
Matthias Zehnders Wochenkommentar
Matthias Zehnders Wochenkommentar
Warum Politiker es nicht mit der Wahrheit haben.
US-Vizepräsident J.D. Vance sagt, Joe Biden habe die amerikanische Wirtschaft ins Verderben geführt. Das ist eine gewagte Behauptung, denn sie lässt sich rasch überprüfen: Das Gegenteil ist der Fall. Noch nie in den letzten 50 Jahren ging es beim Amtsantritt eines neuen US-Präsidenten der Wirtschaft besser. Das ändert sich zwar grad rapide, weil die USA unter Donald Trump ökonomisches Harakiri machen. Bei Amtsantritt hat die Wirtschaft aber gebrummt. J.D. Vance lügt. Die Frage ist: Warum? Wie kommt ein Politiker dazu, in einem so einfach überprüfbaren Fall zu lügen? Das Problem ist: Politik hat wenig bis nichts mit Wahrheit zu tun. Wahrheit bedeutet, dass eine Aussage mit der Realität übereinstimmt. Politik aber handelt von der Zukunft, von einer möglichen, wünschbaren oder drohenden künftigen Welt. Über diese künftige Welt lassen sich keine wahren Aussagen machen, weil sie noch nicht Realität ist. Also können Politiker über die Zukunft sagen, was sie wollen. Die Probleme beginnen spätestens dann, wenn die Gegenwart diese beschworene Zukunft einholt. Dann kommt es zum Lackmustest: beugt sich die Politik der Wahrheit oder versucht sie umgekehrt, die Wahrheit ihrer Politik zu beugen? An genau diesem Punkt stehen die USA heute. In diese Gefahr begeben sich aber auch Politiker hierzulande. Denn Politiker haben es nicht mit der Wahrheit.
Matthias Zehnder ist Autor und Medienwissenschaftler in Basel. Er ist bekannt für inspirierende Texte, Vorträge und Seminare über Medien, die Digitalisierung und KI.
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