06:02 Walter Sauer
Also es gab immer Redaktionssitzungen mit einer Diskussion über entweder Anregungen, Vorschläge, Artikel, die von außen gekommen sind oder Dinge, die einem in der Redaktion wichtig waren. Ein R. Es gab, kann mich nicht erinnern, dass es wirkliche Kriterien damals gegeben hätte, aber man hat. Z.B. wenn es jetzt im Rahmen der UNO oder gar ZWTO oder in anderen internationalen Foren Diskussionen gab, da war z.B. immer die kann man dazu etwas wissenschaftlich beitragen? Zweitausendein also so ein Fokus an Nord Süd Verhandlungen. Nord Süd Verhandlungen war für uns eigentlich wichtig. Andere haben Themen, mit denen sie beschäftigt waren. Also ich persönlich habe versucht, das südliche Afrika zu thematisieren. Erstens war das aktuell, weil damals war der Umbruch in Südafrika, also Freilassung Mandelas und dann die Verhandlungen letztlich zur Abschaffung der Apartheid. Und andererseits, weil es gab in Österreich eine universitäre Tradition zum südlichen Afrika oder vor allem zu Südafrika zu forschen, aber die war sehr stark rassistisch ausgerichtet und sehr stark von der damaligen südafrikanischen Botschaft angeregt, begleitet mit Materialien. Also die Ergebnisse waren sehr schwach und von einer kritischen wissenschaftlichen Zugangsweise hat es zu Südafrika gar nichts gegeben, fast nichts gegeben. Und darum war mir das wichtig, zumindest im Journal für Entwicklungspolitik, diese Themen, also Entwicklungen im südlichen Afrika zu thematisieren. Aus dem ist z.B. ein Länderheft zu einer webischen Unabhängigkeit entstanden und auch andere zu Südafrika, zu anderen Ländern der Region. Also so hat jeder sozusagen seinen Themenbereich eingebracht.
 
00:08:24 Phillip Strobl
Sehr interessante Einblicke von einer einflussreichen Persönlichkeit in der österreichischen Entwicklungspolitik. Die Anfänge des JEP machte also eine lockere, aber engagierte Redaktion ohne große journalistische Erfahrung. Faszinierend, dass es ihnen trotzdem gelungen ist, den Nord-Süd Konflikt im akademischen und gesellschaftlichen Diskurs zu verankern.
 
00:08:43 Emma Sandner
Ja, ich glaube eine zentrale Rolle dabei hat die Tatsache gespielt, dass viele international gut vernetzte Wissenschaftler innen und Entwicklungsexpertinnen Teil der Redaktion waren. Dadurch konnten sie ihre Beiträge praxisnah gestalten.
 
00:08:56 Phillip Strobl
Genau, und das waren ja Beiträge, die teilweise durchaus kontrovers diskutiert wurden. Ich denke, wie Sauer im Interview mit dir auch gesagt hat, dass das politische Engagement und die kritische Wissenschaft sehr wichtig waren, um das JEP so erfolgreich zu gestalten.
 
00:09:10 Emma Sandner
Eine, die auch am Erfolg des Journals beteiligt war und ist, ist Karin Fischer. Die hat dir einiges zu den Entwicklungen des JEP in den letzten 20 Jahren erzählt. Richtig.
 
00:09:20 Phillip Strobl
Fischer ist seit 1997 Redaktionsmitglied und war von 2002 bis 2013 sogar leitende Redakteurin. Heute ist sie unter anderem Leiterin des Arbeitsbereichs globale Soziologie und Entwicklungsforschung an der Johannes Kepler Universität in Linz.
 
00:09:36 Karin Fischer
Also ich bin da so Ende der er Jahre rein und habe sozusagen die erste Periode, die sogenannte weiße Periode, gar nicht aktiv miterlebt, sondern bin dann sozusagen in die blaue Periode rein. Das heißt so, weil die Covers die entsprechenden Farben hatten. Was hat diese unterschiedlichen Perioden geprägt, oder was hat sich da geändert? Vielleicht war zu Beginn tatsächlich stärker der Fokus auf entwicklungspolitische Themen und Fragestellungen. Also wenn man sich so diese blaue Reihe durchschaut, ich weiß gar nicht, die geht glaube ich so bis 2002 2003 und beginnt eh so wie ich eingestiegen bin, 1997 98, da haben wir schon noch ganz, ganz viele Themen zu Zukunft der Entwicklungszusammenarbeit, Repolitisierung der Zivilgesellschaft, Mutationen der Entwicklungspolitik, Institutionen in der Entwicklungspolitik, aber es streuen sich auch schon andere Themen rein, Neoliberalismus, Gegenmachtstrategien, Global Cities und auch wirklich sehr, sehr spannende aktuelle Themen, wo man schon sieht, die WTO z.B. und internationale Regulierung, also wo Leute ihre Forschungsfelder, ihre Schwerpunktthemen ins Journal eingebracht haben und dann eben Schwerpunktteste gemacht haben. Und das ist vielleicht auch eine wichtige Neuerung dann in dieser sogenannten zweiten blauen Periode, dass wir gemeint haben, dass das attraktiver ist für die Leser und Leserinnen, dass man Schwerpunktthemen bearbeitet. Und da geht es, wie gesagt, schon noch sehr stark um so internationale Themen der Entwicklungspolitik mit österreichischem Einschlag, dass auch immer wieder die österreichische Rolle dabei Thema war, aber es kommen schon so grundlegende Themen rein, die aus einer globalen Perspektive bearbeitet werden und auch sehr stark theoretisch geleitet. Und wenn man dann zu dieser letzten Periode geht, zur roten Periode, würde ich sagen, das setzt sich fort, also der Versuch, immer interessante Themen zu finden für Schwerpunkthefte, aber was man da vielleicht auch noch mal verstärkt merkt, ist eine Professionalisierung. Jetzt kann Professionalisierung auch ein Schimpfwort sein, aber in dem Fall ging es schon sehr stark darum, ein professionelles Lektorat zu engagieren, also Geld aufzutreiben, kontinuierlich auch zu haben für ein professionelles englisch und deutschsprachiges Lektorat. Also es haben die englischsprachigen Hefte zugenommen, das Heft, also das Journal folgt im Wesentlichen auch der Entwicklung in der Wissenschaft, dass es wichtiger geworden ist, in der Lingua Franca in Englisch zu publizieren, was für ein Journal for Development Studies, wenn man so will, ja noch einmal wichtiger ist. Wir haben ein Review Verfahren eingeführt, also so ein richtiges Double Blind Review, also wo die Gutachter und Gutachterinnen die Autoren, Autorinnen nicht kennen, zweitausendein. Aber es blieb dabei, dass es erstens eine sehr aktive Redaktion gab und gibt, die die Texte diskutiert. Es blieb bei den Schwerpunktheften und inhaltlich, würde ich sagen, ist vielleicht, also sind die Hefte kompakter und konziser geworden, einfach dadurch, dass Schwerpunkt Redakteurinnen in die Verantwortung gegangen sind oder stärker zur Verantwortung auch gezogen sind, für gute Hefte zu sorgen, also für eine gute Kommunikation mit den Heftautorinnen zu sorgen. Das Review hat auch sicher geholfen und das intensiv kommuniziert wird. Also das ist sicherlich eine wesentliche Geschichte. Und wir waren auch in dieser dritten und roten Periode recht früh dran mit der Umstellung auf Digital plus Print. Also wenn man sich jetzt vergleichbare Zeitschriften im deutschsprachigen Raum ansieht, wie z.B. die Prokla, eine kritische sozialwissenschaftliche Zeitschrift, oder unsere Schwester Zeitschrift, sozusagen die Peripherie, dann waren die später dran. Also wir haben das, ich weiß nicht mehr genau, aber 2009, 2010 ist das schon losgegangen, die Überlegungen, dass wir eine wirklich gute Website brauchen, um das Journal darzustellen und dann eben in der jüngsten Vergangenheit auch eben übergegangen sind zu digital, also downloadbaren Heften bzw. Beiträgen, plus aber immer noch sozusagen auf Papier erscheinen. Und ich finde das auch eine schöne Sache, dass beides verfügbar ist, also dass man sozusagen auch diesen „old style“ hat und immer noch auf Papier gedruckt diese Zeitschrift ins Regal stellen kann.
 
00:14:44 Phillip Strobl
Wir haben ja jetzt geredet über Veränderungen. Was ist denn so geblieben?
 
00:14:47 Karin Fischer
Eine Kontinuität ist sicher, dass die Zeitschrift unter Ressourcenmangel leidet. Also wir werden öffentlich finanziert, logisch, so ein wissenschaftliches Journal kann sich nicht auf dem Markt sozusagen oder nur auf dem Markt bewähren. Wir kriegen Subventionen von der ADA, von der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, aber wir schrammen da immer am unteren Level dahin. Also die Leute, die im Büro arbeiten, also da gibt es ja immer eine oder einen Journal Manager, eben jetzt der Clemens Pfeffer, sind sicherlich unterbezahlt für das, was sie hier tun. Und auch die Redaktionsmitglieder arbeiten selbstverständlich ehrenamtlich. Auch ich habe das in geschäftsführender Funktion über, ich weiß gar nicht, wie viele Jahre das waren, ich glaube, es waren so 10 Jahre oder sogar ein bisschen mehr, ehrenamtlich gemacht. Ja, also der Ressourcenmangel ist sicher ein wesentlicher Punkt. Andererseits sind wir unabhängig. Und waren immer unabhängig. Ich habe erwähnt, wir sind nicht abhängig von einem großen Verlag, von einem profitorientierten Verlag. Es wird alles aus einer Hand gemacht. Wir waren mal bei, wie hat der Verlag geheißen, von Süd Wien damals, Brandes und Apsel in Frankfurt, sind dann zum Mandelbaum Verlag gegangen hier in Wien. Das waren alles sehr spriessliche Kooperationen, aber haben es dann zurückgeholt in eigene Hände. Das heißt, das ist, finde ich, auch eine gute Sache, die Produktion so sozusagen in der eigenen Hand zu haben. Und gefragt nach Kontinuitäten, würde ich sagen, es ist immer noch eine schöne Sache für jüngere Menschen, angehende Forscherinnen und Forscher, in einer Redaktion mitzuarbeiten, mit anderen sich auszutauschen, Texte zu diskutieren, intensiv zu diskutieren, Gutachten zu schreiben. Das sind ganz wichtige wissenschaftliche Übungen. Das war damals so und ist es auch heute. Und vielleicht ist es heute sogar noch intensiver, weil die Hefte einfach besser betreut werden. Und eine Kontinuität mag vielleicht auch sein, dass Hefte manchmal besser gelingen und manchmal vielleicht nicht so gut gelingen, dass auch mal ein Beitrag vielleicht abstürzt und Troubleshooting notwendig ist. Ich denke, das passiert auch und begleitet so eine redaktionelle Arbeit über die Zeit.
 
00:17:06 Emma Sandner
Sagt Karin Fischer über die Entwicklung des Journals für Entwicklungspolitik seit den späten 90ern, als sie zur Redaktion stieß. Damals begann die sogenannte blaue Periode, orientiert an der Farbe des Covers, die eine stärkere Fokussierung auf internationale und theoretisch geleitete Themen mit sich brachte, etwa zu global Cities, Neoliberalismus und internationalen Handelsstrukturen. Diese Phase führte dann zur roten Periode, die seit den er Jahren geprägt ist von Schwerpunktthemen und einer Professionalisierung mit einem Double Blind Review Verfahren und einem englischsprachigen Lektorat, um international konkurrenzfähig zu bleiben. Das Journal ist sogar eines der ersten im deutschsprachigen Raum, das auf Print und digital setzte.
 
00:17:51 Phillip Strobl
Und was sie besonders hervorhebt, sind die Kontinuitäten, die das JEP prägen, z.B. der ständige Ressourcenmangel, da das Journal hauptsächlich aus öffentlichen Mitteln finanziert wird. Trotzdem ist es bis heute unabhängig geblieben, da die Redaktion alle Abläufe in Eigenregie führt, was ihnen auch den Austausch und der Forschenden und das intensive Diskutieren über Themen erlaubt. Und genau das, so sagt Fischer, sei das Besondere. Das Journal bietet weiterhin jungen Wissenschaftler innen eine Plattform für ihre kritischen Perspektiven und schafft Freiräume für eine unabhängige Entwicklungsforschung. Außerdem ist noch ein Name gefallen, nämlich Clemens Pfeffer. Das ist der aktuelle leitende Redakteur oder wie Fischer gesagt hat, der Journal Manager. Und mit dem hast du dich über die aktuelle Redaktionsarbeit und die Zukunftsperspektiven des JEP unterhalten.
 
00:18:40 Emma Sandner
Das stimmt.
 
00:18:41 Clemens Pfeffer
Also ein Charakteristikum des Journals für Entwicklungspolitik ist ja, dass wir transdisziplinär arbeiten. Das heißt, die Redaktion ist ebenso aufgestellt und hat Mitglieder, die aus ganz unterschiedlichen Fachrichtungen kommen. Das ist auch das Spannende und da versuche ich auch als Redaktionsleiter immer zu schauen, dass wir sowohl Leute aus den Wirtschaftswissenschaften, aus den Sozialwissenschaften, aus der Soziologie, Politikwissenschaft, internationale Entwicklung etc. Dass es also sehr, sehr durchmischt ist, weil wir ja ein ganz breites Themenspektrum abdecken und auch ganz viele unterschiedliche theoretische Zugänge, methodische Zugänge da drinnen haben. Und um das entsprechend bewerten zu können, braucht man halt auch eine gut aufgestellte, vielfältig aufgestellte Redaktion. Und es ist aber schon so, dass wir versuchen, dass eben Leserinnen, die aus anderen Disziplinen kommen, immer einen Zugang auch zu den Artikeln bekommen, egal aus welcher Fachrichtung der Autor oder die Autorin stammt. Also wir wollen nicht nur eine Disziplin bedienen, sondern wir wollen das Feld eben möglichst öffnen und das ist auch eigentlich ein Kernpunkt in der Redaktionsarbeit, der immer wieder Thema ist. Also immer wenn neue Artikel reinkommen, dann wird eigentlich besprochen, wie zugänglich ist der Beitrag für jemanden, der jetzt in dieses Thema z.B. nicht so eingelesen ist oder in die Fachrichtung, nicht aus der Fachrichtung.
 
00:20:17 Emma Sandner
Kommt und quasi als Autor oder Autorin, wie ist es da, kann man bei, also entwicklungspolitische Themen haben ja sehr, wie sagt, gesellschaftlich relevante Themen und das ist dann natürlich auch schwierig, dann zweitausendein den eigenen Einfluss oder subjektiv objektiv zu schreiben. Wie ist das da eine kritische Distanz zu finden?
 
00:20:38 Clemens Pfeffer
Die kritische Distanz muss sozusagen durch die Wissenschaftlichkeit gegeben sein, also auch durch das Verfahren. Also die wissenschaftlichen Artikel, die im JEP publiziert werden, müssen einem bestimmten Format entsprechen, sie müssen eben die Kriterien wissenschaftlicher Arbeit erfüllen und es gibt aber auch immer Sektionen, das haben wir eigentlich erst vor ein paar Jahren eingeführt, so vor circa sieben, acht Jahren, Essaysektionen, wo stärker sozusagen politische Meinungen auch transportiert werden können. Diese Essays folgen dann anderen Kriterien. Es gibt auch Interviews im JEP immer wieder. Und man muss aber auch sagen, das JEP ist trotz seiner Wissenschaftlichkeit auch ein politisches Medium. Also diese zwei Dinge gehen ja auch zusammen, sie widersprechen sich nicht und natürlich sehen wir uns als kritisches politisches Medium, was sich jetzt nicht sozusagen eindeutig, also keiner Partei zuordnet oder einer politischen Bewegung, aber durchaus sozusagen auch politische Arbeit leistet.
 
00:22:04 Emma Sandner
Jetzt ist natürlich die Frage, wie schaut die Zukunft aus? Wird sich irgendwas ändern?
 
00:22:09 Clemens Pfeffer
Wenn ich in die Zukunft schaue, dann sehe ich da eine neue Webseite, die im Frühjahr 2025 online gehen wird, die sozusagen ganz viele der Kunststücke dieser Journalplattformen, die man zu dieser großen Plattformen auch kann und spielt. Aber wir wollen uns natürlich auch unseren zuvor beschriebenen institutionellen Charakter bewahren. Das was wir auch im Feedback mit den Autorinnen und Herausgeberinnen immer wieder bekommen, da entstehen oft sehr tolle persönliche Verhältnisse in den in den einzelnen Produktionen. Man begleitet sich ja sozusagen auch lange, über ein Jahr und der Austausch ist auch sozusagen etwas ganz Wichtiges für uns, der Austausch zwischen der Redaktion und den Autorinnen, zwischen den Autorinnen und den Gutachterinnen. Gut, die kennen sich nicht, weil das ist anonymisiert, aber trotzdem, dass das alles auf einer wertschätzenden Basis zweitausendein passiert und das glaube ich, unterscheidet uns auch so von anderen Journalen und Verlagen und zudem haben wir auch sozusagen. Auch was die Redaktionsarbeit betrifft und auch die Lektorats-Arbeit und der Satz von den Heften und so, das ist irgendwie alles da in der Umgebung angesiedelt. Das ist, glaube ich, auch ein Unterschied zu anderen Journalen, dass wir halt Personen haben, die schon sehr lange für uns arbeiten und da auch den Wert irgendwie erkennen.
 
00:23:57 Phillip Strobl
Spannende Einblicke in die Arbeit der Redaktion des Journal für Entwicklungspolitik, die uns Clemens Pfeffer da gegeben hat. Das jetzt ist transdisziplinär aufgestellt und die Redaktion setzt sich aus Mitgliedern mit ganz unterschiedlichen wissenschaftlichen Hintergründen zusammen, von den Wirtschaftswissenschaften über die Soziologie bis zur internationalen Entwicklung. Dieses breite Themenspektrum ist für das JEP zentral, denn es will Beiträge zugänglich machen, auch für Leser innen, die aus anderen Fachrichtungen kommen. So prüft die Redaktion z.B. jeden Artikel darauf, wie verständlich er für ein möglichst breites Publikum ist.
 
00:24:32 Emma Sandner
Interessant ist auch, dass das jetzt bewusst Wissenschaft und politische Inhalte verbindet. Neben wissenschaftlichen Artikeln gibt es daher auch eine Essay Sektion und Interviews, die mehr Raum für politische Meinung bieten. Pfeffer betont, dass das Journal zwar keiner spezifischen politischen Bewegung zugeordnet ist, sich aber als kritisches politisches Medium versteht, das mit wissenschaftlicher Distanz an entwicklungspolitische Fragen herangeht.
 
00:24:56 Phillip Strobl
Und auch für die Zukunft hat das Jepp große Pläne. Eine neue Website, die im Frühjahr 2025 online gehen soll, soll das Journal digital weiterentwickeln. Wichtig bleibt dabei aber die persönliche Zusammenarbeit mit den Autor*innen. Ein weiterer großer Pluspunkt des JEP. Durch die enge Kooperation in der Redaktion ist eine wertschätzende Arbeitsweise garantiert ein entscheidender Faktor für den Charakter des Journals.
 
00:25:21 Emma Sandner
Bei uns gibt es auch einen entscheidenden Faktor, Philipp, und das ist nämlich die Zeit. Wir sind leider schon wieder am Ende unserer heutigen Folge angelangt. 40 Jahre Journal für Entwicklungspolitik. Nochmal herzlichen Glückwunsch und ein großes Dankeschön an alle Beteiligten der letzten vier Jahrzehnte, die das Journal zu dem gemacht haben, was es heute ist.
 
00:25:41 Phillip Strobl
Alles Gute auch von meiner Seite. Wir bleiben in jedem Fall dran und berichten dann spätestens in 10 Jahren, wenn das halbe Jahrhundert geschafft ist, nochmal. Jetzt richten wir unseren Blick aber in den nächsten Monat. Bevor Weihnachten kommt, kommen wir nochmal. Und wir haben am 2. Dez. Auch ein richtig schönes Geschenk im Gepäck, oder?
 
00:25:58 Emma Sandner
Ganz genau. Zu Beginn der Adventszeit schauen wir uns an, welche Fähigkeiten es für eine grüne und gerechte Wirtschaft braucht. Wir berichten von einer ÖFSE-Veranstaltung mit Fokus auf Afrika und Südosteuropa und haben natürlich auch wieder inhaltsstarke Expertinnen vom Mikro.
 
00:26:15 Phillip Strobl
Dem gibt es nichts hinzuzufügen, außer schickt uns wie immer euer Lob, eure Kritik oder Themenvorschläge. Wie gewohnt an c3radio@centrum3.at und schaltet am 2. Dez. um 20.30 Uhr wieder Radio Orange ein. Danke fürs Zuhören und wir hören uns. 
 
00:26:43 Mirabell Eckert
C3-Radio, das entwicklungspolitische Radio. Aktuelles aus dem Bereich der internationalen Entwicklung.
 
00:26:46 Klemens Lobnig
Mit Emma Sandner und Phillip Strobl.
 
 
 

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