Matthias Zehnders Wochenkommentar

Und führe uns nicht in digitale Versuchung

Matthias Zehnder Season 5 Episode 35

Letzte Woche habe ich das Glück des Zufalls beschworen: Serendipity – das Finden von etwas, das man nicht gesucht hat. Alexander Fleming entdeckte so das Penicillin, weil eine Petrischale offen stehen blieb und Schimmel seine Bakterien tötete – ein glücklicher Zufall. Das dunkle Gegenstück zur Serendipity ist die Versuchung: eine Begegnung, die uns vom Weg abbringen will. Die Versuchung zieht oder lockt, meist wider besseres Wissen, in eine andere Richtung. Oft steckt in der Versuchung der Gegensatz zwischen Verstand und Gefühlen oder Trieben. Das Glück des Zufalls können wir nur nutzen, wenn wir der Serendipity offen und neugierig begegnen. Bei der Versuchung ist es gerade umgekehrt: Wir bestehen die Versuchung nur, wenn wir stark und stur auf unserem Weg bleiben. Serendipity testet unsere Flexibilität, Versuchung unsere Selbstkontrolle. Das Problem dabei: In der digitalen Welt ist die Versuchung millionenfacher Alltag. Soziale Netze leben davon – auf Kosten unserer Aufmerksamkeit und unserer Freiheit. Was tun?

Matthias Zehnder ist Autor und Medienwissenschaftler in Basel. Er ist bekannt für inspirierende Texte, Vorträge und Seminare über Medien, die Digitalisierung und KI.
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